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wirklich nicht existieren könne, dann verdiene er gar nicht zu existieren. Die Zustände in Belgien beweisen, wohin man ohne soziale Reformen komme. Merbach (freikons.) bestreitet, daß die Kinderarbeit entbehrlich sei. Sachs. Bundesbevollmächtigter Graf Hohenthal weist die Behauptung Schmidts zurück, daß im Königreich Sachsen die Ausbeutung der Kinderarbeit am ärgsten sei, und erklärt, daß die sächsische Regierung zu sozialen Reformen jederzeit bereit sei, aber gerade gegen die weitere Beschränkung der Kinderarbeit schwere Bedenken trage. Meister (soz.) bringt Fälle zur Sprache, in denen bei der Kinderarbeit in Fabriken selbst die bisherigen gesetzlichen Beschränkungen nicht eingehalten werden. Völlige Beseitigung der Kinderarbeit sei eine not­wendige Forderung, um einen gesunden Arbeiterstand zu erhalten. Miguel will für die Kommissionsanträge, soweit sie sich auf die Kinderarbeit beziehen, stimmen. Es sei bedauerlich, daß die Regierung sich an den Arbeiten in der Kommission so wenig beteiligt habe. Der Antrag der Kommission wurde angenommen. Nächste Sitzung Freitag.

Dem Bundesrat ist der Gesetzentwurf, betreffend die Anwend­ung abgeänderter Reichsgesetze aus landesgesetzliche Angelegenheiten Elsaß- Lothringens zugegangen. Der einzige Paragraph des Gesetzes lautet: Durch kaiserliche Verordnung kann mit Zustimmung des Bundesrats an­geordnet werden, daß eine durch Reichsgesetz erfolgte Abänderung reichsgesetz­licher Vorschriften, welche in Elsaß-Lothringen als Landesrecht gelten, für Elsaß-Lothringen landesrechtliche Anwendung finden soll. In der Verordnung ist zugleich der Zeitpunkt festzusetzen, von dem ab die Veränderung in Wirk­samkeit tritt."

Gcrges-Weuigkeiterr.

(Amtliches.) Bei der am 2. Mai und den folgenden Tagen bei der K. Regierung für den Schwarzwaldkreis vorgenommen niederen Dienst­prüfung im Departement des Innern ist u. a. Kandidaten zu Uebernahme der in § 7 der K. Verordnung vom 10. Februar 1837 bezeichnten Aemter für befähigt erklärt worden: Herion, Julius, von Calw.

Ludwigsburg, 8. Juni. Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm begab sich gestern zu Wagen nach Stuttgart, um sich nach seiner Abwesenheit in Nachod bei Seiner Majestät dem König zu melden und hie­rauf die übrigen Mitglieder des Königlichen Hauses zu begrüßen.

Asperg, 8. Juni. In dem zu hiesiger Gemeinde gehörigen Oster­holzwalde, im sogenannten Forchenschlag, hat man vor 8 Tagen angefangen, Ausgrabungen von alten Grabhügeln vorzunehmen. Diese Ausgrab­ungen werden von Oberförster Fribolin aus Bietigheim geleitet, der in den letzten Tagen 14 Arbeiter dazu aufgeboten hat. Schon am zweiten Tage ergaben sich ganz merkwürdige Funde. Unter einer alten Eiche stieß man auf die Ueberreste eines mächtigen Skeletts, wahrscheinlich Frauenskeletts mit Schädel, Unterkiefer und guterhaltenen Zähnen. Neben diesem Skelett lag ein großer Halsung, ein Armring und zu Füßen desselben ein weiterer Ring. Ebenso fand sich dort ein weiteres Geschmeide, ein Ohrschmuck, vor. Dem Vermuten nach sind die Ringe und das Geschmeide aus Broncegold. Der Durchmesser des bloßgelegten Grabeshügels mißt 14 Meter. Die Ausgrab­ungen sind zur Stunde noch nicht beendet. Man hofft auf weitere Gräber und Funde zu stoßen. In der Nähe befinden sich im Osterholzwäldchen noch mehrere Hügel, die bis 2 Meter hoch sind. Vermutlich hat man es hier mit allemannischen Reihengräbern zu thun, doch wird sich der Verständige, Landeskonservator Finanzrat Dr. Paulus, der eingeladen worden ist, die Funde in Augenschein zu nehmen, des näheren darüber auszusprechen.

Eßlingen, 8. Juni. Heute wurden die ersten einheimischen Kirschen zu Markt gebracht, sie kamen von Hegensberg und wurden zu 50 per Pfund verkauft. Prestlinge und Erdbeeren von Mettingen präsentierten sich in einladenden Exemplaren und der Gemüsemarkt war übersetzt.

Hohenheim, 7. Juni. Auf der am 9. d. Mts. in Frankfurt

a. M. zur Eröffnung gelangenden landw. Ausstellung wird auch das Institut Hohenheim vertreten sein. AlL Ausstellungsobjekte sind bereits von hier ab­gegangen: 11 Stück Vieh Onginal-Simmenthaler Schlags (Farren, Kühe und Rinder), Produkte des landw. Versuchsfeldes, sowie eine Sammlung landw. Insekten. Außer von der Mehrzahl der Professoren und Beamten des Instituts wird die Ausstellung von einer großen Zahl von Studierenden besucht werden, welch letztere teilweise von hier abgereist sind. Die Vor­lesungen an der Akademie werden über die Dauer der Ausstellung ausgesetzt. Im Anschluß an die Ausstellung wird unter Leitung der Profeffmen Strebe! und Sieglin mit einer größeren Anzahl von Studierenden eineMihrt in die Wetterau behufs der Besichtigung einiger größerer Güter daselbst veranstaltet werden. Nachdem das neue Gartenbauschulgebäude fertig gestellt ist, können auf 1. Okt. d. I. außer den bisher aufgenommenen 6 Zöglingen noch weitere Aufnahme finden. Letzteres erscheint als sehr wünschenswert, da bisher wegen Raummangels vielfach Gesuche um Aufnahme in die Gartenbauschule ab­schlägig beschießen werden mußten. Am 5. ds. Mts., gegen abend, trat hier ein wolkenbruchartiger Regen ein, der nahezu eine Stunde andauerte und einzelne Wirtschaftshöfe teilweis unter Wasser setzte; die Seemühle war auf drei Seiten ganz von Wasser umgeben, die Brücke über die Kölsch war nicht mehr gangbar.

Wöllstein, OA. Aalen, 6. Juni. In vergangener Nacht brach in dem Hause des Alois Schreckenhöfer Feuer aus, welches sehr schnell um sich griff, auch die danebenstehenden Scheuer des Jakob Auchter erfaßte und beide Gebäude total zerstörte. Elfterer konnte bei dem raschen Verlauf des Brandes nur wenig, letzterer gar nichts retten. Der Feuerwehr gelang es, die Weiterverbreitung des Feuers auf die sehr bedrohten Nachbixr- gebäude zu verhüten.

Besigheim, 5. Juni. Gestern holte ein junger Bürger aus deni nahen Hessigheim auf dem Bahnhof hier ein Faß voll Latrine mit seinem mit zwei Kühen bespannten Wagen. Es war schon dunkel, als er damit durch die Stadt fuhr. An den hiesigen Wurmbergen angekommen, scheuten die Kühe, wichen aus dem Geleise, die Hinteren Räder rutschten über die Böschung hinab, zogen die vorderen samt dem Gespann rasch nach und der Eigentümer mußte sehen, wie seine wertvollen Tiere mit dem Wagen in dem hoch angeschwollenen Neckar augenblicklich verschwanden. (Nach einem anderweitigen Bericht hat der Bauer, dessen Name Hänger er ist, bei seinen Bemühungen, dis beiden Tiere auf der Straße zu halten, mehrere Verletzungen an Hand und Finger erlitten. Die Tiere wurden am Sonntag bei Neckarwestheim tot aus dem Neckar gezogen.)

Mannheim, 7. Juni. Heute nachmittag ereignete sich in der Villa der Frau L. Hierselbst ein beklagenswertes Unglück, dem zwei Menschenleben zum Opfer fielen. Der in der Villa bedienstete Gärtner Singer wollte aus der Dunggrube einen Korb Dung holen und stieg mittelst einer Leiter in die Grube hinab. Sein langes Verweilen bewog den in der Nähe arbeiten­den Hauskutscher Gittermann, gleichfalls in die Grube hinabzusteigen. Auch er kam nicht wieder zum Vorschein, und ein Diener des Hauses schickte sich an, die Verschwundenen in der Grube zu suchen. Ec war schon im Begriffe, die Leiter hinabzusteigen, als er dis Ursache des Verschwindens der beiden anderen Personen ahnte, und nachdem er (halb ohnmächtig) wieder zurückgeklettert war, setzte er das Haus in Alarm. Aber erst nach 1'/Mil­biger Arbeit gelang es, die Verunglückten heraufzuholen. Leider blieben alle Wiederbelebungsversuche erfolglos; der in der Grube angesammelte Stickstoff hatte die Beiden getötet. Beide Verunglückte waren verheiratet und hinter- laffen 5 resp. 7 Kinder.

Gottesdienste am Sonntag, den 12. Jurn 1887.

Vom Turme: Nro. 285. Vormittagspredigt: Hr. Dekan Berg. Christenlehre mit den Söhnen. Bibelstunde um 2 Uhr im Vereinshaus: Hr. Helfer Braun. _

Oottesäienste in äer Metboäistenkapekke am Sonntag, den 12. Juni 1887.

Morgens 9 Uhr, abends 8 Uhr.

Sie müssen's nur geschickter machen. Damit Sie aber Courage kriegen, will ich Ihnen ^ etwas verraten. Gestern Abend ist sie in ihrem Zimmer am Kamin eingeschlafen, und wie ich hinüber- komm' wisse» Sie, was ich da gehört Hab? Jetzt kommen Sie einmal her, ich will's Ihnen ins Ohr sagen ....Ich bin Ihnen ja gut, Robert" .... Na, was sagen Sie dazu? Bei ihr klingt's noch netter, als bei mir."

Feriregg trat dicht vor sie er atmete schwer und richtete seine Augen for­schend nach den ihren.

Das ist die Wahrheit, Baronesse?"

Mein heiliges Ehrenwort."

Dann lassen Sie mich!"

Fast sinnlos stürzte er nach dem Ausgang, schob den Riegel zurück und eilte über den Korridor.

Das Kammermädchen trat eben aus der Thüre.

Bitten Sie Ihre Herrin, mir nur einen Augenblick Gehör zu schenken!"

Er trat in den Salon und da kam ihm auch schon Johanna entgegen. Sie war bleicher als gewöhnlich und sah ihn verwundert an.

Er stürzte auf sie zu und faßte ihre Hand.Johanna lassen Sie mich nicht so gehen sagen Sie, daß Sie mich lieben!"

Sie fuhr mit der Hand nach dem Herzen nach der Stirne. Dann wankte sie und sank auf einen Stuhl.

Um Gotteswillen ich werde Ihr Mädchen nifen."

Lassen Sie es das geht vorüber es ist schon vorüber. Ich habe diesen Augenblick gefürchtet nun ist er doch gekommen ... Ich wollte fliehen, mich in die Einsamkeit vergraben warum Hab ich es nicht früher gethan! . . ."

Warum wollten Sie es thun?" fragte er zärtlich.

Tie wies seine Hand zurück und lud ihn ein, Platz zu nehmen.

Warum?" Sie barg ihr Gesicht in den Händen und ihr Körper zitterte

wie von einem Fieberfrost durchwühlt.Weil ich krank bin," sagte sie dann und die Worte entrangen sich ihr wie ein schmerzlicher Aufschrei.

Sie 'werden gesunden."

Nein es ist nicht möglich. Bisher fiel es mir nicht ein, daß all diese Krankheit seit ein paar Tagen kommen mir solche Gedanken. Vielleicht irre ich mich es verdient nicht, Krankheit genannt zu werden aber es erfüllt mich so ganz, durchdringt meine Seele so tief, daß ich es nie, nie überwinden werde.

Und deshalb wollen Sie wollen Sie sich nie vermählen?"

Ja. Ich weiß nicht, warum ich auf die Männer solche Anziehungskraft aus­übe. Ich bemühe mich nicht um sie, ich scherze nicht, ich schmücke mich nicht, ich bin sogar schroffer, als es in meinem Wesen liegt. Und doch! Ich achtete bisher wenig darauf da kam der Tod des Rittmeisters von Rifka mein Vormund hat mir schon davon erzählt und auch von dem Gerede, das sich daran knüpft."

Und deshalb wollen Sie Einsiedlerin werden?"

Nein, Herr Graf. Ich habe mich um das Geschwätz dieser Leute nie ge­kümmert. Aber ich sah plötzlich ein Bild, das mich erschreckte, das.mich furchtbar traf. Ich sagte mir: Wäre es nicht möglich, daß es einmal so geschehen könnte, daß sich ein Mann Deinethalben ums Leben brächte? Einer dieser Gecken gewiß nicht, aber ein ernster Mann, ein Mann, dessen Tod auf Dir lasten würde wie ein furchtbarer Fluch. Das peinigte mich, ängstigte mich ich habe zwei Nächte nicht geschlafen, so daß ich gestern müde über der Arbeit in Schlummer sank. Endlich gestern Abend da kam es mir wie eine Eingebung. Du mußt fort, muß Dich in der Einsamkeit verbergen!" Und jetzt kommen Sie, Herr Graf" sie faltete die Hände und sah ihn bittend anhaben Sie Mitleid mit mir, versprechen Sie mir, ruhig hinzunehmen, was einmal unabänderlich ist."

Er sah mit finsterem Blicke zu Boden und sein bleiches Gesicht zeigte den Ausdruck herben Schmerzes. Nach einer Weile sah er auf und reichte ihr die Hand, die sie jetzt annahm.

(Fortsetzung folgt.)