Partei, 4810 Stimmen für den konservativen Grafen Nostiz. Ersterer ist somit gewählt.

Löwenberg i. Schlesien, 18. Juli. Der Steuer­einnehmer Pietrowsky, dessen Kasse heute revidiert werden sollte,, ist seit gestern verschwunden. Man vermutet einen Selbstmord.

Berlin, 18. Juli. DerReichsanz." veröffent­licht die Verleihung des Roten Adlerordens 1. Klasse an den Prinzen Ernst von Sachsen-Weimar.

Ausland.

Brüssel, 16. Juli. Nach Begegnung vom Kongo hat Kommandant Zhaltain drei Häuptlingen, welche sich seit langem gegen die Herrschaft des Kongostaates auflehnten, in der Gegend von Uölle eine blutige Niederlage beigebracht.

Athen, 17. Juli. Die Türken metzelten in der Provinz Sphakia (Rethymnon und Kydonia) zahl­reiche Christenmieder und verwüsteten mehrere Dörfer, Weinberge und Felder und raubten das Vieh.

Japan hat gegenwärtig eine schwere Hungers­not durchzumachen. Die wichtigste Nährfrucht, der Reis, ist im ganzen Lande mißraten und die Spe­kulation hat die Preise noch so hoch als möglich Hinaufgetrieben. Diese Notlage hat zum Massen­verkauf von japanischen Mädchen geführt. Jedes Opfer für die Eltern zu bringen, um sie vor Ent­behrung zu bewahren, ist in Japan etwas Selbst­verständliches, und die Regierung, die sich gegen den wachsenden Notstand, wie derAllg. Korr." berichtet wird, erst unbegreiflich langsam aufgerafft hat, erteilt jetzt armen Eltern die Erlaubnis, ihre Töchter zu verkaufen, um Brot ins Haus zu schaffen. Das Mädchen verkauft sich als zweite Frau an einen reichen Japaner. Ihr Minimalalter muß 12 Jahre betragen. Der Kaufspreis, unter gewöhnlichen Ver­hältnissen 800 ist jetzt nur 20 ^ Der Kauf­vertrag wird gerichtlich abgeschlossen. Dann trägt der Käufer alles Geld, das er auf das Mädchen verwendet, in ein Buch ein, worin ihr auch genau ihre Pflichten mitgeteilt werden. Nach 3 Jahren muß der Käufer das Mädchen freilaffen, sobald das Geld, das er für dasselbe verwendet hat, ihm zurück­gezahlt ist. Nach 6 Jahren ist das Mädchen über­haupt frei, ohne irgend welche Zahlung.

Kleinere Mitteilnnse«.

Cannstatt, 16. Juli. Ein lediger Bahnarbeiter, der sich in der letzten Zeit dem Trünke ergab, hat sich heute Nacht m der Untertürkheimerstraße erhängt.

Untertürkheim, 16. Juli. Ein heute mittag hier niedergegangenes GewittermitHagel brachte erfreulicher­weise weder den Feldgewächsen noch den zu den schönsten Hoffnungen berechtigenden Weinbergen nennenswerten Schaden. Gleiches hört man von den Nachbarorten Wangen, Rothenberg, Obertürkheim und Uhlbach. Die Hagelkörner hatten teilweise eine ansehnliche Größe, fielen aber, mit Regen untermischt, ziemlich mürbe herab und zerschmolzen sofort.

Tuttlingen, 17. Juli. Infolge von Unvorsichtigkeit passierte gestern vormittag wieder einmal ein bedauerlicher Unglücksfall. In der mechanischen Werkstätte von Aberle und Arnold, Schaffhauserstraße, blieb der Motor stehen. Um denselben augenblicklich wieder in Gang zu bringen, wollte der Mechaniker Rieger Solaröl nachschütten. Aber im gleichen Augenblicke explodierte die Kanne und der Ar­beiter stand in Flammen. Der hinter ihm arbeitende Lehr­ling Uzler wurde ebenfalls von den Flammen noch ergriffen, hatte aber so viel Geistesgegenwart, daß er schleunigst die Werkstätte verließ und sich draußen am Boden wälzte. So kam derselbe mit leichteren Brandwunden davon, wäh­rend Rieger an Gesicht, Händen u. s. w. schrecklich zuge­richtet ins Krankenhaus verbracht werden mußte.

Laichingen, 16. Juli. Der Hagel, der am Freitag vie Markungen Laichingen, Machtolsheim und Merklingen verwüstete, erstreckte sich auf Laichinger Markung auf eine Fläche von ca. 2100 Morgen. Der Schaden beläuft sich auf annähernd 60 000 ^ Auch die vom rührigen Laicyinger Obstbauverein angelegten, hart vor der Ernte stehenden und diesmal reichen Ertrag versprechenden Beerenkulturen haben zum Teil sehr not gelitten. Von einem Mitglied der Hageleinschätzungskommission erfahre ich soeben, daß der Schaden im Machtolsheimer Winterösch allein, der in­folge Auswitterung ohnehin mittelmäßig stand, auf ca. 55 000 ^ taxiert werde. Ebenso hoch, wenn nicht höher, beläuft sich der Schaden, den das Unwetter im Sommer­und Brachfeld durch Verhaglung der Futtergewächse und des Kartoffelfelds sowie durch Wegschwemmung des Acker­bodens anrichtete.

Blaubeuren, 16. Juli. In tiefe Trauer versetzt wurde gestern abend eine Familie in Wennenden. Der Bauer Joh. Schien!, welcher noch gegen 8 Uhr abends mit seiner Frau auf das Feld ging, nahm dabei sein ein­ziges Kind, ein 4 Jahre altes Söhnchen, mit und ließ das­selbe in der Nähe seines Fuhrwerks zurück, solange er seine Geschäfte verrichtete. Als er nach kurzer Zeit zurückkehrte, fand er sein Kind tot vor. Unaufgeklärt ist noch, wie das Kind ums Leben kam, da äußere Spuren nicht sichtbar sind.

Bieberach, 16. Juli. Vorgestern vergnügten sich zwei Knaben im Alter von 78 Jahren damit, alte Bretter mit

einer Spihhaue entzwei zu schlagen. Einer derselben, der Sohn eines Gewerbetreibenden, beugte sich unversehens nach vorn, während der andere gerade wuchtig ausholte. Er traf den elfteren so wuchtig m den Nacken, daß man anfänglich für das Leben des Knaben fürchtete. Eine er­hebliche Wunde hat derselbe davongetragen; das Leben würde es ihn aber gekostet haben, wenn der Schlag den dicht daneben liegenden Halswirbel getroffen hätte.

Dietenwangen, OA. Waldsee. Eine Abnormität seltenster Art weist der Stall des Oekonomen F. Köhler oahier auf. Derselbe enthält ein munteres Kalb, dessen Füße aber nur bis an die Kniebeuge gehen, um dann wieder rückkehrend im Körper einzuwachsen^ Eigentümlich ist die Abneigung des Muttertieres gegen das ihr zugetragene, höchst hilflose und doch so muntere und kräftige Tierchen.

Mosbach. Der frühere Sparkassenrechner Konrad von Waibstadt, der bekanntlich 32 000 ^ unterschlug und flüchtig ging, wurde am Montag nachmittag in dem nahen Neckarburken von dem Gendarmeriewachtmeister Birmelin von hier festgenommen. Derselbe soll in Italien gewesen sein, aber aus Mangel an Existenzmittel sich nicht mehr dort haben halten können. Ausgangs letzter Woche wurde er erstmals in Oberburken gesehen. Man empfindet allge­mein Befriedigung über dessen Verhaftung.

Kandern, 16. Juli. Ein erhebender Akt vollzog sich am Sonntag Mittag auf dem Rathaus. Großh. Amtsvor­stand, Geh. Regierungsrat Gaddum übergab dem Witt- maier'schen Ehepaare anläßlich der diamantenen Hochzeit eine vom Großherzog gestiftete silberne Medaille und ein Geldgeschenk im Betrage von 150 An der Feier be­teiligten sich außer dem Stadtrat noch eine Anzahl hiesiger Einwohner. Ansprachen wurden gehalten von Geh. Re­gierungsrat Gaddum und Stadtpfarrer Mündel, letzterer schloß mit einem Hoch auf unfern Großherzog, in welches die Versammlung begeistert mit einstimmte.

Würzburg, 18. Juli. In dem bekannten Waldprozeß der Frhr. von Thüngen gegen die Gemeinde Burgsinn wur­den nach dem heute publizierten Urteil beide Klagen der Frhr. v. Thüngen wegen eingetretener Verjährung abge­wiesen und die Kläger in die Kosten und zur Erstattung der Auslagen an die Gemeinde Burgsinn verurteilt. Gleich­zeitig ist eine Ehescheidungsklage des Frhr. Karl v. Thüngen als unbegründet abgewiesen worden; dagegen wurde der Widerklagen der Freifrau v. Thüngen gegen ihn stattgegeben und die Ehe dem Bande nach gelöst. Freiherr Karl von Thüngen hat als der schuldige Teil die Kosten zu tragen.

Plauen i. V., 15. Juli. Wie eine Räubergeschichte aus den böhmischen Wäldern mutet es an, was eine Bande junger Burschen im Alter von 20 Jahren und darüber hier angerichtet haben. In der Nacht vom Sonntag zum Mon­tag überfielen sie unter Führung desRäuberhauptmanns Caro", alias Handarbeiter Lang aus Plauen, und ausge­rüstet mit Waffen, die sie aus dem hiesigen Altertumsmu­seum mittelst Einbruchs gestohlen, die an der Stadtgrenze auf Landgebiet gelegene GastwirtschaftZum Glockenberg", ein einzelstehendes Gebäude, und drangen in die Gaststube ein, wo noch eine Gesellschaft von 20 Personen zusammen­saß. Mitten in diese hinein schoßCaro" mehrere Male aus einem scharf geladenen Revolver, zerschlug die an der Decke hängende Petroleumlampe, wodurch die Möbel in Brand gerieten und feuerte, als die Gäste diesen zu löschen suchten, fortgesetzt die Waffe gegen dieselbe ab, so daß sie jählings flüchten und sich verstecken mußten. Da noch meh­rere von der Bande ihm nachdrangen, eilte der Wirt in das Obergeschoß, holte sein Gewehr und schoß nun seiner­seits unter die Räuber. Ein Wunder ist es, daß bei der Schießerei Niemand getroffen wurde, aber so viel hatte die energische Gegenwehr des Wirts doch genützt, daß die Bur­schen endlich abzogen und in der Dunkelheit verschwanden, so daß der im Entstehen begriffene Brand noch glücklich gelöscht werden konnte. Stundenlang hörte man in der Umgegend noch das Schießen, womit sich die Bande wahr­scheinlich Signale zum Sammeln gab. Gestern nun ist es der Polizei nach langem vergeblichem Streifen gelungen, denHauptmann Caro" in einer vor der Stadt liegenden Sandhöhle aufzuspüren und festzunehmen. Lang war mit einem alten Chassepotgewehr, einem Revolver und einem langen Säbel bewaffnet. Mit diesem hieb er wie rasend um sich und schoß auch aus die Schutzleute, deren einem eine Kugel hart am Ohr vorbeiging. Endlich gelang es, dem verwegenen Gesellen einen Hieb von hinten über den Kopf zu versetzen, der ihn, wenn auch nicht lebensgefährlich, so doch schwer verletzte und kampfunfähig machte. Er so­wohl, wie verschiedene seiner Spießgesellen, welche sich mit ihm in der Höhle aufhielten, wurden verhaftet.Caro" ist schon einmal Gründer und Führer einer solchen Bande gewesen. Diese wurde damals auch gefaßt und die Teil­nehmer wurden zu jahrelangen Gefängnisstrafen verurteilt, ohne daß diese indessen aufCaro", einen überspannten und arbeitsscheuen Gesellen, einen bessernden Einfluß aus­zuüben vermochten. Diesmal wird es ohne Zuchthaus schwerlich abgehen.

Menschliche Leoparden." Der letzte in Liverpool von der afrikanischen Westküste eingetroffene Postdampfer meldet, daß im Jmpi-Lande wiederum zweimenschliche Leoparden", Mörder, die sich in Leopardenfelle hüllten und Jeden, der ihnen in den Weg kam, mordeten, gehängt wor­den sind. Ihr Todesurteil wurde ihnen in Freetown ge­sprochen. Man hielt es aber für rätlich, sie nach dem Jmpi-Lande zurückzuschiffen, damit ihre Hinrichtung ande­ren Eingeborenen zur Warnung diene. Diemenschlichen Leoparden" pflegen ihre Opfer hernach zu verspeisen. Fetisch­dienst liegt der Sache zu Grunde.

Nutzhölzer. Sohn:Vater, ich lese in meinem Lesebuch von Nutzhölzern. Weißt Du, was das ist?" Vater:Ja, das spanische Rohr und die Birkenrute."

Ein guter Mensch. Kommis:Wie soll ich den neuen Seidenstoff auszeichnen?" Prinzipal:Mit zehn Mark das Meter." Kommis:Er kostet uns aber nur zwei Mark?" Prinzipal:Was geht mich das an? Ich verkaufe eben ohne Rücksicht auf den Einkaufspreis."

Modern. A.:Sagen Sie mal, Verehrtester, ich habe da soeben gemerkt, daß das Haus, welches Sie mir verkauft haben, mit einer Hypothek von ^ 10 000 belastet ist. Warum haben sie mir davon nichts gesagt?" B.: Das habe ich Ihnen gesagt; erinnern Sie sich denn gar nicht daran? Ich sagte Ihnen doch:Dieses Haus ist mit allem Komfort der Neuzeit ausgestattet."

Wie ist es zu ermöglichen, daß Deutschland seinen Bedarf an Erzeugnissen der Geflü­gelzucht selbst erzeugt?

Die Einfuhr Deutschlands von Erzeugnissen der Geflügelzucht ist von Jahr zu Jahr in ununterbro­chenem Steigen begriffen. Der Wert der eingeführ­ten Eier betrug im Jahr 1884 20,8, 1886 24,5, 1888 33,8, 1890 56,8, 1892 70,9, 1894 68,5 Millionen Mark und war im letzteren Jahre fast genau so hoch, wie der Wert der gesamten Roggeneinfuhr (68,83). Federvieh (zumeistGänse) und Federwild wurden im Jahre 1894 234152 Doppelzentner im Werte von 17,56 Mill. eingeführt. Man geht wohl in der Annahme nicht fehl, daß der Wert der eingeführten Erzeugnisse der Ge­flügelzucht im Jahr 1895 auf ungefähr 90 Mill. Mark gestiegen ist.

Bei der ungünstigen Lage der Landwirtschaft würde es von großer Bedeutung sein, wenn der Bedarf an Erzeugnissen der Geflügelzucht im Jnlande gedeckt werden könnte, weil namentlich den mittleren und kleineren Landwirten dadurch ein ansehnlicher und nur geringe Aufwendungen erfordernder Neben­erwerb geschaffen würde. Die folgenden Betrach­tungen mögen beweisen, daß dies ohne besondere Schwierigkeiten sich ermöglichen läßt.

Um den Bedarf an Erzeugnissen der Geflügel­zucht im Jnlande zu decken, ist nicht nur eine Ver- mehruug der Zahl, sondern vor allem auch eine Verbesserung der Qualität des vorhandenen Nutz­geflügels erforderlich. Die Verbesserung der Quali­tät des Nutzgeflügels wird allgemein, schnell und gründlich nur durch die Errichtung von Geflügel­stationen sich durchführen zu lassen. Die Vermeh­rung der Zahl des Nutzgeflügels entsprechend den vorhandenen Räumlichkeiten und den örtlichen Ver­hältnissen, kann dagegen jedem Landwirt selbst über­lassen werden. Dieselbe wird nicht ausbleiben, wenn dem Landwirt wirklich gutes Zuchtmaterial bezw. Bruteier von bestem Nutzgeflügel für mäßigen Preis zur Verfügung und gleichzeitig für geeignete Beleh- lehrung über den Nutzen einer rationell betriebenen Geflügelzucht Sorge getragen wird.

Was zunächst die Hühnerzucht anbetrifft, so kann es nicht schwer fallen, die Fruchtbarkeit des Haushuhns auf eine Höhe zu bringen, daß jedes Huhn jährlich einen durchschnittlichen Eierertrag von 120 Stück liefert. Die Eiereinfuhr betrug im Jahre 1894 432340 Doppelzentner und hat im verflosse­nen Jahre wahrscheinlich auf mindestens 45000 Doppelzentner sich erhöht. Nimmt man das Durch­schnittsgewicht eines Hühnereies auf etwa 60 § an, so gehen auf einen Doppelzentner 1666 und auf 450 000 Doppelztr. 749 700 000 Stück Eier. Um diese Eierzahl zu liefern, würden, falls ein Huhn jährlich im Durchschnitt 120 Eier legt, 6 247 500 Hühner erforderlich sein. Da die landwirtschaftliche Bevölkerung Deutschlands etwa 20 Millionen beträgt, so würde auf drei Köpfe der landwirtschaftl. Bevöl­kerung jährlich nur ein Huhn mehr zu züchten sein, um die Einfuhr von Eiern aus dem Auslande ganz überflüssig machen und dem Vaterlande jedes Jahr etwa 70 Millionen Mark zu erhalten, die gegen­wärtig ins Ausland wandern. In einer Dorfge­meinde von 600 Einwohnern würde zu diesem Zweck die Zahl der gegenwärtig vorhandenen Hühner um 200 Stück vermehrt werden müssen. Es bedarf keines Beweises, daß dies bei richtiger Ausnutzung der örtlichen Verhältnisse ohne jede Schwierigkeit sich ermöglichen läßt. Berücksichtigt man aber, daß das Haushuhn auf dem Lande durch unzweckmäßige Zucht u. durch mangelhafte Pflege so entartet ist, daß es gegen­wärtig nicht annähernd auf das Stück und Jahr 120 Eier liefert, so dürfte, nachdem die schon jetzt vorhandene Zahl der Hühner auf die angenommene Höhe der Ertragsfähigkeit gebracht sein wird, die obige Zahl von 200 Hühnern mehr auf 150, ja vielleicht noch weiter sich ermäßigen. (Schl, f.)

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.