Amts- und Intelligenz-Blatt für den Obrramts-Bezirk Nagold.

38.

Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Don­nerstag und Samstag, und kostet Viertel­jahr!. hier (ohne Trägerlohn) 80 -st, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1.20^ Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Donnerstag 28. März

Insertions-Gebühr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnl. Schrift bei einmaliger Ein­rückung 9 -st) bei mehrmaliger je 6 -st. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1895.

Amtliches.

Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend die Einführung eines Nachtrags zum Arzneibuch für das Deutsche Reich, dritte Ausgabe.

Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom 30. Januar d. I., betreffend einen Nachtrag zum Arzneibuch für das Deutsche Reich (Reg.-Bl. S. 38) wird Nachstehendes verfügt:

In allen Apotheken, einschließlich der Filialapo- theken, Dispensieranstalten und ärztlichen Handapo- theken muß vom 1. April 1895 ab 1 Exemplar des unter Berücksichtigung der aus dem Nachtrag sich ergebenden Textänderungen hergestellten Neudrucks -er dritten Ausgabe des Arzneibuchs für das deutsche Reich, Berlin 1895, R. v. Decker's Verlag (G. Schenk), vorhanden sein.

8 2 .

Von dem im tz 1 genannten Zeitpunkt an müssen -ie in dem Nachtrag neu aufgenommenen, sowie die geänderten, bereits im Arzneibuch enthaltenen Arz­neimittel nach den neuen Vorschriften bereitet werden.

8 3 -

Die durch den Nachtrag notwendig gewordene Umwandlung der Bezeichnung der Standgefäße mit «ingebrannter Schrift für ttvoseiruim kzRrobroini- ouiu in Loopotaminuin kMi-obroimeum und für Niurstinuiu in Rkso-rominum natrio-salioMoum ist in den Apotheken längstens bis zum 1. April 1896 vorzunehmen.

8 4 .

Im Uebrigen finden die Vorschriften der Mini- sterialverfügung vom 12. Dezember 1890, betreffend -ie Einführung des Arzneibuchs für das Deutsche Reich, dritte Ausgabe (Reg.-Bl. S. 311), auch auf -en Nachtrag Anwendung.

Die Stadtdirektion Stuttgart und sämtliche Ober­ämter werden beauftragt, in Gemeinschaft mit den Physikaten sämtliche Aerzte, Tierärzte und Apotheker auf die vorstehende Verfügung besonders hinzuweisen.

Dabei sind die Apotheker aus die Einfügung der Rosolsäurelösmig unter die Reagentien, auf die Aende- rungen in den größten Gaben und spezifischen Ge­wichten, ferner auf die Ergänzungen bezüglich der vorsichtig oder sehr vorsichtig oder vor Licht geschützt aufzubewahrenden Arzneimittel besonders aufmerksam zu machen.

Stuttgart, den 18. März 1895.

Pischek.

Die Herren Aerzte, Tierärzte und Apotheker des Bezirks werden auf vorstehende Verfügung hiemit besonders hingewiesen.

Nagold, den 25. März 1895.

K. Oberamt. Vogt.

K. Oberamtsphysikat Jrion.

Nagold

An die Gemeinderäte sbetr. die Vertilgung von Raubvögeln und andern schädlichen Vögeln.

Insofern sich auf den Gemeindemarkungen eine Ueberhandnahme der in ß 7 der Min.-Verf. vom 7. Oktober 1890 (Reg.-Bl. S. 234) bezeichnet«!, Raub­vögel und andem schädlichen Vögel bemerklich macht, werden die Gemeindebehörden aufgefordert, nach Maßgabe der angeführten Bestimmung entsprechenden Antrag an das Oberamt zu stellen.

Den 26. März 1895.

K. Oberamt. Vogt.

Gestorben.

Marianna Frueth, geb. Walter, Oberndorf. Jakob Benkiser, Neuenbürg. Juliane Kittel, Tübingen. Georg Frick, Gönningen. Peter Weser, Wirt in Derendingen.

Tages-Weuigkeilen.

Deutsches Reich.

Nagold, 26. März. Gestern hatten wir nach längerer Unterbrechung wieder ein Seminar- kochzert, das trotz des Regenwetters von hier und auswärts zahlreich besucht war. Außer dem ge­mischten Chor des Seminars wirkten mit die uns durch ihre silberklare Stimme und ihren einfach edlen Vortrag von früher her wohlbekannte Frl. Helene Weber aus Wildberg und Herr Präparandenlehrer Kocher, der sich als tüchtiger und angenehmer Tenor indenLeubelfing-LiedernderGustav-Adols-Aufführung eingeführt hat. Das erste Stück, Althymne für Solo und Chor mit Klavierbegleitung von Mendelssohn, ein inniges Bitt- und Dankgebet, versetzte in weihe­volle religiöse Stimmung; in die nordische Sagen­welt einige Szenen ausErlkönigs Tochter" für Solo, Chor und Klavier von Niels Gade; zu beiden war in dankenswerter Weise im Programm der Text gegeben. Nordischen Charakter trägt auch der ge­waltig einherschreitende MännerchorOssian" von Beschnitt; überwältigende Kraftfülle zeigt der Män­nerchordie Allmacht" von Schubert-Liszt, und von packender Tonmalerei war derGesellenchor" aus dem Waffenschmied von Lortzing. Die Instrumental­musik war vertreten durch eine frische, schneidige Ouvertüre von Mozart und eine altertümlich an­heimelnde Gavotte von Schröder. Durch die von sorgfältiger Einstudierung, verständnisvoller Auffas­sung und begeisterter Hingabe zeugende wohlgelungene Darbietung haben sich Dirigent und Mitwirkende ungeteilte Anerkennung und aufrichtigen Dank der aufmerksam lauschenden Zuhörer erworben.

* Nagold, 26. März. Auf Montag Abend 8 Uhr war eine Vollversammlung des Gewerbe- Vereins imLöwen" ausgeschrieben, welche bei der Wichtigkeit der TagesordnungSonntagsruhe im Gewerbebetrieb" sehr zahlreich besucht war. Hr. Kommerzienrat Sannwald eröffnete die Versamm­lung mit einigen einleitenden Worten und übertrug sodann Hrn. Stadtschulth. Brodbeck das umfang­reiche Referat. Es würde uns zu weit führen, die für jedes, der schon in Nr. 37 d. Bl. angeführten Gewerbe, wieder verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes hier anzuführen und erübrigt uns deshalb nur auf die für alle geltende Bestimmung, daß wo der Arbeiter oder Lehrling überhaupt am Sonntag beschönigt wird, dies nur in bestimmten Stunden geschehen darf; wird er an einem Sonntag länger als 3 Ständen beschäftigt oder am Besuch Oes Gottes­dienste; behindert, so find die Arbeitgeber verpflichtet, jeden Arbeiter entweder an jedem 3. Sonntag volle 36 Standen oder an jedem 2. Sonntag mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends von der Arbeit frei zu lassen. Das Gesetz ist nun aller­dings vornehmlich für größere Städte von einschneiden­der Bedeutung, während es wie in unserer Stadt nicht von solchem Belang ist, um die Störung die es in der üblichen Praxis vieler Betriebe bewirkt, aufzu­wiegen. Es ist aber auf alle Fälle vom 1. April an mit dem Gesetz zu leben und ist vom Gesetz auch für die Ueberwachung der Bestimmungen seitens der Ortspolizeibehörde durch Revisionen gesorgt. Wir müssen uns also danach richten und da ist es ein Trost, daß wir unsere Anträge auf weitgehendste Ausnahmen, wovon namentlich Bäcker und Metzger-

Gebrauch machen müssen, sofort durch unfern Ge­werbeverein stellen konnten, um solche K. Oberamt zur Genehmigung zu unterbreiten; freilich ist immer wieder der ausgefallene halbe oder ganze Sonntag, wie schon oben gesagt, zu ersetzen. Bei Notfällen und bei Arbei­ten im öffentlichen Interesse sind Ausnahmen gestattet, ebenso wenn zur Verhütung eines unverhältnismä­ßigen Schadens ein nicht vorherzusehendes Bedürfnis der Beschäftigung von Arbeitern an Sonn- und Fest­tagen eintritt, im letzteren Fall ist die Genehmigung der Ortspolizeibehörde einzuholen, während im ersteren eine Genehmigung nicht erforderlich ist. Solche Ge­werbe, denen infolge ihres Antrags Ausnahmen durch die Ortspolizeibehörde gewährt sind, ferner wenn von ihnen selbst bei Notfällen oder bei Arbeiten im öffentlichen Interesse Ausnahmen gemacht werden, ha­ben darüber in ihren Lokalen Aushängebogen zu führen, welche von der Revision mit den Befundvermerken ver­sehen werden. Doch wird dies in amtlichen Be­kanntmachungen noch näher zur Kenntnis gebracht wer­den. Wir haben noch zu erwähnen, daß das Gesetz den überwachenden Behörden eine nicht gar zu strenge Handhabung der Bestimmungen nahelegt, d. h. also, daß eine gewisse Milde bei unabsichtlich vorkommen­den Verfehlungen vorwalten soll. Wenn das Gesetz erst einmal einige Zeit in Kraft sein wird und wir uns mit demselben vertraut gemacht haben, so ist zu hoffen, daß seine störenden Einwirkungen aus­geglichenwerdenkönnen, wohl aber auch zu wünschen, daß es seinen guten Zweck, unseren Arbeitern und Lehrlingen einen sorgenlosen Sonntag zu schaffen, voll und ganz erfüllen, letztere dann aber auch zur wahren Erkenntnis dieser Errungenschaft gelangen mögen. Bemerkt sei noch, daß die etwaige Sonntags­arbeit des Meisters in keiner Weise unter das Gesetz fällt.

Nagold, 27. März. Die gewerbliche Fort­bildungsschule hatte vergangenen Sonntag in dem unteren und oberen Zeichnungssaal die Arbeiten des vergangenen Jahres ausgestellt. Ein schönes Bild erfolgreicher Arbeit zeigte sich hier. Im untern Saal sahen wir in erster Linie die Zeichnungen der An­fänger aus der Klasse des Herrn Reallehrer Kaz, daneben fanden sich Uebungen im Körperzeichneu (freie Perspektive), wie sie in neuerer Zeit immer mehr gefordert werden, und Herr Stadtbaumeister Schmidt zeigte damit, daß er sich dem Zuge der Zeit erfolgreich anzupassen weiß; einzelne Zeichnun­gen sind musterhaft ausgeführt. Im Hintergrund des Saales befanden sich Arbeiten der Hespele rischen Schule. Die Arbeiten der Malerschule lassen noch zu wenig erkennen, in welcher Richtung diese Schule sich bewegen wird, und auch im Schnitzen scheint noch ein Schwanken zu sein zwischen Kerbschnitt und den Vorübungen zur Bildhauerei. Wir möchten Herrn Hespeler raten, sich mehr letzterem Gebiet zu­zuwenden, da die hiesigen Schreinerlehrlinge hiedurch für ihr Gewerbe manches Brauchbare sich aneigneu könnten. Der Kerbschnitt ist nicht für Gewerbeschulen, sondern dient mehr demformale Zwecke" ver­folgenden Handfertigkeitsunterricht. Die Model­lierübungen zeigen viel Fleiß und Hingabe. Wünschens­wert wäre, daß größere Formen für den Anfang ge­wählt würden, da zu kleine Formen nicht an Pünkt­lichkeit gewöhnen. Dem Fleiß der Schule aber werde alle Anerkennung zu teil. Wohlthuende und inte­ressante Abwechslung bietet der obere Saal. Hier finden wir Arbeiten für Bauhandwerker: Steinhauer, Zimmerleute; ferner Zeichnungen für Mechaniker, Schreiner, Glaser, Sattler, Flaschner, ja sogar ein Webstuhl war zu sehen. Auf den Hinteren Tischen