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unseren greisen Heldenkaiser endete, welches mit großem Beifall der Festgenoffen ausgenommen wurde. Hierauf erfolgte die Enthüllung der von Fabrikant Neff in Biberach tadellos gelieferten Fahne, welche von einer der anwesenden Festdamen mit poetischen Worten übergeben wurde. Weitere von dem Vereinsvorstand, Vereinsmitgliedern und Hrn. Apotheker Stein von Calw gehaltene Ansprachen mit Hoch auf unseren König, auf den Fürsten Bismarck und Grafen Moltke fanden gleichfalls begeisterte Aufnahme. Mit Musik und Tanz begann ein fröhliches Treiben bis zum Abend, worauf ein gelungener, gut besuchter Ball in der „Sonne" den Abschluß des Festes bildete, -
Weil im Schönbuch, 26. Juli. Heute nachmittag kam.-die Trauerkunde hierher, daß in dem abgelegenen Waldteil Bromberg des Reviers Weil 3 Waldarbeiter vom Blitz getötet worden sind. 4 Arbeiter hatten sich von den andern entfernt, um Bänder zum Ausrichten der durch Schneedruck geschädigten Kulturen zu holen. Sie wurden vom Gewitter überrascht und suchten Schutz in der Hütte, in welcher sich das Unglück ereignete. Der vierte Mann kam schwer verletzt lebend hier an, doch ist Hoffnung für Erhaltung seines Lebens vorhanden.
Aalen, 26. Juli. Es giebt viele Bauern, die sich noch nicht in die Markrechnung eingelebt haben, sondern beim Viehhandel immer noch mit „Karolin" rechnen, trotzdem schon mancher dabei zu Schaden gekommen ist. So bemühte sich am gestrigen Jakobi-Viehmarkt ein israelitischer Viehhändler vergebens, einem Bauern sein Paar Stiere um 400 abzuhandeln. Der Bauer antwortete, um diesen Preis gebe er die Stiere nicht ab, sie müssen 21 Karolin (396 gelten. Der Händler schlug natürlich ein und der Bauer hatte, nachdem er von den Umstehenden auf seinen Fehler aufmerksam gemacht worden war, das Nachsehen.
Frankfurt a. M. Ertappte Einbrecher. Die Kriminal- Polizei hat am Sonntag abend einen guten Fang gemacht, indem sie zwei Einbrecher auf frischer That ertappte, welche die Wohnung eines höheren Gerichtsbeamten in der Gutleutstraße auszuräumen im Begriffe waren. Der Bestohlene weilt mit seiner ganzen Familie seit dem Beginne der Gerichtsferien in der Schweiz, und so konnte es passieren, daß die Spitzbuben am Freitag abend in das leer stehende Haus einbrachen, die wertvollsten Gegenstände zusammenpackten und fortschleppten — und am Sonntag abend wiederkamen, um Nachlese zu halten. Inzwischen hatte die Kriminalpolizei aber Kenntnis von der Sache erlangt und hatte das Haus besetzt. Man überraschte den Hauptthäter, als er gerade im Begriffe war, einen Wäscheschrank zu revidieren. Als er Miene machte, sich aus den ihm gegenübertretenden Beamten zu stürzen, schlug dieser ihn mit einem Schlage zu Boden. Blutüberströmt wurde er abgeführt, während sein Gefährte für dies Mal unerkannt entkam. Heute vormittag aber machten ihn zwei Kriminalschutzleute ausfindig, während er noch einige in der Gutleutstraße gestohlene Gegenstände bei sich trug. Die beiden Verhafteten sind mit Zuchthaus schwer vorbestraft und dürften nun für einige Jahre unschädlich sein. Ob einer derselben etwa der längst gesuchte Silberdieb ist, wird die mit aller Energie geführte Untersuchung bald ergeben.
Berlin, 27. Juli. Nach den hier vorliegenden Nachrichten wird sich der Kaiser von Gastein nach Babelsberg, dann zu den Manövern nach Königsberg und Danzig, sowie nach Liegnitz begeben.
Zürich, 26. Juli. Tausende von Menschen umstanden die Gitter und die Mauern des sonst so stillen Friedhofes zur Rehalp. als gestern nach, mittag vor 4 Uhr der gewaltige Leichenzug sich durch das Thor bewegte, der den 5 an der Jungfrau verunglückten Zürichern die letzte Ehre erweisen sollten. Hinter den 4 Leichenwagen schritten 60 Fahnenträger, und die Zahl der Leidtragenden, die in Reih und Glied folgten, betrug mehr als 2000. Am Grabe sprach zuerst Pfarrer Ritter, der den Verwandten und Freunden den Trost eines im Glauben starken Mannes spendete. Hierauf ergriff Sekundarlehrer Egg das Wort, um im Namen der großen Turnerschar, die am offenen Grabe stand, der Toten zu gedenken. Droben über den Zürichsee aber zog ein gewaltiges Gewitter und der Donner rollte in Grabgesang und Leichenrede; es war als ob die Elemente denen, welche im Kampfe gegen sie gefallen find, ihren Scheidegruß entbieten wollten.
WernrifcHtes.
— Der Lebensversicherungs- und Ersparnis-Bank in Stuttgart sind in der ersten Jahreshälfte 2643 Anträge mit 15>/r Millionen zugegangen, zur Annahme gelangten davon 2264 Anträge mit 13 Millionen Mark. Der reine Versicherungsstand erreicht 266 Millionen. Die Versicherungen treten ohne Karenzzeit sofort in volle Kraft; alle Klauseln, welche die Versicherung anfechtbar machen können, sind statutarisch ausgeschloffen. Die Auszahlung der anfallenden Versicherungssummen erfolgt ohne Verzug und ohne Diskonto-Abzug. Die Ueberschüsse fließen ungeschmälert an die Versicherten zurück; im Jahre 1887 kommen 2,031300 und in den nächsten 4 Jahren weiterer 8,800 000 zur Verteilung. Die Dividenden können nach Belieben der Versicherten in verschiedenen Formen bezogen werden. Nach Plan ^11 wird vom 6ten Jahre ab die höchstmögliche Dividende je nach der Form der Versicherung 41—70 °/g auf die einfache Todesfallprämie gewährt; nach Plan III sind Gewinnanteile zu erwarten, welche eventuell die Versicherungssumme übersteigen können und nach Plan k steigt die Dividende um jährlich 30/0 der Prämie, somit entfallen nach 20jähriger Versicherungsdauer 60 o/g auf die Prämie und nach 33—34 Jahren wird der Versicherte nicht nur von jeder weiteren Prämienzahlung befreit, sondern er hat von da ab sogar eine alljährlich steigende Rente zu gewärtigen. Kriegs-Risiko wird gegen billige Bedingungen übernommen. Der Bankfonds vermehrt sich jährlich um ca. 6 Millionen Mark und erreicht zur Zeit ca. 64 Millionen, darunter Extra-Reserve ca. 11 Millionen und Hypotheken - Reserve 1 Milli 0 nMark. Die Bank ist infolge ihrer sparsamen und vorsichtigen Leitung nicht nur als unübertroffen billiges, sondern vermöge der bedeutenden Reserven auch als absolut sicheres Lebensversicherungs-Jnstitut zu empfehlen.
— Während der Anwesenheit des Großherzogs von Baden in Bregenz bei der Abreise des Kaisers am 18. d. M. spielte sich nach der „Vorarlb. Ldsztg." folgende Scene ab: Als der Großherzog sich eben vom Kaiser verabschiedet hatte und dem Salondampfer „Kaiser Wilhelm" zuschritt, gewahrte er vornean in dem den Platz umspannenden Menschengurt einen dicken Wirt aus dem badischen Lande, dessen Herberge der Großherzog nach ermüdenden Jagden gerne aufzusuchen pflegt. „Sie auch hierl" redete der Fürst den Mann an. „Ja wohl, König!. Hoheit, wollt mal auch den Kaiser sehen und die Fürstlichkeiten", gab dieser zurück. — „Und jetzt?" — „Jetzt will ich mit dem nächsten Schiffe heim." — „Das nächste Schiff wird das meine sein", lachte der Großherzog, „kommt also mit, Ihr sollt mit dem Kaiserschiff heimkehren." — Des dicken Wirts Auge streifte über die glänzende Umgebung seines Landesfürsten und er dankte angelegentlich für die Einladung, die er schon deshalb nicht annehmen könnte, weil er seinen Freund, den Förster, nicht verlassen dürfe. Aber die Einwände nutzten nichts, der Großherzog entschied vielmehr, daß der Wirt und der Förster mitfahren sollten. Und so geschah es auch.
Kak. Standesamt ßakm.
Bom 22. bis 28. Juli 1887.
Geborene:
^>,s' Martha > Zwillinge, Kinder (postbumus) des ch Adolf Eberhard, ^ 4 . ^uu. ! Maschinenstrickers.
25. » Georg Karl Gotthilf, Sohn des Kaufmanns Karl Werner.
Gestorbene:
25. Juli. Margarete Katharine, geb. Beißer, Witwe des Gottlob Müller, Bäckers hier, 19 Jahre alt.
Gottesdienste am Sonntag, den 31. Juli 1887.
Vom Turme: Nro. 412. Vormittagspredigt: Hr. Dekan Berg. Christenlehre mit den Töchtern in der Kirche. Nachmiltagspredigt um 2 Uhr in der Kirche: Hr. Helfer B r a un.
Gotteräienfte in äer Metboäiftenkapekke am Sonntag, den 31. Juli^ 1887. Morgens 9 Uhr, abends 8 Uhr.
Hirsau.
Aum 25. Juki 1887.
(Mit Bezug an unfern Bericht in voriger Nr.)
Dann that, wie einst sein Kollege David,
Auf der Lebensbahn einen bedeutsamen Schritt Der geehrte Jubilar:
Nicht Schafe mehr auf grünender Au,
Nein, Bürger regieret in Hirsau Als Schultheiß der Jubilar.
Es hat in diesem festlichen Rund Gesprochen schon mancher beredtere Mund Von unserem Jubilar;
Drum komm' nur schüchtern auch ich noch heran Und bitte: höret nachsichtig an.
Was in Reimen ich bringe dar!
Er hat einen guten Tausch gemacht.
Braucht ja nicht zu frieren mehr in der Nacht, Wie einst, wenn im Karren er lag;
Vielmehr am grünen Tische er schwitzt,
Wenn er eifrig amtet und schreibt und sitzt,
So manchen lieben Tag.
Wir seh'n, wenn ein günstiges Los uns fiel.
Nach mühsam errungenem schönem Ziel,
Aufs Vergangene gerne zurück;
So wendet wohl auch unser Jubilar Auf die Jugendzeit, da er Schäfer war,
Heut' gerne sinnend den Blick.
Ja, es weidete einst, den Stab in der Hand,
Die Schafe nn Ober- und Unterland Der heutige Jubilar,
Er weidet' und pflegt' sie mit klugem Sinn,
Es mehrt' sich die Herde und bracht' ihm Gewinn, So verfloß ihm friedlich manch Jahr.
Doch er hat wohl auch manchmal im Stillen gedacht: Ich Hab' einen schlechten Tausch gemacht,
Als ein Ortsvorsteher ich ward.
Weit leichter einst lenkt' ich die Herd' durch den Hund, Als jetzt Hirsau mit meinen Kollegien und Mit meinem alten Schönhardt.
Wie ist's dann doch gut in solchem Fall,
Daß er hat ein treues Ehgemahl,
Das teilt mit ihm Freud und Leid!
Drum bring' der Frau Schultheiß ich mein Hoch: Möchte s i e das Leben dem Gatten doch Versüßen noch lange Zeit!!!
Lck. 2.