2

Da e'üte der^-jähr. Sohn eines benachbarten Bauern herzu und wurde, nach demBlaum.", von einem Gewehrlarffstück, das bei dem Schuß abge­sprungen ist, in die linke Brust getroffen. Heute -bend ist der V^ruWückte seinen heftigen Schmerzen kriegen. » V

j Konstanz/^-. Dez. Der gestern mit dem NcUhr-Zuge hier eingelieferte Kassendefraudant H. war-^g einpr^ür'die übrigen Passagiere abgeschlos­senen PeÄHenwagen untergebracht und von zwei Schweizer Landjägern begleitet. H. war mit Hellem Anzug und grauem Havelok bekleidet und trug ein kleines Paketchen in der Hand. Der Millionendieb schritt erhobenen Hauptes nach der bereitstehenden Droschke, die ihn ins Gefängnis verbrachte. Gestern abend wurde er hier dem ersten Verhör unterzogen. Der Morphiumvergiftungsversuch hat bei H. keine Spuren hinterlassen. Im Gefängnis wird er nicht extra bewacht, da man keine weiteren Mordversuche befürchtet.

Frankfurt a. M., 30. Dez. Die Verurteilungen wegen Zweikampfes find von 1891 bis 1895 von 60 auf 107 gestiegen. Es wird daraus der Schluß gezogen, daß die Zahl der Zweikämpfe in den letzten fünf Jahren sich somit nahezu verdoppelt habe. Diese Schlußfolgerung ist schief. Ein Urteil über die Zahl der Zweikämpfe läßt sich auf Grund kriminalstatisti scher Ausweise allein nicht fällen, da von vornherein Zweikämpfe geheim gehalten werden und so in zahl­reichen Fällen nicht vor den Richter kommen. Be­rechtigter erscheint der Schluß, daß das öffentliche Rechtsgefühl wachsamer geworden und die Sicher­heitsorgane in der Verfolgung in den letzten Jahren erfolgreicher gewesen sind. Ferner hat sich mit der Zahl der Verurteilungen auch die Eventualität der Begnadigung verdoppelt. Giebt man zu, daß nichts dem Duellunfug mehr Vorschub zu leisten vermag, als die sichere Erwartung, abgesehen von einer die gesellschafiliche Ehre nicht in Frage stellenden Frei­heitsstrafe nach kurzer Zeit wieder die Freiheit zu erlangen, so wird man mit um so größerer Berech­tigung im Hinblick aus jene Zahlen von dem Justiz­minister beanspruchen müssen, daß er gegen die Be­gnadigungsgesuche in Duellangelegenheiten mit allem Nachdruck seine Autorität als berufener Berater der Krone in Rücksicht auf das öffentliche Rechtsbewußt­sein in die Wagschale wirst. Sonst könnte gerade das Gegenteil dessen, was an sich aus der Zunahme der Verurteilungen in Duellsachen gefolgert werden kann, eintrelen, anstatt abschreckend zu wirken, wür­den sie lediglich die in dem Eingehen des Zweikampfes si h bekundende Gleichgiltigkeit gegen das Gesetz steigern.

Berlin, 1. Jan. Heftige Stürme hatte der SchnelldampferSpree" desNorddeutschenLloyds", der am 1. Weihnachtsfeiertage die Weser erreichte, auf seiner jüngsten Reise von Newyork nach Deutsch­land zu bestehen. Der Bcemerhavener Korrespon­dent derDeutschen Warte" schreibt dazu: Die Wogen gingen so enorm hoch, daß in den Tagen vom 17.19. Dezember vier Rettungsbote zer­schlagen und eines ganz weggespült wurde. Was das bedeutet, kann man ermessen, wenn man be­denkt, daß der Dampfer mindestens 15 Fuß über der Wasserfläche das Deck und die Rettungsbote noch einige Fuß höher trägt. An dem Schornstein derSpree" zeigte sich eine dicke Salzkruste, die sich durch das Aufschlagen der Wellen gebildet hatte. Promenadendeck und Kommandobrücke hatten eben­falls schwer gelitten; dicke eiserne Stangen wurden verbogen, andere Gegenstände zerbrochen oder weg­geschwemmt.

Ausland.

Luzern, 30. Dez. Die am 28. ds. einer hier wohnhaften Dame im Expreßzug Mailand-Basel abhanden gekommenen Wertsachen wurden von der Dame selbst im Eisenbahnwagen liegen gelassen und sind von einem Bahnbeamten gefunden wo d. »

Paris, 30. Dez. Mehrere Blätter wnsich rn, daß die neuen Schnellfeuerfeldgeschütze, au innen seit 1894 Versuche angestellt wurden, all u Anfor­derungen entsprächen. Die einzelnen Beilmdr ile dieser Geschütze, die in verschiedene» F b-cken her- gestellt werden, seien für die Zusamm n y, :g bereit. Die Ausrüstnng von 600 Batterien w. de im I ihre 1898 vollendet sein.

Kürzlich spielte sich in der Rue de Bell, fand in Paris ein furchtbares Drama ab. Der ehemalige Schankwirt Hansen erschoß seine Frau indem er ihr

eine Revolverkugel ins rechte Auge jagte und bracht? sich hierauf in selbstmörderischer Absicht eine lebens­gefährliche Verletzung bei. Das Motiv der Schrek- kensthat war Eifersucht. Frau Hansen, eine 26jährige Belgierin von seltener Schönheit, die sich für das Theater ausbilden wollte und einen reichen Gönner gefunden hatte, suchte sich ihres vollständig verarmten Gatten durch einen Ehescheidungsprozeß zu entledigen. Hansen hatte seine Frau wiederholt beschworen!, den Prozeß zurückzuziehen, und durch ihre hartnäckige Weigerung zur Verzweiflung gebracht, beschloß er, sie zu töten. Frau Hansen hätte bereits in den nächsten Tagen unter ihrem Mädchennamen Pauline de Bossy auf einer Pariser Operettenbühne auftreten sollen.

Sofia, 30. Dez. Der Gerichtshof verkündete um 2 Uhr nachmittags das Urteil im Prozeß gegen die Mörder Stambulows. Das Urteil stellt das Nichtschuldig bezüglich Bone Georgien»- fest, der der direkten Teilnahme an der Ermordung ange­klagt war. Es erkennt Tufektschiew für schuldig, die Waffen geliefert zu haben und Atzow für schul­dig, durch den Wagen Hilfe geleistet zu haben. Der Gerichtshof sprach Bone Georgien» frei und verurteilte Tufektschiew und Atzow jeden zu 3 Jah­ren einfachem Gefängnis. Die 3monatliche Unter­suchungshaft ist eingeschlossen.

Stockholm, 31. Dez. Seit einigen Tagen ist der älteste Sohn des Kronprinzen von Schweden, Prinz Gustav Adolf, an einer Ohrenentzündung unter Fiebererscheinungen bettlägerig erkrankt. Die letzte Nacht verlief unruhig unter heftigen Schmerzen.

Aus Petersburg bringen dieNarodni Listi" die Sensationsmeldung, oer Zic werde sein Volk mit einem Weihnachtsgeschenk: Aufhebung der Grundsteuern und Abschreibung der Steuerrückstände, überraschen. Hierbei werde auf die Gouvernements, wo tschechische Kolonien sind , besondere Rücksicht genommen, und die Tichech n würden mit den ein­geborenen Russen gleich behandelt werden. Eine besondere Kommissio n »ee dem Vorsitz des Generals Rosenkranz habe n resbezügliches Elaborat der Regierung bereiis - ! gl. Die Aufhebung der Grundsteuer, die » N j ihr in Kraft treten soll, werde so lange in " >, bleiben, bis der Boden­

ertrag das frühere N> > n wieder erreicht habe.

Aus Mailand 27 Dez. schreibt man der Augsb. Ab.-Z.:" Da Dorf Sant'Anna Pelago das 181 Häuser mit etwa 900 Einwohnern zählt, ist während der Feiertage durch einen Bergrutsch gänzlich zerstört worden. Kein einziges der Häuser steht mehr aufrecht, nicht einmal die Kirche, und unter den Häusertrümmern liegt die ganze Habe der Dorfbewohner begraben. Sant' Anna Pelago liegt im Appennin, etwa in der Mitte zwischen Modena und Pisa, im Quellgebiet des Flusses Scoltenna, der in seinem Unterlaufe Panaro heißt und in den Po mündet. Obe halb des Dorfes liegen einige kleine Seen, ohne sichtbaren Abfluß. Die Dorfflur besteht übern»,» ns aus Weideland und ist nach dem Flußbetts des Scoltenna zu sanft geneigt. In der Nacht auf den 22. Dez. wurden die Einwohner des Dorfes d,» t, ein eigentümliches Krachen und Reißen der Häuf in uern aus dem Schlafe aufgeschreckt. Zu ihrem Enls-tzen mußten die armen Leute als­bald warnehmen, daß sich die Mauern zu spalten begannen und einzustürzen drohten. Zu Tode er­schrocken, fand sich die Bevölkerung auf dem Dorf­platze zusammen. Niemand konnte sich die entsetz­liche Erscheinung erklären. Um ein Ervbeben han­delte es sich offenbar Nicht, da keine Erdstöße zu merken w! en. Aber geheimnisvolle unterirdische Krälte setzt», das Zerstörungswerk fort. Noch in derielb n Nacht stürzten viele Häuser und, mit furcht­barem Kra Yen, der Kirchturm ein. Als der Morgen graule, N'nrde es den Unglücklichen klar, daß ihre ganze Doyflur, etwa 7 Quadratkilometer, abwärts rauschte, dem Flußbette des Scoltenna zu. Schon war der Lauf dieses Flusses und anderer Bäche versperrt, so daß auch noch eine Ueberschwemmung drohte. In den folgenden Tagen stürzten auch die übrigen Häuser ein. Die Obdachlosen wurden in den umliegenden Dörfern ausgenommen und werden vorläufig auf Kosten der Regierung unterhalten. !<Sie geberden sich fast sämtlich wie geistesgestört. Militär öffnete den Bächen ein neues Bett und sucht aus den eingestürzten Häusern zu retten, was sich retten läßt. Die Ursache der Katastrophe er­

blickt man in einer Unterspülung der Dorsflur durch die Abflußwasser der kleinen Seen, die oberhalb des Dorfes liegen. In den großen Städten Italiens bereitet man öffentliche Sammlungen zn Gunsten der so hart geschädigten Bewohner von Sant' Anna Pelago vor.

London, 30. Dez. Es war in der Nacht vom Sonn­tag auf den Montag um 4 Uhr, als das große Torfmoor von New Rathmore, ungefähr 10 englische Meilen von Killarny in Irland, einzusinken und in Bewegung zu ge­raten begann. Eine riesige Torfmasse schob Alles meilen­weit vor sich her. Das Moor ist fast eine englische Meile lang und breit. Das Haus des Aufsehers des Lord Ken- mare, das der Masse im Wege war, wurde einfach ver­schluckt. Keine Spur ist von dem Gebäude mehr zu sehen. Der Aufseher Donnelly, seine Frau und seine 7 Kinder sanken mit in die Tiefe. Am Sonntag regnete es den ganzen Tag, Dieses mag die Katastrophe beschleunigt ha­ben. Die sich bewegende halbflüsssge Torfmasse machte kein Geräusch, weshalb die Donnelly'sche Familie kein Warnungszeichen erhielt. Als der Moor an einen Stein­bruch kam, wurde dieser schnell ausgefüllt, und von da floß es in einen Nebenfluß des Flesk, der sich in den See Kil- larney ergießt. Der Fluß war bald voller Torf und Tier­leichen. In Folge dessen ging den elektrischen Lichtwerken die an dem Flusse liegen, die Betriebskraft aus. Das Irrenhaus der Grafschaft Kerry und mehrere Häuser in Killarny wurden plötzlich in Dunkelheit versetzt. Das Ir­renhaus hat keine Gasbeleuchtung mehr; man muß deshalb Kerzen brennen. Auch gestern, am Dienstag, war das Moor noch nicht zum Stillstand gekommen. In der Nacht zuvor hatte es wieder geregnet. Killarney ist Nachts in Dunkel gehüllt. Gestern fand man die Leiche der Frau Donnelley und die eines ihrer Kinder 300 Jards von ihrer Wohnung. Die Einwohner der ganzen Umgegend hat eine furchtbare Angst ergriffen; meilenweit in der Runde wagt kaum Jemand zu Bett zu gehen.

Kleinere Mitteilungen.

*Z* Nürtingen, 80. Dez. Ueber den bereits ge­meldeten großen Brand der Künkeleschen Kunstmühle wird weiter gemeldet, daß das Feuer heute Nacht tz^2 Uhr und zwar genau an derselben Stelle ausbrach, wo schon vor vier Wochen ein Brand ausgebrochen war, der damals aber noch im Entstehen unterdrückt werden konnte. Es liegt dringender Verdacht der Brandstiftung vor und die Unter­suchung ist bereits in vollem Gang. Das gewaltige Feuer, das die Einwohnerschaft in nicht- geringen Schrecken ver­setzte konnte Dank der durch die herrschende Windstille unter­stützten energischen Bemühungen, sowohl der hiesigen Feuer­wehr als dreier weiterer aus dem Bezirk bis morgens 6 Uhr gelöscht werden. Die dicht nebenanliegende Sägmühle war rn großer Gefahr und ebenso das gegenüberliegende ziemlich große Petroleumlager des Kaufmanns Heim, doch konnten beide Anwesen vor dein Feuer geschützt werden, sonst wäre noch ein weit größeres Unglück entstanden.

*s* Blaut, euren, 81. Dez, Gestern hat sich hier im Arrestlokal des Amtsgerichtes schon wieder ein Inhaftierter mittelst Erhängens das Leben genommen. Derselbe, G. Dangel von hier, ein als ordnungsliebender Mensch und tüchtiger Arbeiter bekannter Mann, wurde unter dem Ver­dacht des Heudiebstahls in einer hiesigen Mühle sestgenom- men, was er sich so zu Herzen genommen hat, daß er sich sofort nach seiner Verbringung in Arrest entleibte.

Ulm, 30. Dez. (Korr.) Der verheiratete 34 Jahre alte Heizer Paul Haydle von Uhringen, OA. Göppingen, wurde von der Strafkammer wegen eines Vergehens des gewerbsmäßigen fortgesetzten Jagens mir 1 Jahr 8 Mon. Gefängnis, wovon 2 Monate durch Untersuchungshaft ver­büßt sind, bestraft, auch wurden demselben die bürgerlichen Ehrenrechte auf 2 Jahre aberkannt. Wegen Beihilfe zu diesem Vergehen traf feine Frau Marie Haydle eins Ge­fängnisstrafe von 1 Monat und 1S Tagen. Der Angeklagte, welcher schon 5mal wegen Jagdvergehen vorbestraft ist und im Rufe eines berüchtigten Wilderers steht, war diesen Sommer als Heizer im Gewerbemuseum in Stuttgart an­gestellt und kam in der Regel an den Sonntagen zu seiner Familie nach Göppingen. Dort benutzte er seine freie Zeit um in einigen benachbarten Wäldern Schlingen zu legen und Wild zu fangen. In der Zeit vom Juni bis Septbr. d. Js. hat er auch mindestens S Rehe gefangen, welche von seiner Ehefrau in einem Kinderwägelchen in ihre Be­hausung geführt wurden. Das so erlangte Wild verbrachte der Angeklagte in einem Reisekoffer nach Stuttgart, wo­selbst er es an einige Personen, denen er vorschwindelte, fein Vater habe eine Jagd, verkaufte.

Ein Riesenbaum. Ein wahres Unikum von einer Tanne wurde letzte Woche im Ertinger Gemeindewald gefällt. Der untere Durchmesser beträgt 2 Meter, in der Höhe von einem Meter teilte sich der Stock in 7 Stämme, das Meßgehalt des Ganzen beträgt gut 23 Festm. Das aufbereitete Scheiterholz ergab 28 Raummeter, rechnet man dazu noch den im Boden sitzenden kolossalen Stock samt Wurzel und Astwerk geringgeschätzt nur zu 6 Raummeter, so beträgt das aufbereitete Quantum Brennholz dieser Riesenfamilie auf einem Stamm insgesamt 34 Raummeter.

Bombay, 28. Dez. Die Pest breitet sich hier und in den Vorstädten aus. Todesfälle von Europäern waren in der letzten Woche weder von der Pest noch von anderen Krankheiten zu verzeichnen. Bei Ausbruch der Seuche sind 2094 Fälle, davon 1494 mit tätlichem Ausgange, vorge­kommen, Die Sterblichkeit betrug in letzter Woche 109°/^. Die Einwohner verlassen in großer Anzahl die Stadt.

Hiezu das Unterhaltungsblatt Nro. 1, und der Wandkalender pro 1897.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.