sollen. Staatssek. Tr. Nieberding verspricht Erwägung der Resolution und erwidert auf eine Anfrage, ob das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb noch in dieser Session an den Reichstag gelangen werde, hänge von dem Umfange der Bundesratsverhandlungen ab. Verschiedene juristische Reformwünsche wurden noch geäußert. Spahn (Ctr.) wünscht in der Konkursstatistik die Angabe der Religion. Hierauf wird die Resolution Strombeck und der Etat des Reichsjustizamtes angenommen. Nach kurzer Debatte wird auch der Etat des Reichseisenbahnamtes genehmigt. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr.
Berlin, 21. März. Zum Besuch, den der Kaiser dem Fürsten Bismarck am nächsten Dienstag in Friedrichsruh abstattet, bemerkt die „Voss. Ztg.": Jedermann wird es begreiflich finden, daß der Herrscher dem greisen Staatsmann persönlich seine Glückwünsche darbringl. Hat doch der Einsiedler von Friedrichsruh solche Verdienste um das Haus Hohen- zollern, daß die Entfremdung die Jahre lang währte, unnatürlich erscheinen mußte! Dieser Zustand hat aufgehört. Fürst Bismarck ist im vorigen Jahre im Berliner Schloß erschienen, um den Herrscher zu seinem Geburtstage zu beglückwünschen und der Kaiser erwidert jetzt diesen Besuch aus dem gleichem Anlaß. Diese Aufmerksamkeit wird dem achtzigjährigen Paladin des ersten Kaisers um so mehr wohl thun, je schwerer er im letzten Jahre von Krankheit heimgesucht und durch den Verlust seiner Gattin niedergedrückt wurde.
Berlin, 22. März. Im Befinden des Prinzen Joachim scheint sich eine Besserung eingestellt zu haben. Während der gestrigen Abendstunde war der Zustand im Allgemeinen befriedigend, doch ist die Gefahr noch nicht beseitigt, und die größte Ruhe notwendig.
Berlin, 22. März. Der Erbprinz von Sachsen- Meiningen wurde zum kommandierenden General des 6. Armeekorps mit dem Sitz in Breslau ernannt.
Stuttgart, 23. März. (Privattelegr. des Gesellschafter.) .Berlin. Der Reichstag lehnte den Antrag, lictr. Beglückwünschung des Fürsten Bismarck, mit 163 gegen 146 Stimmen ab. — Levetzow legte das Präsidium nieder; rauschender Jubel aus der Rechten.
Berlin, 23. März. Das preuß. Abgeordnetenhaus nahm den Antrag auf klebermittlung der Glückwünsche des Hauses an den Fürsten Bismarck zum 80. Geburtstag mit großer Majorität gegen die Polen, das Centrum und die freisinnige Volkspartei an.
Berlin, 23. März. Der Kaiser ließ nach Bekanntwerden des Reichstagsbeschlusses folgendes Telegramm an den Fürsten Bismarck abgehen: „An den Fürsten v. Bismarck, Herzog vonLauenburg, Friedrichs- ruh. Euer Durchlaucht spreche ich den Ausdruck der tiefsten Entrüstung über den eben gefaßten Beschluß des Reichstags aus. Derselbe steht im vollsten Gegensatz zu den Gefühlen aller deutschen Füllten und Völker. Wilhelm."
Frankreich.
Paris, 21. März. Die achte Strafkammer der Seine hat gestern einen Beamten des Kriegsministeriums zu 1 Jahr Gefängnis und 100 Frs. Geldbuße verurteilt. Derselbe war angeklagt, verschiedene geographische Karten sowie eine Generalstabskarte von Madagascar entwendet zu haben.
Paris, 22. März. Aus Cherbourg wird gemeldet, daß das französische Packetboot „Karoline" mir einem englischen Dampfer zusammenstieß. Der Zusammenstoß war so heftig, daß das englische Schiff nur mit Mühe gerettet werden konnte. „Karoline", welche schwer beschädigt ist, nahm das englische Schiff ins Schlepptau und brachte es nach Cherbourg.
Belgien-Holland.
Brüssel, 23. März. Gerüchtweise verlautet, die Pulverfabrik Herenthals bei Antwerpen sei in die Pust geflogen.
Spanien.
Madrid, 20. MäZ. Die Regierung läßt erklären, daß ihr keine Nachrichten über den Kreuzer „Königin Regentin" vorliegen; jedoch wird amtlich bestätigt, daß an der Küste öei Estepona (Provinz Malaga) Trümmer eines Bootes der „Königin Regentin" gefunden worden sind.
Rußland.
Aus Petersburg: Die amtlichen, wie außeramtlichen Petersburger Zeitungen widmen dem scheidenden deutschen Botschafter von Werder die herzlichsten Artikel. Sie rühmen seine diplomatischen Fähigkeiten ebenso sehr, wie seine hervorragenden Charaktereigenschaften. Trotz alledem hat es Herrn von Werder aber doch an der Newa gar nicht mehr behagt.
Amerika.
Der New-Aork Herald meldet aus Lima: Am Sonntag besetzten die Revolutionstruppen die Stadt; tagsüber war ein fürchterlicher Straßenkampf. Am Montag tobte das Gefecht Tag und Nacht weiter. Infolge der Vermittlung des Nuntius Mac Clei
und des diplomatischen Corps wurde am Dienstag ein 24stündiger Waffenstillstand und am Mittwoch Friede geschlossen. 1500 Personen sind kampfunfähig. Präsident Caceres begab sich an Bord eines chilenischen Kriegsschiffes. Provisorische Gewalten sind eingesetzt; die Ruhe ist wiederhergestellt.
Kleinere Mitteilungen.
Teinach, 22. März, Heute nachmittag ereignete sich in der Nähe der Kirchherrschen Sägmühle ein schweres Unglück. Die Arbeiter der letzteren waren damit beschäftigt, große Stämme an das Ufer der stark angeschwollenen Nagold zu schaffen, um das Fortschwimmen der Holzvorräte -zu verhindern. Hiebei kam ein großer Stamm ins Rollen, erfaßte den Arbeiter Lutz von Sommenhardt, welcher an Kopf und Brust so schwere Verletzungen erhielt, daß er nach 10 Minuten seinen Geist aufgab. Der Getötete ist seit vielen Jahren bei Kirchherr beschäftigt und war als ein braver und fleißiger Mann allgemein beliebt.
Urach, 21. März. Ein verheir. Bauer in Würtingen erhängte sich dieser Tage früh morgens. Man glaubt, Sehnsucht nach seiner Frau, die ihn wegen erlittener Mißhandlungen vor 14 Tagen verlassen hatte, habe ihn in den freiwilligen Tod getrieben.
Wangen, 20. März. Dem Bäckerin. Ferd. Riedesser in Neuravensburg ist kürzlich das elfte Kind «resp. der 9. und der Reihe nach der 7. Knabe) geboren worden. Aus erfolgte Anzeige hat Se. Maj. der König die Patenstelle übernommen und dem Patenkinde ein schönes Geldgeschenk überweisen lassen.
Heidenheim, 21. März. Hofkunstfärber Neunhöffer von Mergelstetten, ein großer Verehrer des Fürsten Bismarck, ist zugleich dessen Altersgenosse. Als vor 10 Jahren Bismarck seinen 70. Geburtstag feierte, kamen aus dem hiesigen Bezirk 7 Altersgenossen Bismarcks zusammen und sandten ihm einen Glückwunsch, worauf Fürst Bismarck damals antwortete: „Indem ich mit herzlichem Dank den Gruß meiner sieben 70er Altersgenossen in Schwaben erwidere, bitte ich dieselben, den Austausch der Begrüßung zu wiederholen, wenn wir acht 80er sein werden." Dieser Tage nun haben die Altersgenossen Bismarcks unter Führung des Herrn Neunhöffer mit Bezugnahme auf den Depeschenwechsel von vor 10 Jahren neuerdings eine Gratu- lationsdepersche an den Altreichskanzler abgesandt. Rasch war auch die telegraphische Antwort aus Friedrichsruhe wieder da, welche lautete: „Ich danke herzlich für die 10jährige Ausdauer, habe aber den Mut nicht, mich auf neue 10 Jahre zu verpflichten." Bismarck.
Leipzig, 22. März. Eine wichtige Entscheidung für das Metzgergewerbe hat das Reichsgericht gefällt. Dieselbe lautet: „Enthält die Wurst Mehlzusatz, so ist sie als gefälscht anzusehen." Danach ist jeder Mehlzusatz bei der Wurstbereitung, selbst der geringste, auch nur als Bindemittel verwendet, verboten.
Amberg, 21. März. Die „Amb. Volksztg." meldet, daß gegen sämtliche 154 in der Fuchsmühler Angelegenheit unter Anklage Gestellten das Hauptverfahren vor dem Landgericht m Weiden eröffnet worden ist. Die Hauptverhandlung beginnt am 23. April und wird voraussichtlich mehrere Tage dauern.
Ueber einen Tierkamps in einem Eisenbahnwagen wird aus Lemberg berichtet: Die aus einer Rundfahrt durch Galizien befindliche Menagerie Klucky wurde auf der Bahn von Zolkiew nach Rawa-Ruska befördert. Ein furchtbares Brüllen rief bei Ankunft des die Menagerie mitführenden Güterzugs in der Station Rawa-Ruska wahres Entsetzen hervor. Der Eigentümer der Menagerie ließ den Wagen, aus dem das Geheul drang, öffnen und entdeckte, daß 3 Löwinnen in den durch eine Holzverschalung abgeteilten Raum für Bären und Hyänen eingedrungen waren. Sie hatten einen Bären getötet und bereits angefressen, einen 2. Bären arg zugerichtet und eine Hyäne erwürgt. Einem Tierbändiger gelang es, die wütenden Bestien zu trennen. Allein von einem der verwundeten Bären wurde er in den Arm gebissen.
Tiflis, 21. März. Eine Räuberbande plünderte eine Lakritzfabrik bei der Eisenbahnstation Udsharo, tötete einen Wächter und verwundete einen andern. Darauf beschossen die Räuber zwei auf der Eisenbahnstation haltende Züge, verwundeten aber niemand. Die Räuber sind kaukasische Tartaren. Dieselben gehörten zu der im vergangenen Jahre zersprengten Bande Talyp und Mastalis. Nach dem Ueber- fall wurden die Räuber von den Polizeikosaken verfolgt und bei dem Orte Dshewak eingeholt. Es kam zu einem Gefechte, wobei 5 Räuber, darunter die beiden genannten Häuptlinge getötet wurden. 2 Kosaken fielen, 4 wurden verwundet. Zum Schutze der Eisenbahn wurden Wachen an den Orten ausgestellt, die von den Räuber bedroht werden.
Evanston, 22. März. In einem Kohlenbergwerke in den Rocky-Mountains bei Res Canon fand eine Explosion statt. Man befürchtet 62 Personen seien getötet worden. Der Maschinenraum und andere Baulichkeiten sind völlig zerstört. Als Ursache wird die Entzündung von Kohlenstaub vermutet.
In der Menagerie. Ueber eine aufregende Scene, die Freitag um Mitternacht in Days Menagerie in Blackburn sich ereignet hat, wird berichtet: Eine ausgewachsene Löwin war aus ihrem Käfig entkommen und hatte den Elefanten der für die Nacht angekettet war, angegriffen. Der Elefant schlug den ersten Angriff ab, indem er die Löwin mit seinem Rüssel umschlang, hoch in die Luft hob und nach dem andern Ende des Zeltes schleuderte. Bei ihrem zweiten Angriffe gelang es ihr, ihre Krallen dem Elefanten in den Leib zu schlagen; inzwischen hatte das schreckliche Gebrüll, mit dem die andern Bestien den Kampf begleiteten, den Löwenbändiger Bartlett geweckt; er eilte mit seinem Repetiergewehr herbei, zielte und streckte die Löwin mit einer Kugel, die zwischen den Augen einschlug, nieder. Die getötete Löwin kostete 4000
Verhandlungen des landw. Bezirks-Vereins Calw.
Bei Besprechung der Schwerverkäuflichkeit der bäuerlichen Früchte wurde darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Uebelstand teilweise auch darin seinen Grund habe, daß diese Früchte nicht in dem Grade geputzt zum Angebot kommen, wie es die Käufer, besonders die Großkäufer, wünschen müssen und daß eine tadellose Reinigung nur durch einen „Trieur" möglich sei, der deshalb in keiner Gemeinde fehlen sollte. Uin dessen Beschaffung zu erleichtern und zu derselben aufzumuntern, wurde beschlossen, die ersten 4 Gemeinden, die sich zum Ankauf dieses unentbehrlich gewordenen landw. Gerätes entschließen, eine Rückvergütung von 10°/o des Ankaufspreises zu gewähren.
Den letzten Punkt, Förderung der Schweinezucht, betreffend, so wurde beschlossen, 200 auszusetzen zu Beiträgen an solche Eberhalter, welche Bedacht darauf nehmen, nur englisches Material, bezw. Kreuzung mit demselben zur Zucht zu verwenden und sich hiebei des Rates von Sachverständigen der K. Centralstelle oder der landw. Akademie Hohenheims bedienen. Um über diesen immer noch lohnenden Zweig des landwirtschaftl. Betriebs weitere Belehrung zu geben, fanden in den nächstfolgenden Tagen Wanderversammlungen in Stammheim und Neuweiler statt mit Vorträgen von Landestierzuchtinspektor Fecht aus Stuttgart über eben diesen Gegenstand. Redner gab denn auch interessante Notizen u. umfassende Belehrungen über die Schweinezucht und die Notwendigkeit von deren Hebung in unserem Vaterland. Nicht allein wandern Millionen
— im Jahr 1893 95^'e Millionen — ins Ausland für Import von Schweinen. Schinken rc. sodern auch die Einschleppung von Seuchen, Trichinen rc. bekommen wir mit in den Kauf, was den Wunsch nahe legt, es möchten bei uns so viele dieser Tiere produziert werden, als wir bedürfen. Bei der Schweinehaltung sei zu unterscheiden zwischen Schweinezucht und Schweinemastung. Das erstere sei hauptsächlich dem bäuerlichen Kleinbetrieb anzuraten. Redner empfahl ebenfalls die Haltung englischer Eber oder Kreuzung mit denselben mit steter Blutauffrischung. Mutterschweine sollen nicht zu fett gehalten werden u. sollen während des Säugens kräftige Nahrung erhalten, damit es an Milch nicht fehle, da der frühe Uebergang zu Kuhmilch für die Jungen vom klebe! fei. Nach 4—5 Wochen können Kartoffeln gegeben werden und erst später könne Kuhmilch folgen. Das Mutterschwein soll vor dem Ferkeln als Lager kurz geschnittenes Stroh bekommen, auch sollen an der Wand Schutzstangen für die Ferkel angebracht sein, um deren Erdrücktwerden zu verhüten. Der Futtertrog, am besten aus emai- liertem Eisen, soll stets rein gehalten sein und keine leicht säuernde Ueberreste enthalten. Aber außer guter Nahrung, die auch kalkhaltige Stoffe enthalten darf, soll das Mutterschwein auch Bewegung haben, was auf das Gedeihen der Nachkommenschaft von günstigem Einfluß sei.
Die Stalleinrichtung betreffend, so sei darauf zu halten, daß, weil das Schwein von Statur aus ein reinliches Tier sei, der Stall auch rein gehalten sei: er soll festen Boden mit Ablaufeinrichtung haben, am besten von Cement, da durchläßliche Böden, — weil unter sich viel Schmutzanhäufung
— leicht zu Husten Anlaß geben. Rundhölzer mögen der Kälte wegen aufgelegt, sollen aber später wieder entfernt werden. Anschluß des Schweinestalls an den Kuhstall, aber mit Lüftungsvorrichtung, sei empfehlenswert.
Handel L Berkehr.
Neuenbürg, 23. März. (Schweinemarkt.) Zugeführte 30 Paar wurden zu 25—31 p. P- verkauft.
Reutlingen, 21. März. Bei der heute morgen stattgehabten Ziehung der Reutlinger Kirchenbaulotterie haben gewonnen: 25 000 die Nr. 15749, 5000 ^ : 15781, 2000 ^: 20125, 500 : 44043, 2509. Der Haupt
gewinn mit 25000 ist nach Königsbronn, die 4 nächst hohen Gewinne sind sämtlich nach Stuttgart gefallen.
Wegen Mangel an Raum mußten wir den Artikel über die Versammlung des Gewerbevereins in Altensteig zuruck- stellen und wird solcher in nächster Num mer erscheinen.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.
Druck-Arbeiten
fertigt schnell u. billig G. W. Zaiser, Nagold.