Ausland.
Wien, 21. Mai. Nach einer Meldung des „ Neuen Wiener Tageblatt" erbt Fürst Ferdinand von Bulgarien vom Herzog von Aumale ein Vermögen von 17 Mill. Frcs.
Paris, 21. Mai. Nach Meldungen der Morgenblätter aus Oran veranlaßte die Rückkehr mehrerer in Mostaganem von den Juden verwundeten Radfahrer antisemitische Kundgebungen. Die Schaufenster der Läden der Juden wurden zertrümmert, ebenso die Zeitungskioske. Ein Zuavenkordon hält das Judenviertel besetzt.
London, 20. Mai. Wie den „Times" aus Konstantinopel gemeldet wird, hat der Sultan vom Kaiser von Rußland ein Telegramm erhalten, in dem der Kaiser dem Sultan für die Einstellung der Feindseligkeiten dankt.
London,21. Mai. Ein Athener Korrespondent des „Standard" telegraphierte, der Minister des Auswärtigen habe ihm erklärt, die griechische Regierung wäre entschlossen, alles aufzubieten, um 30 pCt. der den griechischen Staatsgläubigern zustehenden Zinsen zu zahlen, aber die durch die Folgen des Krieges hervsrgerusene mißliche Finanzlage des Landes ge- es in keiner Weise, noch darüber hinaus weitere Lasten zu tragen.
Athen, 21. Mai. Cipriani, der Führer der italienischen Freischaar, der im letzten Gefecht bei Domokos eine Verwundung am Knie erhielt, ist hier eingetroffen. Der verwundete General Mavromichalis wurde gleichfalls hierher gebracht.
Lamia, 22. Mai. Die ganze Ausstellung beider Armeen entlang wurden gestern Abend weiße Flaggen gehißt. Der Kronprinz hat in einem Tagesbefehl der Armee den Waffenstillstand verkündigt. Die Feststellung der neutralen Zone durch eine Kommission höherer Offiziere wird morgen erfolgen.
Konstantinopel, 22. Mai. Die Pforte hat den Botschaftern offiziell mitgeteilt, daß auf der ganzen Linie auf beidenKriegsschauplätzen Waffenruhe herrsche.
Kleinere Mitteilungen.
Hedelfingen, 21. Mai. Ein mysteriöser Fund beschäftigt seit einigen Tagen in hiesiger Gegend sehr lebhaft die Gemüter. Auf einem Acker zwischen hier und Eßlingen wurde nämlich ein dort versteckter Koffer aufgefunden, der Spuren gewaltsamer Oeffnung aufwies und Kleidungsstücke enthielt, die teilweise mit Blut besudelt waren. Daraus und aus dem Umstand, daß sich auch ein Brief vorfand, dessen Adressat — ein italienischer Arbeiter — seit einiger Zeit vermißt wird, ergiebt sich die Annahme, daß es sich hier um ein Verbrechen handelt.
Ludwigsburg. 21. Mai. In Eglosheim wurde unlängst eine Gesellschaft, welche von einem Bergnügungs-
ausflug mit einem Jagdwagen nach Ludwigsburg fuhr und nachts besagten Ort passierte, in brutaler Weise und ohne jeglichen Anlaß meit einem Steinhagel übersät, so daß die Insassen des WagenS in Lebensgefahr schwebten. Einer der Passagiere wurde durch einen Stcinwurf am Kopfe schwer verlebt, und cs ist nur noch ein Wunder zu nennen, daß er nicht in das Auge getroffen wurde, welches ohne allen Zweifel für immer verloren gewesen wäre. Der Verletzte befindet sich nun wieder auf dem Wege der Besserung. Die Thäter sind in 3 ledigen Burschen aus Eglosheim ermittelt, welche zwar ihre unüberlegte That bereuen, aber dennoch ihrer verdienten Strafe nicht entgehen werden.
Ludwigsburg, 21. Mai. Vorgestern Nachmittag ereignete sich beim Eisenbahndurchlaß an der Schiller- und Pflugfelderstraße hier ein sehr bedauerlicher Unglücksfall. Der 17 Jahre alte Dienstknecht Wilhelm Metzger von Markgröningen wollte mit einer Ackerwalze nach Hause fahren, wobei er beim Absteigen so unglücklich unter dieselbe kam, daß er schwer verletzt in das Bezirkskrankenhaus verbracht werden mußte, wo er abends noch an seinen innerlichen Verletzungen verschied.
Hall, 21. Mai. Bei dem gestrigen heftigen Gewitter wurden die Pferde des Oekonomen Wolf in Hessenthal, hiesigen Oberamts, in der Nähe des Orts infolge eines Donnerschlags scheu, sprangen über eine Böschung hinunter und fielen mit samt dem Wagen in den durch den Regen stark angeschwollenen Ortsbach. Bis genügende Hilfe herbeikam, um die in ihren Strängen verwickelten Pferde loszumachen, war eines derselben ertrunken. Wolf hat diese beiden wertvollen Pferde erst kürzlich käuflich erworben, weshalb er allgemein bedauert wird. Der Knecht, welcher die Pferde lenkte, kam schadlos davon.
*, Mengen, 21. Mai. Am Dienstag Nachmittag fiel das etwa 3 Jahre alte Töchterchen eines hiesigen Serbermeisters in die Ablach und wurde vom Wasser fortgerissen. Der Sohn eines Müllers bemerkte die dem Kind drohende Gefahr des Ertrinkens noch rechtzeitig und rief eiligst um Hilfe. Ein in der Nähe befindlicher Handelsmann sprang kurz entschlossen in das dort schon ziemlich tiefe Wasser und entriß das Kind dem sicheren Tode. — Vorgestern fiel ebenfalls wieder ein 7jähriger Knabe in denselben Fluß und wäre auch sicher ertrunken, wenn nicht ein älterer Knabe denselben dem Wasser entrissen hätte.
Schramberg, 19. Mai. Der um 11 Uhr nachts hier fällige Zug fuhr am Montag im gewöhnlichen Tempo durch den hiesigen Bahnhof auf dem Zufahrtsgeleise der Steingutfabrik stadtwärts, auf dieser Fahrt das Geleise-Fabrikthor zertrümmernd. Schaffner Klomann hatte die Geistesgegenwart, sofort den Lufthahnen zu ziehen und damit so zu bremsen, daß der Anprall für die Passagiere nicht weiter schädlich wirkte, wogegen durch denselben anderseits Führer und Heizer munter genug wurden, um ferneres Unheil abwenden zu können, beziehungsweise zurück zur richtigen Aussteigcstelle zu dampfen. Die Schlaftrunkenheit, in der sich D. und R. befanden, ist nach der eingeleiteten Untersuchung keineswegs auf dienstliche Ueberanstrengung zurückzuführen. Wenn die Sache auch glimpflich abging, so dürfte für die Nachlässigkeit eine empfindliche Strafe doch wohl nicht ausbleiben. Heizer R. ist vorerst außer Dienst gestellt.
Ulm, 20. Mai. Aus Blaubeuren kommt die traurige Nachricht, daß der dortige Stadtschultheiß, der sich infolge Ueberarbeitung in großer Gemütserregung befand, sich mit einem Rasiermesser am Hals und an der Pulsader lebensgefährliche Verletzungen beigebracht habe. Der Verwundete
l lebt noch, ist jedoch nach Aussage der Acrzte kaum mehr I zu retten.
, Von Wolfegg wird der „Remsztg." gemeldet: Aus der hiesigen fürstlichen Baukaffe kamen vor einigen I Wochen auf unaufgeklärte Weise 5000 ^ abhanden. Da gerade zu der kritischen Zeit ein noch junger Handwerksmeister aus Ravensburg im betreffenden Zimmer beschäftigt war, so lenkte sich der Verdacht trotz der Unbescholtenheit seiner Person auf ihn. Glücklicherweise sind die vermißten Gelder an das Tageslicht gekommen und ist so der Verdacht von dem allgemein als rechtlich bekannten Manne genommen worden. Leider ist der Vater desselben infolge dieser Sache gestorben. Man sagt, der Gram habe ihm das Herr ab gedrückt.
Buchau, 21. Mai. Gestern Abend brannte daS von 5 Familien bewohnte, in der Nähr der Synagoge gelegene Wohnhaus des Friseurs Manz bis auf den Grnnd nieder. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt. Die hart bedrohten Nachbargebckude konnten gerettet werden.
*» Pforzheim, 21. Mai. Ein unheimlicher Gast hat sich wieder hier eingestellt, nämlich der Typhus, der bereits gegen 20 Personen befallen hat. Die Grundwasserverhältnisse scheinen eben doch von ungünstigem Einfluß auf den Gesundheitszustand unserer Bevölkerung zu sein und es wäre wohl angezeigt, eine durchgreifende Regulierung unserer Kanalsation alsbald vorzunehmen. — In vielen, d. h. in den meisten hiesigen Geschäften wird nur noch 3 Tage in der Woche gearbeitet, da die orientalischen Wirren den Geschäftsgang ungünstig beeinflussen.
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