Mo. 63.

62. Jahrgang

Amts- unä

Intekkigenzökatt ^ür äen Aezir^.

Erscheint Fienstag, Z»o««erstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile im Bezirk, sonst 12

Donnerstag, äen 2. Juni 188?.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

Amtliche Wekarrntmcrchungen.

Die A«she-««g -er Militärpflichtige« i« Calw

findet am 8. Juli 1887 statt, was gemäß H 68, Ziffer 6 der Ersatzordnung hiemit bekannt gemacht wird.

Den 28. Mai 1887. " K. Oberamt.

S-üpper.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirt­schaft und des K. Statistischen Landesamts, betreffend die Aufstellung und Verbreitung von Witterüngsausstchten.

Die von ver meteorologischen Zentralstation Stuttgart täglich je für den folgenden Tag aufgestellten und ausgegebenen Witterungs-Vorhersagen werden mit höherer Ermächtigung auch im Sommer 1887 Meder für die vier Monate Juni bis September auf Kosten der Zentralstelle für die Land­wirtschaft alsbald nach Hohenheim und in die Oberamtsstädte derjenigen landwirtschaftlichen Vereine, welche die Zusendung gewünscht, sowie eine Kontrolle der Vorhersagen eingerichtet haben, telegraphisch befördert und dort durch Anschlag an geeigneter Stelle veröffentlicht werden.

Außerdem können diese täglichen Witterungsvorhersagcn, welche von der meteorologischen Zentralstation unentgeltlich abzugeben sind, auch von Gemeinden, Korporationen, Vereinen und Privatpersonen mittelst des Tele­graphen gegen eine vom Empfänger zu bezahlende ermäßigte Gebühr direkt bezogen werden, in welcher Beziehung das K. Ministerium der AusMirtigen Angelegenheiten, Abteilung für Verkehrsanstalten, Folgendes festgesetzt hat:

Die täglichen Witterungstelegramme werden wie dringende Privattele­gramme behandelt und haben daher den Vorrang vor anderen Privattele­grammen ; sie genießen im Monats-Abonnement eine Ermäßigung von 40»/g der einfachen, für das einzelne Telegramm nach seiner Wortzahl sich ergebenden Taxe, im vierteljährlichen Abonnement eine solche von 50»/o mit der weiteren Maßgabe, daß wenn die einzelnen täglichen Witterungstelegramme (einschließlich der Adresse) nicht mehr als 8 Worte enthalten, diefeste vorauszubezahlende Abonnem-'ntsgebühr beträgt:

für 1 Monat 10

1 Vierteljahr 24 >

jeden weiteren Monat 8

Für jedes weitere Wort, welches die einzelnen^ stelegramme über 8 haben sollten, ist die gewöhnlrche tarifmäßige Geb 5 L nach­zubezahlen. Nach den bei der meteorologischen Zentral, etroffenen

Anordnungen wird übrigens dieser Fall nur selten eintreten.

Gesuche um telegraphische Beförderung der täglichen W Vorher­sagen gegen ermäßigte Abonnementsgebühr sind durch Vermittle tächst-

gelegenen Telegraphenamts bei der K. Generaldirektion der Posten und Tele­graphen anzubringen.

In Stuttgart werden die Witterungsvorhersagen nebst der ihre Be­gründung enthaltenden Wetterkarte wie bisher an verschiedenen Stellen an­geschlagen.

Wird von Einzelnen der Bezug einer Wetterkarte gewünscht, so kann auf ein an die meteorologische Zentralstation Stuttgart gestelltes Ansuchen die Zusendung alsbald auf Kosten des Empfängers erfolgen.

Stuttgart, den 24. Mai 1887.

K. Zentralstelle für die Landwirtschaft. K. Statistisches Landesamt.

Für den Präsidenten: Für den Direktor:

Schittenhelm. Hartmann.

'Politische Wcrchvichten.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 27. Mai. Die zweite Kammer hat heute das zwischen der württembergischen Regierung und dem Reich getroffene Abkommen über die Herstellung der beiden im Interesse der Landesverteilung zu bauenden Bahnlinien Crailsheim-Eppingen (zweites Geleise) und Sigmaringen-Tuttlingen einstimmig genehmigt. An der erstgenannten Strecke trägt das Reich 5,575,360 M an den Kosten bei, während auf Württemberg 1,393,840 ^ kommen. An den Kosten für Tuttlinaen-Sigmaringen beteiligt sich das Reich mit 7,506,900 <M, Württemberg mit 4,625,000 Preußen mit 500,000 Wie schon im Reichstag, so kam auch in der Württembergischen Kammer zur Sprache, ob nicht an Stelle des zweiten Geleises (Crailsheim-Eppingen) eine Parallelbahn durch das eisenbahnlose Kocherthal gebaut werden könne von Eckartshausen über Münzelsau nach Kochendorf. Der Minister v. Mittnacht wies diesem Ansinnen gegenüber darauf hin, daß es bei der Dringlichkeit der Sache der württembergischen Regierung nicht mehr anheim- gegeben war, ihrerseits Vorschläge zu machen, und daß von zuständiger Stell? betont worden sei, eine zweigeleisige Bahn sei für militärische Massentrans­porte wegen ihrer zulässigeren Betriebsleistung stets zwei eingeleisigen Bahnen vorzuziehen. Gegen die Kocherthalbahn spricht auch, daß sie circa 23 Millionen Mark kosten würde, während das zweite Geleise Crailsheim-Eppingen nur auf 6,969,200 komme. Das Abkommen wegen der Linie Tuttlingen- Sigmaringen bemängelte als einziger der Frhr. Edmund v. Ow, welcher die Beitragsleistung Preußens zu gering fand und bedauerte, daß Baden, dessen Territorium auch berührt wird, gar nichts zahlt. Man hätte das Reich bauen lasten sollen. Dem letzteren Einwand gegenüber hob Minister v. Mittnacht, die Reichseisenbahnfrage streifend, hervor, daß es für Würt­temberg von Bedeutung sei, den Betrieb der Bahn selbst in die Hand zu nehmen, und was die Beitragsleistungen anbelangt, so sei daran zu erinnern,

Jeirilleton. .>

In sLKZ-is.

Novelle von Wolfgang Brachvogel.

(Fortsetzung.)

Des Junkers Diener war indessen abgestiegen und hatte die Pfer.e an einen niedrigen Buchenast gebunden; er stand laut klagend und jammernd daneben, so daß Herr Giedde ihm zornig zu schweigen befahl. Die Wunde war an sich nicht gefährlich, das hatte der Oberjägermeister sofort erkannt, trotzdem sah er sehr finster aus, als er sich aufrichtete und fragte:

Wie bringt man den Junker am besten nach Gieddesborg?"

In der Hürde müssen Tragen sein, auf denen wir das dürre Laub und Stroh fortzuschaffen pflegen."

Besorge eine", befahl Herr Giedde,aber schnell, wir haben keine Zeit zu ver­lieren und müssen mit dem Verwundeten im Schloß sein, ehe er wieder zu sich ge­kommen ist."

Nach wenigen Minuten ging der traurige Zug den Waldweg entlang der Burg zu, kein Mensch dachte mehr an die Pferdediebe.

Herr Giedde hatte eine Fackel genommen und schritt leuchtend vorauf; dann winkte er des Junkers Diener zu sich und fragte:

Wo wollt Dein Herr denn bei so später Zeit noch hin?"

Ach'" jammerte der arme Mensch,ich habe es dem Herrn Jägermeister ja immer gesagt, daß es nicht gut enden würde."

Antworte auf meine Frage", herrschte Herr Giedde gereizt,wo Ihr hinwolltet."

Nach Gieddesborg, Herr."

Nach Gieddesborg?" wiederholte Herr Giedde erstaunt,zu mir?"

Nein, Herr."

Nun denn zu welchem Zwecke!"

Mein Herr ritt oft bei Nacht hinüber", entgegnete der Diener.

Und Du hast ihn immer begleitet?"

Ja."

So weißt Du auch, weshalb er den Ritt unternahm?"

Bei der Hürde stieg er meist ab, gab mir sein Pferd zu halten und hieß mich warten."

Nach dem Schlosse zu." »

So?"

Was er da trieb, weiß ich nicht, aber einmal habe ich die Pferde angebunden und bin ihm nachgeschlichen; da setzte er sich auf einen Stein und starrte immer nach den Schloßfenstern hinüber. Wie aber Alles dunkel geworden war, stand er auf, seufzte und ging langsam zu den Pferden zurück."

Herr Giedde blickte den Burschen forschend an.

Weshalb glaubst Du wohl, that der Junker das?"

Ja, gestrenger Herr", meinte er verlegen,ich erzählte meiner Großmutter davon; die ist des Herrn Jägermeisters Pflegerin gewesen, und die sagte, das wäre Liebe, und die vornehmen Junker hätten die Gewohnheit, sich bei Nacht unter die Fenster der Geliebten zu stellen und ein Lied zu singen sie nennten dasStändchen" ich habe den Herrn Jägermeister aber nie singen hören."

Hat der Junker mit Deiner Großmutter nie davon gesprochen?"

O wohl, aber die Alte erzählte mir nichts, und wenn ich sie danach fragte, schalt sie mich neugierig."