Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts -Bezirk Nagold

Erscheint Montag, Mittwoch, Donnerstag und LamStag. Pr«S mertehährlich hier mit Lrägerlohn SV in dem Bezirk 1 ^ außerhalb des Bezirks 1 ^ 20 ^

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m.

Nagold, Montag den 19. Juli

1897.

Amtliches.

Nagold.

Am Samstag, den »1. ds. Mts., vor­mittags S Uhr findet die

Amtsversammlung

auf dem Rathaus in Nagold statt, bei welcher folgende Gegenstände zur Beratung kommen:

1. Publikation der Rechnung der Bezirkskranken­pflegeversicherung pro 1896, sowie der Rezesse zur Amtspflegerechnung pro 1895/96 und zur Rechnung der Bezirkskrankenpflegeversicherung pro 1894.

2. Publikation der Üebersichten über die Einnahmen und Ausgaben der Amtspflege pro 1. Oktober 1896 und 1. April 1897.

3. Dekretur der Amtsvergleichungskosten pro 1896/97.

4. Aenderung des Statuts der Oberamtssparkasse.

5. Festsetzung der Belohnung des Oberamts- Laumeisters.

6. Gesuch der Gemeinden Schönbronn, Schiettngen) Walddorf und der Teilgemeinde Monhardt um Ver- willigung von Korporationsbeiträgen zu ihren Straßen­bauten.

7. Erbauung eines Bezirkskrankenhauses in der Oberamtsstadt Nagold.

8. Ausdehnungder bestehenden Unfallversicherungs­einrichtung der Amtskörperschaft und der Gemeinden auf alle Tiefbauarbeiten.

9. Neueinteilung der Kehrbezirke der Kaminfeger und ihre Besetzung.

10. Aenderung des Statuts der Bezirkskranken­pflegeversicherung hinsichtlich der Höhe der Mitglieder­beiträge.

11. Festsetzung der Gehalts- und Kautionsver- hältniffe des Oberamtspflegers.

12. Eine Reihe minderwichtiger Gegenstände.

13. Beratung des Amtskörperschafts-Etats und der Amtsschadensumlage pro 1897/98.

14. Wahl der Vertrauensmänner in den Ausschuß für die Wahl der Schöffen und Geschworenen.

15. Wahl des Vorsitzenden der Farrenschaubehörde und dessen Stellvertreters.

16. Wahl eines Taxators für die Pferdeaus­hebungskommission.

17. Wahl von Sachverständigen für die Ab­schätzung und Abnahme von Wagen nebst Zubehör und von Geschirren im Mobilmachungsfall.

18. Wahl von Sachverständigen für Abschätzungen rm Sinn des Kriegsleistungsgesetzes vom 13. Juni 1873.

19. Wahl der Kommission für die Abschätzung von Flurschäden bei Truppenübungen.

20. Wahl des Vertreters zum Verwaltungsrat der Pensionskaffe für Körperschaftsbeamte.

21. Wahl des Vertreters zur Beschwerdeinstanz für Amtsenthebung dienstunfähiger Körperschafts­beamter.

22. Wahl des Oberamtspflegers.

23. Wahl des Verwaltungs-Ausschusses der Be- zirkskranktznpflegeverstcherung.

24. Wahl der Mitglieder des Verwaltungs- Ausschusses der Oberamtssparkaffe.

25. Wahl der bürgerlichen Mitglieder der ver­stärkten Ersatzkommission und deren Stellvertreter.

26. Wahl der Mitglieder der Oberamtswahl­kommission und deren Stellvertreter.

Für die Beschickung der Amtsversammlung ist Turnus X maßgebend.

Hienach sind stimmberechtigt die Deputierten von Nagold (5), Altensteig-Stadt, Haiterbach mit Alt-Nuifra und Wildberg (je 2), Berneck, Böstngen, Ebershardt, Ebhausen,Effringen,Egenhausen,Gaugen- wald.sGültlingen, Rohrdorf, Nothfelden, Schönbronn, Simmersfeld, Spielberg, Sulz, Ueberberg, Unter­schwandorf, Unterthalheim, Walddorf mit Monhardt und Warth (je 1).

Die Vertreter der nicht im Turnus befindlichen Gemeinden sind befugt, an den Verhandlungen mit beratender Stimme teilzunehmen.

Die Verhandlungen der Amtsversammlung sind öffentlich.

Den 17. Juli 1897.

K. Oberamt. Ritter.

Au dir Kgl. Orts fchrrliuspektoratr.

Auf besonderen Wunsch des Hrn. Gesangvereins- Direktors findet nächsten Mittwoch 8ft, eine Grsaugprobr im Mädchenschulhause statt, wovon man Mitteilung zu machen bittet.

Nagold, den 18. Juli 1897.

K. Bez.-Sch.-Jnsp. Dieterle.

Uebertragen den 16. Juli: Eine Bolksschulstelle in Ulm dem Unterlehrer Saur daselbst.

Hages-WeurgKeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold, 19. Juli. Die bis jetzt bei der Amtspflrge eingegangenen Beiträge zur Unterstützung der bedürftigen Gewittrrbeschädigten, in Höhe von zus. 344 find heute an die Zentralleitung des Wohlthätigkeitsvereins in Stuttgart abgegangen; eine Liste der Geber wird in der nächsten Nummer dieses Blattes veröffentlicht werden.

: Nagold. (Einges.) In Heilbronn fand am 13. und 14. d. M. das 54. Jahresfest des württ. Gustav-Adolf-Vereins statt. Groß war von allen Seiten der Zustrom, durchaus ernst die Eigenart der Feier. Stand man doch allgemein noch unter dem betrübenden Eindruck der Gewitter­stürme, die in der Umgebung der Feststadt erst jüngst so manches üppig grünende, weinsrohe Gefilde ver­wandelt hatten in ein Feld des Todes und bitterer Armut. In Neckargartach, wohin ich einen Ab­

stecher machte, bot sich jetzt noch nach 14 Tagen ein unsagbar trauriges Bild: die Häuser auf der Wetter­seite aller ihrer Ziegel sowie des Verputzes beraubt, notdürftig mit Brettern gedeckt, die Weinberge gänzlich zusammengeschlagen und die Pfähle wirr durcheinander geworfen, die Obstbäume braun und schwarz zum sonnigen Himmel ragend, die Leute in dumpfer Trauer einzig damit beschäftigt, den noch nicht beseitigten Schutt der zerbrochenen Dachziegel in Wagenladungen abzuführen, das zu Streu gewalzte Getreide als traurige Ernte einzubringen oder die vom Sturm entwurzelten Obstbäume zu Brennholz zu verarbeiten! Viel Teilnahme fand auch das Schicksal des evang. Kirchturms in Neckarsulm, der vom Orkan eingestürzt wurde. Während der Festtage spendete unseres Königs Mutter, Prinzessin Katharine, 1000 ^ für Wiederherstellung des Turms. Eine Bechersammlung über Tisch ergab 300 ^ für die Beschädigten. Fehlte dem Jahresfeste unter dem Eindruck des Hagelschlags somit auch die sonst übliche Umrahmung mit Be- flaggung der Häuser u. dergl., so war die Arbeit für die Vereinssache und die stille Freude, bedrängten evangelischen Gemeinden in der Zerstreuung Beisteuer zum Bau von Kirchen und Schulen reichen zu dürfen, um so größer. Hörte man aus dem Munde der weither gekommenen Glaubensbrüder in fernen Landen, wie unter den Slovaken und unter den belgischen Kohlenarbeitern, in Ungarn und Lothringen wie hoch am Dachstein oben, ja auch im fernen Brasilien so manches zerstreute Häuflein Evangelischer ausschaut nach der Hilfe aus der Heimat und mit großer Opferwilligkeit, unter viel Not und Entbehrung den Glauben der Väter hoch zu halten redlich sich bemüht: dann war es eine reine Freude zu vernehmen, daß im abgelaufenen Jahre die Ein­nahmen des Vereins wiederum die Höhe von 100,000-^ überstiegen haben, und die Versammlung der Dele­gierten konnte ihrerseits davon etwa 50,000 nämlich 38,000 .^5 für Württemberg und Hohenzollern, 12,000 für das Ausland verteilen. Unter den Ver­mächtnissen, die dem Verein zu teil geworden sind, befinden sich Heuer zwei von einfachen Dienstmädchen, die ihr Leben lang treu, gedient und ihre Ersparnis mit 1100 und 1500 dem G.-A.-Verein hinter­lassen haben. Wenn man fragt, was der Verein im letzten Jahre geleistet habe, so darf u. a. nur erinnert werden an den Bau eines in Wörishofen so beson­ders nötigen Betsaals, an das schöne Kirchlein, das in Horb vom Berg so lieblich grüßt, ein evang. Schulhaus in Saulgau. Die nächste Jahresver­sammlung wird voraussichtlich in Ulm stattfinden, verbunden mit der Versammlung des allgemeinen deutschen Gustav-Adolf-Vereins.

Horb, 14. Juli. Von der vorgestern hier tagenden Amtsversammlung wurde beschlossen, als Amtsschaden 51000 umzulegen, zu welcher Summe auch 8000 ^ für die 3. Rate der Tilgung an ur-

Eine harte Prüfung Nansens.

Aus Nansen,In Nacht und Eis".

Abends (am 12. Juni 1896) liefen wir an den Rand des Eises, um die Beine ein wenig zu strecken; sie waren von dem Sitzen im Kajak während des ganzen Tages steif geworden, und wir wollten mög­lichst einen Blick über das Wasser im Westen haben, weshalb wir auf einen Hügel stiegen. Als wir ge­landet waren, trat die Frage an uns heran, wie wir unsere kostbaren Fahrzeuge vertäuen sollten.Nehmen wir eine der Brassen," sagte Johansen, der auf dem Eise stand.Sollte sie auch stark genug sein?" Ja," erwiderte er,ich habe sie während der ganzen Zeit als Fall an meinem Schlittensegel benutzt." Nun gut, es bedarf nicht viel, um diese leichten Kajaks zu halten," sagte ich, ein wenig beschämt darüber, daß ich so furchtsam gewesen war, und ver­täute sie mit dem Fall, einem Streifen roher Wal­roßhaut.

Wir waren schon eine ganze Weile auf dem Eise gewesen und in der Nähe der Kajaks auf und. ab spaziert; der Wind war beträchtlich flauer geworden und schien mehr nach Westen herumgegangen zu sein, sodaß es zweifelhaft geworden war, ob wir ihn noch länger würden brauchen können. Wir stiegen des­halb auf einen nahen Hügel, um dies genauer fest­zustellen. Als wir dort oben standen, schrie Jo­chansen plötzlich:Halt, dort treiben die Kajaks!"

Wir rannten so schnell wir konnten hinab. Sie waren schon eine kleine Strecke fort und trieben rasch davon; die Fangleine hatte nachgegeben.Hier meine Uhr!" sagte ich zu Johansen und gab sie ihm; und so rasch wie möglich warf ich einige Kleidungsstücke ab, um besser schwimmen zu können. Alles abzu­legen wagte ich nicht, weil ich sonst leicht einen Krampf hätte bekommen können. Ich sprang ins Wasser; aber der Wind wehte vom Eise ab, und die leichten Kajaks mit der hohen Takelung boten ihm guten Halt. Sie waren schon ziemlich weit draußen und trieben schnell. Das Wasser war eis­kalt. Es war eine schwere Arbeit, in den Kleidern zu schwimmen, und die Kajaks trieben weiter und weiter, schneller als ich schwimmen konnte. Es schien mir daher mehr als zweifelhaft, als ob ich sie würde einholen können. Aber dort trieb unsere ganze Hoffnung! Alles, was wir besaßen, befand sich an Bord, wir hatten nicht einmal ein Messer bei uns. Ob ich einen Krampf bekam und untersank, oder ob ich ohne die Kajaks umkehrte, würde ziem­lich auf dasselbe hinausgekommen sein, und so strengte ich mich bis zum äußersten an. Als ich müde wurde, drehte ich mich um und schwamm auf dem Rücken; da sah ich, daß Johansen ruhelos auf dem Eise auf und ab wandelte. Armer Junge! Er hatte keine Ruhe, und es war ihm schrecklich, daß er nicht im Stande, war, irgend etwas zu thun. Er hatte nicht viel Hoffnung, daß ich sie erreichen würde; aber es

würde die Sachlage auch nicht im geringsten ver­bessern, wenn er sich ebenfalls ins Wasser würfe. Später sagte er mir, es seien die schlimmsten Augen­blicke gewesen, die er je durchlebt habe. Als ich mich aber wieder umdrehte und sah, daß ich den Kajaks näher gekommen war, stieg mir der Mut wieder, und ich verdoppelte meine Anstrengungen. Allmählich fühlte ich aber, daß mir die Glieder steif wurden und sie alles Gefühl verloren. Ich wußte, daß ich in kurzer Zeit nicht mehr im Stande sein würde, sie zu bewegen. Aber jetzt war es nicht mehr weit; wenn ich es nur noch ein wenig länger aushalten könnte, würden wir gerettet sein und ich schwamm weiter. Immer schwächer wurden die Schläge, aber die Entfernung wurde auch immer kürzer, und ich glaubte wieder, daß ich die Kajaks doch erreichen würde. Endlich konnte ich die Hand nach dem Schneeschuh ausstrecken, der quer über den Hecks lag; ich ergriff ihn, zog mich bis an den Rand des Kajak und wir waren gerettet.

Ich suchte mich hinaufzuziehen, aber der ganze Körper war mir von der Kälte so steif, daß das eine Unmöglichkeit war. Einen Augenblick dachte ich. daß es trotz allem zu spät sei; ich sollte soweit kommen, aber nicht ins Boot gelangen. Nach einer Weile gelang es mir jedoch, ein Bein auf den Rand des Schlittens, der an Deck lag. zu schwingen und auf diese Weise mich hinaufzuarbeiten.

(Schluß folgt.)