Amts- und Intelligenz-Blaü flir den Obrramts-Bezirk Nsgnld.

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^ 145. tlagold, Samstag -en 21. November 1896.

Amtliches.

Nagold.

Bekanntmachung.

Mit Rücksicht auf die größere Verbreituug der Maul- und Klauenseuche in einigen Nachbarbezirken und die dadurch herbeigeführte Gefahr einer Ein­schleppung der Seuche in den diesseitigen Bezirk ist daS Umhertreiben von Rindvieh und Schweinen im Hausierhandel innerhalb des Oberamtsbezirks Nagold auf Grund des tz 20 Abs. 2 des Reichsviehseuchen­gesetzes bis auf Weiteres verboten worden, was hie­durch bekannt gemacht wird.

Den 20. Nov. 1896.

K. Oberamt. Ritter.

Bekanntmachung.

Mit Beschluß vom Heutigen ist das am 5. Aug. d. I. erlassene Verbot des Umhertreibens von Rind­vieh und Schweinen im Hausierhandel innerhalb des Oberamtsbezirks Herrenberg aufgehoben worden,

Herrenberg, 18. Noo. 1896.

K. Oberamt. Wiegandt.

Die erledigte Expedientenstelle in Böblingen wurde dem Eisenbahngehilsen Grub er in Nagold übertragen.

Das -entsch-rusfische Neutralitäts- Abkommen im Reichstage.

-j- Der vielerörterte geheime Neutralitätsvertrag zwischen Deutschland und Rußland ist nun auch im Reichstage zur Sprache gekommen, wo man diesem apolitischen Thema die ganze Sitzung vom Montag widmete. Den äußerlichen Anlaß hierzu bildete be­kanntlich die vom Centrum eingebrachte Interpellation, welche erstlich Auskunft über die thatsächliche Existenz des durch die Enthüllungen in denHamb. Nachr." bekannt gewordenen Abkommens bis zum Jahre 1890 wünschte, und im Weiteren den Fragen galt, warum der Vertrag nicht erneuert worden fei und welchen Einfluß die jüngsten Veröffentlichungen auf das Ver­hältnis Deutschland zu den beiden anderen Dreibunds­staaten und dann auch zu den übrigen europäischen Mächten etwa ausgeübt hätten. Die dreiteilige An­frage des Centrums ist nun in der genannten Reichs­lagssitzung regierungsseitig sowohl vom Reichskanzler Fürsten Hohenlohe selbst als auch vom Staatssekretär des Auswärtigen v. Marschall durch sich teilweise ergänzende Erklärungen beantwortet worden, welche zwar nichts Sensationelles enthalten, aber doch immer­hin so manche bemerkenswerte Wendungen aufweisen.

Was zunächst die knapp und bestimmt gehaltene Erwiderung des Reichskanzlers anbelangt, so giebt sie ohne Weiteres zu, daß thatsächlich von 1884 bis 1890 geheime Verhandlungen zwischen Deutschland und Rußland stattgefunden haben, aber sie lehnt unter Hinweis auf den Umstand, daß die damals verabredete Geheimhaltung deutscherseits nicht einseitig gebrochen werden könne, jedes amtliche Eingehen auf das Ergebnis der Verhandlungen ab. Im Fer­neren drückt die Erwiderung des Fürsten Hohenlohe dessen Anerkennung der Gründe für die Haltung der deutschen Politik gegenüber Rußland im Jahre 1890 aus und betont, daß diese Politik in den deutsch, russischen Beziehungen keine ungünstige Veränderung erzeugt habe. Entschieden wird die Behauptung, daß englische oder sonstige auswärtige Einflüsse auf die Haltung Deutschlands eingewirkt hätten, zurück­gewiesen, und schließlich mit ebensolcher Bestimmtheit betont, daß die Enthüllungen in denHamb. Nachr." weder das Verhältnis Deutschlands zu seine» V r- -kündeten getrübt.noch seine freundlichen Beziehungen zu

Rußland ungünstig beeinflußt hätte. Namentlich diese letzteren Versicherungen aus dem Munde des Reichs­kanzlers können nur mit hoher Genugthuung aus­genommen werden, ergiebt sich aus ihnen doch zur Genüge, daß die auswärtigen Beziehungen Deutsch­lands nach keiner Seite hin die vielfach befürchtete Schädigung durch die Enthüllungen in denHamb. Nachr." zur Folge gehabt haben, welche Gewißheit mit den im Uebrigen recht diplomatischen sonstigen Ausführungen des Kanzlers wieder aussöhnt. An­knüpfend an die Darlegungen des leitenden Staats- mannes ließ sich dann Staatssekretär v. MarschaLffH in längerer Rede vernehmen. In derselben wies er namentlich den Vorwurf zurück, das Separatabkommen mit Rußland habe in Widerspruch zu den Dreibunds­verträgen gestanden, und widmete ferner der That- sache der Nichterneuerung des deutsch-russischen Ab­kommens im Jahre 1890 eingehende Darlegungen, in welchen Herr v. Marschall hauptsächlich nachzu­weisen suchte, daß derartigeRückversicherungen" nur einen sehr bedingten Wert hätten. Daneben bestätigte er, daß Italien und Oesterreich von dem Bestehen des Abkommens gewußt, widersprach der Behauptung, die Caprivische Politik habe denDraht" mit Rußland zerrissen, und betonte, wie die Anfänge der russisch-französischen Freundschaft bereits aus den 70er Jahren datierten; in diese Ausführungen flocht Herr v. Marschall geschickt Worte der Anerkennung für die Bismarck'sche Politik ein.

Den Erklärungen der beiden Staatsmänner wurde wiederholt lebhafter Beifall seitens des Reichstages zu teil, trotzdem sie zweifellos hie und da noch manche Lücken darboten. An dieselben knüpfte sich eine stundenlange Discussion an, in welcher sämtliche Parteien, des Hauses durch ihre Wortführer Stel­lung zu den Erwiderungen vom Regierungstische zu denEnthüllungen" überhaupt nahmen. Indessen läßt sich kaum behaupten, daß diese Debatte allenthal­ben aus derHöhe der Situation" gestanden hätte, ganz besonders, was die giftigen Angriffe der Ab­geordneten Richter und Liebknecht auf den Fürsten Bismarck anbelangt.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 16. Nov. Die Trübinen sind überfüllt, auch die Mitglieder des Hauses sind zahlreich anwesend, unter ihnen befindet sich auch Gras Herbert Bismarck. Am Bun­desratstische: Reichskanzler Fürst Hohenlohe, die Staats­sekretäre v. Marschall und Bötticher, Kciegsminister Goßler, Landwirtschaftsmmister v. Hammerstein und zahlreiche Kom­missare. Aus der Tagesordnung steht zunächst die Inter­pellation Hompesch betreffend die Enthüllungen derHam­burger Nachrichten". Reichskanzler Fürst Hohenlohe er­klärt sich bereit, die Interpellation sofort zu beantworten. Graf Hompesch (Ztr.) begründet die Interpellation. Reichskanzler Fürst Hohenlohe bedauert, eine erschöpfende Auskunft nicht erteilen zu können, da die Verpflichtung zur Geheimhaltung der Verhandlungen bestehe. Die Gründe, welche damals die deutsche Politik leiteten, müsse er als vollwichtig anerkennen; englischer Einfluß habe sich damals nicht fühlbar gemacht. Das Mißtrauen in einzelnen Schich­ten der Bevölkerung der Dreibundländer infolge der jüngsten Veröffentlichungen sei wieder geschwunden. Das Verhält­nis zu den Verbündeten sei unverändert gut, ebenso das­jenige zu Rußland. (Lebhafter Beifall). Staatssekretär v. Marschall bittet von ihm keine Enthüllungen zu er­warten. Er weist die Erklärung aufs entschiedenste zurück, als ob jemals etwas gethan worden sei, was unvereinbar wäre mit unseren Verträgen. Wenn Bismarck damals auf der einen Seite ein Schutzbündnis mit Oesterreich geschlos­sen habe, auf anderer Seite aber Rußlands Neutralität im Falle eines Angriffs von Seiten Oesterreichs zugesichert habe, so glaubte Bismarck die durch solches Vorgehen eventuell entstehenden Schwierigkeiten beherrschen zu können. Wenn aber sein Nachfolger anderer Ansicht war, so maq man wohl kritisieren, aber ein so verdienstvoller Man» ist

blieben seien. Redner schließt wie folgt: Die Treue und das unentwegte Festhallen am Vertrage mit Oesterreich und Italien, die Pflege der freundschaftlichen Beziehungen zu Rußland auf den angedeureien Grundlagen, die Auf­rechterhaltung eines guten Verhältnisses zu den anderen Mächten, die Bereitwilligkeit, unsere Macht stets zu Gun­sten des Friedens geltend zu machen, das sind die Grund­jagen unserer Politik. Gestützt aus diese Politik und die Wehrkraft wollen wir alle Zeit unsere Einheit bekunden, die wir unserem großen Kaiser und unserem ersten Staats­mann verdanken. Wir können getrost unsere realen Güter pflegen und mit voller Zuversicht in die Zukunft schauen. (Lebhafter lang anhaltender de kill.). Lieber (Ztr.)

befriedigt von den vom H hskanzler abgegeben Er- lärungen. Der Ansicht se»i F^ ioe nach hätten niemals solche Abmachungen, wie sie oen Enthüllungen erwähnt sgjen, beschlossen werden dür ieu. solange der Dreibund be­stehe. v. Manteuffel ft as.i ebenfalls befriedigt. Seine Freunde seien dankbar für die in jeder Beziehung beruhigenden Erklärungen. Enneccerus (natl.) dankt für die Erklärung, daß niemals eine Abmachung geschlossen worden sei und ist befriedigt von den übrigen Erklärungen. v. Gültlingen (Rp.): Seine F-eunde würden sich nur dann an der Debatte beteiligen, wenn Angriffe eine Ab­wehr nötig machten. Richter (fr. Bp.) verurteilt den Abschluß des Vertrages mit Rußland. Daß der Vertrag nachträglich der Abmachung mit Rußland zuwider veröffent­licht worden ist, ist zweifellos ein Verrrauensbruch des Fürsten Bismarck. Alle Beschönigungen in Bezug hierauf seien nur Ausreden. Früher habe Fürst B smarck stets als Pflicht eines Staatsmannes rm Ruhestand bezeichnet, sich zurückzuhalten. Das vereinbare sich doch nicht mit sei­nen Enthüllungen. Mit Rücksicht auf sein Alter wolle man hier Gnade für Recht ergehen lassen. Mirbach (kons.) bezeichnet es als Gipfel der Unverschämtheit, aus den Ent­hüllungen gegen Bismarck herzuleiten, als ob dieselben sich gegen die Krone richteten. Liebknecht (Soz.) meint, der AusdruckGipfej der Unverschämtheit" hätte ernsthaft gerügt werden müssen. Der Vertrag mit Rußland fei rin Verrat gewesen. Die Abgg. v. Kardorff (Rp.) und Paascha (natl.) weisen die Angriffe auf den Attreichs- kanzler zurück. Liebermann v. Sonnenberg (Ant.) verteidigt die Enthüllungen und bezeichnet Bismarck als den unersetzbaren ersten Kanzler des deutschen Reiches. Die Unflätigkeiten gegen den ersten Fürsten Bismarck seien unter keinen Umständen zu verteidigen. Redner polemisiert auf das heftigste gegen Richter und Liebknecht. Hauß- mann (südd. Volksp.) findet es seltsam, daß der anwesende Graf Herbert Bismarck, der doch Worte gehabt habe, um nach Amerika Aeußerungen seines Vaters zu interpretieren, heute schweige. Nachdem noch Rickert (fr. Bg.) sich ebenfalls befriedigend über die Regierungs-Erklärungen ausgesprochen hat, wird der Schlußantrag angenommen. Es folgen einige persönliche Bemerkungen, darunter auch eine des Grafen Herbert Bismarck. Morgen 1 Uhr: Freisinnige Interpellation über den Fall Brüsewitz.

Berlin, 17. Nov. Tribünen und Logen sind stark besetzt. Auf der Tagesordnung stehen die beiden Inter­pellationen der vereinigten Freisinnigen und Deutschen Volkspartei, Munkel und Gen. Der Reichskanzler er­klärt sich zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit. Munkel (srs. Volksp.) begründet die Interpella­tion. Er verweist auf die Einstimmigkeit des Reichstags- beschlusses vom 21. April sowie darauf, daß die Erwä­gungen des neuen Reichskanzlers bereits schwebten. Der Reichstag habe das Recht, zu verlangen, daß ihm über die etwaigen Ergebnisse dieser Erwägungen nunmehr endlich Mitteilungen gemacht werden. Die mißliche Sache sei seit­dem noch schlimmer geworden. Seine Freunde und er »er­langen, daß derjenige, welcher zum Hüter der Gesetze und des Gehorsams berufen ist, nicht an dieser Stelle verblei­ben dürfe, wenn er sich gegen die Gesetze vergeht. Ein Beamter, ein Staatsanwalt, ein Offizier, welche alle zu Hütern der Gesetze und des Gehorsams berufen sind, sie alle dürfen, wenn sie sich dagegen vergehen, nicht Hüter der Gesetze bleiben. Was nun den Fall Brüsewitz, der mit der Interpellation Zusammenhänge, betreffe, so handle es sich dabei um ein Verbrechen. Wenn ein Offizier mit kaltem Blute einen anderen Menschen niederstoßen kann, nur weil er seine Ehre verletzt glaubt, dann ist die mensch­liche Gesellschaft gefährdet. Reichskanzler Fürst Hohen- lohe: Ich betrachte es nach wie vor für eine selbst­verständliche unabweisbare Forderung, daß auf dem Gebiet des Duellwesens die Forderung des Gesetzes in allen Kreisen der Gesellschaft ohne Unterschied zur Geltung kommt. Die Reichsregierung ist ohne Verzug m ernfll-ch: E-^ungea iib"r die zu ergreifenden M«ß-

, erhaben über solche Angriffe. Redner betont die guten siegeln elngetreten;"iasoesü»de.e hat die preuß. KriegSver- Beziehungen zu Rußland, die auch nach 1890 dieselben ge- waltung Vorschriften vorbereitet, die darauf absehen, de»