des Reichstags vom Samstag ausgesprochen und insbesondere bedauert, daß die meisten württember- gischen Abgeordneten gegen die Bismarckehrung stimmten.
Stuttgart, 27. März. Das Präsidium des Württ. Kriegerbundes hat an den Fürsten Bismarck eine Glückwunschadresse mit folgendem Wortlaut zum 1. April abgesandt: Stuttgart, den 1. April 1895. Euer Durchlaucht! Zum Tage der Feier des 80. Geburtsfestes bringt Euer Durchlaucht das Präsidium des Würlt. Kriegerbundes als Vertreter seiner 60 000 Mitglieder die wärmsten Glückwünsche dar. Unsere Veteranen und gedienten Soldaten jubeln heute, gehoben von nalionalem Bewußtsein, dem Mitbegründer unseres wiedergeeinigten deutschen Reiches begeistert zu. Möge Euer Durchlaucht diesen Tag noch oft in voller Gesundheit erleben. Möge er für immer ein Tag dankbarer Erinnerung für die deutsche Nation sein und beiden. — Das Präsidium des Württ. Kriegerbundes. (Folgen die Unterschriften.)
Leipzig, 27. März. Eine Anzahl angesehener Katholiken erläßt im „Leipziger Tagblatt" die Aufforderung an die deutschen Katholiken, gegen die Nlchtehrung Bismarcks seitens des Reichstags Widerspruch zu erheben und sich von dem Verdachte zu reinigen, als wollten sie Deutschland größtem Sohn keine Ehre erweisen. Selbst der Papst habe Bismarck wiederholt zum Geburtstag beglückwünscht, auch Windthorst würde das nicht verweigert haben.
Friedrichsruh, 26. März. Der Kaiser wird mittags an der Spitze einer Schwardron Halberstädter Kürassiere hier einziehen. Der Monarch wird die Front der beorderten militärischen Abteilungen abretten, während Fürst Bismarck in einer Kalesche die Front abzufahren gedenkt. Bei dieser Gelegenheit richtet der Kaiser eine kurze Ansprache teils an dis Truppen, teils an Bismarck, dem er als Ehrengabe einen goldenen Kürassierpallasch überreicht. Hieran schließt sich im Schloße ein Diner an, bei welchem nur militärische Würdenträger zugegen sind. Unzählige Geschenke und Briefe sind bereits eingetroffen.
Friedrichsruh, 26. März. Der Kaiser traf heute mittag 12 Uhr am Eisenbahnübergang bei Aumühle westlich von Friedrichsruh ein. Er stieg hieraus zu Pferd und begab sich nach dem ungefähr 500 Meter südlich von Aumühle und Schwarzenbeck gelegenen Friedrichsruh, wo unter dem Befehl des Kommandeurs des Kürassier-Regiments „Seidlitz" eine Schwadron dieses Regiments, dessen Chef Bismarck ist, mit dem Trompetercorps und der Standarte, ferner eine Kompagnie des Infanterieregiments Nr. 76 mit der Regimentsmustk, Spielleuten und der Fahne des betreffenden Bataillons, weiter eine Eskadron des Husarenregiments Nr. 15 mit Trom- petercorps und Standarte und endlich eine Batterie des holsteinischen Feldartillerie-Regiments Nr. 24 in etatsmäßiger Friedensstärke bereit stand. Der Kaiser setzte sich an die Spitze der Truppen und führte dieselben nach dem etwa 200 Meter vom Schloß entfernten, an den Park anstoßenden freien Platz und befahl Paradeaufstellung in einem nach Norden geöffneten Viereck, dessen östliche Seite durch die Kürassiere, dessen südliche durch die Infanterie und dessen westliche durch die Husaren und Artillerie gebildet wurde. Nach der Einnahme der Paradeausstellung traf der Fürst, welcher mittlerweile durch den Flügeladjutanten benachrichtigt worden war, in der Uniform des Kürassierregiments in einem offenen Wagen auf dem Paradeplatz ein und wurde von den Truppen mit präsentiertem Gewehr und klingendem Spiel empfangen. Der Kaiser richtete namens der Armee eine Ansprache an den Fürsten und übergab ihm einen goldenen Ehrenpallasch. Sodann ritt der Kaiser mit dem Fürsten die Front der Truppen ab. Hierauf folgte der Vorbeimarsch vor dem Fürsten. Nach demselben begab sich der Fürst zum Empfang des Kaisers ins Schloß, wohin der Kaiser an der Spitze der Kürassierschwadron ritt, um dem Abbringen der Standarte beizuwohnen. Nachdem die Schwadron nochmals vor dem Fürsten vorbeidefiliert war, stieg der Kaiser vom Pferd und begab sich mit dem Fürsten ins Schloß, um der Einladung zur Mittagstafel zu folgen. Vor dem Zchloßeingang steht ein Ehrenposten Kürassiere. Die Truppen sind in die Quartiere abgerückt. Die Bat- rerie steht auf dem Paradeplatz, um bei dem Toast l.uf den Fürsten Salut zu schießen. Das Schloß, der Bahnhof, das Postamt und die Villen sind beflaggt.
Friedrichsruh, 26. März. Die Kaiserin ließ
dem Fürsten Bismarck durch den Kronprinzen ein herrliches Rosenarrangement nebst einem Glückwunschbrief überreichen. Der Kronprinz that dies mit den schlichten Worten: „Von Mama!"
Friedrichs ruh, 27. März. Großherzog Friedrich von Baden ist heute Vormittag 11 Uhr mit dem Reichskanzler Hierselbst eingetroffen. Seine erste Frage an den ihn empfangenden Grafen Rantzau war: „Wie geht es dem Fürsten?" Die Antwort Rantzau's war: „Erträglich". Fürst Hohenlohe überreichte dem Fürsten Bismarck die Glückwunsch-Adresse des preußischen Staatsministeriums. Der Großherzog von Baden war von dem badischen Gesandten in Berlin, Hrn. v. Jagemann, begleitet. Im Gefolge des Reichskanzlers befand sich Prinz Alexander von Hohenlohe sowie der Chef der Reichskanzlei, v. Wil- mowski.
Friedrichsruh, 27. März. Soeben, kurz nach 1 Uhr, fand die Abfahrt des Großherzogs von Baden statt. Fürst Bismarck begleitete ihn selbst zur Bahn, zu Fuß gehend. Großherzog Friedrich verabschiedete sich von dem Fürsten auf das innigste und sagte noch aus dem Koupeefenster heraus zu ihm: „Es ist zu gütig, daß sie mich begleiten." Der Großherzog winkte noch lange zum Abschied und rief dem Fürsten „Auf Wiedersehen" zu. Die Passagiere des Hamburg-Berliner „Harmonikazuges" brachten Bismarck eine begeisterte Ovation dar.
Berlin/ 23. März. Die Berliner Stadtverordneten sind wegen des Eindrucks, den ihr ablehnender Beschluß wegen der Bismarckehrung gemacht, ängstlich geworden. Sie haben nämlich beschlossen, daß die Namen derjenigen, die an einer geheimen Sitzung in namentlicher Abstimmung teilgenommen, nicht durch das Gemeindeblatt veröffentlicht werden.
Der „Kladderadatsch", der diese Mehrheit der Berliner Stadtverordneten in einem Leitgedicht „An die Erbärmlichen" apostrophiert, ruft aus:
Schab' aber wär's, wenn ihre Namen Verschwänden in der Zeiten Laus,
Man bring' sie unter Glas und Rahmen Und hänge sie im Rathaus auf,
Damit auch noch Urenkel lesen,
Wenn manches sich verändert hat,
Was für Kameels einst gewesen Die Väter uns'rer größten Stadt.
Berlin, 25. März. Die Nordd. Mg. Ztg. meldet: Der deS Mordes an dem deutschen Händler Kannengießsr auf Butaritari auf den Gilbertinseln verdächtige Eingeborene ist nunmehr nach Suva auf den Fidschi-Inseln gebracht worden und sieht seiner Aburteilung entgegen.
Berlin, 27. März. Wie ein parlamentarischer Berichterstatter hört, beabsichtigen die Sozialdemokraten das Telegramm des Kaisers an den Fürsten Bismarck anläßlich des Reichstagsbeschlusses vom Samstag im Reichstage einer Besprechung zu unterziehen.
Berlin, 27. März. Dem Reichstag ist ein Antrag zugegangen, den Reichskanzler zu ersuchen, schleunigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, wodurch die Familien-Fideikommisse an Grund und Boden aus gebundenem Besitz in freien Besitz umgewandelt werden und die Gründung neuer Fideikommisse verboten wird.
Berlin, 27. März. Wie das „Berl. Tagebl." meldet, wird das neu gewählte Präsidium des Reichstages eine Audienz beim Kaiser nicht nachsuchen. Ein Akt der Courtoisie wird nur insofern stattfinden, als das neue Präsidium seine Karte im Hofmarschallamt abgiebt.
In einem sehr schwarzseherisch gehaltenen Artikel versichert die „Köln. Volksztg.", daß es trotz der offiziösen Ableugnung feststehe, daß der Draht zwischen Petersburg und Berlin zerrissen sei, die Ursache liege in verschiedenen Meinungsverschiedenheiten über die Besetzung der erledigten diplomatischen Posten. Die Meldung des „Berl. Tagebl.", daß man in Berlin den Generaladjutanten Richter als Botschafter gewünscht habe, daß aber dieser vom Zaren abgelehnt worden sei, wird der „Köln. Volksztg." als richtig bestätigt. Zugleich will das Blatt aus bester Quelle erfahren haben, in Petersburg werden Schritte verbreitet, um die russisch-französischen Beziehungen deutlicher als jemals darzuthun. Jedenfalls seien alle Hoffnungen, welche man auf deutschfreundliche Politik des Zaren gesetzt, gründlich zu Wasser geworden.
Berlin, 28. März. Eine gestern abgehaltene Versammlung von Handlungsgehilfen und -gehilfinnen beschloß eine Resolution, worin der Reichstag und
der Bundesrat ersucht wird, allen Bestrebungen, die aus Einschränkung der Sonntagsruhe hinauslaufen, auf das schärfste entgegenzutreten und im Gegenteil eher auf eine gründliche Aufhebung der Sonntagsarbeit hinzuwirken.
Schwerin, 28. März. Aus Cannes wird gemeldet: Großherzog Friedrich Franz wird dem Fürsten Bismarck durch einen seiner Flügeladjutanten ein Glückwunschschreiben überreichen lassen.
Bremerhafen, 23. März. Vor dem Seeamte begann heute die Verhandlung über die Kolission und den Untergang der „Elbe." Der Gerichtshof besteht aus dem Amtmann Dommes als Vorsitzenden, dem Direktor der Navigationsschule Jungclaus, dem Oberlootsen Minssen, dem Hafenmeister Verlach und Schiffsbesitzer Heinckes als Beisitzern. Reichskommissär ist der Navigationsschuldirektor Romberg. Als Zeugen sind geladen Oberinspektor Verdron, Schifssbauingenieur Walter, Ladenunternehmer Hinsch, Lloydagent Riegen und die 13 geretteten Leute von der Mannschaft der „Elbe," der gerettete Weserlootse Deharde, der Schiffskoch und der Passagier Bothen. Verlesen werden die Aussagen des geretteten Fräuleins Böcker und des englischen Lootsen Greenham, sowie die eidlichen Aussagen Schlegels vor dem Generalkonsul in Newyork. Die Aussagen der Besatzung der „Cralhie" waren nicht zu erlangen.
Br einer Hafen, 23. März. Die Verhandlung des Seeamts über den Untergang der „Elbe" wurde bis aus Weiteres vertagt, um Aussagen über die Vorgänge aus der „Crathie" vor dem Zusammenstoß und ein schriftliches Gutachten über die Bauart der Elbe zu erhalten.
Oesterreich-Ungarn.
Linz, 25. März. Auch hier ist ein Aufruf zur Bismarck-Feier von den angesehensten Männern der oberösterreichischen Provinzialhaptstadt erlassen worden. In dem Aufruf heißt es:
„Auch wir Deutsche Oberösterreichs wollen laut und vor aller Welt das freudige Bekenntnis unserer Verehrung u. unserer unwandelbaren Dankbarkeit dem einzigen Manne bekunden, welchem das gesamte deutsche Volk d>ie Erhebung aus politischer Ohnmacht und jämmerlicher Kleinstaaterei seine politische Erziehung zu einer selbstbewußten, von ihrem , weltgeschichttichen Berufe stnlzerfüllten Herrschernation zu,, danken hat."
Frankreich.
Paris, 28. März. Der Präsident der Republik hat gestern abend halb 10 Uhr Paris verlassen, um sich nach Sothonay zu begeben, wo er heute den Expeditionstruppen nach Madagaskar eine Fahne überreichen wird. General Saussier hat gestern die Truppen Revue passieren lassen und dieselben für die heutige Zeremonie vorbereitet.
Belgien-Holland.
Lüttich, 25. März. Aus dem Kohlenbergwerk Esperance, wo in der Nacht von Samstag auf Sonntag ein blutiger Zusammenstoß stattfand, wird mitgeteilt, daß die Zahl der verwundeten Arbeiter noch nicht festgestellt ist und daß mehrere Arbeiter ihren Wunden erlegen sind. — Die Lage in den großen Industriestädten Lüttich, Vervier, Charleroi und Gent wird mit jedem Tag schwieriger. Die Zahl der Ausständigen nimmt täglich zu. In offiziellen Kreisen scheint man sich auch über den Ausstand und die revolutionäre Bewegung sehr zu beunruhigen.
England.
London, 25. März. Lord Roseberys Befinden bessert sich infolge Zunehmens des Schlafes fortwährend.
Rußland.
Petersburg, 28. März. Im Gardekosaken- regiment sollen Unterschleife entdeckt worden sein, an denen sich auch frühere höhere Offiziere beteiligt haben sollen. Die größeren Kapitalien des Regiments sollen vollständig verschwunden sein. Der Kaiser ist tief entrüstet.
Serbien.
Belgrad, 26. März. König Alexander und König Milan sind heute früh hier eingetroffen. König Alexander sprach am Bahnhofe dem Ministerpräsidenten, sowie der gesamten Regierung den Dank für die musterhafte Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung im Lande während seiner Abwesenheit aus und versicherte die Regierung seines Vertrauens und seiner Gewogenheit.
Asien.
Shanghai, 26. März. Die Japaner haben die Forts der Pescadores-Jnseln vollständig eingenommen. Die am Samstag gelandeten Truppen griffen die Forts von der Rückseite an, wo die Chinesen keine Verschanzungen vorgesehen hatten.
Shanghai, 26. März. Nach unzweifelhafter Quelle forderten die Japaner in der ersten Friedenskonferenz die Abtretung Schanhaikwans und anderer wichtiger, nicht besetzter Punkte vor Bewilligung eines ! Waffenstillstandes. Li-Hun g-Tsch an g erklärte diesen.