tagsruhe dieselbe Anwendung finden, wie auf einzelne Gewerbetreibende. Auch können diese Vereine ihre Angestellten zum Arbeiten an Sonn- und Festtagen nicht verpflichten.
So sieht man aus den Neuerungen der vom 1. Jan. 1897 ab geltenden Bestimmungen der veränderten Gewerbeordnung, daß eine ganze Reihe von Berufsarten und Gewerben, Vereinen und Einrichtungen von den neuen Verordnungen betroffen werden, und daß es sehr ratsam für die Betreffenden ist, diese neuen Gesetze streng zu beachten, um sich vor Schaden zu bewahren. Da nun aber im letzten Jahrzehnt eine ziemliche Menge von Aenderungen und Verbesserungen der Gewerbeordnung stattgefunden haben und solche neue Bestimmungen stets eine gewisse Beunruhigung des Erwerbslebens im Gefolge haben, so ist zu wünschen, daß der Reichstag im neuen Jahre nicht schon wieder neue Aenderungen für die Gewerbeordnung beschließen möge.
Hages-MeuigLeiLen.
Deutsches Reich.
Stuttgart, 2. Jan. Der Verwaltungsrat der Pensions-Kasse für Körperschaslsbeamte hielt am Mittwoch eine Sitzung, in welcher die Ergebnisse der ersten Jahresrechnung mitgeteilt wurden. Dem Vernehmen nach ist der Vermögensstand der Kaffe so günstig, daß eine Umlage auf die beteiligten Korporationen rach vielen Jahren nicht notwendig werden wird. Die bei der Beratung des Gesetzentwurfes gemachte Annahme, daß schon nach zwei Jahren zur Erhebung von Umlagen werde geschritten werden müssen, erweist sich schon jetzt als unzutreffend.
Stuttgart. 2. Jan. Zu dem Duell Uxkull- Wangenheim schreibt man der „Frkf. Ztg.": Die Erklärung der „Nordd. Allg. Ztg." betreffend den preußischen Gesandten in Stuttgart, Freiherrn von Holleben, und das bekannte Duell ist ziemlich dürftig. Sie kann lediglich besagen wollen, daß der Gesandte bei dem Zweikampf keine offiziellen Funktionen als Sekundant oder Zeuge ausgeübt hat, daß aber Frhr. v. Holleben dem Duell überhaupt nicht beigewohnt habe, wird wohl kaum von Berlin aus behauptet werden können.
* Nagold, 7. Jan. Am Dienstag abend hielt die „Museums-Gesellschast" ihre Weihnachtsfeier im Gasth. z. Hirsch ab. Unter dem prächtigen Christ- baum hatten sich die Mitglieder sehr zahlreich eingefunden und spendeten jeder Nummer des abwechslungsreichen, aus Gesangs-, Klavier- und Violin- Vorlrägen zusammengestellten Programms großen Beifall. Sehr angenehm berührten auch die eingeschobenen Deklamationen aus Grimminger's schwäbischen Dichtungen, die so sehr zum Herzen sprechen. Die Gabenverlosung gestaltete sich sehr heiter, wurden doch viele schöne und praktische Sachen verteilt, worunter manche recht geeignet sein dürften., den glücklichen Besitzer einige Schiffslängen weiter von Glücks- — in den seligen Ehehafen zu treiben.
-t. Alten steig, 5. Jan. Einem von seiten des hiesigen Lesevereins ergangenen Rufe folgend, konzertierte gestern abend im Gasthaus zur Traube hier ein Sextett der Tübinger Militärmusikkapelle. Die Musikgesellschaft, bestehend aus 4 Streichinstrumenten. einer Flöte und einer Klarinette, trug gut ausgewählte Stücke, meist von neueren Komponisten stammend, mit großer Meisterschaft vor und befriedigte die zahlreichen Zuhörer in jeder Hinsicht. Nach Abspielung des 10 Nummern zählenden Programms gab das Sextett noch manche schöne Piece zum besten, was von den Anwesenden mit Freude begrüßt wurde. Der Wunsch wurde allgemein laut, die tüchtige Tübinger Musikgesellschaft möge noch öfters die hiesigen Freunde gediegener Konzertstücke durch einen solchen Vortrag wie den gestrigen erfreuen.
-t. Altensteig, 6. Jan. Die Weihnachtsfeiern der verschiedenen hiesigen Vereine nahmen heute ihren Abschluß. Der evangelische Arbeiterverein hielt seine Gabenverlosung im Gasthaus zur Krone. Durch einen Ausflug per Schlitten nach Pfalzgrafenweiler erfreuten sich die Mitglieder des Kirchengesangvereins. — Während durch die Stadt der Schlitten, mancher offenen Straßenstellen wegen nicht mehr gut geht, ist thalauf- und thalabwärts und besonders auf der Höhe die Bahn inuner noch eine prächtige.
Altensteig, 6. Jan. Die Bijouteriefabrik Lutz und Weiß in Pforzheim hat hier eine Filiale errichtet, in welcher vorzugsweise Uhrketten gemacht werden. Es ist dadurch vielen jungen Leuten Gelegenheit zu gutem Auskommen geboten, da eingeschaffte jugendliche Arbeiter (im Alter von 17 dis 18 Jahren) leicht 2 50 ^ pro Tag verdienen
können. Schon früher wurde von der Firma Knoll und Pregizer in Pforzheim eine Filiale in Nagold errichtet.
Schwieberdingen, 2. Jan. In der 6yl- vesternacht wurden in Schwieberdingen auf das Wohnhaus des Schultheißen Zoller drei scharfe Schüsse abgefeuert. Eine Kugel blieb im Bett stecken und eine andere ist über dem Kopf eines Kindes in die Wand eingedrungen. Die Thäter sind noch nicht ermittelt.
Ebingen, 2. Jan. Der deutsche Kriegerbund ist nach der „Parole," deutsche Kriegerzeitung, von 274000 Mitgliedern im Jahre 1886 auf 850000 im Jahr 1895 herangewachsen. — Die Verwaltungskosten betrugen im vorigen Jahre 29 566
Stuttgart, 6. Jan. Buchhalter Mayß bei der hies. Straßenbahngesellschaft hat sich Unterschlagungen im Betrage von über 2000 ^ zu Schulden kommen lassen und wurde deshalb sofort entlassen. Wie er bei der genauen Rechnungskontrole diese Unterschlagungen fertig gebracht hat und längere Zeit verdecken konnte, wird die eingeleitete strafgerichtliche Untersuchung aufdecken.
Göppingen, 3. Jan. Die Vorstandschaft des württ. Volksschullehrervereins hat den ftädt. Kollegien mitgeteilt, daß der Verein im Aug. d. I. seine Plenarversammlung hier halten will, und hat um (Überlassung der Turnhalle zu den Verhandlungen gebeten. Diesem Gesuche ist bereitwilligst entsprochen worden. Gleichzeitig war von Seiten des Verbands deutscher Kriegsveteranen eine Bitte um einen Beitrag eingereicht worden. Es wurde in der Sitzung von verschiedenen Seiten geltend gemacht, daß es Pflicht des Staates sei, hier zu helfen. Demgemäß wurde das Gesuch abgewiesen.
Unterdeufstetten, OA. Crailsheim, 3. Jan. Ein schwerer Unglücksfall hat sich in der Sylvesternacht hier ereignet. Der Wagner Joh. G. hantierte in der Wirtschaft des I. Rupp mit seinem scharfgeladenen Revolver und schoß dabei den Wirt in den Unterleib, so daß der Mann schwerlich mit dem Leben davonkommen wird. Beide Männer sind verheiratet und jeder Vater von drei Kindern. Rupp ist ein allgemein beliebter und geachteter Mann, und es wendet sich ihm und seiner Familie die größte Teilnahme zu. lieber den Thäter wird hart geurteilt.
Rübgarten, 2. Jan. Gestern wurde der ledige Arbeiter Schweizer von hier auf dem Wege zwischen Rübgarten und der Domäne Einsiedel von einem hiesigen Bürger tot aufgefunden. Derselbe kam jedenfalls in der Sylvesternacht zu Fall, blieb dann liegen und erfror. Schweizer stand im 50. Lebensjahr und war 20 Jahre als Senn und Arbeiter auf dem Einsiedel thätig.
Aus Baden, 2. Jan. In Seattle, Washington, Vereinigte Staaten, ist der General Aug. Val. Kautz im Alter von 67 Jahren gestorben. Kautz ist in Jspringen bei Pforzheim geboren und 1832 mit seinen Eltern nach Nordamerika ausgewandert. Den mexikanischen Krieg 1845/47 machte er als Freiwilliger mit und trat hierauf in die Bundesarmee ein, in welcher er es bis zum Kapitän gebracht und manchen harten Strauß mit den Indianern der Prairie bestanden hatte, als der Bürgerkrieg 1861—56 ausbrach. Für die wenigen >rku gebliebenen Offiziere der regulären Armee hatte die Union gute Verwendung. Kautz wurde Regimentskommandeur, bald nachher Brigade- und später Divisionsgeneral, als welcher er an verschiedenen Schlachten hervorraqenden Anteil nahm. Nach dem Kriege trat er wieder in das reguläre Heer über, in welchem er verschiedene höhere Kommandostellen bekleidete. Er war der erste Deutsche, der es im stehenden Heere der Vereinigten Staaten zum General gebracht hat. Seit einigen Jahren war er pensioniert.
Vom Schwarzwald, 29. Dez. Auf dem 960 Meter hohen Plateau des oberen Schwarz, waldes bei Bonndorf lagert eine solche Schnee
masse, daß daselbst diejenige vor zwei Jahren über- troffeu wird. Im sogenannten Metmathale richtete der Schneedruck gewaltigen Schaden an. An den steilen Thalhalsen in der Nähe der Schaffhausener Säge, Eigentum der Stadt Schaffhauseu, wurden ca. 200 Tannen durch die Schneelast entlastet und entwurzelt ins Thal gerissen.
Erlangen, 5. Jan. Heute früh brannte das Anwesen des Konditor Herzog nieder. Herzog kam in den Flammen um; seine Frau und 3 seiner Kinder wurden schwer, 2 andere Kinder leicht verletzt.
Nürnberg, 3. Jan. Für das Heuer dahier stattfindende deutsche Schützenfest sind nun die Tage vom 4. bis 11. Juli in Aussicht genommen. In den nächsten Wochen tritt die Schießkommission (der u. A. Eduard Föhr in Stuttgart angehört) zusammen.
Aachen, 3. Jau. In der Nähe der hiesigen Stadt fand zwischen einem Offizier des 40. Regiments und einem hiesigen Polycechniker ein Pistolenduell statt. Die Bedingungen waren die schärfsten. Der Offizier blieb tot. Dem Gegner wurde der Arm zerschmettert. — So greift der Dnellunfug immer weiter um sich. Die Reichsregierung aber setzt ihre „Erwägungen" fort.
Berlin, 1. Jan. Die Neujahrsfeier im kaiserlichen Schlosse vollzog sich in üblicher Weise. Nach dem Empfange der Hofwürdenträger und des militärischen Gefolges wurde Gottesdienst in der Schloßkapelle abgehalten. Im weißen Saale erfolgte darauf die große Neujahrsdsfiliercour, an welcher der Reichskanzler, das preuß. Staatsministerium und die Präsidien des Reichstags, sowie des preuß. Landtags teilnahmen. An die Defiliercour schloß sich der Empfang der Botschafter und kommandierenden Generale an. Hierauf begab sich der Kaiser zu Fuß zur Parole-Ausgabe. Nachmittags fuhr der Kaiser bei den Botschaftern und d-m Reichskanzler vor.
Berlin, 4. Jan. Die schon wiederholt aufgetauchte Meldung, daß Kaiser Wilhelm als Gast des Kaisers Franz Josef sich nach Ungarn begeben wird, wird neuerdings von Budapest aus verbreitet. Darnach soll Kaiser Wilhelm im nächsten Herbst auf den Gütern des Erzherzogs Friedrich im Baranyer Komitate eintreffen, wohin sich auch Kaiser Franz Joses begiebt. Für die Anwesenheit der beiden Kaiser wären große Jagden in Aussicht genommen. Es wird behauptet, daß bereits jetzt Vorbereitungen für den Empfang getroffen werden, was allerdings ein früher Anfang wäre.
Berlin, 6. Jan. Zur Affaire v. Tausch meldet ein Berichterstatter: In der früheren Wohnung v. Lützows hat neuerdings wieder eine Haussuchung stattgefunden, bei welcher eine Kiste mit Schriftstücken und Büchern aufgefunden wurde. Unter den Schriftstücken befanden sich angeblich auch Briefe v. ;Tausch's an Lützow, aus welchen zur Evidenz hervorgeht, daß Letzterer von Herrn v. Tausch auch zur Inspiration politischer Artikel gebraucht wurde.
Ausland.
Aus Lemberg, 2. Jan. meldet man der „N. Fr. Pr.:" In Warschau ist am 24. Dezember die Gräfin Helene Potocki plötzlich verstorben und wurde in der Familiengruft beigesetzt. Vorgestern wurde, von Angehörigen der Familie die Behauptung aufgestellt, Gräfi > Helene sei nicht verschieden, sondern in einen lethargischen Zustand verfallen. Die Leiche wurde gestern ausgegraben und zur Beobachtung in die Privatwohnung überführt. Obwohl seit dem Leichenbegängnis 7 Tage verstrichen, sind an der Leiche keinerlei Verwesungsspuren wahrnehmbar. Die Warschauer Aerzte haben aber nach eingehender Untersuchung der ausgegrabenen Leiche der Gräfin erklärt, daß der Tod wirklich eingetreten ist und daß die Vermutung, die Gräfin sei als Scheintote beerdigt worden, den Thatsachen keineswegs entspreche. Die Leiche wurde infolgedessen neuerdings bestattet.
Rom, 4. Jan. Der deutsche Kaiser hat sich seit Donnerstag zweimal telegraphisch nach dem Befinden König Humberts erkundigt.
Rom. 4. Januar. Der König ist vollständig wiederhergestellt. Er verließ gestern die Zimmer und nahm am Familiendejeuner teil. Heute Vorm, empfängt er den Minister des Innern zum gewöhnlichen Vortrage.