Amts- unä Intekkigenzökatt für äen Kezirk.
Erscheint Sleustag, Donnerstag L Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
Dienstag, äen 26. Juki 1887.
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch
die Post bezogen im Bezirk 2 90 H, sonst in
ganz Württemberg 2 70 H.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung,
Fkoßfperre betr.
Unter Bezugnahme auf die oberamtliche Bekanntmachung vom 19. d. M., Wochenblatt Nr. 84, wird hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß die auf der Nagold von der Stadt Nagold flußaufwärts verfügte Floßsperre erst vom 28. d. M. an (statt 25.) in Wirksamkeit tritt.
Calw, den 23. Juli 1887. K. Oberamt.
Supper.
Bekanntmachung,
8<kafräuäe betrejfenä.
Unter den auf der Markung Altburg befindlichen Schafen des Georg Baier daselbst und des Georg Stoll von Alzenberg ist die Schafräude erlösche«, was hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird.
Calw, den 25. Juli 1887. K. Oberamt.
I. V.:
Stier, stv. Amtmann.
Bekanntmachung,
betr. den Umtausch der Schuldverschreibungen des gekündigten 4V2pro;entigen wiirttembergischen Staatsantehens vom 1. Januar 1877.
Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung des ständischen Ausschusses und des K. Finanzministeriums vom 14. Juni d. I., betreffend die Kündig, ung bezw. Umwandlung des 4>/2prozentigen wiirttembergischen Staatsanlehens vom 1. Januar 1877 in ein 4prozentiges Staatsanlehen (Staatsanzeiger Nr. 137), werden die Besitzer von Schuldverschreibungen des gekündigten Anlehens darauf hingewiesen, daß von dem -eu Gläubigern eingeräumten Recht zum Umtausch der gekündigten Schuldverschreibungen gegen Schuld- Verschreibungen des gleichen Nennwerts eines 4prozentigen wiirttembergischen Staatsanlehens zum Kurse von 101 50 Pf.
nur binnen der auf den 20. Juni bis 1. August d. I. festgesetzten Konversionsfrist Gebrauch gemacht werden kann.
Zur Erteilung von Auskunft über die näheren Bedingungen des Um- tauschs ist die Unterzeichnete Anmeldestelle bereit, von welcher auch Formulare zu Anmeldeverzeichnifsen unentgeltlich bezogen werden können.
Hirsau, den 18. Juni 1887.
K. Kameralamt.
Kemmel. .
Gcrges-Weuigkeilen.
Calw. Das auf Freitag abend von „E. Bleicher, Theater- und Konzertagent, Frankfurt a. M." angezeigte Konzert von 6 Mitgliedern der Frankfurter Oper im Gasthof zum Rößle in Hirsau hat nicht stattgefunden, da die Konzertgeber — weggeblieben sind. — Ohne Zweifel wäre ihnen eine mehr als befriedigende Einnahme sicher gewesen, da sich nicht nur eine große Anzahl Kurgäste und Einwohner Hirfau's eingefunden, sondern auch viele von Calw den Weg dorthin nicht gescheut hatten. Was die Sänger zum Wegbleiben veranlaßt hat, ist rein unerfindlich und da uns bis heute noch keine Nachricht über die Ursache zugegangen ist, so halten wir es für angezeigt, denselben als Begleitbrief mitzugeben, daß uns kein ähn- liches Vorkommnis bekannt ist, selbst nicht von Leuten, die auf der Durchreise vom Cannstatter Volksfest alljährlich einige Tage hier zu weilen pflegen.
Eßlingen, 21. Juli. Ein wegen Diebstahls und anderer Vergehen in Untersuchung stehender aber noch nicht verhafteter Mann von hier repetierte heute den auch anderwärts schon da und dort passierten Fall einer Einschließung des Gefangenwärters. Während nämlich der Gerichtsdiener, im Wartezimmer schreibend, dem Beschuldigten den Rücken zukehrte, benützte dieser die Gelegenheit, zur Thüre hinauszuschleichen und den Gerichtsdiener gefangen zu setzen. Auf heftiges Pochen wurde der letztere befreit und es gelang auf sofortige Meldung der hiesigen Schutzmannschaft den Dieb einzu- holen und in Numero Sicher zu verbringen.
Tübingen, 21 Juli. Gestern abend brachte ein sehr heftiger Regen den Feldfrüchten die notwendige Erfrischung. Leider dauerte derselbe nur etwas mehr als eine Viertelstunde, sodaß es noch eines länger anhaltenden Regens bedarf, um die herrschende Trockenheit zu beseitigen. Der Stand der Feldfrüchte ist nicht ungünstig. Von den Weinbergen ist eine halbe Ernte zu erwarten. Da das Obst auch diesmal — wie voriges Jahr — wieder ganz fehlt, wird der Mostbereitung aus Stachel-, Johannisbeeren rc., die es Heuer in Menge giebt, größere Aufmerksamkeit geschenkt als früher. Daß der Hopfenbau infolge der Ueberproduktion nicht mehr lohnend ist, sieht nun
Feuilleton. (Nachdruck «nb°t-n.>
Die Emigranten
von ü. ^4vari.
(Fortsetzung.)
„Häßlich?" rief der Wirt in gedehntem Tone und mit bedeutsamem Augenzwinkern, „ich sage gar nichts, wartet's nur ab", und vergnügt lachend füllte auch er sich einen Becher, um mit dem Gaste auf gutes Gelingen des beiderseitigen Planes anzustoßen.
Mittlerweile hatte sich auf der breiten, sonst so stillen Dorfstraße ein lebhaftes Treiben entfaltet. Auf festlich aufgezäumten Ackerpferden waren die auswärtigen Burschen eingezogen, während begrenzte, mit Tannenreisern bedeckte Wagen die schmucken, in malerische Trachten gekleideten Jungfrauen brachten.
Wirtszimmer und Tanzsaal füllten sich immer mehr und unter vergnügtem Händereiben machte der Hirschwirt bei seinen zahlreichen Gästen die Runde, hier durch Gruß und Handschlag einem Bekannten seine Freude bezeugend, ihn bei sich zu sehen, dort durch einige wohl angebrachte Scherze der Dirnen lautes Gelächter hervorrufend. Seine lebhaften dunklen Augen waren überall, am häufigsten aber weilten sie auf Amandus, der, unter der Thüre des Fremdenstübchens stehend, abwechselnd auf das Treiben unter sich und nach der breiten Eingangsthür schaute.
Wieder betraten einige einheimische Dirne^ kichernd den Saal, sich schüchtern oder dreist nach den Burschen umschauend, von denen sie zum Tanz geführt zu werden hofften.
Bei ihrem Eintreten ging der Wirt wie zufällig an ihm vorüber, ihm schnell einige Worte zuraunend.
Die Burschen gesellten sich zu den Mädchen, jeder seine Auserwählte an der Hand fastend und zu seinem Sitze geleitend. Nur eines der jungen Mädchen blieb unbeachtet und stand zuletzt ganz allein an der weiß getünchten Wand. Sie mochte
gewohnt sein, vor allen Andern ihren Tänzer zu finden, denn sie schaute erstaunt um sich und wußte sich offenbar nicht in der ihr ungewohnten Lage zurecht zu finden. Verlegen machte sie sich an der silbernen Kette zu schaffen, mit welcher ihr rotes, enganschließendes Mieder geschnürt war, und zupfte das schneeweiße Linnen zurecht, das den vollen Nacken bis an den zierlichen Hals sowie die runden Arme bis ans Handgelenk bedeckte. Auch die blanke Schürze mochte nicht kunstgerecht genug über das kurze, schwarze Röckchen fallen, denn sie strich dieselbe glatt und beugte sich dabei tief herab, wahrscheinlich um das verräterische Rot zu verbergen, das immer heißer auf ihren weichen Wangen aufstieg, während ihre Gefährtinnen schadenfroh nach ihr herüberschielten, ihr im Stillen die Zurücksetzung gönnend, da sich sonst immer die besten Tänzer um das schöne, muntere Mädchen zu reißen pflegten.
Wie gebannt starrte Amandus auf die liebliche Erscheinung, deren Schönheit, durch die Verlegenheit nur noch erhöht, einen nieempfundenen Eindruck auf ihn hervorbrachte. Ihr kastanienbraunes Haar fiel in zwei langen, mit bunten Bändern durchflochtenen Zöpfen über den Rücken hinab und umrahmte ein Gesicht von lieblichstem Oval mit kleinem Mund, feingeschnittener Nase und einem wunderbar klar blickendem, von langen Wimpern beschatteten Augenpaare, über welchem sich dunkle, schöngeschweifte Brauen hinzogen. Ueber dieses anmuthige Gesicht lagerte sich jetzt ein Zug des Unmutes, die perlweißen Zähne bissen sich in die rote Unterlippe; nicht einer der einheimischen Burschen hatte auch nur einen flüchtigen Blick für das schöne Mädchen und von den auswärtigen Festbesuchern hatte jeder seine Tänzerin mitgebracht.
Nur ein einziger Bursche aus dem Dorfe saß noch ohne Tänzerin bei der fröhlichen Schar. Abweichend von den andern, die in der kleidsamen Tracht der Thalbewohner erschienen waren, trug er halb städtische Kleidung, deren hellgraue Farbe den Müller erkennen ließ. Mit unangenehm klingender Stimme führte er das große Wort unter seinen Genoffen oder trieb durch seine groben Scherze den Mädchen das Blut in die Wangen. Sein an und für sich schon unschönes Gesicht war durch unzählige Blatternnarben noch mehr entstellt und in seinen halbzugekniffenen Augen mischte sich Verschlagenheit mit Tücke. Er schien der Held des Tages zu sein. Ein