gestimmt. Besonders kennzeichnend ist, daß der Beobachter erst vor einigen Wochen noch dem bis­herigen Abgeordneten das wohlverdiente Zeugnis seiner Unabhängigkeit und seiner Fähigkeit, einen Sitz im Parlamente auszufüllen, ausgestellt hat. Wir denken, die Wähler des VII. Reichstagswahl­kreises werden sich an dieses Lob, das Herrn v. Gültlingen selbst von seinen Gegnern gespendet wird, erinnern, und wie bisher mit großer Mehrheit auch am 12. November wieder ihre Stimme abgeben für den seitherigen Reichstagsabgeordneten.

Stuttgart, 8. November. Seine Maje­stät der König haben am 7. d. Mts. aller­gnädigst zu genehmigen geruht, daß aus Staats­mitteln der Betrag von 30000 Mk. zur Unter­stützung der im Jahr 1895 durch Hagelschlag beschädigten bedürftigen Einwohner, insbeson­dere der Oberamtsbezirke Calw nnd Nagold, verwendet und der Zentralleitung des Wohl- thäügkeitsvereins zur thunlichst raschen, be­stimmungsgemäßen Verteilung zugewiesen werde. Die Gewährung staatlicher Unter­stützung für die Hagelbeschädigten des Landes rechtfertigt sich mit Rücksicht darauf, daß durch das Balinger Ueberschwemmungsunglück die Privatwohlthätigkeit stark in Anspruch genom­men wurde und deshalb die freiwilligen Gaben nicht so reichlich flössen, als es ins­besondere den schwer heimgesuchten Oberamts­bezirken Calw und Nagold zu gönnen gewesen wäre. Für die Landwirte aber werden die Hagelschläge dieses Jahres eine Mahnung sein, der nunmehr staatlicherseits erleichterten Hagelversicherung beizutreten; denn für die Zukunft wird der Staat eben mit Rücksicht auf diesen Umstand kaum mehr in der Lage sein, bei Hagelschaden unmittelbar helfend einzutreten.

Berlin, 7. Nov. Die Vereidigung der Re­kruten fand heute vormittag in Anwesenheit des Kaisers um 11 Uhr statt. Die Vereidigung er­folgte brigadeweise. Nach der Vereidigung hielt der Kaiser eine Ansprache, in welcher er hervorhob, daß die Rekruten nunmehr durch den Eid der Armee angehören und besonders der Ehre eingedenk sein sollen, der Garde anzugehören. Sie sollen vor allen Dingen auf Gott vertrauen und auf Wahrung der eigenen Ehre achten und sollen treu zu Kaiser und Vaterland stehen, sei es gegen den äußern oder gegen den innern Feind. Nach der Ansprache brachte General Winterfeld ein dreifaches Hurrah auf den Kaiser aus. Darauf folgte der Vorbeimarsch der Truppen, sowie die Ab­bringung der Fahnen nach dem Schloß.

Die Konferenz zur Beratung einer Revision des Alters- und Jnvaliditätsgesetzes hielt am Mittwoch ihre 3. Sitzung im Reichsamt des Innern! ab. Die Sonderberatung der Vorlage wurde weiter'

fortgesetzt, indem in dieser Sitzung 20 Bestimmungen des Entwurfs durchberaten wurden. Diese Beratung nimmt darum so viel Zeit in Anspruch, weil auch die Paragraphen des' alten Gesetzes, in dem das Reichsamt des Innern keine Abänderungen vorge­schlagen hat, zur Erörterung gestellt werden. Der neue Entwurf faßte allein 162 Paragraphen. Wie ein Berichterstatter hört, war der Vorschlag auf Be­seitigung des Markensystems gemacht worden. Man glaubt jedoch, daß die Mehrheit sich für diesen Vor­schlag nicht aussprechen wird, namentlich tritt man dem Gedanken, die Arbeiter zu sogen. Staatspensio­nären auf Kosten der Steuerzahler zu machen, ent­gegen. Erst nach Beendigung der Sonderberatung über diese Vorlage wird auf die Frage nach Ver­schmelzung oder Vereinfachung der Arbeiterversiche­rungsgesetze zurückgegriffen werden. Nach der »Frkf. Ztg." beschäftigte sich die Kommission an ge­nanntem Tage in langer Debatte hauptsächlich mit der Frage der Berechnung des Lohnsatzes, nach welchem die Versicherungspflicht auferlegt werden und das Jnvalidenrecht eintreten soll. Es trat die Ansicht hervor, daß die Altersrente überhaupt zu beseitigen sei, daß man nur die Jnvaliditätsrente beibehalte, daß aber als Invalide anzusehen sei, der das 70. Lebensjahr erreicht hat. Weiter beriet man über die Mehrleistungen, zu denen die Versicherungsanstalten jetzt schon berechtigt sind. Es liegen Anträge vor, die die Versicherungsanstalten zur Erhöhung der Renten berechtigen sollen.

Berlin, 9. Nov. Aus Wien wird demB. T." gemeldet: Die Antisemiten verbreiteten das Gerücht, die Stellung des Statthalters Grafen Kielmannsegg sei wegen der Unterredung desselben mit Dr. Lueger erschüttert.

Bulgarien.

Sofia, 5. Nov. Die Taufe des Prinzen Boris, die nun als beschlossene Thatsache gelten kann, hat die hiesige innere Lage außerordentlich günstig be­einflußt. Die Regierung hat nach den Erklärungen der einflußreichen Abgeordneten der Sobranje nun "eine sichere Mehrheit von 100110 Stimmen, und die Stellung Stoilows wie des gesamten Kabinets ist sehr gefestigt.

England.

London, 6. Nov. Die Zersetzung der Anti- Parnelliten-Partei schreitet weiter. Die Führer liegen sich wieder einmal recht tapfer in den Haaren. Tim Healy, der kühnste und rücksichtsloseste unter ihnen, den Viele als den auserwählten Nachfolger Parnells betrachten, ist für den Augenblick der von den Mac Carthyanern Ausgestoßene, als Verräter Gebrand­markte. Der nominelle Führer der Nation, Justin Mal Carthy, hat nämlich in einem Manifest an das irische Volk seinen Bannstrahl gegen Healy geschleudert und ein antiparnellitisches Meeting zu Draperstown (Grafschaft Derry) denVerbrecher" Heals in Acht erklärt. Als Ankläger und Henker traten Dillon und William O'Brien auf. Wirklich belustigend war dabei die Behauptung Dillons,Jrrland vergesse nie !die bittere Lehre, daß es nichts erringen könne, so 'lange es in feindliche Parteien gespalten fei." Dass

Meeting erbrachte in drastischer Weise den Beweis, daß diese Lehre unbeherzigt geblieben ist.

Rußland.

Petersburg, 10. Nov. Der türkische Gesandte in Persien hat im Auftrag seiner Regierung den Zaren gebeten, die Einfuhr von Waffen in die asia­tische Türkei zu verbieten.

Kleiner» Mitteilungen.

Horb, 8. Nov. Die gestrige Amtsversammlung wählte Werkmeister Benzler aus Calw zum Oberamtsbaumeister für den Bezirk Horb mit 20 Stimmen; Werkmeister Döser- Nagold erhielt 7 Stimmen und der seitherige Oberamts­baumeister Lang, dem gekündigt wurde, sich aber wieder als Kandidat meldete, 1 Stimme.

Leonberg, 6. Nov. Die bis heute für die hiesigen Abgebrannten eingelaufenen Gelder beziffern sich außer Naturalien, Bett- und Kleidungsstücken auf über 28 000 Das Forsthaus wurde vergangene Woche von den Abge­brannten bezogen; 11 Familien fanden dort Unterkunft.

Stuttgart, 6. Nov. Ein Postdieb, welcher in letzter Zeit auf dem hiesigen Postamt eine Anzahl eingeschriebener Briese unterschlagen hat, soll dabei in seinen Erwartungen getäuscht worden sein, indem ihm nur etwa 600 in die Hände fielen.

Backnang, 7. Nov. Vollständig zusammengestürzt ist heute früh nach 4 Uhr ein erst vor wenig Jahren her- gestellter Neubau derUnteren Fabrik" (vereinigte Leder­fabrik des Landtagsabgeordneten Karl Käß), welcher in seinen unteren Räumen der Lederfabrikation diente und in dessen großen Dachräumlichkeiten Rinden aufbewahrt wur­den. Nur die angrenzende Lohmühle blieb unversehrt. Als ein Glück ist es zu bezeichnen, daß der Zusammenbruch bei Nacht erfolgte, denn von 6 Uhr ab standen jeden Tag ca. IS Arbeiter in diesem Teil der Fabrik an der Beschäf­tigung. Vorerst ist noch nicht ermittelt, aus welcher Ur­sache der Zusammensturz erfolgte; zu leichte Dachkonstruktion wird vielfach vermutet. (Schw. B.)

Gerabronn, 7. Nov. Die in hiesiger Gemeinde in letzter Woche veranstaltete Hauskollekte für die Hagelbe­schädigten Calw-Nagold hat den schönen Ertrag von 176 Mark ergeben.

Rotterdamm, 7. Nov. Die Regierung hat die Aus­lieferung des flüchtigen Bankiers Bingen an Italien'ge­nehmigt.

Rotterdamm, 6. Nov. Heute wurde das Urteil des Gerichtshofs wegen des Zusammenstoßes derElbe" und derCrathie" gefällt, und zwar wurde dieCrathie" als der alleinschuldige Teil erklärt. Die Eigentümer der Crathie" wurden nach dem Verhältnis ihrer Anteile ver­urteilt und die Beschlagnahme derCrathie" bis zur er­folgten Zahlung als zulässig erklärt.

Landwirtschaft, Handel L Berkehr.

IDM Für die Personenposten zwischen Haiter- bach nnd Nagold-Bahnhof ist in Nagold-Stadt am Marktbrunnen gegenüber dem Gasthof zurPost" eine Haltestelle errichtet. An der Haltestelle darf nur angehalten werden, wenn Reisende ein- oder anssteigen wollen, ein längerer Aufenthalt darf nicht entstehen, auch dürfen die Laderäume des Kurswagens nicht geöffnet werden.

-s- Haiterbach, 7. Nov. Am heutigen Jahrmarkt war der Vieh- und Schweinemarkt nur schwach befahren und war daher der Handel nicht von großem Belang. Milch­schweine wurden von 816 abgesetzt. An den Krämer­ständen machte sich seitens des Publikums der Geldmangel be- merklich. Auf den Flachsmarkt war ein großes Quantum preiswürdiger Ware gebracht worden. Da aber die Käufer zu niedere Preise offerierten, so blieb vieles unverkauft. Die erzielten Einnahmen bewegten sich zwischen 80 und 90 Pfennig das Pfund. _

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaijer'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.

W i l d b e r g.

Kottannenzapfen-

Werkauf.

Die hiesige Gemeinde verkauft am nächsten

Mittwoch den 13. November, morgens 8 Uhr,

den heurigen Ertrag an Tannenzapfen auf dem Rathaus, wozu Liebhaber ein­geladen werden.

Waldmeisteramt.

Einen Leonberger-

Hund

Isi- Jahr,

und einen

Rattenfänger

1-r Jahr alt, hat sofort zu verkaufen. Wer? sagt die Redaktion.

Amtliche und Prirmt-Lekanntmachungen.

Im Namen des Königs.

In der Strafsache

gegen den am 21. Februar 1855 zu Neckarsulm geborenen in Wildberg wohn­haften verheirateten Sägmühlbesitzer

Emil Viktor Brunner

wegen Beleidigung, Körperverletzung und Bedrohung hat das König!. Schöffen­gericht zu Nagold in der Sitzung vom 24. Oktober 1895 für Recht erkannt!

Der Angeklagte wird wegen je eines Vergehens der Beleidigung, Körper­verletzung und Verbrechensbedrohung zu der

Geldstrafe von Hundert Mark

zur Tragung der Kosten des Verfahrens und zur Entrichtung der Gerichtsge­bühr verurteilt.

Diese Abschrift beglaubigt und die Rechtskraft des Urteils bescheinigt

Gerichtsfchreiberei K. Amtsgerichts:

D e s ch n e r.

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Nagold.

4»« Mark

werden gegen Stellung eines Züchtigen Bürgen u. Selbst- lzählers für einen pünktlichen fZinszähler aufzunehmen ge­sucht durch Den 11. Nov. 1895.

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