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Amts- und Intelligenz-Vlsü für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag 5. Hlovemöer
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Amtliches.
C a l w.
Krkarrntrnachirng. betreffend die Ermittlung des Rrichstagswahlergebnijses.
Es wird hiemit zur Kenntnis der Wähler des VII. Wahlkreises gebracht, daß die Ermittlung des Ergebnisses der am 12. d. Mts. stattfindenden Reichstagswahl am
Samstag den 16. Nov. d. I-, vorm. 8s/s Uhr, auf dem Rathause in Calw vorgenommen wird, wobei der Zutritt zu dem Lokal jedem Wähler offen steht (ß 26 des Wahlreglements vom 28. Mai 1870.)
Den 1. November 1895.
Wahlkommissär:
Voelter, Oberamtinann.
Nagold.
Die Ortsbehörden
derjenigen Gemeinden, welche aus Anlaß des Notstands im Jahr 1893 ihren notleidenden Angehörigen zum Ankauf von Futter. Sämereien und Dünger aus eigenen Mitteln Vorschüsse und Darlehen unverzinslich oder gegen eine Verzinsung von höchstens 1"/» gegeben haben, werden unter Bezugnahme auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 1. Oktober d. Js., Miuist.-Amtsbl. S. 377, veranlaßt, die aufzustellenden Liquidationen nebst Belegen behufs Erlangung des Staatsbeitrags zu dieser Zinseinbuße bis spätestens 1. Januar 1896 hieher vorzulegen.
Der Staatsbeitrag wird für die entsprechende Zeit auch dann gewährt, wenn gegen einen höheren Zinsfuß als 1°/» an notleidende Landwirte seitens der Gemeinden Darlehen abgegeben worden sind, aber durch nachträgliche Beschlußfassung der Zins auf mindestens 1°/« ermäßigt worden ist.
Die Zinseinbuße der Amtskorporation von den an Gemeinden des Bezirks unverzinslich abgegebenen Notstandsdarlehen wird von der Amtspflege liquidiert.
Die örtlichen Darlehenskassen-Vereine sind auf Ziffer 3 des angeführten Ministerial-Erlasfes aufmerksam zu machen.
Den 1. November 1895.
K. Oberamt. Vogt.
Die Ortsbehörden für die Arbeiterversicherung
werden mit Bezugnahme auf den Minist.-Erlaß vom 17. Oktober 1892 (Min.-A.-Bl. S. 462) an die baldige Einsendung der in den Monaten August, September und Oktober ds. Js. im Wege des Umtausches abgegebenen alten Quittungskarten bezw. an die Erstattung von Fehlanzeigen erinnert.
Nagold, den 4. November 1895.
K. Oberamt. Vogt.
Dr. Bornitz, Unterarzt der Landwehr 1. Aufgebots vom Landwehrbezirk Calw, Dr. Schaufler Unterarzt der Reserve von demselben Landmehrbezirk, wurden zu Assistenzärzten 2. Klasse befördert.
Landrichter Velin in Tübingen wurde zum Staatsanwalt an dem Landgericht Tübingen ernannt.
Hages-Weuigketten.
Deutsches Reich.
! Nagold, 3. Nov. Das Wahlkomite der schwäb. Polkspartei hatte auf heute die Wähler eingeladen zu einer Wahlversammlung in die alte „Sautterei". Daß bei weitem nicht die Mehrzahl der Anwesenden demokratisch gesinnt war, bewies der Verlauf der Versammlung. Fabrikant Karl Reichert führte den demokratischen Kandidaten
ein. Mit wenigen Worten umschrieb dieser selbst fein Programm. Man bekam den Eindruck, daß Herr Kandidat Fritz Schuster ein biederer Landwirt, Müller und Bierbrauer sein könne, im übrigen seinen starken Rückhalt werde suchen müssen an der Partei und den Rednern hinter und vor ihm. Verblüffend wirkte nur ein Satz in feiner kurzen Rede anläßlich der Staffeltarife: „Wir in Württemberg werden von Preußen behandelt nicht wie ein Bruderstamm, sondern wie eine unterjochte Provinz." Und das nach 1870! — Als Hauptredner war der in weiten Kreisen als brillanter Redner bekannte Herr Konrad Haußmann, Rechtsanwalt aus Stuttgart, erschienen. Er sprach 2sts Stunden. Leute, welche eine Beredsamkeit der Art noch selten gehört haben, müssen ein Vergnügen daran finden, auch einmal zu hören, wie man die Wähler über alles Mögliche und — Unmögliche, unterhalten kann, so daß man keine Langeweile bekommt und schließlich gar nicht mehr weiß, um was es sich denn eigentlich handelt. Von Hrn. v. Gült- lingen, dem Kandidaten der nationalen und staatserhaltenden Parteien, war im Grunde weniger die Rede als von Herrn v. Hammerstein, den kein Mensch hier wählen will, von Stöcker, von Majestätsbeleidigung (was hier auch nicht vorkommt), vom württ^ Landtag, Hegelmaier u. a. Das Schlimmste, was Herrn v. Gültlingen vorgeworfen wurde, war, daß er von Adel sei und auf dieses Geburtsrecht nicht freiwillig verzichte. Daß er am 10. März 1893 für Reform einer Militärstrafprozeßordnung auf Grund des öffentlichen und mündlichen Verfahrens im Reickstag als Redner eingetreten sei, konnte auf Vorhalt nicht geleugnet werden. Zum Schluß wandte sich Redner in dichterischem Schwung an die Nagolder, sie möchten den demokratisch-freiheitlichen Gedanken auch zum Durchbruch bringen, wie in Hirsau der junge, schöne Baum die Decke des Klosters durchbrochen habe. Schade, daß dem Redner sofort erwidert werden mußte, daß nicht die Ulme, sondern die — Franzosen einst das Dach dort abgedeckt haben! — Von dem, was die Wähler in unseren ländlichen Verhältnissen am allermeisten bewegt und bedrückt, von der wirtschaftlichen Not der Landwirtschaft und des Gewerbes sprach Herr Haußmann keine Silbe. Darauf kam dann in sehr verständlicher, zu Herzen gehender Weise Landtagsabgeordneter und Redakteur Schrempf zu reden. Er hatte sich auf Einladung verschiedener Bürger zur heutigen Versammlung eingefunden. Die Demokratie sei, sagte er, im Grunde ihres Herzens freihändlerisch und gegen den Zollschutz der Produkte des Bauern und Gewerbetreibenden. Herr v. Gültlingen sei für den Schutz der Landwirtschaft eingetreten. — Herr Fabrikant Schaible gab kurz und eindrucksvoll namens der national fühlenden Bürgerschaft die Erklärung ab, daß die Wähler des Hrn. von Gültlingen mit ihm als einem überaus fleißigen, gewissenhaften, volksfreundlichen und erfahrenen Vertreter des Wahlkreises durchaus zufrieden seien und daß sie treu bleiben werden. Prof. Wetzel verlas noch aus dem „Beobachter" Nro. 177, 31. Juli d. I. das Zugeständnis der demokratischen Presse: „Im Landtag galt Freih. von Gültlingen immer als einer der wenigen Privilegierten die noch die Selbständigkeit der Ueberzeugung entschieden vertreten u. s. w." Zugleich berichtigte er die Behauptung der Demokratie, daß die meisten Angehörigen der Reichspartei, der Hr. von Gültlingen angehört, „Adelige" wären, dahin, daß thatsächlich unter 28 Mitgliedern 7 Adelige und 21 Bürgerliche
seien. Endlich bat er noch um Ausschluß über die Richtigkeit einer in einem zufällig im Lokal befindlichen Flugblatt stehenden Notiz: es gehören dem engeren Ausschuß der schwäbischen Volkspartei 8 Advokaten und 5 Juden an. Hr. K. Haußmann konnte und wollte diese Zahlen nicht leugnen. — Im ganzen verlief die Versammlung ziemlich ruhig. Der Wahlkampf wird ein harter werden. Möge jeder nach Pflicht und Gewissen bei der Abstimmung handeln und erfüllt sein von der Gesinnung, der Herr Karl Reichert in dankenswerter Weise dahin Ausdruck gab: „Es lebe das Vaterland," wir fügen noch etwas deutlicher hinzu: „Das deutsche Reich!"
Nagold, 3. Nov. (Einges.) Heute mittag um 1 Uhr brachte ein Feuerreiter von Jselshausen die Nachricht, daß bei Herrn Schlossermeister Hetzer Feuer ausgebrochen sei. Dasselbe brach in einen, Schuppen aus und teilte sich der daran gebauten Scheuer mit. Der rasch herbeigeeilten Feuerwehr und den fleißigen Wasserträgerinnen gelang es, das Feuer ohne fremde Hilfe zu löschen. Die Scheuer ist nur wenig beschädigt, dagegen sollen aber sehr viel Vorräte an Frucht verdorben worden sein. Das Feue^ soll durch spielende Kinder entstanden sein.
^ Zwerenberg. (Korr.) Unser Jünglingsverein feierte am letzten Montag sein 25jähriges Jubiläum; das war ein Freudentag für uns und die ganze Gemeinde. Die 3 früheren Pfarrer, die den Verein von seiner ersten Zeit an geleitet, waren sämtlich erschienen. Vom Turm blies der Posaunenchor „Nun danket alle Gott rc."; und die Kirche füllte sich mit Zuhörern wie an einem Sonntag. Zuerst h.elt der eigentliche „Vater" des Vereins, Pfarrer Schmid, jetzt in Schwenningen, eine Begrüßungsansprache. Seit der Zeit, sagte er u. a., da er als junger Mann hier thätig gewesen, sei eine ganz neue Generation herangewachsen. Aber daß die Söhne der damaligen Jünglinge und Vereinsmitglieder jetzt zum Teil gleichfalls dem Verein angehören, sei doch eine Freude. — Pfarrer Scholl von Teinach, der 12 Jahre hier gewesen ist, predigte sodann über Psalm 24. Es sei unter der konfirmierten Jugend das eigene Fragen nach Gott so selten, und doch führe nur dieses Fragen zu ihm hin. Jünglingsvereinsmitglieder müssen fragende Leute sein, trotz des Spottes anderer. — „Lobe den Herrn meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes gethan hat," so rief uns zum Schluffe noch Pfarrer Müller zu, der jetzt in Aldingen ist und in der Reihe der Vereinsleiter der zweite war. Er legte uns das Wachsen am Geist in dieser dahinrinnenden Lebenszeit ans Herz, weil nur dann unser Leben einen Wert habe. — Nach der kirchlichen Feier versammelten sich die früheren und jetzigen Vereinsmitglieder, die aus Nagold, Altensteig und anderen Orten herbeigekommenen Gäste sowie etliche Väter der Jünglinge zur Nachfeier im Pfarrhaus. Hier wurde in verschiedenen sich folgenden Reden die Geschichte des Vereins von seiner Geburt bis zum heutigen Lebenstag uns vorgeführt. Manches Auge sah man glänzen bei den „Alten", die einst treu zum Verein hielten und teilweise noch heute zu ihm stehen. Für Leib und Geist gab's Erfrischungen. Als ein Höhepunkt wird dieser Tag in unser aller Erinnerung dastehen, und wir faßten den festen Entschluß, auch in Zukunft in unserem Verein den ererbten Geist der Liebe zu Gottes Wort, des brüderlichen Verkehrs untereinander und der harmlosen Fröhlichkeit weiterzupflegen.
Freudenstadt, 2. Nov. Auch unsere Skadt ist nunmehr in das württembergische Telephonnetz