abend war dieser „schwarze" Tag, an welchem einzelne Börsen, darunter Frankfurt, Berlin und Wien, Kursstürze von einer Vehemenz zu verzeichnen hatten, wie sie bisher nur in Zeiten schwerer Krisen erlebt worden sind. Die düsteren Berichte aus Konstantinopel, London und Paris, wo eine völlige Panik herrschte, bewirkten, daß ein Ausverkauf um jeden Preis stattfand. Am schlimmsten ging es in Wien zu. Der Wiener Börse gebührt der traurige Ruhm, allezeit, an guten wie an bösen Tagen, an der Spitze der Exzesse zu marschieren. Am Sonnabend wurden dort die Effekten einfach verschleudert und die Früchte einer jahrelangen Entwickelung gingen oft zwischen zwei Schlüffen in Rauch und Flammen auf. In einzelnen Papieren wurden 50, ja 100 fl. vom Kurs herunterlizitiert, ohne daß sich Käufer für dieselben gefunden hätten. Angstverkäufe und Exekutionen wechselten miteinander ab und das panikartige Ausgebot machte nach den vorliegenden Berichten einen geradezu unheimlichen Eindruck.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 13. Nov. Bei der heutigen wiederholten Bürgermeisterwahl erhielt Dr. Lueger 92 Stimmen, 45 Stimmzettel waren leer. Lueger erklärte die Wahl anzunehmen, worauf der kaiserliche Kommissar Fribeis namens des Statthalters die Auflösung des Gemeinderats aussprach.
Wien, 13. Nov. Vom Rathause begaben sich etwa 80—100 Menschen unter Hochrufen auf Dr. Lueger zur Hofburg, wurden aber von der Burg- wache zurückgehalten. Einzelnen gelang es, durch eine Seitenthür in das Innere der Hofburg zu kommen, wo sie durch die Leibgardeinfanterie aufgehalten und hinausgewiesen wurden. In der Hofburg wurden keinerlei Rufe laut.
Belgien-Holland.
Brüssel, 14. Nov. Das Blatt „Peuple" teilt mit, es seien ihm aus Stuttgart von der Vereinigung der Mechaniker 1000 ^ für die Ausständigen in Gent zugegangen.
Frankreich.
Paris, 13. Nov. Die Blätter äußern sich fortdauernd pessimistisch über den Ausgang der morgen stattfindenden Debatte über das Anarchistengesetz, Der „Figaro" meldet, der Ministerpräsident Bourgeois habe aus dem geheimen Fonds, die ihm zur Verfügung ständen, 50,000 Fr. entnommen und diese den ausständigen Arbeitern in Carmaux zugehen lassen.
um ihnen zu ermöglichen, ihr Ziel: „Die Glasfabrik den Glasarbeitern" zu erreichen.
Paris, 14. Nov. Die Einwohner von Moucean haben gestern 100 Fässer Zuckerwein eingeschlagen und den Inhalt derseben auf die Straße laufen lassen, um gegen das Gesetz, welches die Fabrikation von Zuckerwein gestattet, zu protestieren. Die Untersuchung hierüber ist eingeleitet worden.
England.
London, 12. Nov. AusKonstantinopelwird gestern gemeldet, daß die Finanzlage noch unbefriedigend sei. Das Börsengeschäft sei fast ganz eingestellt. Einige kleinere Banken mißbilligen das Moratorium. Die Lage in Kleinasien sei fortdauernd sehr ernst; neue Unruhen werden aus Marasch und Bitlis gemeldet. Das in Zeitun garnisonie- rende türkische Bataillon hat mit Waffen und Munition kapituliert. Die armenischen Aufständischen halten die Kaserne besetzt.
Türkei.
Konstantinopel, 11. Nov. In Houzan sind die Drusen im Aufstand begriffen. Wie verlautet, ziehen sie in Stärke von 12 000 Mann gegen die Muhammedaner. Auf ihrem Zug hätten sie bisher zwei Dörfer niedergebrannt. Zur Bewältigung der Aufständischen wurden in aller Eile türkische Truppen an den Schauplatz beordert, und gleichzeitig wurde die Einziehung der Landwehr verfügt.
Konstantinopel, 14. Nov. Der Sultan befahl, daß alle während der anatolischen Wirren Verwundeten und Beschädigten auf Staatskosten genährt und einlogiert werden sollen, bis die Situation wieder friedlich ist. Die Witwen und Waisen der Gefallenen erhalten eine Staatspension.
Kleinere Mitteilungen.
Herrenberg, 13. Nov. In einer der letzten Nächte wurde der auf dem Grabe des verstorbenen Bankkassiers Klaiber befindliche Grabstein von unbekannter Hand demoliert. In dieser Rohheit vermutet man einen Racheakt eines oder mehrerer Bankmitglieder, welche beim Bankkrach Verluste gehabt haben. Nach dem Thäter wird gefahndet.
Söflingen, 12. Nov. Ein hier wohnhafter, verheirateter Taglöhner sprang gestern abend auf dem Heimweg von Ulm in die Blau und fand den gesuchten Tod. Er soll in Begleitung eines in Ulm arbeitenden Lehrlings den Weg hieher angetreten und diesen sogar eingeladen haben, das kühle Bad mit ihm zu teilen, worauf der erschrockene junge Mensch schleunigst reißaus nahm und den Selbstmörder seinem Schicksal überließ. Der Leichnam des Lebensmüden wurde gestern früh aus dem Wasser gezogen und in das Spital nach Ulm verbracht.
Stuttgart, 13. Nov. Der Bazar zu Gunsten des Neubaues der St. Eberhardskirche, der gestern nachmittag eröffnet wurde, erzielte dem „D. Volksbl." zufolge gleich am ersten Tage einen ansehnlichen Erfolg. Es betrugen die Einnahmen am Entree 459 Gesamteinnahmen 9002 ^ Hievon entfallen auf Einnahmen am Tisch des königlichen Hauses 800 ^ Gräfin Zichy erzielte den höchsten Erlös an ihrem Stande mit über 1100 ^ Die Zahl der Verkaufs- und Vergnügungsstellen im Bazar ist 35.
Göppingen, 10. Gestern Abend hat sich^auf dem hiesigen Bahnhof beinahe ein Unglück ereignet. Als die Briefträger mit ihrem Postwagen das Geleise überschritten, kam eine Rangier-Maschine daher gefahren, ohne daß die Briefträger sie jedoch hörten. Im kritischen Augenblick konnte jedoch noch der Vorderste von seinen Kameraden zurückgezogen werden, so daß die Maschine nur den Wagen erfaßte und ihn zertrümmerte.
Göppingen, 13. Nov. Am Martinimarkt kam es abends in der Wirtschaft zur Stadt Reutlingen zu Händeln zwischen Handwerksburschen und Stromern, wobei einer derselben, angeblich ein Schneider seines Zeichens einen Stich in die Brust erhielt, der lebensgefährlich ist; er wurde ins Krankenhaus verbracht. Der Verletzte war kurz zuvor aus dem Amtsgerichtsgefängnis entlassen worden. Der Thäter, ein schon vielbestrafter Mensch, ist entkommen; man ist ihm aber auf der Spur.
Gaildorf, 13. Nov. Im obern Rotthal überflutet die Roth Wiesen und Felder und hat durch ihr plötzliches Anschwellen an den Mühlen und Sägwerken Schaden angerichtet. In Hausen a. d. R. riß sie das erst im vorigen Jahren mit großen Kosten neu erstellte Wehr weg. Vergangene Nacht hatten wir wolkenbruchartigen Regen.
Leutkirch, 12. Nov. Eine unverhoffte Rechnung über die Sedanfeier wurde nachträglich der hiesigen Stadrge- meinde präsentiert. Am Vorabend genannten Tages wurde nämlich auf einem Grundstücke eines hiesigen Oekonomen von seiten der Stadt ein Freudenfeuer abgebrannt. Von der zurückgebliebenen Asche, welche, wie die chemische Untersuchung ergab, schwefelsaures Salz enthielt, leckten die auf der Weide befindlichen Kühe des besagten Oekonomen, infolgedessen 6 Stück verendeten und einige erkrankten. Der Eigentümer machte eine Schadensforderung von 2000 ^ geltend, während die bürgerlichen Kollegien in ihrer letzten Sitzung nur 1200 ^ bewilligten, so daß der nicht uninteressante Fall voraussichtlich auf dem Rechtswege seine Entscheidung finden wird.
Dieser Tage erschien in deutschen Blättern die Nachricht, daß dem Grafen Dürkheim auf der Strecke Köln—Aschaffenburg Juwelen im Wert von 10000 ^ gestohlen wurden; zwei Tiroler Reisende seien des Diebstahls dringend verdächtig. Einer davon, Namens Seekircher aus Hart (Zillerthal), wurde nun in Bozen verhaftet; der zweite, Peter Eder, soll von Innsbruck nach Wien geflohen sein.
Dürkheim, 11. Nov. Bei einem Personenzuge versagte heute Morgen die Luftbremse. Der Zug fuhr gegen eine Mauer; die Lokomotive und mehrere Wagen wurden zertrümmert. Viele Personen trugen Verletzungen davon.
Hiezu das Unterhaltungsblatt Nr. 46 u. 1 Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.
Stadtgemein-e Nagold.
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In den Distrikten Lemberg und NMillberg, Abt. ' Molde, Kazen- steig, Kreuztanne, " Hirschsulz, Buch- schlägle,Ärunnen- häule, Buttenmühle, Stellesbuckel, Dreispiz und Buch kommen am
Dienstag den 19. Wovör.
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Gemeinderat.
Haiterbach.
Farren-Verkauf.
Aus dem hief. städtischen Farrenstall kommt am Montag den 18. Nov. 1895,
vorm. 11 Uhr, ___
ein fetter, zum Schlachten tauglicher Farren zum Verkauf, wozu Liebhaber eingeladen werden.
Den 14. November 1895.
Stadtpllege: Knorr.
Amtliche und Privat-Bekanntmachungen.
Die Oberamtssparkafse Nagold
hat fortwährend
Gelder
auch in größeren Beträgen ansznleihen.
Zur Zeit beträgt -er Zinsfuß bei Beträgen über 2000 Mark
Den 15. November 1895.
M Dr DSM G
StadtschultyM Arodveck.
Km 1. Januar 18S6
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