V2. Jahrgang.
Mra. 60.
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Erscheint Aienrtag, Z>o««er»taz L Sa«»t«g.
Lie Einrückungsgebühr beträgt 9 ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
Dienstag, äea 24. Mai 188?.
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ganz Württemberg 2 70 H.
Amtliche Bekanntmachungen.
Calw.
Die Ortsvorfteher
werden beauftragt, den Gemeinde- und Siiftungspflegern den Erlaß des Könial. Ministeriums des Innern vom 9. April d. I., betr. die Verpackung der Nickelmünzen zu zwanzig Pfennig (Amtsblatt S. 196) zu eröffnen.
Den 21. Mai 1887. K. Oberamt.
Flaxland.
Bekanntmachung.
Zum Gerichtsvollzieher der Gemeinde Teinach ist der in Calw wohnhafte Gerichtsvollzieher Wochele bestellt worden.
Calw, 21. Mai 1887. ' K. Amtsgericht.
Frommann.
WotilrfcHe Wachlüchten.
Deutsches Reich.
— Das Plenum des Reichstags beschäftigt sich in der abge' laufenen Woche vornehmlich mit kleineren Vorlagen und überließ die Haupt' thätigksit seinen Kommissionen, von denen besonders die Branntwein' steuerkomm ission mit Hochdruck arbeiret-. Es ist somit die begründete Aussicht vorhanden, daß das Plenum die erste L sung des Gesetzes zu Anfang dieser Woche vornehmen kann. Voraussichtlich wird der Reichstag dann sofort in die Pfingstferien gehen, um in den eisten Tagen des Juni wieder zusammen zu kommen. Bis dahin wird auch der Bunoesrat die Zuckersteuervorlage soweit gefördert baden, daß der Reichstag neben der Brannt- wemsteuervorlage auch das Zuckersteuerges.tz bis zur Mitte des nächsten Juni unter Dach und Fach gebracht haben kann, um sich dann bis zum Herbst zu vertagen.
Berlin, 21. Mai. (Branntwein-Commission) Die Fabrikatsteuer für gewerbliche Brennereien mit Ausnahme der Preßhefe wurde aus 16 Pfg. pro Liter herabgesetzt. Fit, landwirtschaftliche Brennereien, die täglich mehr als 10,000 Liter, jedoch nicht über 20,000 Liter bemaischen, beträgt der Zuschlag zur Maischsteuer 2 Pt. pro Liter, von über 20,000 Liter an 4 Pf. pro Liter; für Sommer brano wird ebenfalls Zuschlag berechnet; für kleinere Kornbrennereien wurde eine Ermäßigung angenommen. Der Zoll für Branntwein in Fässern nnt Ausnahme von Liqueuren, soweit derselbe 16 pCt. Alkoholgehalt nicht übersteigt, wurde auf 120 Mark pro 100 K>lo festgesetzt. Bei höherem Gehalt erfolgt ein entsprechender Zuschlag. Für Liqueure und Branntwein in Flaschen wurde ein Zoll von 180 Mark pro 100 Kilo festgesetzt.
Die „Köln. Ztg." schreibt: Die einzige Frage, welche bei der neuen Branntweinsteuer noch ernsthafte Schwierigkeiten bretet, ist die Nachsteuer und damit zusammenhängend die Zeit der Einführung des neuen Gesetzes. Daß der im Gesetz vorgesehene Zeitpunkt des 1. April 1888 unhaltbar sei, wird von allen Seiten anerkannt, und daß auch die Nachsteuer in der Höhe, wie sie vorgesehen ist, überall bei Händlern, Schänkern und Brennern manches Mißliche hat, wird nicht bestritten. Man wird zwischen zwei Wegen zu wählen haben: entweder das Gesetz schon am 1. September oder 15. Oktober dieses Jahres einzusühren und auf die Nachsteuer zu verzichten, over aber das Gesetz am 1. September 1888 einzusühren und eine Nachbesteuerung eintreten zu lassen. In letzterem Falle hätte man dann die Wahl, entweder die Maischraumsteuer entsprechend der im Gesetz festzusetzenden Vecbrauchsab- gäbe zu erhöhen, was bei 50 Verbrauchsabgabe das 3Vsfache sein würde, oder aber den bei Einführung des Gesetzes vorhandenen Branntwein einer Nachversteuerung zu unterziehen. Noch andere schlagen vor, beides zu vereinigen; die Maischraumsteuer etwa zu verdoppeln und die Nachsteuer entsprechend geringer, also etwa auf 30 festzusetzen. Wie man sich schließlich entscheiden wird, ist noch ungewiß, aber daß auch hier bei dem an allen entscheidenden Stellen herrschenden guten Willen sich der rechte Weg finden werde, darf nicht bezweifelt werden.
Metz, 18. Mai. Eine soeben veröffentlichte Bestimmung des Bürgermeisters von Metz schreibt allen Abteilungs- und Bureauvorstehern der Bürgermeisterei, ebenso den Präsidenten der WohlthätigkeitSbureaus. der Sparkaffe und der Spitalverwaltung vor, daß in Zukunft alle Drucksachen, welche sie veröffentlichen, in deutscher Sprache verfaßt sein müssen. Der
Korrespondent des „Frkf. I." betrachtet mit Recht auch das Zirkulieren fran- zösischer Geldmünzen als etwas, was die einheimische Bevölkerung fortwährend unnöliger Weise an Frankreich erinnert. Man setze die Franken, halbe Franken, Sous und Doppelsous außer Kurs, und es wird ihnen Niemand eine Thräne nachweinen.
Frankreich.
Das bedeutsamste Ereignis der letzten Woche war sicherlich der Sturz des französischen Ministeriums Goblet. Mit ihm ist das 27. Ministerium seit 1871 zu Fall gekommen, während die jetzige Kammer schon das dritte auf dem Gewissen hat. Was nun? fragt man sich allerorten. Wird der radicale Pariser Deputierte Clemenceau, der bisher der größte Widersacher des gestürzten Cabinets gewesen, die Hinterlassenschaft Goblets antreten oder wird dessen Vorgänger, Herr de Freycinet, der Abwechslung halber nun der Nachfolger desselben werden? Beide müßten bei der Neubildung des Cabinets zunächst mit der Popularität des Kriegsministers Boulanger rechnen, was dem elfteren nicht schwer fallen wird, dem letzteren aber unmöglich ist. Ein Cabinet Clemenceau-Boulanger würde aber einen deutsch.französischen Krieg in nächste Nähe rücken, ein Cabinet Freycinet« Boulanger aber würde nur von kurzer Dauer sein. Boulanger fallen zu lassen, wäre das Vernünftigste, allein im gegenwärtigen Augenblick ist in Frankreich Niemand, der den Mut hätte, ein neues Kabinet ohne Boulanger zu bilden. Darin liegt aber auch die Gefahr für Deutschland und wir wollen hoffen, daß sich die schlimmste Möglichkeit, ein Cabinet Clemenceau-Boulanger, nicht verwirklichen möge.
Paris, 21. Mai. Die Zeitungen enthalten eine Mitteilung des Kriegs ministeriell ms, in welcher es für unwahr bezeichnet wird, daß von Seiten irgend eines Deputierten bei dem Kriegsministcr Boulanger Schritte wegen Zurückziehung des Gesetzentwurfs über Mobilisierung eines Armeekorps geschehen seien.
Rußland.
Petersburg, 21. Mai. Das Todesurteil wurde an den Nihilisten Generaloff, Andrejuschkin, Ossipanoff, Schewyreff, Uljanoff am Freitag voll« zogen. Noch immer finden im Zusammenhang mit dem Mordplane vom 13. März Verhaftungen statt. Erst dieser Tage wurde in Petersburg, wie von dort der „Königsb. Ztg." berichtet wird, die 16jährige Tochter des ehemaligen Direktors des Konservatoriums, des bekannten Cellisten Dawtdoff, gefänglich eingezogen, weil es sich aus den bei den Verschwörern des 13. März Vorgefundenen Papieren (deren Durchsicht erst jetzt vorgenommen wurde) herausstellte, daß Fräulein Dawidoff (die noch das Gymnasium besucht) die die Geliebte eines der zum Tode verurteilten Kaisermörder gewesen und von den verbrecherischen Plänen der Attentäter mehr oder weniger unterrichtet war.
Hcrges-Weuigkeiterr.
Stuttgart, 23. Mai. Am gestrigen Sonntag wurde in allen evang. Kirchen des Landes ein Opfer für den Aufbau der Kirche inWeilderstadt gesammelt. Damit steht die dortige Gemeinde auf einem Höhepunkt ihrer kirchlichen Hoffnungen. Es sind nun über 25 Jahre, so schreibt man dem „St.Anz.", daß sich in dem katholischen Städtchen allmählich eine Zahl Evangelischer sammelte, wie das bei der Lage von Weilderstadt inmitten einer völlig evangelischen Bevölkerung natürlich war. Schon im Jahr 1869 war ihre Zahl auf 200, im Jahr 1875 auf 410 gestiegen; jetzt sind es 450 Seelen. Nicht jedermann ist imstande, es völlig nachzufühlen, wie herzlich eine solche Schar sich sehnt, einen regelmäßigen Sonntagsgottesdienst und eine geordnete Seelsorge zu gewinnen, wodurch allein auch ihre Achtung von Seiten der katholischen Mitbürger gehoben werden kann. Die freundliche Einräumung der katholischen Hospitalkirche zu einem alle 14 Tage stattfindenden Gottesdienst konnte natürlich das Streben nach einer eigenen Kirche, Schule und Pfarrwohnung nicht aufhalten; und so ist's nun eine wahre Freude, zu sehen, wie dieser evangelischen Gemeinde ihre Herzenswünsche rasch zur Erfüllung reifen. Ein schönes Schulzimmer besitzen sie seit dem Dezember 1885 im Kreuzgang des früheren Klosters und jetzigen Stadtschulgebäudes, wo ein tüchtiger junger Lehrer seine 47 Schüler wacker heranbildet. In den nächsten Monaten wird das neuerstellte Brenzhaus, die Geburtsstätte unseres württembergischen Reformators, als vorläufige Pfarrwohnung fertig gestellt und eingeweiht sein. Im Laufe des Jahres wird, wie wir zuversichtlich hoffen, ein ständiger Pfarrver weser dort eintreten. Und nun fehlt nur noch die Kirche. Zu dem hiefür berechneten Aufwand von 60,000 ^ sind vorerst 18,000 vtL gesammelt; wir stünden darnach offenbar noch ziemlich ferne von dem Ziel. Die Liebe der Glaubensgenossen in Stadt und Land kann uns aber mit einem kräftigen Opfer am nächsten Sonntag rasch zum Ziele führen. Es ist, wie uns bedünken will,