Mo. 80 .

62 . Jahrgang

Amts- und IntekkigenMatt Ar den Aezirkr

Erscheint Z>te«»t«s, Z>o«ner»tag L Samstag.

Die EinrückungSgebühr beträgt 9 ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12

Dienstag, äen 12. Juki 1887.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 durch

die Post bezogen im Bezirk 2 SO H, sonst in ganz Württemberg 2 70 H.

Amtkiche Wekanntmcrchrrngen.

Floßsperre.

Vom 7.21. August d. I. tritt auf der Nagold Floßsperre ein von Ebhausen, OA. Nagold, bis Ernstmühl, OA. Calw.

Calw, den 9. Juls 1887. K. Oberpmt.

Supper.

Floßsperre.

Für den Monat August d. I. tritt Floßsperre auf der großen und kleinen Enz innerhalb des Oberamtsbezirks Calw ein.

Calw, den 9. Juli 1887. K. Oberamt.

Supper.

Ale Ortsvorsteher

werden einem Erlaß der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel vom 30. v. M. zufolge unter Bezugnahme auf die Bekanntmachungen der genannten Behörde vom 28. Juni 1886 und 23. Juni 1887 (Staatsanzeiger 1886 Nro. 153 und 1887 Nro. 148), betr. die Giltigkeitsdauer der Stempelung bei gewissen Wagengattungen, sowie die Zulassungsfristen für ältere Wagen, beauftragt, die in ihrem Gemeindebezirk vorhandenen festfundameutierteu oder für eine größte Last vo» mehr als 2000 Irx bestimmte Brückeu- wage» aufzunehmen, ritze Zusammenstellung hierüber anzuferttgen und binnen 14 Tage« hieher vorzulegen, bezw. Fehlanzeige zu erstatten.

Bei Aufnahme der fraglichen Wagen sind die Beteiligten auf die oben erwähnten Vorschriften aufmerksam zu machen und ist hieher anzuzeigen, ob dies geschehen ist.

Calw, den 9. Juli 1887. K. Oberamt.

Supper.

Bekanntmachung,

betreffe«- -Le Gerichts-Ferien.

Die Gerichts-Ferien beginnen am 15. Juli und endigen am 15. September. Während derselben werden nur in Ferien-Sachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen.

Ferien-Sachen sind:

1) Straf-Sachen;

2) Arrest-Sachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen;

3) Meß- und Markt-Sachen;

4) Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern von Wohnungs« und anderen Räumen wegen Ueberlaffnng, Benützung und Räumung der­selben, sowie wegen Zurückhaltung der vom Mieter in die Mietsräume eingebrachten Sachen;

5) Wechsel-Sachen;

6) Bau-Sachen, wenn über Fortsetzung eines angefangenen Baues ge­stritten wird.

Da« Gericht kann auf Antrag auch andere Sachen, soweit sie besonderer Beschleunigung bedürfen, als Ferien-Sachen bezeichnen.

Auf das Mahnverfahren, das Zwangsvollstreckungsverfahren und das Konkursverfahren sind die Ferien ohne Einfluß (Reichger.-Verf.-Ges. 8 201 202, 204).

Calw, den 8. Juli 1887. K. Amtsgericht.

Oberamtsrichter Frommann.

KotitifcHe Wachvichten.

Deutsches Reich.

Ems, 9. Juli. Der Kaiser machte gestern nachmittag meh­rere Besuche in der Stadt, so bei der Frau Gräfin Schlippenbach, im Hause de» Badekommifsars v. Lepel, bei der russischen Fürstin B a ria- tinSky und -bei der Gräfin Orlow. Im Kursaaltheater hatte der Kaiser den Prinzen NicolaSvonNassauzur Rechten, den Oberpräsidenten, Staatsminister Graf zu Eulenburg aus Cassel zur Linken. Der Kaiser verweilte nur eine halbe Stunde in der Vorstellung und kehrte dann allein in seine Wohnung zurück, nachdem er noch die Herren des Gefolge« ausdrück, lich zum Verbleiben aufgefordert. Heute morgen trank der Kaiser

seinen Brunnen zum erstenmal« an der Quelle, aus wel­chem Anlasse sich um diese Zeit eine große Menschenmenge an dem Kessel­brunnen eingefunden hatte, die dem Kaiser hier bei seinem Gang zu und von dem Brunnen Spalier bildete. Alsdann begab sich der Kaiser zum ersten, male auf die Promenade, wohin ihn u. A. auch Prinz Nicolas von Nassau, der getreue Paladin des Kaisers, begleitete. Der Kaiser durch­schritt die Colonnade und besorgte hier verschiedene Einkäufe, alsdann begab er sich in die Wandelbahn, woselbst er kurze Zeit auf einem Sessel aus­ruhte. Das Publikum folgte ihm auf Schritt und Tritt, hielt sich jedoch stets in respektvoller Entfernung. Später machte der Kaiser eine zweite Spazierfahrt. Wer Gelegenheit hatte, den Kaiser zu Fuß zu sehen, wird schlechterdings zu der Ueberzeugung gelangt sein, daß sich die Beweglicheit des hohen Herrn leider recht vermindert hat seit vorigem Jahre. Die Ge- statt ist außerordentlich stark gebeugt gegen früher, die Füße scheinen nur mit Mühe ihren Dienst verrichten zu wollen und nur noch selten sieht man den Kaiser die Hand bis zum Hute zum Gruße erheben. Von der Wirksamkeit der Emser Quellen wird bei einer so kurzen Dauer des Kurgebrauches wenig Erfolg zu erhoffen sein. Das Reiseprogramm des Kaisers ist folgendes: Montag. 11. d. M., Nachmittags 4 Uhr. verläßt der Kaiser nach nur siebentägigem Kurgebrauche mittelst Sonderzuges unsere Stadt. Der größte Teil des Gefolges begleitet den Kaiser nach Koblenz, woselbst die An­kunft um 4V, Uhr erfolgt. Das Militärkabinet und das Auswärtige Amt bleiben in Ems zurück, wie das auch in früheren Jahren stets der Fall war. Der Aufenthalt des Kaisers in Koblenz währt bis zum Mittwoch, 13. d., und wird das Personal des Emser Kursaaltheaters während dieser Zeit ein­mal Dienstag Abend im Koblenzer Stadtteater eine Vorstellung geben. Am Mittwoch Abend reist der Kaiser von Koblenz ab und schließen sich dann die übrigen Herren dem Gefolge an. Die Ankunft auf der Insel Mainau erfolgt am 14. d. Morgens. Am 18. verläßt der Kaiser wieder die Insel und kommt am 19. in Gastein an.

Frankreich.

Paris, 9. Juli. Bei der gestern Abend erfolgten Abreise des Generals Boulanger haben sich auf dem Lyoner Bahnhof Scenen abgespielt, die aller Beschreibung spotten. Die angesammelte Volksmenge, welche die Zugänge und das Innere des Bahnhofes überflutete, wird auf 80,000 Menschen geschätzt. Kurz vor 8 Uhr langte Boulanger auf dem Lyoner Bahnhofe an. Als die Leute seiner ansichtig wurden, umdrängten sie den Wagen, hoben ihn heraus und drückten und trugen ihn so stürmisch, daß ihm ganz unwohl wurde und acht Polizei-Agenten ihn nach einem Wagen dritter Klasse geleiten mußten. Ungeachtet seiner Bitten, ihn reisen zu lassen, wird er bestürmt und beschworen:Sie werden nicht abreisen! Zurück nach Paris! Zur Revue! Hoch Boulanger! Nieder mit Grevy! Nieder mit demdeutschen" Ministerium! Demission! Demission!" Ein Offizier hält eine Ansprache. Die Menge heult:Hoch die Republik!" stimmt die Marseillaise an und singt:Ln revensnt «Io la revuo" und6'est 8ou- Isnßer qui nous laut". Deroulvde hält ebenfalls eine Ansprache. So­dann wurde eine Denkmünze verteilt, welche auf einer Seite das Bildnis Gambetta's und auf der anderen jenes Chanzy's zeigt- und deren Aufschrift lautet:Zum Andenken an General Boulanger". Inzwischen machten wenige Polizeiagenten und der Stationschef übermenschliche Anstrengungen, um die Menge aus den erstürmten Waggons herauszubringen und den Weg frei zu machen. Umsonst bat auch Boulanger selbst, man möge ihn freilassen, es sei ihm nicht wohl. Dicke Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn. Niemand wollte jedoch weichen, immer von neuem wurde geschrieen und gesungen, die Lokomotive mit Bildern und Denkmünzen beklebt und der Waggon, in welchem Boulanger saß, abgekoppelt und in die Halle zurückgeschoben. Während zwei Stunden war es unmöglich, den Train abgehen zu lassen. Viele aus der Menge legten sich auf die Schienen vor die Lokomotive hin, so daß endlich General Boulanger sein Coupö verließ und eine ein­zelne Lokomotive bestieg, welche sofort abging. Alsbald darauf konnte der Bahnhof geräumt werden. Als die Menge sah, daß der General fort war, ertönte der Ruf:Zum Elysöe!" In Faubourg St. Autoine war schon Polizei aufgestellt, welche den Demonstrierenden den Weg ver­sperrte. Die Menge zog nun in die Seitengassen und kam spät nachts vor das Bureau de« Jntransigeant", wo sie Rochefort eine Ovation brachte, dann den Versuch machte, durch die Rue Quatre Septembre zum Elisöe zu kommen. Allein hier brach die Polizei aus der Rue Louis le Grand hervor und zerstreute die Demonstranten mit der Faust, einige auch durch Hiebe mit flacher Klinge. In Clermont-Ferrand wurde Boulanger von einem Konnte empfangen, an dessen Spitze sich der ehemalige Kommunard Balliöre befand. Während seiner Reise ließ man es