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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts -Bezirk Nagold.

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^ 106.

Nagold, Samstag de» 10. Juli

1897.

Bekanntmachung,

Floßsperre betreffend.

Von der K. Kreisregierung Reutlingen ist am 7. ds. Ms. Floßsperre ans der Nagold für die Dauer des Monats August ds. Js. verfügt worden, was hiedurch zur Kenntnis der Interessenten gebracht wird.

Während dieser Sperrzeit müssen Arbeiten an Wasserwerken und Fluß- und Uferbauten vorge­nommen werden.

Nagold, den 8. Juli 1897.

_ K. Oberamt. Ritter.

Bri der vorgenommenen niederen Dienstprüfung im Departement des Innern sind u. a. die Kandidaten Johannes Rath von Egenhausen und Karl Hermann Seeg er von Wildberg für befähigt erkannt worden.

Der Umschwung in der Reichspolitik.

-s- Das größte, wichtigste und wahrscheinlich auch folgenschwerste Ereignis in der Politik des deutschen Reiches ist deren Umschwung zu den politischen An­schauungen und Grundsätzen des Altreichskanzlers Fürsten Bismarck, denn anders läßt sich der Besuch des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe und des zum Leiter des auswärtigen Amtes auserwählten Bot­schafters von Bülow in Friedrichsruhe bei dem Fürsten Bismarck gar nicht deuten. Berichten doch auch bereits dem Fürsten Bismarck nahe stehende Zeitungen, daß Fürst Bismarck mit der jetzigen Haltung der Regierung versöhnt sei, und daß der Besuch der leitenden Staatsmänner in Friedrichsruh als der Wunsch der maßgebenden Stelle (worunter doch nur der Kaiser verstanden sein kann) angesehen werden müsse, den Staatswagen in die erprobten Geleise des alten Kurses zurückzuführen. Wörtlich möchten wir diese vielleicht etwas überschwenglich gehaltene Darstellung des Umschwunges allerdings nicht nehmen und auch nicht genommen sehen, denn seit dem Rücktritte des Fürsten Bismarck sind eine ganze Reihe neuer Faktoren, zum Teil sogar als tief einschneidende Gesetze im Reiche, und im König­reiche Preußen noch besonders, ins Leben und in dauernde Wirksamkeit getreten, welche man nicht samt und sonders als Fehler bezeichnen kann; auch hat mit Erfolg auf neuen Bahnen ein Staatsmann, der preußische Finanzminister Dr. von Miguel, ge­wirkt, der sich in seinen politischen Anschauungen nicht mit denen des Fürsten Bismarck deckt, und Dr. von Miguel wird auch ferner einflußreicher Minister bleiben; aber trotz aller dieser Einschrän­kungen ist doch ein Umschwung in der Reichspolitik zu Gunsten der Anschauungen des Fürsten Bismarck eingetreten. Psychologisch und politisch darf man diesen Umschwung wohl folgendermaßen charakteri­sieren. Der Kaiser Wilhelm wünschte mit Beginn des Jahres 1890 eine Reihe der zähesten Oppositions­parteien im Reichstage und zwar nicht nur die klerikale Centrumspartei und die Freisinnigen, sondern auch die Sozialdemokratie und die Polen durch eine hoch­herzig, menschlich gewiß sehr schön gedachte Ver­söhnungspolitik für die Reichspolitik zu gewinnen, der damalige Reichskanzler Fürst Bismarck konnte nach seiner Politik und Erfahrung, ja nach seiner ganzen politischen Vergangenheit dieser Versöhnungs­politik aber nicht zustimmen und wurde deshalb entlassen. Wenn nun auch nicht bezweifelt werden kann, daß die Freisinnigen und die Klerikalen zu einer positiven Regierungs- und Gesetzgebungsarbeit herangezogen werden können, auch dieselbe öfters schon geleistet haben, so ist auf Grund der Erfah­rungen der letzten Jahre doch der Gedanke an die Möglichkeit, die Sozialdemokratie durch Entgegen­kommen zu versöhnen, als ein großer Irrtum erkannt worden, denn gegen diese durch und durch revolutionäre Partei, welche tollkühn auf die allgemeine soziale und politische, ja auch wirtschaftliche und sittliche Revolution hinarbeitet, kann sich der Staat nur mit allen Mitteln wehren. Auch find die Versuche, die Polen in Posen und Westpreußen zu Freunden des deutschen Reiches durch eine Versöhnungspolitik zu machen, gänzlich fehlgeschlagen, denn man hat da­durch nur eine polnische Bewegung auf offene und »erstellte Lostrennung vom deutschen Reiche groß- gezogen. So darf man hoffentlich erwarten, daß in ewigen brennenden Fragen der Umschwung der Reichspolitik an Klarheit und Festigkeit nichts zu wünschen übrig lassen wird.

Hages-Aeurgkeileir.

Deutsches Reich.

* Nagold, 9. Juli. Die Kuranstalt Waldeck ging gestern durch zweiten und letzten Verkauf an Hrn. R. Frölich hier und Hrn. Kaufmann Körner aus Stuttgart um 36 050 ^ über.

Nach den jüngsten Mitteilungen steht Calw mit seinem Reichtum an Wirtschaften bei den Städten in Schwaben bis jetzt obenan. Sogenannte Beisitzer eingerechnet zählt Calw 67 Wirtschaften bei einer Einwohnerzahl von rund 4500 Seelen.

Freudenstadt, 7. Juli. In dem Gasthaus zumAdler" in Oberthal, Gde. Baiersbronn brach gestern Abend ein Brand aus, der so rasch um sich griff, daß das ältere Gebäude vollständig abbrannte und das neue stark beschädigt wurde. Der Gebäude- und Mobiliarschaden ist sehr groß. Die Entsteh­ungsursache ist unbekannt.

.'. Balingen, 8. Juli. Im Aufträge der Zen­tralstelle für die Landwirtschaft weilt derzeit Land­wirtschaftsinspektor Hornberger aus Rottweil hier, um Erhebungen über den Umfang des Hagelschadens anzustellen. Die Abschätzung des Flurschadens zum Zweck des Grundsteuernachlasses wird dem Vernehmen nach morgen begonnen unter Leitung eines Obersteuer­rates des K. Steuerkollegiums. Versicherungen der verhagelten Gewände und Gemarkungen dürften in Verhältnis zu Flächen kaum zu '/« bestehen.

Vaihingen«. E.,7. Juli. Der am 28. April d. I. verstorbene Gustav Franck, Fabrikant von Ludwigsburg, hat der hiesigen Stadtgemeinde 10,000 H zu einem SchulhausbaufondS und 5000 ^ für verschämte Hausarme vermacht.

Ludwigsburg, 7. Juli. Der verstorbene Fa­brikant Gustav Franck hier hat die Angestellten und Arbeiter seiner Fabrik letztwillig mit Legaten bedacht.

.'. Münsingen, 7. Juli. Auf dem Truppen­übungsplatz wird derzeit an der Wasserversorgung des Remontedepots Breithielen gearbeitet und zwar wird dieselbe, nachdem die Verhandlungen mit den Albwasserversorgungsgruppen VIII und IX infolge zu hoher Forderungen derselben sich zerschlagen haben, durch direkte Verbindung des eigenen Reservoirs der Militärverwaltung auf dem Hornwald beim Baraken­lager (Gruppe XIII) mit Breithielen erreicht. Gegen­über der bedeutenden Länge der Leitung (wohl beinahe 910 Kilometer) und dem entsprechenden Kosten­aufwand ist auf der ganzen Linie Gelegenheit geboten, durch Aufstellung von Brunnen dem seither wasser- losen Hardt Wasser zuzuführen; ein bei anstrengenden Uebungen gewiß nicht zu unterschätzender Vorteil.

Vom Lande, 5. Juli. Die OrtSvorsteher des Oberamtsbezirks Besigheim stellten in ihrer Versamm­lung vom 3. Juli d. I. an den Landesverein den Antrag, derselbe wolle in seiner demnächst stattfindenden Versammlung 1) erklären, daß er sich gegen die von der Regierung vorgeschlagene Absetzung der im Amte befindlichen OrtSvorsteher als gegen eine Rechtsver­letzung schwerster Art energisch verwahre, da dieselben auf Lebenszeit gewählt find und kraft des bestehenden Anstellungsvertrags ein Recht auf ihr Amt erworben haben, 2) die Kammern bitten, sie mögen in gerechter Würdigung der Rechte der im Amte befindlichen Ortsvorsteher die vorgeschlagenen Gesetzesbestimm- ungen ablehnen und dem wegen Vergehen einzelner, wie sie in jedem Stande Vorkommen, in so unerhörter, gegen alle Rechtsbegriffe verstoßender Weise gemäß- regelten ganzen Stande der Ortsvorsteher ihren Schutz gegen die Regierung gewähren, 3) die Kammern bitten, falls sie wieder alles Erwarten das Verlangen der Regierung nach periodischer Wahl der bereits auf Lebenszeit gewählten Beamten billigen sollten, mögen sie wenigstens dafür sorgen, daß die Orts­vorsteher nicht bloß halbe, sondern volle Entschädigung für alle Einkommenverluste erhalten sollen und daß ihnen für die Verfolgung ihrer Ansprüche der Rechts­weg, der sonst jedem Staatsbürger sreisteht, offen gehalten und nicht, wie in der Gesetzvorlage geschehen, von vornherein abgeschnitten werden soll. Eine Versammlung der Ortsvorsteher des Bezirks Marbach stellt an die Landesversammlung folgenden Antrag: 1 )dieselbe wolle die Bestimmung in Art 3 des Gesetzent­

wurfs betreffend die Wahl der OrtSvorsteher gegen­über den auf Lebenszeit angestellten Beamten für ein schreiendes Unrecht erklären, 2) bei den Ständen des Landes dahin vorstellig werden, daß den nicht wiedergewählten Ortsvorstehern nicht nur ihre feste Besoldung, sondern ihr volles, seitheriges Einkommen gewahrt bleibe und daß event. der Landesverein die Prozeßführung für ein durch die beabsichtigte Rechtsbeugung geschädigtes Mitglied durch alle In­stanzen übernehme und zwar kostenlos für das betreffende Mitglied.

Die Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Aus­stellung in Heilbronn hat die vergangene Sturm­woche glücklich hinter sich. Außer kleinen, schnell wiederherstellbaren Schäden richtete der Orkan, der leider im württembergischen Unterlande so schlimm gehaust hat, in der Heilbronner Ausstellung kein nennenswertes Unheil an, sie hat somit ihre Sturm­probe glänzend bestanden. Aber auch ihre Anziehungs­kraft hat nicht nachgelassen, vielmehr mag der Gedanke, daß das Handwerk allezeit einen goldenen Boden hat, dazu beitragen, daß gerade jetzt in den Kreisen, die in ihrem landwirtschaftlichen Besitztum schwer geschädigt sind, die Heilbronner Gewerbeausstellung anregend und segensreich befruchtend wirkt. Am Samstag den 17. und Sonntag den 18. d. M. wird das 50jährige Jubiläum des Heilbronner Gewerbe­vereins, zu dessen Ehren und auf dessen Veranlassung hin ja die Ausstellung in diesem Jahr ins Leben gerufen wurde, feierlich begangen. Es sind für diese Tage an alle Gewerbevereine des württ. Landes und der benachbarten anderen Staaten Einladungen ergangen und man hofft, daß recht vieleGewerbe- vereinler" diesem Rufe folgen werden. Daß es neben der Ausstellung nicht an Unterhaltung fehlen wird, dafür ist gesorgt, zumal am Sonntag den 18. d. M. eine großartigeRegatta" staltfindet, bei der sich zahlreiche Rudervereine aus Württemberg, Baden, Hessen, der Pfalz und dem Rheinland messen averden, ein Schauspiel, das jedenfalls außerordentlich prächtig und anziehend werden wird. Darum an jenen Tagen auf nach Heilbronn zum Gewerbevereins­jubiläum.

Gundelsheim. OA. Neckarsulm, 5. Juli. (Einges.) Wer von Heilbronn aus neckarabwärtS reist, ist gewiß überrascht durch die schöne Lage, in welcher das letzte württembergische Städtchen am Neckar, Gundelsheim, sich uns darbietet. Da fällt vor allem das mächtige Schloß Hornegg ins Auge, welches bis anfangs dieses Jahrhunderts ein Sitz der Deutschordensritter war und jetzt als Kuranstalt dient. In diesem Schloß war der kleinen evangeli­schen Gemeinde, die sich allmählich in Gundelsheim sammelte, ein Saal eingeräumt als gottesdienstliches Lokal. Nun war aber die auf 268 Seelen gewachsene Gemeinde im letzten Jahr genötigt, eine eigene Kirche zu bauen, welche am 24. August 1896 eingeweiht werden konnte. Aber vom Bau ist der Gemeinde eine Schuldenlast geblieben, die zu tragen sie ganz außerstand ist. Es ist darum sehr zu wünschen, daß daß Opfer des nächsten Sonntags, das im ganzen Land für Gundelsheim und Buchau angeordnet ist, recht reichlich ausfallen möge.

Hölzern, OA. Weinsberg, 9. Juli. Der Schaden durch den Hagelschlag an unfern Gebäuden, Feldern und Weinbergen ist jeden Tag mehr sicht­bar, aber noch nicht ganz zu übersehen. Besonders groß ist der Schaden an und in den Gebäuden, da die Dächer größtenteils wegen Mangel an Material noch v"bedeckt sind. Der Gesamtschaden berechnet sich bei 276 Einwohner auf ca. 259400 ^

Oehringen, 7. Juli. Nach amtlicher Fest­stellung beträgt der durch Hagelschlag und Sturm im ganzen Bezirk Oehringen erwachsene Schaden rund: 1) an Ernte 3465000^, 2) an Obstbäumen 4505000 3) an Gebäuden 564000 ^6, zus.

8 525000 bei 29 580 Einwohnern.

Ulm, 9. Juli. Für die Hagelbeschädigten des württ. Unterlands wurde heute von den bürgerl. Kollegien aus den Mitteln einer Stiftung 1000 ^ bewilligt. Die heutige Plenarversammlung des landwirtschaftlichen Bezirksvereins beschloß einstimmig, den für den 7. Juli geplanten Mitgliederausflug nach Hohenheim nicht auszuführen und statt dessen aus der Vereinskaffe die Summe von 500 ^ für die Hagelbeschädigten zu geben.