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Amts- und Intelligenz-Blatt fiir den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Nagold, Samstag den 22. Mai

1897.

Amtliches.

An die Ortsvorsteher, Gemeindepfleger «nd Berwaltnngs-Aktuare.

Es wurde in letzter Zeit wiederholt die Wahr­nehmung gemacht, daß die zu Gesuchen um Ver- willigung von Staats- und Amtskorporationsbeiträgen zu Straßen-, Brücken- und Schulhausbauten, Aus­führung von Feldbereinigungen u. s. w. bezw. zum Zweck der Anweisung derselben aufzustellenden aus­führlichen Kostenliquidationen mit erheblichem Auf­wand an Mühe und Geld erfolgen. Um die Aus­stellung der Kostenliquidationen zu vereinfachen und unnötige Geldausgaben zu vermeiden wird folgendes angeordnet:

Sobald ein Aufwand für oben erwähnte Bauten aus der Gemeindekasse zu bestreiten ist, hat der Gemeindepfleger die über die diesbezüglichen Ausgaben zu machenden Einträge im Rapiat von den übrigen sonstigen Zahlungen für die Gemeinde in besonderer Rubrik mit entsprechender Aufschrift (z. B.Auf­wand auf den Bau der Straße nach N.") und in übersichtlicher Weise getrennt zu halten.

Sollte zu diesen Einträgen im Rapiat, auf dessen Umfang wegen eines in Aussicht genommenen Straßen- etc. Baus übrigens schon bei Anlegung desselben Rücksicht zu nehmen ist, der nötige Raum nicht vor­handen sein, so ist ein besonderes nur ausschließlich für diesen Zweck bestimmtes Rapiat zu führen.

Die Ortsvorsteher und Berwaltuugsaktuare wer­den angewiesen, den Gemeindepflegern behufs Aus­führung dieser Anordnungen erforderlichenfalls an­leitend an die Hand zu gehen.

Was sodann die Verrechnung dieser Ausgaben in der Gemeindepflegrechnung betrifft, so hat der Verwaltungsaktuar analog der den Gemeindepflegern vorgeschriebenen Art und Weise zu verfahren.

Bei Einhaltung dieser Praxis wird daher als Liquidation des gesamten Kostenaufwands ein dies­bezüglicher Auszug aus der Gemeinderechnung ge­nügen und eine besondere Aufstellung mit den damit verbundenen bedeutenden Kosten vermieden.

Die oben bezeichneten Gemeindebeamten werden angewiesen, sich in künftigen vorkommenden Fällen nach vorstehenden Anordnungen zu richten.

Nagold, den 20. Mai 1897.

K. Oberamt. Ritter.

Gestorben: G. L. Kern, Mittelschullehrer a. D. in Cannstatt, 71 Jahre alt; von 186067 2ter Schullehrer in Hailerbach.

Miirtlrrndergischer Landtag.

Stuttgart, 18. Mai. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgg. steht die Forderung von 68,000 ^ für Erweiterung der Waschanstalt für die Kliniken der Universität Tübingen auf der Tagesordnung. Die Position wird nach dem Antrag der Kommission angenommen. Ein Neubau für die landw.-chemische Versuchsstation in Hohenheim (97,500 wird ebenfalls nach den Kommissions­anträgen angenommen. Man geht über zu der Forderung für einen Neubau einer Pferdeklinik, Verlegung der Hunde­klinik und Einrichtung einer Seuchenbaracke an der tierärztl. Hochschule in Stuttgart. Die Kommission beantragt Ge­nehmigung, was der Ber.-Erst. Hartranft-Böblingen begründet. Die Beratung dauert fort.

Deutscher Ketchstag.

Berlin, 17. Mai. Bei der zweiten Beratung deS Gesetzentwurfs betreffend den Servistarif und die Klaffen­einteilung der Orte wird der von dem Abg. Lieber unterstützte Antrag des Abg. Hammacher den von der Kommission gestrichenen Z 2 betr. die Klaffeneinteilung an dir Kommission zurückzuverweisen, mit geringer Majorität abgelehnt. Bei der Abstimmung über den Z 1 bezweifelt Hammacher die Beschlußfähigkeit des Hauses; da, wie die Auszählung ergab, nur 141 Abgeordnete anwesend sind, beraumt der Präsident die nächste Sitzung auf morgen

12 Uhr an. Tagesordnung: Antrag betr. das Vereinsrecht. Handwrrkervorlage. Der Abg. Kardorff bemerkt zur Festsetzung der Tagesordnung: Initiativanträge könnten nur durch die Majorität des Hauses und nicht nach dem Belieben des Präsidenten aus die Tagesordnung gesetzt werden. (Unruhe). Der Präsident weist unter dem lebhaften Beifall deS Zentrum? und der Linken diese Kritik als ungerechtfertigt zurück, denn die Auszählung habe ergeben, daß heute keine Majorität vorhanden sei. Schluß 2'/« Uhr.

Berlin, 18. Mai. Aus der Tagesordnung der heutigen Reichitagssitzung steht die 1. Beratung des Initiativantrags betr. das Vereinsgesetz, dessen einziger Artikel lautet: Inländische Vereine jeder Art dürfen miteinander in Verbindung treten. Die entgegenstehenden landesgesetzlichen Bestimmungen sind ausgehoben." Der Antrag wurde von dem Abgeordneten Rieckert eingebracht. Nach längerer Beratung wurde der Antrag mit 207 gegen 83 Stimmen angenommen. Nächste Sitzung morgen 12 Uhr.

Hages-Meuigkeiten.

Deutsches Leich.

Nagold, 21. Mai. Die heute durch Major Spieß vom K. W. Drag.-Reg. Nr. 25 vor­genommene Pferdemusterung, welche das brauchbare Pferdematerial für den Fall einer Mobilmachung feststellen soll und in erster Reihe die Gemeinden Nagold, Emmingen, Jselshausen, Oberschwandorf, Unterschwandorf, Schietingen, Rohrdorf, Minders­bach, Haiterbach mit Altnuifra, Ebhausen, Pfron­dorf, Ober- und Unterthalheim umfaßte, erstreckte sich auf eine große Anzahl Tiere; dabei kam man­ches schöne Exemplar zur Vorführung, aber auch manches, dem wegen Altersschwäche und anderer Gebrechen nur noch das Gnadenbrot beschieden zu sein schien. Die Musterungen in Altensteig und Wildberg finden am 22. bezw. 24. Mai statt. (Vergl. Ges. Nr. 75.)

* Nagold, 21. Mai. Durch die Beschaffung neuer guter Nachen ist seit einigen Tagen Gelegen­heit zum Nachenfahren auf der Nagold geboten. Das Rudern ist eine sehr gesunde Bewegung, welche, die Muskulatur der sArme und der Brust stärkend, den Brustkorb ausdehnt und so den Atmungsorganen Platz und Luft zu ihrer lebenswichtigen Thätigkeit schafft. Daneben ist das Nachenfahren ein Ver­gnügen, das mit dem des Schlittschuhfahrens noch den großen Vorzug hat, unserem Organismus nur staubfreie Luft zuzuführen und deshalb nachhaltig günstig auf denselben zu wirken. So verbindet das Nachenfahren das Angenehme mit dem Nützlichen in schönster Weise, so lang es nicht ans Umschlagen geht. Aber selbst dann ist die Sache nicht so schlimm, wie etwa auf demGroßen Ozean", denn auch der beste Schwimmer würde sich auf dernachenbefahrenen Strecke" unserer Nagold lieber aufs Gehen einlaffen! Man benütze also die schöne Gelegenheit zum Nachen­fahren recht fleißig; es ist ein schönes und dabei wohl das billigste Vergnügen.

Nagold, 21. Mai. Am 8. August werden die Turnvereine des Nagoldgaues in Neuweilerzusammen­kommen. Bei dieser Gelegenheit sollen volkstümliche Uebungen mit Preisverteilung Vorkommen.

DieWürtt. Volksz." schreibt: Daß die Eisen­bahn das ihrige zur allmählichen Abschaffung der Flößerei von selbst thut, erhellt daraus, daß in letzter Zeit der Verkehr mit Langholz, Papierholz, Brennholz und Schnittwaren auf den Stationen Altensteig, Berneck und Ebhausen sehr groß war und deshalb auf der dortigen Lokalbahn 24 Sonderzüge gehen mußten. In der Zeit seit Frei- gebung deS Floßwaffers gingen dagegen nur 3 Flöße mit Langholz von Altensteig ab.

* Rohrdorf, 21. Mai. Unter zahlreicher Be­teiligung von Leidtragenden, worunter sechs Krieger­

vereine, wurde gestern nachmittag Bleichereibesitzer Dürr beerdigt. Er war Veteran von 1866 und 1870/71 und erfreute sich bei Lebzeiten allgemeiner Achtung und Beliebtheit; die Kameraden gaben eine Ehrensalve über seinem Grabe ab. Der Verstorbene war schon lange schwer leidend und ist jetzt im 54. Lebensjahre gestorben. Seine 5 Kinder, denen die Mutter schon vor einigen Jahren entrissen wurde, sind nun verwaist und wendet sich denselben die allge­meine Teilnahme zu.

".Tübingen, 19. Mai. In den Kliniken der Uni­versität ist die Besetzung schon derart, daß eine vorherige Anfrage immerhin gut ist. Bon Jahr zu Jahr wird die Thätigkeit dieser wohlthuenden Institute «ine immer größere, namentlich in der chirurgischen, medizinischen Frauen- und Jrrenklinik, aber auch die Augen- und Ohrenklinik werden immer mehr von Patienten benützt, und es wird bei den letzteren beiden Instituten in kurzer Zeit eine Vergrößerung der Räumlichkeiten unausbleiblich sein.

Baden, 17. Mai. In der Reihe der kaum enden wollenden Trauerberichte, welche derFigaro" dem fürchter­lichen Brand-Unglücke im Pariser WohlthätigkeitS-Bazar widmete, schrieb die genannte Zeitung u. a. unter'm 6. d. M., das Herausfinden und Wiedererkennrn der armen verkohlten Opfer besprechend, folgendes:Der Graf de Chevilly traf in Begleitung der nur 18 Jahre alten Gouvernante seiner Töchter ein; nach mehreren Stunden Hin- und Hersuchens hat diese junge Gouvernante das selbst erst 18 Jahre zählende Fräulein Ivonne de Chevilly wiedererkannt." Und in seiner Nummer vom 3. d. Mts. fügt das Blatt hinzu: Was sollen wir sagen über ein so wackeres Mädchen von erst 18 Jahren, welches für ihre jungen Herrinnen that, was viele Eltern nicht gethan haben, indem sie, um solche ausfindig zu machen, 2 Tage und 2 Nächte hindurch in Mitte dieser schrecklichen Leichenaufspeicherung verbracht hat!!" Vom hiesigen Oerels äs eon.vsrss.tiou krav^g-iss wird demBerl. Tagebl." die interessante Thatsache mit­geteilt, daß die jugendliche Heldin, welche ganz Paris durch ihre Anhänglichkeit und Treue mit Bewunderung erfüllt hat, ein Baden-Badener Kind ist, und zwar die Tochter des Kaufmanns Fieder ling in der Eichstraße.

Wiesbaden, 18. Mai. Die heutige Parade verlief bei prachtvollem Wetter auf das Glänzendste. Der Kaiser in Generalsuniform mit dem Bande des Andreasordens nahm die Parade zu Pferde ab. In dem Gefolge befanden sich u. A. der kom­mandierende General des 7. Armeekorps, General der Inf. v. Götze, sowie die sonstigen direkten Vor­gesetzten des 8. Husarenregiments und der Flügel­adjutant des Kaisers von Rußland, Nepokoischitzki. Nach 2maligem Vorbeimarsch der Truppen ritt der Kaiser an der Spitze der Fahnenkompagnie in das Schloß zurück. Aus Anlaß des Geburtstags des Kaisers von Rußland fand heute ein Gala­essen statt, zu dem der russische Botschafter v. d. Osten-Sacken, der Flügeladjutant des Zaren, Oberst Nepokoischitzki, der russische Militärbevollmächtigte Oberstlieut. Fürst v. Engalytscheff und die übrigen Mitglieder der russischen Botschaft Einladungen er­halten hatten. Der Kaiser überreichte gestern Hrn. v. Hülsen ein prachtvoll eingerahmtes Bild, das eine Vergrößerung der letzten Zeichnung des Kaisers von dem Onckenschen Geschichtswerke dar­stellt. Der kommandierende Admiral Knorr und der Direktor im Reichsmarineamt, Kontreadmiral Büch sei, sind heute Morgen zum Vortrag beim Kaiser hier eingetroffen.

Wiesbaden, 20. Mai. Der Kaiser empfing den aus Stuttgart hier eingetroffenen kommandieren­den General des 13. Armeekorps, Generaladjutant v. Lindequist.

Köln, 19. Mai. Nachträglich stellt es sich glücklicher­weise heraus, daß die Zahl der bei dem Eisenbahnunglück bei Gerolstein Getöteten keine so große ist, wie anfänglich angegeben war. Immerhin ist die Zahl der unglücklichen Opfer noch groß genug. Tot sind 9 Reservisten und 1 Bremser. Es muß sonderbar erscheinen, wie von amtlicher Seite so grobe Unrichtigkeiten verbreitet werden können.