Rumänien.

In Rumänien steht eine Ministerkrise bevor. Noch bei der feierlichen, unter Teilnahme des ganzen Landes kürzlich erfolgten Einweihung der Donau- brück, schien inucrhalo des Kabinetts alles eilet Friede und Freundschaft; über 'Nacht aber hat man auf einmal euideckl. daß innerhalb der Regierungspartei Meiuungsverschiedenheilen herrschen, welche für den Fortbestand einer auf der Programmbasis des gegen­wärtigen Kompromiß-Ministeriums Cartargiu-Carp gebildeten Parlamentsmajorität keine sonderlich gün­stige Aussicht darböten. Dabei ist durch eine dem Ministerium ungünstige Stellungnahme eines Teiles der Konservativen wieder bei dem Domänenminister Carp und seinen Anhängern, den Junimisten, die Ueberzeugung hervorgerusen, daß die gegenwärtige Situation auf die Dauer nicht mehr haltbar sei, und demgemäß bei ihnen der Entschluß zur Reife gebracht worden, selbst einen Regierungswechsel her­beizuführen. Demgemäß haben der Ackerbauminister Carp, der Finanzminister Germani und der Justiz­minister Marghiloman den Rücktritt des gesamten Kabinetts verlangt und für den Fall der Ablehnung ihres Antrags ihr Ausscheiden aus dem Ministerium angekündigt. Ein am 4. d. M. abgehaltener Minister­rat beschloß jedoch, dem Wunsch des Königs, daß die Regelung der Situation bis nach der Beendigung der Manöver vertagt werde, zu entsprechen.

Türkei.

Konstantinopel, 9. Okt. Der Unterstaatssek­retär im Ministerium des Aeußern, Artin Dadian- Pascha, welcher selbst ein Armenier ist, wurde am 6. d. M. beauftragt, die Stimmung der armenischen Bevölkerung zu beruhigen. Seine. Mission, die in drei Kirchen geflüchteten Leute zum Verlassen der­selben zu bewegen, ist gescheitert. Seit dem 7. ds. sind die Zugänge der Kirchen gesperrt. Niemand darf ein- und ausgehen. Die letzte Nacht, sowie der heutige Tag verliefen ohne Zwischenfall. Die außerordentlichen Polizeimaßregeln wurden unter dem Beistände des Militärs aufrecht erhalten. Das Stadtbild ist mit Ausnahme einiger gesperrter ar­menischer Geschäfte unverändert. Nur der Geschäfts­gang leidet unter der Aufregung. Die Betroffenen sind gegen die daran die Schuld tragenden Armenier aufgebracht.

Sämtliche Botschafter in Konstantinopel haben der Pforte anläßlich der Straßenexzesse eine Verbalnote zugehen lassen, deren Worlaut jetzt be­kannt wird. Es heißt darin: Da die Botschafter befürchten, daß eine Fortdauer derartiger Ausschrei­tungen zu einer Gefahr für die öffentliche Sicher­heit werden könnte, glauben sie die ernsteste Auf­merksamkeit der Kaiserlichen Regierung auf diese Zustände lenken zu müssen und ihr zu raten, die notwendigen Maßregeln zu ergreifen, damit unnötiges Blutvergießen verhütet werde. Die Note gilt nicht als eine Ermutigung der Armenier, sondern als den Schutz der Christen und fremden Staatsangehörigen bezweckend.

Kleirrere Mitteilungen.

Freudenstadt, 9. Okt. Gestern Nachmittag brannte in Oberiflingen, OA. Freudenstadt, das Wohnhaus und die Scheuer des Bauern Fischer daselbst vollständig nieder. In Folge der hohen Lage von Oberiflingen war der Brand weithin sichtbar.

Langenbrand, OA. Neuenbürg, 7. Okt. Während eines heftigen Sturmes brach heute nacht im Hause des Stiftungsvflegers Rentschler Feuer aus, welches trotz sofortiger Hilfe durch die Feuerwehr bei dem herrschenden Wassermangel nicht bewältigt werden konnte und das Haus vollständig einäscherte. Bei dem bedeutenden Flugseuer war für die teilweise noch mit Schindeln gedeckten Nach­barhäuser große Gefahr; viele Nachbarn haben daher ihre Mobilien geflüchtet; es gelang aber der Feuerwehr, die ge­fährdeten Häuser zu retten. Brandstiftung liegt unzweifel­haft vor; ein junger Mensch ist bereits als verdächtig an das Amtsgericht abgeliefert worden.

Tübingen. In der Nacht vom 10. auf 11. v. M. wurde der Musketier Eisenmann der 10. Compagnie be­wußtlos und mit Blut bedeckt am Holzmarkt liegend auf­gefunden. Sein Seitengewehr war ihm entrissen. Die an- gestellten Erhebungen haben zur Ermittlung des Thäters in der Person eines hiesigen Weingärtners geführt und ergeben, daß der Musketier ohne Veranlassung seinerseits überfallen und mißhandelt worden ist.

Sulz a. N., 8. Okt. Die Grabungen an dem auf der Güldenhalde gelegenen römischen Castell gehen in den nächsten Tagen zu Ende. Dieselben wurden unter Leitung des Herrn Prof. l)r. v. Herzog in Tübingen, welcher als Stellvertreter seinen Sohn Hern vr. pkil. R. Herzog dazu gesandt hat und Herr Prof. Hettner, Trier, der die Absteckungs­und Nivellierungsarbeiten leitet, in Angriff genommen. Die Bermessungsarbeiten besorgt Herr. Kat. Geometer in Obern­dorf. Bis jetzt ist der größte Teil der Umfassung des ehe­maligen Lagers freigelegt.

Ebingen, 9. Okt. Bei dem von den Rekruten üblichen Umgang in der Stadt haben dieselben, 24 an der Zahl, von der hies. Einwohnerschaft die ansehnliche Summe von 1407 ^ erhalten. Ein schreckliches Unglück soll gestern Vormittag in Meßstetten vorgekommeu sein. Ein ca. 4 Jahre alter Knabe kam dem Getriebe einer Dreschmaschine zu nahe, wurde erfaßt und schrecklich zugerichtet. Ein Arm und ein Fuß sind zerschmettert. (Heute früh ist der Knabe seinen schweren Verletzungen crlegen.)

Stuttgart, 9. Sept. Bei der PfedelbacherZiehung fiel der 1. Gewinn auf Nr. 65 641 nach Dornstetten, der 2. auf Nr. 7857 nach Ravensburg an Leimgruber, der 3. auf Nr. 8422 an Schweickert hier, der 4. auf Nr. 43 484 an Eberhard Fetzer hier, der 5. auf Nr. 60 279 nach Ulm an G. Schmid.

Eglosheim bei Ludwigsburg, 9. Okt. Als Kuriosum sei hier verzeichnet, daß ein auf hiesiger Markung stehender Birnbaum über 20 Zentner Weinmannsbirnen geliefert hat. Der Baum repräsentiert zu den heurigen Preisen die Zinsen von über 2000 ^ Kapital. Drum gilt immer noch der alte Spruch:Im kleinsten Raum Pflanz' einen Baum Und pflege sein. Er bringt dir's ein!"

Saulgau, 9. Okt. Bei dem gestern mittag hier durch Hr. Landesoberstallmeister v. Hofacker oorgenommenen Fohlenankauf zu Remontezwecken wurden ca. 30 Tiere vor­geführt, von welchen 4 Stück 24jährig zu 7800/L an­gekauft wurden.

Pforzheim, 5. Okt. Von der badischen Bergstraße wird berichtet: Verschiedene Fabriken unserer Gegend haben die gewöhnlichen Zahltage von Samstag auf Dienstag verlegt, welche Thatsache besonders von den Arbeiterfrauen als nachahmenswert bezeichnet wird; denn die Männer kämen Sonntags viel eher nach Haus, besonders aber seien seit der bezerchneten Neuerung dieblauen Montage" viel seltener geworden.

Villingen, 9. Okt. Was im Künstlerleben nicht alles Vorkommen kann! Produziert sich da hier am Samstag und Sonntag eine Tiroler Sängergesellschaft. Mit großem Bei­fall werden die Jodler und die Schnadahüpfeln vom Publikum entgegengenommen, denn es harmoniert alles prächtig. Er und sie in flottem Tirolerkostüm sind in Gesang und Liebe vereint und niemand denkt daran, daß diesem harmonischen Zusammenwirken ein Ziel gesetzt werden könne. Da plötzlich kommt ein Herr aus Mannheim und beansprucht die Tiro-! lerin als sein Eigentum. Es ist seine ihm angetraute und ! plötzlich verschwundene Gattin. Der Tiroler ist aus der. Schweiz und soll dort Familie haben. Beide wurden ver­haftet. (Schw. B.) ;

Freiburg, 7. Okt. Wegen unrechtmäßiger Benutzung eines Kilometerheftes hatte sich vorgestern ein junger Mensch zu verantworten. Derselbe nahm das Heft seines Vaters, l machte Radierungen und trug 700 Kilometer nach von denen I

er 670 Kilometer durch Spazierfahrten abfuhr, bis der Schwindel herauskam und der erst 18jährige junge Mann abgesaßt wurde. 2 Monate Gefängnis war die Strafe für diesen leichtfertigen «treich.

Mühlhausen, 7. Oll. lieber einen Mordversuch, welcher gegen Mittag von einem brotlos gewordenen Arbeiter, namens Mayer, an dem Fabrikanten Henri Schwarz gemacht wurde, herrscht hier große Empörung. Der Ar­beiter war seit Mai aus der Fabrik entlassen, es liegt somit offenbar ein Racheakt vor. Herr Schwarz ist schwer durch einen Revolverschuß im Unterleib getroffen. Der Mörder flüchtete sich auf die Wiese neben dem Neubau und jagte sich dort eine Kugel durch den Kopf; auch er ist schwer verletzt und wurde in das Hospital geschafft. Fabrikant Schwarz konnte noch zu Wagen nach Hause fahren. Die Schwarzsche Wollfabrik war die einzige, in welcher die Arbeiter unlängst nicht streikten. Fabrikant Schwarz und sein Mörder Mayer sind in der Nacht beide gestorben.

Laibach, 9. Okt. Heute nacht 12 Uhr 10 Min. erfolgte ein unterirdisches Getöse, dem ein starker Erdstoß folgte. Im Laufe der Nacht bis zum Morgen folgten weitere Erdstöße.

Landwirtschaft, Handel L Verkehr.

t. Altensteig, 9. Okt. Der heute hier abgehaltene Viehmarkt war zwar gut befahren mit Vieh und auch von Viehhändlern und Kaufsliebhabern stark besucht; dagegen war im Handel eine allgemeine Flauheit zu bemerken. Solche Marktbesucher, die ihre dem Verkauf ausgesetzten Biehstücke vielfach vor nicht gar langer Zeit um teures Geld gekauft hatten, konnten sich nicht dazu verstehen, dieselben um die niedrigen Angebote, die ihnen gemacht wurden, zu ver­äußern; und die Kaufsliebhaber verhielten sich äußerst zurück­haltend, weswegen im ganzen nur wenig Kaufschläge er­folgten. Noch weniger Leben als im Handel auf dem Viehmarkte konnte man auf dem Schweinemarkt wahrnehmen. Die Auswahl der zu Markt gebrachten Schweine war zwar eine reichhaltige. Aber wer glaubte, für ein Paar Milch­schweine 2024 ^ zu lösen, mußte froh sein, wenn ihm 16 o/stl, ja 12 bis zu 8 ^ geboten wurden. Das Paar Läufer wurde von 3045 ^ abgegeben. Diese geringe Nachfrage nach Schweinen bei dem starken Angebot hat darin seine Ursache, daß Heuer eben die Kartoffelernte viel­fach äußerst mager ausfiel.

In 32 Weinorten des Remsthals mit einem Gesamt­erzeugnis von 48 400 bi, in 17 Weinorten der Bezirke Cannstatt und Stuttgart Stadt mit einem Gesamter­zeugnis von 22 000 bi und im Stadtgemeindebezirk Eßlingen mit einem Quantum von 3000 bl beginnt die allg. Wein­lese am 14. Oktober.

Scheppbach, 9. Okt. Käufe von 165, 170, 175 und 180 ^ per 3 bi Wein. Ziemlich Vorrat. Käufer erwünscht.

Weinsberg, 9. Okt. Rotwein 185, 190, 195 Weißwein 172180 ^ per 3 bi. Noch viel Vorrat. Preise gehen zurück. Käufer erwünscht.

Willsbach, 9. Okt. Weinpreise heute 185187 für gemischtes Gewächs. Lese in vollem Gang. Qualität prima. Viel Vorrat.

Flein, 8. Okt. Weinlese gestern begonnen, Qualität sehr gut. Käufe zu 195205 ^ p. 3 bi. Noch ziemlich feil.

Lauffen a. N., 8. Okt. Weinpreise per 3 bi 180, 185, 190, 194 und 200 . /L Qualität vorzüglich, Quantität schlägt vor, noch großer Vorrat.

Kirchheim a. N. Weinpreise gesunken auf 183, 185, 190, 193 p. 3 bi. Noch großer Vorrat bester Weine, welche sofort gefaßt werden können.

Heilbronn, 10. Okt. Bei gutem Wetter geht die Lese des Frühgewächses sehr lebhaft von statten. Nach der Qualität gehört der heurige Wein zu den besten des Jahrhunderts, Klevner 96 Grad nach Oechsle, 22°/o Zucker, 8°/o Säure, schwarz Riesling 97 Grad nach Oechsle, 21°/ Zucker, 7,5"/o Säure, das Verhältnis also sehr günstig. Die Grad-, Zucker- und Säurebestimmungen sind das Ergebnis einer Untersuchung von Dr. Gantter beim stüdt. Unter­suchungsamt. Die Quantität schlägt vor, Vorräte sehr bedeutend, deshalb Käufer erwünscht. Weihes Gewächs und Trollinger wird unmittelbar nach dem Frühgewächs gelesen. Einige Käufe wurden zu 185200 ^ pr. 3 bi abgeschlossen.__

Hiezu das Unterhaltungsblatt Nr. 41 u. eines Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiferffchen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.

^mMche Md MMt-MlüMtmachüMklu

Nagold.

Bekanntmachung.

Der von den Gemeindekollegien unterm 4. Mai 1892 beschlossene und seinerzeit 4 Wochen öffentlich aufgelegene Entwurf betreffend

Ortsbauftatntarische Vorschriften über die Ableitung des Abwassers in die städtischen Kanäle

wurde zufolge Erlasses des K. Ministeriums des Innern vom 27. Sept. 1895 durch Beschluß 9. d. Mts. in

Ziffer I., II., IV., VIII.

geändert und damit auch der § 3 der Ortsbaustatuten vom 8. Juli 1876 aufgehoben.

Diese Aenderungen sind vom 14. d. Mts. an eine Mache lang auf dem Rathaus zur Einsicht aufgelegt.

Einwendungen gegen dieselben sind innerhalb dieser Frist bei dem Orts­vorsteher schriftlich einzureichen oder zu Protokoll zu erklären.

Den 10. Oktober 1895.

Htadlfchiiltheißrimmt: Lrodbeck.

Nagold.

Allgemeine Fortbildungsschule.

Die neue allgemeine Fortbildungsschule, welche an Stelle der bisherigen Sonntagsschule tritt, beginnt für die Söhne am kommenden Montag den 14. Oktober, abends fts8 Uhr, in den Schullokalen des Herrn Hang (jüngere) und des Herrn Kleiner (ältere Abteilung), für die Töchter am kommenden Mittwoch, nachmittags ^2 Uhr. Zum Besuch sind sämtliche Söhne und Töchter, bis zum 16. Lebensjahr gesetzlich verpflichtet, soweit erstere nicht die Latein- und Realschule besucht haben oder die freiwillige gewerbl. Winterabend­schule besuchen. Bemerkt wird, daß der Besuch des Zeichenunterrichts nicht vom Besuch der allgemeinen Fortbildungsschule dispensiert. Verantwortlich für den Schulbesuch sind die Eltern, Lehrmeister und Dienstherrschaften, welche daher die Pflichtigen zu pünktlichem und regelmäßigem Besuch anzuhalten haben. Es wird noch angefügt, daß sämtlichen Fortbildungsschülern der Wirtshaus­besuch gesetzlich verboten ist.

Nagold, 10. Oktober 1895.

K. Ortsschirlinspektorat: Dieterle.