auch diesem Wunsch oder dieser Anregung ist gerecht geworden. Was die statistische Nachweisung anbetrifft, die in der Rechnungskommission gefordert ist, so bedaure ich, daß die Sache zu spät zu meiner Kenntnis gekommen tst, um der Anregung noch bis zur dritten Lesung zu entsprechen. Sollte darauf Wert gelegt werden, so ist die Militärverwaltung bereit, dem Wunsche Rechnung zu tragen und bei dem nächsten Etat die bezüglichen Angaben zu machen. — Vizepräsident Spahn: Das Wort hat der Abgeordnete Frhr. v. Gültlingen. — AbgeordneterFrhr. v. Gültlingen: Meine Herren, die Ausführungen des Herrn Vertreters der verbündeten Regierungen nötigen mich gegen meinen Willen, noch einige Worte zu sagen. Derselbe hat ausgeführt, ich habe mich bei meinen Ausführungen in einem Irrtum befunden. Das nötigt mich, aus die Genesis des betreffenden Gegenstandes zurückzugehen, um zu zeigen, auf welcher Seite der Irrtum liegt. Meine Herren, für die Auslegung der betreffenden Gesetzesbestimmungen kann ja nicht maßgebend sein das, was an Zweckmäßigkeitsgründen für die jetzige Behandlungsweise angeführt wird; dafür kann nur entscheidend sein das, was bestimmend war zur Zeit, als die betreffende gesetzliche Bestimmung erlaffen worden ist. Ich appelliere an sämtliche Herren dieses Hauses, welche dabei gewesen sind, als wir die Dienstprämie bewilligt haben: da wird sich jedermann erinnern, daß es sich darum gehandelt hat, daß die Dienstprämien bewilligt werden nicht für das Ausscheiden, sondern für das Dableiben. Nun wird die Sache umgedreht, und es wird der Nachdruck auf das Ausscheiden gelegt und nicht darauf, daß die betreffenden Leute 12 Jahre Dienste geleistet haben und damit sich ihre Dienstprämie verdient haben. Meine Herren, in der am 6. Mai 1890 gemachten Vorlage eines Gesetzentwurfs, betr. die Friedenspräsenzstärke, wurden als Gründe für die Dienstprämien der Unteroffiziere angegeben, sie seien unvermeidlich für die Gewinnung eines tüchtigen und an Zahl genügenden Unterofsizierpersonals; dann hieß es weiter: Auf der einen Seite wird die ausgedehnte Verwendung von Unteroffizieren zur Entlastung von Offizieren in manchen Dienstzweigen zum Bedürfnis, — also das Dableiben, nicht das Ausscheiden, behufs Verwendung als stellvertretende Offiziere — auf der anderen Seite gestattet die zunehmende Bildung in den hier in Frage kommenden Schichten der Bevölkerung eine solche erweiterte Verwendung. — Also eine Verwendung, die verlangt doch ein Dableiben, und nicht ein Ausscheiden! — Als Aequivalent hierfür sollen den Unteroffizieren Dienstprämien, welche mit den Dienstjahren steigen, gewährt werden, da das Benefiz des Zivil- versorgungsscheins sich nicht mehr als ausreichend erweist. Diese m der Vorlage geltend gemachten Grüude find noch von dem damaligen Reichskanzler v. Caprivi hier des näheren erläutert und ausgeführt worden, und diese Ausführungen haben einen Zweifel darüber nicht gelassen, daß diese Dienstprämien bewilligt worden sind, um einen tüchtigen und an Zahl genügenden Unteroffizierstand zu gewinnen und heranzubilden. Ich muß hier noch weiter erwähnen: die Sache lag anfangs so, daß eine bestimmte Skala vorgesehen war. Diejenigen, welche S Jahre bleiben, sollten 50 Mark bekommen, diejenigen, welche 6 Jahre bleiben, 100 Mark usw. bis hinauf zu 12 Jahren mit 1000 Mark. Bewilligt wurden sodann nur die 1000 Mark für 12 Dienstjahre. Es kann also ein Zweifel darüber nicht obwalten, daß die Prämien bewilligt worden sind nicht dafür, daß die Leute nach 5 Jahren usw. gehen, sondern daß sie 5 Jahre usw. dableiben, daß der, welcher mehr als 5 Jahre dableibt, auch mehr bekommt als derjenige, welcher nur 5 Jahre dableibt. — Ich muß also die gegebene Auslegung und die Behauptung, daß ich im Irrtum gewesen sei, als eine unzutreffende bezeichnen. Dabei will ich durchaus nicht verkennen, daß die Zweckmäßigkeitsgründe, welche jetzt der Herr Vertreter der verbündeten Regierungen für die beliebte Handlungsweise angeführt hat, ihre Beachtung verdienen. Aber darum handelt es sich nicht, sondern darum, daß das Gesetz seiner Bestimmung und seinem Sinne gemäß ausgeführt wird. Wollen nun andere Gründe geltend gemacht werden, so möge dafür die Zustimmung des Reichstags eingeholt werden, und dazu, glaube ich, ist im nächsten Etat eine Veranlassung gegeben. Ich war deshalb von Anfang an geneigt, weiter nicht auf die Sache einzugehen, sondern mich damit begnügen, sie hier angeregt zu haben.
Oberthalheim, 21. Juni. Der eifrigen Thätigkeit der Fahndungsmannschaft ist es gestern gelungen, Hosen, Weste und Hemd des Fridolin Joachim, welche derselbe bei Verübung seiner grauenhaften That auf dem Leibe trug, sowie ein Messer blutbefleckt in einem Winkel seines Hauses versteckt aufzufinden. Diesem corxu8 delicti gegenüber dürfte es dem ruchlosen Attentäter schwer werden, noch länger bei seinem seitherigen frechen Laugnen zu verharren.
-s-Lützenhardt, 21. Juni. Gestern morgen zwischen 7 und 8 Uhr schlug hier der Blitz in ein Haus, infolge dessen es total niederbrannte; auch eine Kuh im Stall wurde vom Strahl getroffen und getötet.
Schwurgericht Tübingen. Nachdem im 6. Fall der 19 Jahre alte Bauer Johannes Buck von Hülben wegen Verbrechen gegen Z 177 St.-Gb. mit sieben Monaten Gefängnis bestraft worden war, handelte es im 7. Fall um ein Verbrechen der Brandstiftung. Der Angeklagte, Jakob Friedrich Brezing, Schreiner von Walddorf, OA. Nagold, ist beschuldigt, am 14. April d. I. den Ortsarrest vorsätzlich in Brand gesteckt zu haben und einen Schaden am Gebäude von 30 M. und an Mobiliar von 25 M. veranlaßt zu haben. Der Brand wurde gelöscht, nachdem eine Bretterwand des Gebäudes zu brennen angefangen hatte. Der Angeklagte gab nur zu, daß er das Kopfpolster
angebrannt habe, um einen Rauch zu veranlassen und um so aus dem Arrest, in dem er sich wegen Lärmens befand, zu kommen. Während der Verteidiger auf Grund des Vorbringens des Angeklagten nur fahrlässige Inbrandsetzung des Gebäudes selbst zugab, hielt der Staatsanwalt, welcher den event. Dolus für vorhanden erachtete, an vorsätzlicher Brandstiftung fest. Die Geschworenen nahmen Fahrlässigkeit an, worauf 4 Monate Gefängnis ausgesprochen wurde, von welcher Strafe 1 Monat Haft abgeht. Die Anklage vertrat im Fall 6. Staatsanwalt Velin, im Fall 7.1. Staatsanwalt Fetzer, Verteidiger waren die Rechtsanwälte Schweizer und Dr. Hayum, Obmann der Geschworenen Privatier Maag in Herrenberg.
Schwurgericht Tübingen. Im achten Fall hatten sich wegen Freiheitsberaubung, Nötigung, Bedrohung, Hausfriedensbruchs bezw. auch wegen räuberischer Erpressung zu verantworten der 68 Jahre alte Taglöhner Johann Gerg Dinglxr von Neuhengstett und sein Sohn, der 30 Jahre alte Drglöhner Julius Dingler von da, beide wohnhaft in Calw. Sie wurden bestraft: Johann Georg Dingler mit 4 Monaten, Julius Dingler mit 1 Jahr 2 Monaten und 3jährigem Verlust der bürgerl. Ehrenrechte. An den Strafen kamen ein bezw. zwei Monate Untersuchungshaft in Abzug. Julius Dingler kam am 23. März d. I. mit seinem Vater in eine Wirtschaft in Calw, er spielte auf einer Ziehharmonika und wollten die Beiden sodann von den anwesenden Handelsschülern Geld fürs Spielen einziehen. Die Handelsschüler zahlten aber nichts und nun fingen die Angeklagten maßlos zu schimpfen an, so daß sie aus der Wirtschaft gewiesen und dieselbe abgeschlossen wurde; sie stellten sich nun vor der Wirtschaft auf und bedrohten die Gäste in einer Weise, daß sie gegen ihren Willen bis nach Mitternacht in der Wirtschaft verbleiben mußten. Als sie schließlich doch den Mut hatten, sich zu entfernen, wurden sie von den Angeklagten zurückgedrängt und Julius Dingler stellte sich vor den Handelsschülern mit geöffnetem Messer auf, verlangte von denselben Zigarren und Geld, was ihm auch teilweise gelang. Die Angeklagten ziehen die That teilweise in Abrede, namentlich will der Angeklagte Julius Dingler das Geld nicht verlangt, sondern freiwillig erhalten haben. Beide Angeklagte sind vorbestraft. Da der Angeklagte Joh. Georg Dingler eine geringere Thätigkeit entwickelte und mehr eine unter- Rolle spielte, so mußte ihn auch eine geringere Strafe treffen.
Nürtingen, 18. Juni. Zum erstenmal unter dem Vorsitz unseres neuen Bezirksschulinsp. Stadt- pfarier Meidele wurde gestern unter Anwesenheit von etwa 60 Lehrern und einer größeren Anzahl Geistlicher im Seminarsaal eine Schullehrerkonferenz gehalten. Nach 4 Lehrproben hielt der Vorsitzende einen Vortrag über das Thema: mit welchem Recht kann die Volksschule als eine Schöpfung der Reformation angesehen werden? Diesem Vortrag folgte noch eine Reihe anderer über die verschiedensten Gegenstände.
Ulm, 18. Juni. In der heutigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien kam Oberbürgermeister Wagil er auf den Antrag der Zentrumsabgeordneten R em- bold und Gröber im Reichstag zu sprechen, welcher dahin geht, eines der neuen Bataillone statt auf die Wilhelmsburg in Ulm nach Weingarten zu verlegen mit der Begründung, die Stadt Ulm bringe kein Opfer für die Garnison. Oberbürgermeister Wagner wies diese vollständig unbegründete Behauptung energisch zurück und sagte, man sollte meinen, Männern wie den Abgg. Rembold und Gröber wäre bekannt, daß Ulm als Festungsstadt fortwährend dem Reiche gegenüber die größten Opfer zu bringen habe und er halte es für seine Pflicht, die patriotische That dieser Herren niedriger zu hängen. Den energischen Worten des Herrn Stadtvorstandes wurde von den bürgerlichen Kollegien durch kräftiges „Bravo,, zugestimmt.
Nordhausen, 18. Juni. Der König von Württemberg passierte, auf der Fahrt nach dem Kyffhäu- ser, heute mittels Sonderzugs unsere Stadt. Während des halbstündigen Aufenthalts auf dem Bahnhofe durfte die in Ülm a. D. geborene Tochter des Bürgermeisters Lemcke, welcher eine längere Reihe von Jahren in württembergischen Militärdiensten gestanden, Sr. Mas. ein mit Schleifen in den württembergischen Landesfarben geziertes Rosenbouquet überreichen. Der König unterhielt sich mit dem jungen Mädchen längere Zeit auf das leutseligste, und war über die Begrüßung sichtlich erfreut.
Kyffhäuser, 18. Juni. Denkmal-Enthüllung. Die Fahrt des Kaisers von Roßla über Kelbra glich einer Triumphfahrt. Endloser Jubel begrüßte überall den Kaiser und die Fürstlichkeiten. Kelbra war besonders prächtig geschmückt. Auch das Kaiserzelt beim Denkmal und das Denkmal selbst trugen reichen Schmuck. Am Kaiserzelt war ein Eichenkranz von dem Kriegerverein Memel niedergelegt, das Laub war dem Baume entnommen, unter welchem die Königin Luise 1806 in Memel gesessen und Kaiser Wilhelm I. als Kind gespielt hatte. Beim Kaiserzelt empfing die Fürstin von Schwarzburg Rudolstadt den Kaiser. Nach dem glänzenden Einweihungsfest-!
akte, hielt der Fürst von Rudolstadt folgende Ansprache : Nachdem Se. Maj. der Kaiser das Denkmal der Oeffentlichkeit übergeben haben, das Denkmal, welches auf die große Vergangenheit unter dem erhabenen Kaiser Wilhelm d. Gr. hinweist, fordere ich Sie auf, Ihre Aufmerksamkeit von der Vergangenheit auf die Gegenwart zu lenken und des Herrschers zu gedenken, welcher jetzt Deutschlands Geschicke leitet. Ich fordere Sie auf, in den Ruf einzustimmen: Se. Maj. der Kaiser und König, Hurrah! Hierauf folgte die Besichtigung des Denkmals und der Vorbeimarsch der Kriegervereine, welche um 2 Uhr nachmittags beendet war. Der Kaiser und die übrigen Fürstlichkeiten verließen gegen 3 Uhr das Ratsfeld. Nach dem Frühstück verabschiedete sich der Kaiser und begab sich nach Frankenhausen, von wo um 5 Uhr die Weiterreise nach Kiel erfolgte. Ein Gewitter beeinträchtigte die Nachfeier des sonst glänzend verlaufenen Festes. — Aus Anlaß der Enthüllung des Kyff- häuserdenkmals fand eine Reihe von Ordensauszeichnungen statt. Unter den Ausgezeichneten befindet sich Frhr. v. Wöllwarth, erster Präsident des württ. Kriegerbundes, welcher den Roten Adlerorden 1. Kl. erhielt.
Ausland.
London, 19. Juni. Nach den bisher vorliegenden Berichten über den Untergang des „Drummond- Caste" zweifeln die Blätter nicht mehr daran, daß das Unglück allein durch Nachlässigkeit und Ungeschick verursacht worden ist, da nur ein leichter Nebel herrschte. Die „Times" bemängelt besonders, daß die letzten Sondierungen zwei Stunden vor dem Unglück vorgenommen worden sind. Auch das „Daily Chronicle" macht die Unerfahrenheit des Kapitäns für dasselbe verantwortlich.
Kletrrrrr Mitterirrngr».
Deckenpfronn, 18. Juni. Gestern und vorgestern hatten wir einen wolkenbruchartigen Regen. Einige Minuten lang fielen mit starkem Regen untermischt Schlossen. Viele Feldfrüchte, namentlich Gerste, Ackerbohnen und Hanf sind strichweise verhagelt, so daß sie umgeackert werden müssen. Glücklicherweise sind die meisten Betroffenen versichert.
Stuttgart, 18. Juni. Die Untersuchung wegendes Cannstatter Eisenbahnunfalls geht nicht so glatt von statten, als es anfänglich schien. Während von Cannstatter Seite versichert wird, das Signal habe das Geleise als gesperrt angezeigt, behauptet der Lokomotivführer und der Heizer des Personenzugs auf das bestimmteste, daß die Bahn als „frei" signalisiert war. (Der Heizer ist tot unv wird wohl, nichts mehr behaupten.) (Schw. B.)
Ulm, 18. Juni. Kunstmüller Bender von Söflingen, der seit drei Tagen fehlt, wird von der Kgl. Staatsanwaltschaft Ulm wegen betrügerischen Bankerotts steckbrieflich verfolgt.
Donauwörth, 16. Juni. Ein Stadtvater, der sich nie gewaschen hat, ist ein hiesiger Gemeindebevollmächtigter, der, wie man der „N. Augsb. Ztg." schreibt, bei Beratung über Herstellung eines neuen Knabenbadeplatzes geäußert haben soll, er sehe nicht ein, zu was denn die Schulknaben einen Badeplatz brauchten; er habe 27 Jahre lang nicht gebadet und sei doch noch am Leben.
Berlin, 20. Juni. Das Berliner Tageblatt meldet aus London: Der von dem Dampfer Drummond Castle gerettete Passagier Marquard ist angeblich ein Bruder des Stuttgarter Hoteliers. — Es handelt sich hier zweifellos um den Bruder des Herrn Privatier Ludwig Marquardt, der früher das Cafe Marquard innehatte. Dersebe befand sich in Johannesburg. Eine Nachricht von ihm über seine bevorstehende Reise nach Europa ist allerdings nicht eingetroffen.
Nach den Nachrichten aus Amerika steht für die nächste Zeit eine starke Hausse in Havanna-Zigarren in Aussicht, was die Freunde eines guten Krautes sicherlich arg verstimmen wird. Das ist die Folge der Wirren aus Cuba, namentlich eines Erlasses von General Weyler, daß aller außenstehende Tabak binnen 10 Tagen nach Havanna gebracht werden muß, widrigenfalls er konfisziert wird. Das ruiniert vollständig den Handel, da es unmöglich ist, die Ernten so rasch einzubringen, davon abgesehen, daß der Tabak nur Wert bekommt, wenn ihn die großen Zigarrenfirmen auf ihren eigenen Faktoreien verarbeiten lassen können. Die Firma Bock beispielsweise hat von ihren 3500 Arbeitern bereits 3000 entlassen und ähnlich verhält es sich mit den Arbeitern in den übrigen Fabriken. Die nächste Zeit schon dürste, da die Ware aus Havanna aus- bleiben muß, eine Steigerung im Preise der Vorräte um 30 Prozent bringen.
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