auf Vorschlag des Herrn Sem.-Professors Wetzel der bisherige Ausschuß durch Acclamation wieder­gewählt, sofern derselbe das Vertrauen der Versamm­lung trotz des Kassendefizits noch verdiene und es ganz um Platze sei, daß er, nachdem er das Defizit veranlaßt, resp. die Etats-Ueberschreitung zugelassen habe, auch wieder Gelegenheit und Frist erhalte, das Defizit zu beseitigen. 5) dankte Herr Gemeinderat Schund im Namen des Vereins dem Herrn Vorstand beider Vereine für seine erfolgreiche Oberleitung der Vereinsangelegenheiten. Der Einsender dieses glaubt aber im Sinne aller Vereins-Genossen zu handeln, wenn er hier öffentlich noch erwähnt, daß, wie man ja schon so manche Unterstützung gemeinnütziger städtischer Angelegenheiten und so manche Förderung idealer Lebens-Genüsse dem hiesigen Schullehrer-Seminar zu verdanken habe, auch in heutiger Versammlung der Herr Sem.-Rektor Dr. Brügel und Herr Sem.-Ober- lehrer Hegele einen besonderen Beitrag in unsere Vereinskasse durch Kollekte mittelst eines Konzerts in Aussicht stellten. Ebenso hoffen wir, daß Herr Sem.-Oberlehrer Schwarzmayer als hiezu besonders befähigt eine geschichtliche und landschaftliche Be­schreibung unserer Stadt und Umgebung in thun- licher Bälde für unsere Vereins-Zeitschrift der Bitte der heutigen Versammlung gemäß liefern werde. Aber auch die hiesigen zwei Sänger-Vereine bitten wir dringend, durch ja stets mit Beifall und Dank begrüßte öffentliche Aufführungen zu Gunsten unserer Vereinskasse, etwa durch Abhalten eines Waldfestes beimSchnepfen-Eichle" im Killberg, unsere Vereins­bestrebungen zu unterstützen. Insbesondere aber haben wir hier auch noch dem Herrn Sem.-Prosessor Wetzel dafür zu danken, daß er kürzlich die Gedenkfeier für Baurat Reinhard auf der Ruine Waldeck und nach­her im Bad Teinach dazu benützte, in einer durch­schlagenden humoristischen Ansprache die auswärtigen Schwarzwald-Vereinsgenossen in der Nähe und aus der Ferne zu einem baldigen gemeinschaftlichen Aus­flug nach Nagold einzuladen, um nicht nur unsere im Fortschrittsgewande prangende Stadt selbst, son­dern auch die landschaftlichen Reize ihre Umgebung kennen zu lernen und zu genießen. Die ganze Ver­sammlung verlief bis zum Schluß in bester Harmonie.

Nagold, 9. Juni. Anläßlich der Ausstellung der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in Cann­statt, findet am Sonntag den 14. Juni im Kursaal in Cannstatt nachmittags 2 Uhr eine Hauptver­sammlung des Bundes der Landwirte statt. Bei derselben wird auch der 1. Vorsitzende des Bun­des, Herr Reichstagsabgeordneter v. Ploetz, sowie sonstige bedeutende Landwirte reden. Die Versamm­lung dürste sehr interessant werden; der Eintritt steht jedermann frei.

'^ Gündringen, 7. Juni. Die Nachricht, daß letzten Dienstag über unsere Markung ein Wol­kenbruch niederging, war leider richtig. Er bildete aber nur das Vorspiel zu der Katastrophe vom letzten Freitag. Ungefähr zur gleichen Stunde, nach­mittags 4 Uhr, kam von Westen ein Gewitter da­hergezogen, dessen Gefährlichkeit niemand erkannte, bis die mit schrecklichem Gepolter und Getöse, (das selbst in Hochdorf und Vollmaringen gehört wurde) dem Orte sich nähernden meterhohen Wassermassen die Aufmerksamkeit wachriefen. Die Verheerung im Ort ist schrecklich. 70 Jahre alte Männer können sich nicht erinnern, ein solches Wasser gesehen zu haben. Scheunen und Stallungen wurden angefüllt, Hühner sortgeschwemmt, eine Kuh konnte dadurch noch gerettet werden, daß die Frau, die allein zu Hause war, sie die Treppe zur Wohnung hinaufzog. Mehrere Häuser wurden unterspült, hätte das Wasser noch kurze Zeit steigend angehalten, sie wären ver­loren gewesen mit samt den Bewohnern, denen man keine Hilfe hätte bringen können. Die Ortsstraße ist stellenweis metertief aufgewühlt, dann wieder ebenso hoch mit Schutt und gewaltigen Felsblöcken bedeckt. Keller mußten mit der Feuerwehrspritze ausgepumpt werden. Die Wiesen sind verschlammt, der Heuertrag ist zu einem großen Teil vernichtet. Gärten und Länder sind abgedeckt, der Boden ist fortgeschwemmt. Die Verheerungen, hauptsächlich im Winterösch, sind furchtbar. Wäre der Wolkenbruch bei Nacht erfolgt, so wäre ohne Zweifel das eine oder andere Men­schenleben zu beklagen. Auch der Hof Dürrenhardt wurde stark mitgenommen. Heute sind viele Fremde hier, um sich das Bild der Zerstörung anzusehen. Eine große Zahl von Familien in eine Not geraten, die erst später fühlbar werden wird. Der Gemeinde

selbst kosten allein die Aufräumungsarbeiten einige Tausend Mark.

Tübingen, 15. Juni. Die Staatswissenschaft- liche Fakultät hat anläßlich der Einweihung des neuen Landesgewerbemuseums den Präsidenten der Zentral­stelle für Gewerbe und Handel, Herrn von Gaupp, in Anerkennung seiner großen Verdienste um die Wirksamkeit dieser Behörde und um die Förderung des württembergischen Gewerbewesens zum Doktor der Staatswissenschaften liouoris causa ernannt.

Wir erhielten folgende Zuschrift: Stuttgart, 8. Juni. Neben seinen modernen Fabrikaten hat auf der kunstgewerblichen Ausstellung die bekannte Uhrenfirma Gebrüder Junghans in Schramberg ein Bild der Geschichte der Entwicklung der Schwarz­walduhrenindustrie gegeben, wie es anziehender nicht gedacht werden kann. In pietätvoller Weise nehmen diese alten hölzernen Uhren aus dem Schwarzwald einen Ehrenplatz ein. Die Zusammenstellung ist von dem Hofuhrenmacher Gustav Heckhart in Nürnberg gemacht worden, dessen Kenntnisse in der Geschichte seines Faches hoch anzuerkennen sind. Ob diese Sammlung Eigentum des Herrn Kommerzien-Rats Junghans ist, konnten wir nicht erfahren. Zu wün­schen wäre aber, daß sie dem Schwarzwald erhalten bliebe. (Schw. B.)

Stuttgart, 9. Juni. Landtagspräsident Payer ist durch eine Augenentzündung, die ihn in den letzten Wochen befiel und die ihn ans Zimmer fesselte, ab­gehalten worden, zu den Reichstagsoerhandlungen nach Berlin abzureisen. Wie derMerkur" erfährt, hat sich sein Befinden wieder gebessert.

Gönningen, 5. Juni. Es gehen z. Z. verschie­dene Notizen durch die Bezirksblätter, die sich auf die hies. Schultheißenstelle beziehen, aber offenbar aus ununterrichteten Quellen geschöpft sind. Daß die Stelle ausgeschrieben worden sei, ist unrichtig. Wie diese Meinung so bestimmt auftreten konnte, ist nicht recht verständlich. Ebenso ist die Annahme verfrüht, daß die Wahl voraussichtlich am 1. Juli stattfinden werde. Die Entscheidung der k. Kreis­regierung, welche abgewartet werden muß, ist noch nicht eingetroffen. Wenn aber diese erfolgt und der bisherige Ortsvorsteher auf Grund des erfolglos ge­bliebenen Aufrufes feines Amtes für verlustig erklärt wird, so steht von da an dem Vermißten noch eine vierwöchentliche Berufsfrist offen. Natürlich muß diese unter allen Umständen eingehalten werden wie in dem vorliegenden unaufgeklärten Falle die Einlegung einer Berufung nicht anzunehmen ist. Erst von diesem Zeitpunkt an ist die Stelle erledigt und das Ausschreiben derselben möglich.

Frankenhausen, 4. Juni. Unter den 700 Kriegern, welche während der Kyffhäuserfeier hier beherbergt werden, befinden sich Thüringer, Bayern (68 Mann), Württemberger (80 Mann), Badenser (130 Mann); Sachsen-Meiningen stellt 64 Krieger. Außer den Kriegern finden noch gegen 50 Ehrengäste und Ehrenmitglieder der Kriegeroereine, darunter Prinz Hermann von Sachsen-Weimar und Reichs­kanzler Fürst Hohenlohe hier Wohnung, endlich er­hält unsere Stadt an militärischer Einquartierung: die aus 374 Unteroffizieren und Mannschaften aus dem Radolstädter Bataillon gebildete Ehrenkompag­nie, eine weitere Kompagnie gedachten Bataillons, die Regimentsmusik der Jnf.-Regts. Nr. 96 und das Trompeterkorps des 12. Hnsaren-Regiments. Das hiesige Landratsamt macht bekannt, daß der Kyffhäuserburgberg bis zur Rotenburg, sowie das Jagdschloß Rathsfeld für alle nicht mit Einlaßkarten versehenen Personen am 18. Juni abgesperrt ist.

Bei dem in letzter Zeit mehrfach vorgekommenen epidemischen Auftreten der Genickstarre hat es sich als wünschenswert herausgestellt, daß dem königl. Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin zwecks Erforschung des Krankheitserregers Leichenbeteile von typischen Fällen, wo dies nach Lage der Verhältnisse ausführbar ist, zugängig gemacht werden. Der Kultusminister hat infolge dessen eingehende Vor­schriften über die Entnahme des Materials und die Uebersendung desselben an das genannte Institut an die Regierungspräsidenten ergehen lassen.

Kein Aichzwang für Fässer. Die Frage, ob aus der Maß- und Gewichts-Ordnung gefolgert werden kann, daß es unzulässig sei, Branntwein, Bier oder andere Flüssigkeiten, mit Ausschluß des des Weines, in ungeaichten Fässern nach deren Raum­gehalt zu berechnen, hat kürzlich das Naumburger Oberlandesgericht beschäftigt. Gegen die Inhaber

der BranntweinbrennereiZum Altmeister" in Nord­hausen war wegen der genannten angeblichen Ge­setzesübertretung vom Schöffen- und Landgericht in Nordhausen auf eine Geldstrafe von 20 erkannt worden. Die Revisionsinstanz hat die Firma frei­gesprochen und die Kosten der drei Instanzen der Staatskasse auferlegt. Das Oberlandesgericht steht auf dem Standpunkt, daß Bier-, Branntwein und sonstige Fässer der Aichpflicht nicht unterliegen, weil sie als Transportgefäße überhaupt von der Maß- und Gewichtsordnung nicht getroffen werden.

Von Jägern wird eine Massenpetition an den Reichstag um Beseitigung der Wildschaden- Ersatzpflicht aus dem Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches vorbereitet.

Berlin, 4. Juni. Das Begnadigungsrecht der deutschen Landesherren wird jetzt vom Reichsgericht einer Prüfung unterzogen. Mehrere Blätter bringen darüber folgende Mitteilungen: Der Herzog von Anhalt hatte bei der Feier seines 25jährigen Regie­rungsjubiläums am 22. Mai umfassende Begnadi­gung von Strafen ausgesprochen und außerdem ver­ordnet, daß in Prozessen aus bestimmten, namhaft gemachten Strafgesetzparagraphen jedes anhängige Verfahren zu unrerbrechsn und einzustellen sei, möge nun bereits ein Urteil ergangen sein oder noch nicht. Ein Angeklagter, der bereits im März vom Land­gericht Dessau aus einem der genannten Paragra­phen verurteilt worden war uud gegen die Verur­teilung Revision eingelegt hatte, berief sich am 30. Mai vor dem 3. Strafsenat des Reichsgerichts auf den landesherrlichen Befehl der Niederschlagung, sog. Abolition, und wollte das Verfahren eingestellt ha­ben. Der Rechtsanwalt vertrat den Standpunkt, daß es ihm undenkbar schiene, wie ein Bundesfürst das Recht haben sollte, ein beim Reichsgericht schwe­bendes Verfahren aufzuheben. Der Verteidiger des Angeklagten hingegen behauptete die Unbestreitbarkeit der Abolttion für Anhalt nach Gesetz und Gebrauch, sie sei von je in Uebung gewesen, eine Verfassung weder noch ein Reichsgesetz habe sie abgeschafft; gelte sie für die erste Instanz, so auch für die Revisions­instanz; was solle die erste Instanz thun, falls das Reichsgericht die Sache zu erneuter Verhandlung zu­rückweise? Logisch allein richtig sei, das Niederschla­gungsrecht entweder in toto anzuerkennen oder zu. bestreiten. Es liege ein für manche Bundesfürsten höchst wichtiges Hoheitsrecht in Frage und das Reich möge dieses Recht durch seineu Spruch nicht vernichten. Das Reichsgericht wird am 6. Juni sein Urteil verkündigen. Auf den Ausfall desselben kann man gespannt sein.

Berlin, 9. Juni. Die Kommission zur Be­ratung des bürgerlichen Gesetzbuches hielt mit 12 gegen 8 Stimmen die Streichung des H 1552, daß Gei­steskrankheit ein Ehescheidungsgrund sein solle, aufrecht.

Berlin, 9. Juni. Der Kronprinz von Italien ist auf der Rückreise von Moskau heute vormittag l/s12 Uhr eingetroffen und in der italienischen Bot­schaft abgestiegen. Abends nimmt der Kronprinz im. neuen Palais an dem Diener bei den Majestäten teil.

Ausland.

Aus Rotterdam wird berichtet: Der englische DampferCrathie", der bekanntlich den Norddeut­schen LloyddampferElbe" in den Grund bohrte, wird auf Verfügung des holländischen Gerichts in Rotterdam verkauft. Der Erlös fällt dem Nord­deutschen Lloyd zu.

Athen, 9. Juni. Agence Havas meldet: Einem Telegram des Blattes Asty aus Santorin zufolge drangen Muhammedaner in Heraklion ein, indem sie die Wache bezwangen. Die Läden in der Stadt wurden geplündert. Die in den niedergebrannten Dörfern geraubten Gegenstände werden in Kanca offen verkauft Die Ortschaft Galata wurde vollkommen zerstört. Die Einwohner fordern Schutz von den fremden Schiffen; die Kommandanten antworteten jedoch, ihr Auftrag erstreckte sich nur auf den Schutz der respektiven Staatsangehörigen.

Petersburg, 6. Juni. In Miask haben die Krönungsfeierlichkeiten ebenfalls einen traurigen Ab­schluß gefunden. Infolge des großen Andranges des Volkes brach das Geländer der Brücke über den Swislotschfluß. Viele Menschen stürzten hinab und ertranken.

Moskau, 7. Juni. Nach neuerlichen Meld­ungen sollen in Petersburg am Krönungstage, sowie an dem nächstfolgenden Illuminations-Abende ernste