entgeldlich an den Schwarzwaldverein abtreten, so daß ohne Zweifel in Bälde der Bau des Turmes in Angriff genommen werden kann. Der in der Sache eifrig thätigen Leitung des Schwarzwaldver­eins sei auch an dieser Stelle der gebührende Dank ausgesprochen!

t. Vom Calwer Wald, 26. Mai. Der Schwarzwaldbienenzüchterverein des oberen Bezirks Nagold und Calw hielt gestern in Zwerenberg eine Hauptversammlung ab. Der Besuch derselben war ein sehr starker und die Verhandlungen äußerst lebhafte und anregende. Die zur Besprechung ge­wählten Gegenstände waren: Vorführung einer Waben­presse, Anfertigung von Kunstwaben aus reinem Bienenwachs, Vortrag über den Wert und die Vor­teile von Kunstwaben aus reinem Wachs gegenüber denjenigen aus Kunstwachs, Art und Weise und Zeit der Einsetzung der Kunstwaben von Schullehrer Schüle in Hornberg. Ferner hielt Vereinsvorstand, Schullehrer Brendle in Altensteig einen Vortrag über die Frage:Wie erzielt man die höchsten Er­träge in der Bienenzucht?" Beide Vorträge boten manches Interessante und Beherzigenswerte wie auch die sich an dieselben anschließenden Besprechungen. Aus der Mitte der Versammlung wurde die Mit­teilung gemacht, daß die ungünstige Witterung im April und Mai auf manche Bienenstände des Waldes nachteilig gewirkt habe und die Völker vielfach schwach seien, ja teilweise ganz eingingen. Der Brutansatz sei im allgemeinen ein sehr mäßiger, so daß die Aus­sicht auf viele und kräftige Schwärme und reichen Honigertrag für Heuer bis jetzt nicht gerade günstige zu nennen wären.

Böblingen, 25. Mai. Die Amtsversammlung beschloß, ein Bezirkskrankenhaus zu erbauen in der Voraussetzung, daß die Stadt Böblingen zum voraus einen Beitrag von 15 000 ^ incl. der Beschaffung eines passenden Bauplatzes leistet und das Wasser kostenlos zur Versügung stellt. Bei der Abstimmung ergab sich Stimmengleichheit; der Vorsitzende entschied zu Gunsten des Projekts. Der Voranschlag beträgt 80000 ^

Balingen, 21. Mai. Heute früh traf die er­schütternde Nachricht hier ein, daß Karl Köbele, Schullehrer in Kleinpopo, Sohn des Seilermeisters Köbele hier, gestorben ist. Die Todesursache ist noch nicht bekannt, wahrscheinlich ist der hoffnungs­volle junge, überaus thatkräftige und tüchtige Mann dem gelben Fieber zum Opfer gefallen. Man durste ihn gegen diese Krankheit um so mehr gefeit glauben, als er früher mehrere Jahre in Mexiko weilte, und auch während seines mehrjährigen Aufenthalts in Kleinpopo sich stets einer vorzüglichen Gesundheit erfreute. Erst voriges Jahr war der Verstorbene hier auf Besuch und feierte hier seine Hochzeit. Seine junge Frau begleitete ihn damals an seinen fernen Wirkungskreis, weilt aber seit einiger Zeit zur Er­holung in Schorndorf. Erst vor acht Tagen traf ein Brief von dem so jäh aus dem Leben Geschie­denen bei seinen Eltern ein, worin er seine beste Gesundheit meldete. Der schwergeprüften Familie wendet sich allseitige Teilnahme zu.

Ems, 26. Mai. Der Anspruch, den die Fabri­kanten künstlichen Mineralwassers auf die freie Be­nützung des NamensKränchen" erhoben, des Brunnens, dessen Wasser alljährlich mit am meisten von hier aus in Hunderttausenden von Krügen und Flaschen in die Welt hinaus versandt wird, ist auf Einspruch der Wiesbadener Regierung vom Patent­amt zu Gunsten des Fiskus entschieden worden mit der Begründung, daß mit dem Recht das Wort Kränchen" unbestritten zuerst für den Brunnen in Ems gebraucht worden und daß auch noch jetzt im Verkehr unter diesem Namen schlechtweg nur das Wasser dieser Heilquelle in Ems verstanden werde. Der Gebrauch des WortesKränchen" für künstliche Mineralwasser ist also künftig straffällig und der Konsument damit versichert, unter dieser Bezeichnung nur natürliches Mineralwasser aus dieser Quelle zu bekommen.

DieMünchener Neuesten Nachrichten" haben jüngst in einem flammenden Artikel das Brandmal der Schande auf jene Gesellschaft gedrückt, die es fertig gebracht hat, die Friedensgedenkfeier vom 10. Mai zu einer ausgesprochen bayerischen Festlichkeit zu machen und des Kaisers und des Reichs dabei überhaupt nicht zu gedenken. Jetzt setzte dasselbe Blatt mit den denkbar kräftigsten, aber doch immer noch nicht zu kräftigen Worten seinen Feldzug für

die rühmliche Sache des Reichsgedankens fort: Es drückt seine Empörung darüber aus, daß in Bayern für jede Erinnerung, jede Erinnerung, jede Kund­gebung, jede Feier deutsch-nationalen Charakters eine spezifisch bayerische Vorfeier, Nachkundgebung und Separathuldigung als eine Art Gegengewicht gefordert ja geradezu zur Bedingung gemacht wird. Eine widerwärtige, mit Absicht und Bewußtsein geförderte Uebertreibung des Loyalitätsgefühls hat sich dort zu einem Byzantinismus großgewachsen, der alle wirk­lich patriotisch und mannhaft Fühlenden schroff ab­stoßen muß, der in unwürdige Schweifwedelei aus­geartet ist. Das Münchener Blatt warnt vor den Folgen einer immer partikularistischer und immer klerikaler gefärbten Richtung. Sollte eine Scheidung der Wege kommen, die auf der einen Seite Deutschland, aus der anderen Bayern wandelt, so würde die schwere Stunde von Deutschland ganz gewiß siegreich und triumphierend überlebt werden. Wie aber eine solche Katastrophe für Bayern aüsfallen würde, daran sollten diejenigen denken, die jetzt frivol und unklug mit dem Gedanken einer Erkältung in den Beziehungen zwischen Ba yern und dem Reich spielen. _

Ausland.

Wien, 23. Mai. Prinz Karl von Baden und Herzog Nikolaus von Württemberg erhielten anläß­lich ihrer Anwesenheit bei dem Leichenbegängnis des Erzherzogs Karl Ludwig das Großkreuz des Ste­phansordens.

Wien, 26. Mai. Die deutsche Botschaft ließ am 24. Mai für das Ulmer Ulanenregiment einen prachtvollen Lorbeerkranz mit Schleifen in den württembergischen Landesfarben am Sarge des Erzherzogs Karl Ludwig in der Kapuzienergruft nie­derlegen.

Paris, 23. Mai. Der Advokat Leine in Bor­deaux verständigte heute Fritz Friedmann davon, daß seine Auslieferung bewilligt worden ist. Fried­mann nahm lt.Frkf. Ztg." diese Mitteilung gefaßt entgegen und erwiderte:Ich werde mich vor meinen Richtern zu verteidigen wissen."

Paris, 25. Mai. Aus Anlaß der Moskauer Krönungsseierlichkeiten hat der Kriegsminister den Truppen für morgen Dienstfreiheit, Festmenage und Strafnachlaß verwilligt. Viele Häuser sind mit Fah­nen in russischen und französischen Farben geschmückt.

Rom, 26. Mai Major Merazini, welcher nach Zeila abgereist ist, um eine Karawane vorzu­bereiten, die gemäß den Wünschen der Regierung den Gefangenen Italienern in Schoa Unterstützungen bringen soll, ist, wie die Abendblätter melden, er­mächtigt, mit Menelik bezüglich der Befreiung der Gefangenen in Verbindung zu treten.

London, 26. Mai. Times meldet aus Athen, 25. Mai: Seit gestern herrscht auf Canea voll­ständige Anarchie. Die türkischen Soldaten morden und plündern die christlichen Einwohner. Die Ka- wassen der griechischen und russischen Konsulate be­finden sich unter den Getöteten. Alle Konsuln er­suchten telegraphisch um Kriegsschiffe. Die englische Flotte von Malta ging nach Kreta ab. Die grie­chischen Kriegsschiffe gehen voraussichtlich morgen ebenfalls dorthin ab. Turkhan Pascha ist voll­ständig machtlos, die Soldaten im Zaum zu halten. Auch in Rethymo ist die Lage ernst. Times meldet aus Kapstadt: Eine Bewegung ist im Gange zur Einreichung von Bittschriften von allen Städten Südafrikas bei der Regierung von Transvaal um Strafmilderung für die gefangenen Mitglieder des Reformkomites.

Moskau, 13. Mai. Gegen 9^/e Uhr heute Morgen verließ die im Kreml versammelte Prozes­sion zur Verkündigung der Zarenkrönung den Kreml, und ritt durch das Spaßkithor nach dem roten Platz, wo ein Senatssekretär die Kundmachung verlaß, daß am 14.. 26. Mai die Krönung des Kaiserpaares statt- ftnden werde. Sodann bliesen Trompeter die Na­tionalhymneGott schütze den Zaren". Auf dem Verkündigungsplatz war eine zahlreiche Volksmenge versammelt; die Prozession bot mit den blinkenden Kürassen und goldgestickten Uniformen ein glänzen­des Bild.

Die Krönungsfeierlichkeiten in Moskau haben mit der Ankunft des Kaiserpaares ihren An­fang genommen. Der Kaiser und die Kaiserin wur­den von den Großfürsten und fremden Fürstlichkeiten empfangen. Trotz des strömenden Regens hatte sich eine nach Tausenden zählende Menschenmenge einge­

sunden, die das Herrscherpaar mit brausenden Hur- rahrufen begrüßte. Nach der Ankunft im Petrowsky- Palais hielt die höchste Hofgeistlichkeit einen kurzen Gottesdienst ab. Prinz Heinrich von Preußen ist in Moskau mit besonderen Ehren empfangen worden. Die Ehrenwache war vom Petersburger Grenadier­regiment Friedrich Wilhelm III., dessen Uniform der Prinz trug, gestellt worden. Die Musik spielte die deutsche Nationalhymne. Die Kaiserin von Ruß­land ist zum Chef des 2. Garde-Dragonerregiments in Berlin ernannt worden.

Ueber den Einzug des russischen Kaiserpaares in Moskau meldet man noch vom 21. Mai: Alle Pracht des großartigen Schauspieles, das der Ein­zug des Kaiserpaares bot, zeigte sich besonders, als der Zug nach drei Uhr in den Kreml eintrat. An dem Südthore stieg der Kaiser vom Pferde. Die Kaiserin und die Kaiserin-Witwe verließen ihre Wa­gen und das Gefolge schloß sich ihnen an. Nun begann der Kirchgang. In der Himmelfahrtskirche hatten sich inzwischen alle Personen von Rang ein­gefunden, die am Zuge selbst nicht teilgenommen hatten. An den Thoren des wunderbaren Baues waren die Mitglieder desHeiligen Synod" und der Klerus aufgestellt, um das Kaiserpaar und die Kaiser-Witwe mit Weihwasser und unter dem Ge­sang des Palmsonntag-Canons zu begrüßen. 85 Kanonenschüsse verkündigten der Stadt den Augen­blick der Begrüßung des Kaiserpaares an der Pforte der Krönungskirche der Zaren und der Begräbnis­stätte der russischen Patriarchen. Das Kaiserpaar und die Kaiserin-Witwe verneigten sich vor den Re­liquien und küßten die heiligen Bilder. Inzwischen hatten sich die Hofwürdenträger in doppelter Reihe aufgestellt, um dem Kaiserpaare auf dem Wege von Uspansky-Kathedrale nach der Roten Treppe voran­zuschreiten. Das Kaiserpaar, die Kaiserin-Witwe, das Gefolge und die auswärtigen Fürstlichkeiten begaben sich sodann nach der Erzengel Michael-Ka­thedrale, wo der Erzbischof von Nischny-Nowogorod mit Kreuz und Weihwasser den Zug erwartete. Der nächste Gang galt der Verkündigungs-Kathedrale, wobei der Erzbischof von Moskau dem Zuge vor­anschritt. In allen Kathedralen wurden Dank-Got­tesdienste anläßlich der glücklichen Ankunft des Kai­serpaares abgehalten. Nachdem dasselbe durch den obersten Hofmarschall an der Roten Treppe mit Salz und Brot begrüßt worden war, zogen das Kaiserpaar und die Mitglieder des kaiserl. Hauses in den Kreml, wobei 101 Kanonenschüsse diesen Augen­blick in der ganzen Stadt kundgaben.

Seit langem giebt es für die Pforte keine Ruhe mehr. Bald ist es Makedonien, bald Armenien, bald Kreta, das ihr das Leben sauer macht. Eben gewinnt die Lage auf Kreta wieder einen bedrohlichen Charakter. Auch hier, wie in Armenien ruht ja die Agitation von außen nicht, um die durch die un­zweifelhaften Mißstände der Verwaltung bestehende Unzufriedenheit und Mißstimmung der Bevölkerung nach Kräften zu nähren. Was die Lage auf der Insel wieder verschlimmert hat, ist die Vertagung des kretensischen Landtages. Damit ist auch das Reformwerk vertagt. Sollte sich die Mitteilung be­stätigen, daß die türkische Regierung die Verhängung des Belagerungszustandes beabsichtigt, um die Er­bitterung der Christen wegen der Vertagung nieder­zuhalten, dann könnte die Situation acut werden; ein allgemeiner Aufstand stünde dann zu befürchten.

Aus Massaua wird gemeldet, das Kriegsgericht das über General Baratieri zu urteilen habe, sei bereits gebildet. Den Vorsitz führe General Elmayo. Baratieri habe den Hauptmann Cantoni als Ver­teidiger gewählt. Sitz des Kriegsgerichts werde wahrscheinlich Adikaje sein. _

Kletttrre MitteNnngr«.

Besigheim, 24. Mai. In dem benachbarten Löchgau starb letzten Sonntag unerwartet rasch der Bäckermeister Scholl nach einem vorausgegangenen Zwiste mit seinem 23jährigen Sohne. Auf erfolgte Anzeige beschäftigte sich heute das Gericht mit dieser Angelegenheit, und nach er­folgter Sektion des Leichnams wurde der Sohn des Ver­storbenen hierher in Haft gebracht.

Vom Bodensee, 24. Mai. In Stockach hat der ledige, 32 Jahre alte Buchhalter Schmid mit einem Re­volverschuß seinem Leben ein Ende gemacht. Der junge Mann war ein vorzüglicher Gesellschafter und überall be­liebt. Um so unerklärlicher erscheint der Selbstmord, den niemand dem lebensfrohen, mit unverwüstlichem Humor begabten, fleißigen Mann zugetraut hätte.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen

Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.