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Dienstag 9. Juni

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1896.

Amtliches.

Bekanntmachung.

Nachstehende Vorschriften, betr. die Verwendung non Giften zur Vertilgung von lästigen oder schäd­lichen Tieren, werden hiedurch zur Nachachtung öffentlich bekannt gegeben.

Nagold, den 5. Juni 1896.

K. Oberamt. Ritter, A.-V.

Crlatz des K. Ministeriums des Innern, detr. die Uermendnng von Giften zur Ver­tilgung non lästigen oder schädliche« Tieren.

Vom 29. April 1896. Nr. 4039.

Gemäß ß 18 Abs. 1 der Ministerialverfügung vom 4. Juni 1895, betr. den Verkehr mit Giften (Reg.-Bl. S. 178), ist bei der Abgabe der unter Verwendung von Gift hergestellten Mittel gegen schädliche Tiere (sog. Ungeziefermittel) jeder Packung eine Belehrung über die mit einem unvorsichtigen Gebrauche verknüpften Gefahren beizufügen, deren Wortlaut von dem Medizinalkollegium vorgeschrieben werden kann.

Nachdem das K. Medizinalkollegium die nach­stehend abgedruckte Belehrung erlassen hat, werden die obengenannten Stellen beauftragt, hievon den Händlern mit Giften einschließlich der Apotheker Kenntnis zu geben.

Der Ministerialerlaß vom lO. März 1886 (Amts­blatt S. 82) tritt hiedurch außer Wirkung.

Stuttgart, den 29. April 1896.

K. Ministerium des Innern.

Pischek.

Verehrung über die Verwendung von Gif­ten zur Vertilgung von lästigen oder schäd­lichen Tieren.

1) Alle zur Vertilgung von lästigen oder schäd­lichen Tieren verwendeten Gifte können bei unvor­sichtiger Aufbewahrung und unzweckmäßiger Anwen­dung auch Menschen und nützlichen Tieren gefährlich, ja tätlich werden. Es ist daher jedermann, welcher zu diesem Zwecke von Gift Gebrauch machen will, zur größten Vorsicht verpflichtet.

2) Vor der Anwendung von Gift im Freien durch nichtsachverständige Personen muß auf das Eindringlichste gewarnt werden. Das Legen von Arsenik und Strychnin im Freien, insbesondere in Gärten, Feldern und Waldungen behufs Vertilgung von Ratten, Mäusen, Raubtieren, Vögeln u. s. w. ist aber Privatpersonen ganz verboten.

3) Auch bei Verwendung von Giften in Häusern ist das Legen von Arsenik zur Vertilgung von Rat­ten, Mäusen. Fliegen, Motten u. dergl. insbesondere auch die Aufstellung von arsenhaltigem Fliegenpapier in Wohnräumen untersagt.

In Kellern, Magazinen, Gewölben und anderen für den Aufenthalt von Menschen nicht benützten Räumen dürfen dagegen auch grün gefärbte Arsenik- Mischungen als Gift gelegt werden.

4) Zur Verwendung von Gift in bewohnten Gelassen eignen sich strychninhaltige Ungeziefermittel in der allein erlaubten Form von dauerhaft dunkelrot gefärbten Getreidekörnern und ebenso Phosphor als Brei, Teig, Pillen oder Zeltchen am besten.

5) Strychninkörner, Phosphorpillen und Phos- phorzeltchen können ohne weitere Zubereitung ver­wendet werden. Arsen-Mischungen, Phosphorteig und Phosphorbrei werden am zweckmäßigsten entweder auf Brot- oder Fleischschnitten gestrichen oder mit Fett, ge­hacktem Fleisch und Speiseresten gemischt auf Schin­deln, Dachplatten, kleine Bretter u. dergl. gelegt.

Bei dem Phosphor ist außerdem wegen seiner leichten Entzündlichkeit vor jeder Erwärmung und sogar vor der längeren Berührung mit der Hand zu warnen.

6) Bei der Aufbewahrung und Verwendung aller Arten von Giften ist darauf zu achten, daß dieselben nicht mit anderen Stoffen, namentlich nicht mit Nahrungsmitteln für Menschen und mit dem Futter für Tiere vermischt, oder durch Kinder aufgefunden oder durch Hunde, Katzen, Vögel u. s. w. an un- geeignete Orte verschleppt werden können.

7) Vergiftet aufgefundene Tiere wie Ratten rc., ebenso etwaige größere Reste von Gift, welche nicht aufbewahrt oder an den Verkäufer zurückgegeben werden wollen, sind womöglich '(2 Meter tief in der Erde, aber nicht in unmittelbarer Nähe von Brunnen und Quellen zu verscharren oder in einer geeigneten größeren Feuerungs-Einrichtung, z. B. Dampfkesseln, zu verbrennen.

Mäuse und noch kleinere Tiere wie Schwaben­käfer, Russen, Motten und Fliegen, desgleichen kleinere Ueberbleibsel von Gift dürfen auch in gut ziehenden und nicht mit einer Räucherungs-Einrichtung in Ver­bindung stehenden Oefen oder in geschlossenen Her­den, jedoch nicht während der Kochzeit und nur bei lebhaftem Feuer verbrannt werden.

8) Das Ueberlassen von Gift an dritte Personen ist verboten.

Be1rn««tmachirng.

Nach einer Mitteilung des K. Oberamts Calw ist in Holzbronn die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.

Nagold, den 5. Juni 1896.

K. Oberamt. Schüller, Amtmann.

Die erste Hauptkonferenz

findet nächsten Montag den 15. Juni, von vorm. 9^2 Uhr an in der Kirche in Ebhausen statt. Nagold, 8. Juni 1896.

K. Bez.-Schul-Jnsp. Dieterle.

Die elterliche Gewalt nach dem öürgerlichen HesetMch.

Men Rechtssystemen ist die dem Grundsätze der Familieneinheit entspringende Auffassung gemeinsam, daß die Kinder, solange sie sich in der Familienge- meinschast befinden, unter der Botmäßigkeit des Fa­milienhauptes, des Vaters, stehen. Allerdings sind die Machtbefugnisse des letzteren sehr verschieden ab­gegrenzt. Weil das Abhängigkeitsverhältnis nicht sowohl auf der Schutzbedürftigkeit des Kindes beruht, als vielmehr der autoritativen Stellung des Vaters entspringt, so bedingt die Volljährigkeit des im Fa- milienverbande verbleibenden Kindes nicht die Auf­hebung der väterlichen Gewalt, wenn sie auch deren Wirkung in mancher Beziehung abschwächt. Erst in der neueren Rechtsentwicklung ist die ursprünglich als ein Recht des Vaters gedachte väterliche Gewalt zu einer im Interesse des Kindes angeordneten väter­lichen Vormundschaft geworden, die dann auch nur so lange währt, als das Kind ihrer bedarf, also bis zur erreichten Selbständigkeit, in der Regel bis zur Volljährigkeit.

Auch der Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuchs steht im wesentlichen auf diesem Standpunkte; er sieht dieväterlicheGewaltals eine vormundschaftliche Schutz­gewalt an, welche mit der Großjährigkeit des Kindes ihr Ende erreicht. Gleichzeitig wird dieselbe er­weitert zurelterlichen" Gewalt, die grund­sätzlich beiden Eltern gemeinsam zusteht, jedoch, um Konflikte zu meiden, in erster Linie vom Vater, so­lange dieser am Leben ist, geübt wird. Sie umfaßt

einerseits die Sorge für die Person, insbesondere den Unterhalt und die Erziehung des Kindes, anderer­seits die Verwaltung und Nutznießung des Vermögens. In beiden Beziehungen entspricht übrigens dem Rechte des Vaters auch eine Pflicht der Fürsorge für die Person des Kindes und der ordnungsmäßigen Ver­waltung.

Neben dem Vater hat auch die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Im Fall der Scheidung der Ehe geht die Sorge für die Person der Kinder auf denjenigen Ehegatten über, der nicht für den schuldigen Teil erklärt ist. Sind beide Teile gleich schuldig, so folgen die Töchter der Mutter, die Söhne dem Vater, mit der Maß­gabe jedoch, daß auch die letzteren bis zum vollen­deten sechsten Lebensjahre in der Obhut der Mutter verbleiben. Aus besonderen Gründen kann das Vor­mundschaftsgericht abweichende Anordnungen treffen.

Die Vermögensverwaltung des Vaters erstreckt sich auf das gesamte Vermögen des Kindes mit Aus­schluß dessen, was demselben von Dritten mit der ausdrücklichen Bestimmung zugewendet wird, daß es der väterlichen Verwaltung nicht unterworfen sein soll. Die Rechtsstellung des Vaters bei Ausübung der Verwaltung ist der des Vormundes nachgebildet, wenn auch seine Befugnisse nicht unwesentlich erwei­tert sind. Insbesondere darf auch der Vater zu wich­tigen Geschäften, so namentlich zur Verfügung über Grundstücke, zur Aufnahme von Darlehen und Ein­gehung von Verbindlichkeiten, zum Beginn eines neuen Erwerbsgeschäftes für das Kind, der Geneh­migung des Vormundschaftsgerichts.

Von der Nutznießung des Vaters ausgeschlossen sind die zum persönlichen Gebrauche des Kindes be­stimmten Sachen, ferner was dasselbe durch eigentz Arbeit oder durch den Betrieb eines Geschäftes er­wirbt, endlich was ihm mit dieser Bestimmung von Dritten zugewendet wird. Die Nutznießung des Vaters endigt nicht nur mit dem Aufhören der väter­lichen Gewalt, sondern schon vorher mit der Ver­heiratung des Kindes, wenn diese mit der vorge­schriebenen elterlichen Genehmigung erfolgt.

Durch Anordnung des Vormundschaftsgerichts können dem Vater diese Rechte entzogen oder be­schränkt werden, wenn ein Mißbrauch derselben zum Nachteil des Kindes zu besorgen steht. Insbesondere kann das Erziehungsrecht dem Vater genommen wer­den, wenn eine sittliche Verwahrlosung des Kindes festgestellt und eine Besserung von der Ein­wirkung des Vaters nicht zu erwarten ist. Auch bezüglich der Vermögensverwaltung kann das Vor­mundschaftsgericht einschreiten, wenn der Vater in Vermögensverfall gerät oder sonst eine Gefährdung des Kindervermögens vorliegt.

Der Mutter steht die elterliche Gewalt zu, wenn der Vater tot oder für tot erklärt ist; ferner, wenn ^ ihm durch richterliches Urteil wegen schwerer, gegen !das Kind verübter Vergehen die elterliche Gewalt ! entzogen ist, jedoch nur, wenn zugleich die Ehe auf- 'gelöst wird. Bleibt dagegen die Ehe bestehen, so ^ tritt die Mutter nicht an die Stelle des Vaters, es ! wird dem Kinde vielmehr ein Vormund bestellt. Der k gleiche Fall tritt ein, wenn das Vo> mundschaftsgericht i dem Vater die elterliche Gewalt entzogen hat. So­lange bei Lebzeiten des Vaters dessen elterliche Ge­walt, wegen Geschäftsunfähigkeit oder dauernder Behinderung, ruht, wird sie von der Mutter aus­geübt. In allen diesen Fällen kann der Mutter auf ihren Antrag, auf letztwillige Anordnung des Vaters oder auf Beschluß des Vormundschaftsgerichts ein Beistand zugeordnet werden.