62. Jahrgang.

Yro. 53.

Amts- unä InteüigenMatt für äen Äezir^.

Erscheint Steurtag, Aonuerrtag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.

Samstag, äen 7. Mai 1887,

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ganz Württemberg 2 70

'UoLitlsche WcrcHvichLen.

Deutsches Reich.

Berlin, 3. Mai. Der Kaiser hat alle Teilnehmer der heutigen Truppenbesichtigung in Potsdam durch sein vorzügliches Aussehen, seine körperliche Frische und seine freundliche Munterkeit in Erstaunen gesetzt. Er hat sämtlichen Truppenübungen bis zum Schlüsse stehend beigewohnt und nur die Front der Fähnriche der Kriegsschule abgefahren. Nach dem Früh­stück unternahm Kaiser Wilhelm dann noch eine Fahrt nach Babelsberg, nahm bei dieser Gelegenheit die neuen Anlagen in Augenschein und kehrte hierauf, von der Station Neubabelsberg aus, nach Berlin zurück.

Metz, 1. Mai. Wie man der Karlr. Ztg. schreibt, sind in letzter Zeit verschiedene für Volksschüler eingerichtete französische Sprach­kurse geschlossen worden. Dieselben wurden ohne Genehmigung der Regierung eingerichtet und verfolgten den Zweck, die wohlweislich erlassene Bestimmung zu umgehen, wonach das Französische innerhalb des deutschen Sprachgebiets vom Elementarunterrichte ausgeschlossen worden ist. Auch der Thätigkeit der Privatschulanstalten ist neuerdings eine besondere Aufmerksam­keit zugewendet worden, nachdem sich herausgestellt bat, daß dieselben beim Unterrichte mehrfach in französischem Geiste geschriebene Lehrbücher in An­wendung brachten. Die Vorstände derartiger Anstalten sind nunmehr an­gehalten worden, künftig nur solche Lehrmittel, welche durch ausdrückliche, in jedem Falle einzeln einzuholende amtlicke Genehmigung gestattet sind, in Gebrauch zu nehmen. Im Falle der Nichteinhaltung dieser Bestimmung erfolgt Schließung der berreffenden Anstalten.

Gcrges-Weuigkeiten.

§ Calw. Die M a i k ä f e r j a g d, der sich unsere liebe Jugend jetzt wieder mit Vorliebe und Energie hinzugeben beginnt, ist an und für sich gewiß ein verdienstliches Treiben, dem man von ganzem Herzen einen dem Aufwand an Zeit und Mühe entsprechenden Erfolg wünschen kann, und vorausgesetzt, daß wir überhaupt ein die Jagd lohnendes Maikäferjahr haben, weiß jeder Maikäfer jäger recht wohl, wie er es anzugreifen hat, um seine Schachtel oder Cigarrenkiste möglichst rafch zu füllen. Auch wäre es den Liebhabern von Maikäfersuppe nach mehrjähriger Entbehrung wieder einmal zu gönnen, wenn sie sich dieses Hochgenusses wieder erfreuen tonnten. Wenn aber die Jagd mit schävlichen Mitteln betrieben wird, so verkehrt sich das Verdienst in sein Gegenteil und wird geradezu zum Unfug, der unter Um­

ständen unter die Rubrik der strafbaren Sachbeschädigung gehört, und hievor zu warnen, ist der Zweck der gegenwärtigen Zeilen. Es geschieht nämlich seit mehreren Jahren sehr häufig, daß Knaben an diejenigen Bäume, die sie nicht mehr schütteln können, mit den Stiefelabsätzen oder mit großen Steinen anschlagen, um durch die dadurch bewirkte Erschütterung die Maikäfer zu Fall zu bringen. Diese Absicht wird hiedurch nur unvollkommen erreicht, wohl aber nimmt der Baum, der jetzt in vollem Safte steht und dessen Rinde dadurch schwer verletzt wird, großen Schaden und an vielen Zier- und anderen Bäumen in und außerhalb des Stadtgartens sind die Spuren dieses un­überlegten Treibens leicht erkennbar. Da in den nächsten Tagen eine Schul­vakanz beginnt, ist es vielleicht gerade noch Zeit, den Schülern vor Beginn derselben noch eine gute Lehre und Warnung mit auf den Weg zu geben, und würden sich die Herren Lehrer dadurch ein gewiß nicht zu unterschätzendes Verdienst erwerben.

Neckargröningen, 3. Mai. Nach dem heutigen schwülen Tage zogen um Vs? Uhr sich schwarze Wolken rasch über unserem Thale zusammen. Um 7 Uhr erhob sich ein heftiger Sturm aus Nordost. Kräftiger Regen stürzte nieder, aber bald auch wurde bedeutender Hagel an das jungauf- gesproßte Leben der Natur gepeitscht. Die Hagelkörner, die in bedeutender Anzahl fielen, erreichten zum Teil die Größe einer Welschnuß und unter unfern Bäumen liegen nun neben Blättern und Zweigen auch leider manche Blütensträußchen. Auch am Reps, jungen Mais und Gartengewächsen hat der Regen geschadet. Die Saaten und Futtergewächse sind noch wenig ent­wickelt. Wie wir hören, ist der Schaden in der ncckarauswärts gelegenen Gemeinde Aldingen noch bedeutender.

Heidenheim, 3. Mai. Das Unglück, wodurch in der Holl- schen Färberei drei Männer, davon der eine lebensgefährlich, durch Dampf verbrüht wurden, ist durch einen Zufall herbeigesührt worden. Die Ar­beiter wollten den Dampfk.sseldeckel abheben und laßen deshalb den Dampf ausströmen. Als keiner mehr ausstcömte, nahmen sie an, daß der Kessel leer sei. Nun hatte sich aber ein losgewordenes Kesselsteinchen in das Ventil gespielt und dies verstopft, ehe aller Dampf ausgeströmt war. Co kam es, daß, nachdem der Deckel gelockert wurde, der Dampf die Leute verbrühte. Es dürste dieser Fall zur besonderen Vorsicht mahnen.

Oehringen, 4. Mai. Unser Hofgärtner Graes hatte schon seit mehreren Wochen in zwei Gewächshäusern einen herrlichen Rosen flor (Marschall Niel) und trieb damit sowohl hier als nach auswärts einen ein­träglichen Handel. Als er nun heute in der Frühe nachsah, lagen alle.

Keuicceton. «Nachdruck

In skÜA'is.

Novelle von Wokfgang Brachvogel.

(Fortsetzung.)

Gut, ich füge mich", entschied sich die Gräfin nach einigem Besinnen,ich weiß, Uhlefeld haßt mich, weil ich es mit Sehestädt halte und weil ich damals mich seiner Heirat mit Leonoren widersetzt habe; trotzdem wird er genug Ritterlichkeit be­sitzen, um in diesem Falle unparteiisch urteilen zu können. Wie ist es aber mit des Junkers Erhebung in den Grafenstand?"

Herr Munk fuhr überrascht zusammen, dann jedoch drückte er sein Ohr ganz fest an das Schlüsselloch, um ja kein Wort dieser höchst wichtigen Unterhaltung zu verlieren.

Wollte ich von den Ueberlieferungen unserer Vorfahren abgehen", erwiderte der König nach einer Pause,und plötzlich einen Stand schaffen, der dem Throne näher und noch eine Stufe höher steht, als der Adel, so würde ich damit dem Letzteren geradezu in's Antlitz schlagen. Unser Vater, Sophia, den Du mir so gern zum Bei­spiel hinstellst, hütete sich wohl davor, den Adel, der gerade in Dänemark große Privi­legien besitzt, weil wir nur Wahlkönige sind, gegen sich aufzubringen. Ich vor allen Dingen habe große Ursache, mir nicht noch mehr Gegner zu machen, als ich schon habe."

So spricht ein König", entgegnete die Gräfin spottend.

Nicht ein König, sondern ein Mann, der seine Lage und deren Mißlichkeit nicht verkennt, der sich sein Urteil selbst bildet, sich nichts von seiner Umgebung zuflüstern läßt. Das Königtum hat in Dänemark durch den teuren und nicht einmal sonderlich ruhm­reichen Krieg in Deutschland, durch seine Streitereien in den Stammlanden von Hol­stein und den Hansestädten, die Gloria eingebüßt, so es seit Kanut dem Großen be­sessen, und der widerspenstige Adel, der bei solchem Unglück erstarkt ist, dehnt und reckt sich mit Unverschämtheit nach allen Richtungen. Was würden nun aber die Kaas,

die Munck, die Nosenkrands und Sternfeld sagen, wenn ich den verdienstlosen Junker Wind zum Grafen machen und ihm so einen Platz einräumen wollte, auf dem er den Vorrang vor allen Großen und Würdenträgern Dänemarks hat."

Sind nicht die Bernstorff, die Rantzow auch Grafen, war nicht Penz Graf warum soll es Wind nicht sein können."

Die Bernstorff und Ranzow sind deutsche Grafen und der gute Penz ward vom Kaiser ebenfalls in diesen Stand erhoben, weil unser Vater es wünschte. Trotz­dem gebührt diesen Allen keinesweges der Vorrang vor den anderen Edelleuten; in Dänemark bleiben sie von Rechtswegen einfache Herren vom Adel und haben nichts vor den Moltke und Gudstern voraus."

Also bekomme ich jetzt nichts für den jungen Wind?" fragte die Gräfin klagend.

Wenn Dir nur daran gelegen ist, daß er einen Titel führe, so mag er die durch des jungen Ribe Tod erledigte Jägermeisterstelle erhalten. Wenn es wirklich zu einer Vermählung kommt, so soll es meine Sorge sein, daß meine Schwester nicht hinabzusteigcn nötig hat."

Herr Muni hörte nichts mehr; das, was er wußte, war auch eigentlich genug, und er konnte kaum die Zeit erwarten, wo Herr Sendborg ihn ablöste. Bei diesem hielt er sich nur so lange auf, als es Zeit bedurfte, um ihm die skandalöse Mär von der in Aussicht stehenden Verlobung der Gräfin Penz mit Holger Wind mitzuteilcn, dann eilte er nach Hause, um seine getreue Ehehälfte zu unterrichten. Frau Munk und ihre beiden Töchter Edla und Gerda hatten einen ziemlich großen Bekanntenkreis, so kam es, daß ganz Kopenhagen die Nachricht von dem Ereignis erhalten hatte, noch ehe die Sonne untergegangen war.

Gerda Munk kam noch in der Dunkelstunde zur Gräfin Ranzow, um daselbst mit ihren Freundinnen Leonore Ranzow und Ebba Giedde einige Zeit angenehm zu verplaudern. Zuerst vergaß sie über anderen Gegenständen von Wichtigkeit, weshalb sie den Ausgang eigentlich noch unternommen, als sie sich aber besann, meinte sie der würdigen Einleidung halber:

Es ist doch recht schrecklich, daß der junge Ribe so plötzlich gestorben ist."

(Fortsetzung folgt.)