er GchlWstkr.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
M lU!.
Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet viertel- jährl. hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1.20 ^ Monats-Abonnement nach Verhältnis.
Dienstag 2. Juni
Insert-ons-E"bohr für die Ispalttge Zeile auS gewöhnl. Schrift bet einmaliger Einrückung 9 -s, bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens S Uhr am Tage vor der Herausgabe deS Blattes der Druckerei au'.iegeben sein.
1896 .
Amtliches.
Aeknmttmnchitng.
Nach einer Mitteilung der Großh. Bad. Wasser- und Straßenbausektion Pforzheim können wegen des am 27. ds. Mts. begonnenen Umbaus der durch das letzte Hochwasser weggerissenen Floßgasse am Blach- wehr bis auf Weiteres keine Flöße die Nagold auf badischem Gebiet passieren, was hiemit zur Kenntnis der Interessenten gebracht wird.
Nagold, 29. Mai 1896.
K. Oberamt. Schüller, Amtmann.
Hages-Weuigkeiten.
Deutsches Leich.
Nagold, 30. Mai. Erschienen ist die Juniausgabe des Württ. Kursbuchs (Union Deutsche Verlagsgesellschaft), in der die vom 1. Juni an geltenden Fahrpläne der schweizerischen und österreichischen Bahnen ausgenommen sind.
Nagold, 31. Mai. Die Frage der Handwerkerorganisation, die seit Jahren schon eine schwebende ist, erscheint abermals berufen, weiter „zu schweben", wenn nicht in der allerletzten Stunde noch ein Ereignis eintritt, welches die tief herabgestimmten Erwartungen der Handwerker auszubessern geeignet ist. Nach dem überaus langsamen Fortschreiten, welches diese Angelegenheit nimmt, sollte man meinen, die Erledigung wäre außerordentlich schwierig, doch ist sie das keineswegs, wenn sie ja auch wohl nicht so einfach sein mag, wie manches Mal angenommen wird. Die Frage: ob Zwangsinnungen oder nicht! kann man ja in erster Reihe heute auf sich beruhen lassen, weil die Jahre gezeigt haben, daß nur mit Streiten kein praktisches Resultat zu erzielen ist. In die erste Reihe gerückt ist heute die Thatsache, daß das Handwerk ebensogut, wie andere Mitglieder des Nährstandes, ein volles und unanfechtbares Recht darauf hat und mit den erforderlichen Befugnissen ausgestättet ist. Gegen das Prinzip einer Handwerkerorganisation kann keine Partei im Reichstage etwas aussetzen, und es geschieht das auch nicht. Selbst die Sozialdemokraten haben hiergegen nichts einzuwenden. Was würde es denn nun schaden, wenn der neugeschaffenen Organisation der Handwerker etwas weitergehende Rechte eingeräumt würden? Inden Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung haben wir eine Organisation mit sehr weitgestellten Rechten, die doch ganz gewiß die in der Versicherung vereinigten Jndustriebranchen nicht ruiniert hat. Und auch das Handwerk würde sich nicht ruinieren, wenn seiner neuen Organisation eine etwas größere Freiheit und größere Rechte verliehen würden. Eine solche Vorlage fertig zu bringen muß doch im Laufe eines Jahres sehr wohl möglich sein, und ein Hin- und Hersenden zwischen den verschiedenen Instanzen im Reiche und den einzelnen Bundesstaaten erscheint durchaus nicht immer erklärlich, noch viel weniger aber immer geboten. Die ganze Handwerkerorganisation wird mit unnötigen Bedenken und unnötigen Schwierigkeiten belastet, anstatt, die Sache frisch und froh anzufassen. Als die Alters- und Jnvaliden-Versicherung, bis dahin ohne Vorbüd, im Reichstage zur entscheidenden Abstimmung kommen sollte, und eine Anzahl von Abgeordneten schwankend war, ob sie für oder gegen das Gesetz notieren sollten, rief der Staatssekretär -im Reichsamt des Innern, Herr v. Bötticher, den 'Volksvertretern zu: „Nur Mm, es wird schon gehen!" Denselben Schlachtruf sollte der verdiente Minister -auch in der vorliegenden Frage erheben, ist doch
das Risiko viel, sehr viel weniger groß, als bei der Alters- und Invalidenversicherung. Aufsichtsbehörden Reichsregierung und Reichstag haben es ja doch ständig in der Hand, eine unerwünschte Handhabung der Handwerkerorganisation zu verhindern, oder aber sie richtig zu stellen. Es handelt sich hier doch nicht um Männer, die mit dem unbekannt sind, was für die Sache selbst in Frage kommt, trotz der Meinungsverschiedenheiten über die Zwangs-Innungen werden ganz sicher nicht die Handwerker ins eigene Fleisch schneiden. Und wenn, wie es zuletzt hieß, die Streitfrage der Zwangsinnungen aus der Organisation vorläufig ausgeschieden wird, dann ist nicht abzusehen, weshalb nicht die Handwerker einig zusammenstehen und einen zweckentsprechenden und gerechten Weg nicht finden sollten. Man hat anderen Zweigen des Nährstandes es Ueberlassen, ihr eigenes Los zu gestalten, es kann den Handwerkern eine solche Gerechtsame auch nicht vorenthalten werden, selbst zu befinden, wenn Reichsregierung und Reichstag außer großer Organisationsumrissen nichts zu Stande bringen sollten. Aber das weitere Verschleppen und Schweben der Handwerkerfrage würde doch in dem ganzen deutschen Mittelstände recht unliebsam empfunden werden, weil ein sichtbarer Grund für die Verzögerung nicht wohl zu entdecken ist. Mit etwas Courage und einigem Verständnis für praktische Lebensfragen ist Alles zu ermöglichen, und Mut darf der Reichstag, nachdem er über 25 Jahr alt geworden, doch nun wohl schon zeigen.
Nagold, 1. Juni. (Einges.) Zur Gewerbe- vereins-Sache. — Es ist in letzter Zeit innerhalb des Vereins die Frage erörtert worden, warum so viele unserer Gewerbetreibenden, namentlich auch jüngere, sich von dem Gewerbe-Verein fernhalten, der so recht eigentlich für sie vorhanden ist. Vielfach hört man die Ausrede: Es hat uns noch niemand eingeladen. Zweck dieser Zeilen soll nun sein, die dem Verein noch ferne Stehenden zum Beitritt einzuladen und zu veranlassen. Der Verein bietet durch die unentgeltliche Circulation seiner Mappe einen reichen Stoff zum Lesen nicht nur von illustrierten Zeitungen, sondern auch von einer Menge Fachzeitungen wie: Flaschner, Tischler, Sattler, Wollzei- tungen und solche gewerblichen Inhalts, so daß hieraus, wenn es ernstlich darum zu thun, leicht jeder für sich Nützliches und Passendes herausfinden wird, was er in seinem Geschäft wieder verwerten kann. Oft hört man die Frage, was leistet eigentlich der Gewerbeverein? Ich habe noch keinen direkten Nutzen davon gehabt oder verspürt. Das kann wohl sein. Allein ein Verein wie der Gewerbeverein, der ohnedies geringe Mittel zur Verfügung hat, kann dem Einzelnen nicht aufhelfen. Da heißt es: Hilf' dir selbst, so wird dir Gott helfen. Aber der Gewerbeverein als Vermittler zwischen den einzelnen Gewerbetreibenden und der Handels- und Gewerbekammer und der K. Zentralstelle für Handel und Gewerbe hat schon Vieles erreicht, was der Einzelne nie erreicht hätte. Durch Abhaltung öffentlicher Vorträge, durch Besprechung mancher öffentlichen, wie internen Angelegenheit hat schon manches Mitglied neue Anregung und Belehrung bekommen, greifbar sind die Erfolge freilich nicht, wie alle idealen Güter. Wie manche öffentliche Ausschußsitzung hat Stoff zu interessanter gegenseitiger Aussprache und zu nutzbringender Unterhaltung gegeben. Der 1 «jährige Beitrag von 75 ^ dürfte wohl Niemand abhalten, dem Verein beizutreten, er dient damit sich selbst, wie einer gemeinnützigen Sache. Wie bisher so sind auch fernerhin außer den Gewerbetreibenden
Freunde des Gewerbevereins herzlich willkommen. Anmeldungen können bei dem derzeitigen Vorstand Gottlob Schmid Kaufmann und dem Kassier Fr. Günther, Uhrmacher gemacht werden.
Nagold, 1. Juni. Eisenbahnen. Aus Anlaß der in der Zeit vom 11. bis 15. Juni d. I. in Cannstatt stattfindenden Wanderausstellung der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft wird zu Folge Entschließung des K. Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, Abteilung für die Verkehrsanstalten, vom 1. d. M. eine Fahrpreisermäßigung in der Art eingeräumt, daß denjenigen Reisenden des inneren württ. Verkehrs, welche zur Fahrt nach Cannstatt oder Stuttgart Hauptbahnhof die am 12. und 13. Juni einzulegenden Sonder-Per- sonenzüge, sowie die auf diese Sonderzüge Anschluß bietenden, einzeln noch zu bezeichnenden gewöhnlichen Züge benützen, auf Grund einfacher Fahrkarten III. Klasse nach den genannten Stationen taxfreie Rückfahrt innerhalb 10 Tagen nach dem Ausgangsort mit allen gewöhnlichen Personenzügen — Schnellzüge ausgeschlossen — gewährt wird, sofern die betreffenden Personen vor Antritt der Rückreise ihre Fahrkarten in der Ausstellung abstempeln lassen. Bei der Kartenlösung auf der Ausgangsstation haben die Ausstellungsbesucher außerdem noch ausdrücklich zu verlangen, daß die ihnen auszufolgenden Fahrkarten III. Klasse nach Cannstatt oder Stuttgart Hauptbahnhof mit dem Rückfahrtsstempel versehen werden. Die einzelnen Sonderpersonenzüge nach Cann- statt und Stuttgart, sowie die zur Benützung zugelassenen, auf die Sonderzüge Anschluß bietenden gewöhnlichen Personenzüge werden noch besonders bekannt gegeben.
Rottenburg, 27. Mai. Nach der Mitteilung des Kgl. Oberamts an den Gemeinderat hat der Stadtschultheißenamtsverweser, Hr. Ratschreiber Ledermann, seine Stadtschulth.-Amtsverweserei-Stelle niedergelegt und wurde in heutiger Sitzung des Gemeinderats dem Beamten der Ortsbehörde für Arbeiterversicherung, Hrn. Steiner, diese Stelle bis zum Amtsantritt des neu gewählten Stadtschultheißen gegen ein Taggeld von 4 ^ übertragen.
Stuttgart, 28. Mai. Die beiden Verbündeten in der Reoersalienfrage, das Zentrum und die Volkspartei, machen sich nunmehr den Ruhm, den Sieg erfochten zu haben, streitig. Zu der Bemerkung des Berliner Zentrumstelegramms, daß der glänzende Erfolg in der letzten großen Aktion auf kirchenpolitischem Gebiet der ausgezeichneten Führung des Vorsitzenden des Zentrums in Württemberg zu verdanken sei, meint der „Beobachter" hämisch, das sei eine grundlose Selbstbeweihräucherung, der Erfolg sei dem Referenten Hausmann zu danken. Der „Schw. Merk." bemerkt zu dem Telegramm: Aus dem angeblichen Wohlwollen für die evangelische Kirche ist nun ein „glänzender Erfolg" des Zentrums „in der letzten großen Aktion auf kirchenpolitischem Gebiete" geworden. Ein um so schöneres Geständnis, als die Demokratie es nicht gelten lassen will, daß sie für das Zentrum die Kastanien aus dem Feuer geholt Hai.
Stuttgart, 28. Mai. Die Reversalienfrage scheint eine überraschende Wendung nehmen zu wollen. Es wird nämlich in konservativen Kreisen seit längerer Zeit ernsthaft die Frage ventiliert, ob nicht die innerkirchlichen Angelegenheiten — das sogenannte llus eiroa 8uoru steht ja auch dem katholischen König zu — anstatt in die Hände einer sechsköpfigen Kirchenregierung in die Hände einer einzelnen Per- sönlichkeit gelegt werden solle, mit anderen Wor-