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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Mrramts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Don­nerstag und Samstag, und kostet viertel- jährl. hier (ohne Trägerlohn) 80 I, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1.20 ^ Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Samstag 5. Hktoöer

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1895.

Bestellungen

auf den

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nimmt jede Postanstalt und die Postboten entgegen.

Amtliches.

Sekanntmachirrrg,

betr. die Einrichtung einer Rotgerberei.

Der Rotgerber Theodor Alber in Ebhausen beabsichtigt in einem an dem Gebäude Nro. 118 in Ebhausen neu zu erstellenden Werkstätteanbau eine Rotgerberei einzurichten.

Dies wird mit dem Anfügen bekannt gemacht, daß Einwendungen gegen das Unternehmen binnen

14 Tagen bei der Unterzeichneten Stelle anzubringen sind.

Nach Ablauf dieser Frist können Einwendungen in dem Verfahren nicht mehr angebracht werden.

Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne sind auf der Oberamtskanzlei zur Einsicht aufgelegt.

Nagold, den 2. Oktober 1895.

K. Oberamt. Schöller, A.-V.

Die neuerrichtete Stelle eines evangelischen Schulin­spektors in Eßlingen wurde dem Pfarrer Schütz in Ober- jesingen, Dekanats Herrenberg, unter Verleihung des Titels eines Schulrates mit dem Range auf der VII. Stufe über­tragen.

Hages-Meuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold, 4. Okt. Auf unsere in letzter Nro. d. Bl. gebrachte Notiz wegen der Annahme einer Kandidatur für die bevorstehende Reichstagswahl, teilt uns Landgerichtspräsident Frhr. v. Gültlingen soeben mit, daß er eine diesbezügliche Erklärung noch nicht abgegeben habe.

(. Nagold, 4. Okt. Wie man unter der Hand vernimmt, soll bei verschiedenen Mitgliedern der Finanzkommission der Kammer der Abgeordneten der Gesetzentwurf betr. die Weiterbildung der direkten Staatssteuern in Württemberg keine besonders freund­liche Aufnahme zu gewärtigen haben. Bemängelt wird vor allem die Bestimmung des Entwurfs, daß die Steuerprogression bei Einkommen von mehr als

15 000 ^ aufhören solle. Es ist nun freilich nicht zu leugnen, daß verhältnismäßig wenig Personen in Württemberg ein Einkommen von über 15000 ^ haben; aber es ist nicht erfindlich, warum man nun gerade diese sehr reichen Leute von der Progression ausnehmen sollte und der Betrag der von ihnen durch die Progression mehr bezahlt werden müßte, dürfte nicht gering sein. In Preußen geht die Progression ohnehin bis zu 100000 ^ Jahreseinkommen und soweit sollte man in Württemberg allermindestens auch gehen. Bemängelung findet ferner die Auf- rechlhaltung einer besonderen Gewerbesteuer neben der Einkommensteuer. In den Thüringischen Staaten besteht neben der Einkommensteuer keine besondere Gewerbesteuer. Will man aber gleichwohl das sog. fundierte Kapital der Gewerbetreibenden noch zu einer besonderen Steuer heranziehen, so ist es sehr schwer, ausgleichende Gerechtigkeit zu üben. Je nach der Branche verdient unter Umständen ein Geschäftsmann mit 20000 ^ Betriebskapital weit mehr als ein anderer mit 80 000 ^ Betriebskapital. In den

Kreisen der Geschäftsleute wird namentlich auch be­mängelt, daß Aerzte, Rechtsanwälte u. f. w. nicht auch zur Gewerbesteuer herangezogen werden. Sie bedürfen allerdings keines besonderen Betriebskapitals, wenn man nicht ihre Studienkosten als Betriebskapital bezeichnen will; aber auch der Kaufmann hat zu seiner tüchtigen Ausbildung nicht geringe Kosten zu tragen, ohne dabei von dem Staat irgend welche Beihilfe für seine Ausbildungskosten zu verlangen. Man braucht dabei nicht einmal an staatliche Stipendien u. dergl. zu denken, sondern nur an die Thatsache, wieviel jeder Universitätsstudent den Staat extra kostet. Wünschens­wert wäre es wohl auch, daß die Dividenden, welche die Mitglieder von Konsumvereinen beziehen, ebenso für kapitalsteuerpflichtig erklärt würden, wie die Di­videnden, welche ein Aktionär bezieht. Letzterer ris­kiert event. immer eine größere Käpitalsumme, ersterer aber als Mitglied einer Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht nur einen sehr minimalen Betrag. Alles in allem genommen, verdienen aber die Gesetzentwürfe über die direkten Steuern in Württemberg keineswegs eine pure Ablehnung, sondern nur eine Verbesserung bezw. Verschärfung. Würde die Finanzkommission etwa in die Beratung dieser Entwürfe gar nicht ein- treten wollen, so würde sie sich und die Kammer bezw. die betr. Fraktionen bei der gesamten Bevölkerung dem Verdachte aussetzen, daß der vor den Wahlen allgemein erhobene Ruf nach einer progressiven Ein­kommensteuer nur Wahlspeck für thörichte Wähler gewesen sei und daß die betr. Herren Abg. nun bloß deshalb von dem Entwurf nichts wissen wollen, weil sie selbst finanziell dadurch in Mitleidenschaft gezogen würden.

* Nagold. Zum Militärdienst ausgehoben sind Heuer von den in hies. Stadt gebürtigen jungen Männern folgende: Ferd. Wolf, Buchbinder, Gottl. Raaf, Schneider, Karl Brezing, Mechaniker, Karl Deuble, Schreiner, Eugen Günther, Kfm., Wilh. Harr, Kfm., Karl Holzapfel, Bierbrauer, L. Kappler, Oekonom, Rob. Ehr. Stickel, Metzger. 'Die Gestellung hat bekanntlich schon im Laufe des Oktober zu geschehen.

Stuttgart, 2. Oktbr. DerStaatsanzeiger" giebt im nichtamtlichen Teil folgende Notiz wieder: Nach den Mitteilungen, die die Norddeutsche Hagel­versicherungsgesellschaft ihren Mitgliedern über das Ergebnis dieses Jahres gemacht hat, wird die Ge­sellschaft, wie auch in den drei vorhergehenden Jahren, keines Nachschusses bedürfen. Die Zahl der abge­schlossenen Versicherungen ist von 79 756 auf 85436 mit einer Gesamtversicherungssumme von 608768538 Mk. und einer Beitragssumme (Vorprämie und Beitrag zum Reservefonds von 4199943 ^ gestie­gen. Der erhobene Durchschnittsbeitrag für 100 Versicherungssumme beziffert sich hiernach auf nur 68,99 -H, in den letzten vier Jahren auf 70,21 pj. Von Interesse wäre es zu erfahren, in welchem Umfange die württemb. Landwirte von den Vor­teilen des mit der Norddeutschen Hagelversicherungs­gesellschaft abgeschlossenen Uebereinkommens Gebrauch gemacht haben.

Straßburg i. E. Unter den zahlreichen ver­schiedenen Systemen von Oefen, die sich in unserer Industrie- und Gewerbe-Ausstellung befinden, fallen die Original Musgrave Irischen Oefen von Esch u. Co., Mannheim, Straßburger Vertreter Max Lieber, auf. Dieselben vereinigen die guten Eigenschaften der Dauerbrandöfen, die sog. Amerikaner, denen aber die Eigenschaft einer angenehm abgegebenen Wärme fehlt, mit denen der Kachelöfen, denen die letztere eigen ist. Die Musgrave-Oefen zeigen sich durch elegantes Aeußere aus, während die innere Einrich­

tung einfach und prakllsch erscheint. Sie eignen sich sehr gut zu Coaksbrand, was auch den Amerikanern gegenüber vorteilhaft ins Gewicht fällt. Im Innern sind sie mit einer starken Schamottemauerung ver­sehen. wodurch, der oft unangenehmen Hitze der eisernen Oefen gegenüber, eine gleichmäßige, anhaltende Wärme hervorgebracht wird. Wie schon gesagt, sind die Musgrave-Oefen Dauerbrenner, d. h. sie halten bei richtiger Behandlung das Feuer den ganzen Winter hindurch. Der Heizeffekl ist infolge des zur An­wendung gekommenen Rippensystems ein sehr bedeu­tender bei verhältnismäßig geringem Verbrauch an Brennmaterial.

Berlin, 1. Okt. Liebknechts fanatisches Fest­halten an der Verantwortlichkeit Bismarcks für den deutsch-französischen Krieg durchFälschung" der Emser Depesche findet jetzt auch in der eigenen Presse die gebührende Abfertigung. Der Abgeordnete Auer nennt das Urteil desVorwärts" über die Ereig­nisse von 1870 eng und kleinlich verbissen; in der Neuen Zeit" spricht Franz Mehring seine Ueber- zeugung dahin aus, daß bei Frankreichs Forderung Preußen solle vor ganz Europa zu Kreuze kriechen und sich verpflichten, niemals auf die hohenzollern'sche Kandidatur in Spanien zurückzukommen, der Krieg unvermeidlich war und Bismarck durch Redaktion der Depesche sich nur die günstigsten Chancen des Krieges gesichert habe. Ueberhaupt sei es, um mit demSozialdemokrat" zu reden, eineenge, kleinlich verbissene Auffassung", die Ursache des Krieges in der persönlichen Schlechtigkeir einzelner Personen zu suchen. Ob nun Herr Liebknechtdas ewige Herum­reiten" auf der Emser Depesche einstellen wird?

Berlin, 2. Okt. Flügeladjutant v. Moltke, welcher dem Zaren ein Handschreiben des Kaisers überbrachte, war derNat.-Ztg." zufolge gleichzeitig der Ueberbringer eines Gemäldes, auf welches sich das Handschreiben des Kaiser Wilhelms bezog.

Ueber ihren Austritt aus der soz.-dem. Partei haben die beiden ostpreußischen Arbeiter eine Erklärung abgegeben, in der es heißt: Die Sozial­demokratie schreibt so oft Sittenspiegel der Bourgeosie, wie wärs, wenn wir alle einmal einen Sittenspiegel der Sozialdemokratie schrieben. Stoff genug dazu ist vorhanden. Die freie Meinungsäußerung in der soz.-dem. Partei ist ein leerer Begriff, wir haben das kennen gelernt. Mag die eigene Meinung auch noch so berechtigt sein, sie darf nicht aufkommen, es könnte dadurch die Partei geschädigt resp. bloßgestellt werden. Mit eiserner Consequenz wird ein in Parteisachen anders Denkenderniedergeschrien, und Verdächtigungen und Verleumdungen sind nicht selten gegen ihn be­liebte Waffen. Eine Partei, die außer Stande ist, in ihrer Mitte Ordnung zu halten, die ihre Maximen nur auf dem Papier hat, eine Partei, in deren Mitte wie in keiner anderen das Strebertum wuchert und dem Egoismus Thür und Thor öffnet, eine solche Partei ist nicht in der Lage, eine neue Gesellschafts­ordnung herbeizuführen. Was kümmern sich die Herrn Führer um den Arbeiter, wenn sie nur selbst nicht der Gefahr des Verhungerns ausgesetzt sind.

Frankreich.

DerMadagaskalarrh", an dem Frankreich derzeit leidet, scheint auch der Budgetkommission der französischen Abgeordnetenkammer auf die Nerven zu drücken. Es trat nämlich der unerhörte Fall ein, daß sie am Militäretat herummäkelte. Sie strich von den Kapiteln des Generalstabs 850 000 Frs., eine Ersparnis, welche aus der Vereinigung der Stäbe des Geniecorps und der Artillerie herrührt, sie lehnte ferner die Etatserhöhungen ab, welche zur Errichtung