U 15.

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Amtliches.

Bekanntmachung.

In Ebershardt ist die Maul- und Klauenseuche wieder erloschen.

Nagold, den 23. Januar 1895.

K. Oberamt. Vogt.

Gestorben.

Adolf Manch, Kaufmann, Dunningen. Jakob Ha­berbosch, Uhrmacher, Sigmaringen.

lieber die Wahlen in Württemberg

enthält dieNat.-Ztg." folgenden beachtenswerten Artikel, den wir abdrucken, ohne für seine Prophe­zeiungen eine Garantie übernehmen zu wollen. Der­selbe lautet im wesentlichen:

So lebhaft die Wahlbewegung auf allen Seiten ist, so wenig lichtet sich das Dunkel, in dem das Ergebnis des 1. Febr. liegt. Noch nie waren am Vorabend der Entscheidung die Aussichten der Haupt- Parteien bei uns so unberechenbar wie diesmal. Zwar das Zentrum wird seine 20 Wahlbezirke, die ihm durch konfessionelle Majorisierung gesichert sind, im ersten Ansturm nehmen; das Schicksal der übrigen 50 Kreise liegt, soweit sie nicht lediglich eine ernst­liche Kandidatur aufzuweisen das Glück haben, mehr oder weniger in der Hand kleiner Mehrheiten, die herüber oder hinüber ausfallen können. So wird in verhältnismäßig zahlreichen Bezirken die endgültige Entscheidung bei den Anhängern der überall aufge­stellten Zählkandidaturen liegen. Ein Dutzend Sitze wird beim ersten Wahlgang in die Hände der Deut­schen Partei oder ihr nahestehender Richtungen ge­langen; ein weiteres Dutzend wird der Demokratie zufallen, eher weniger als mehr. Beim Reste, also bei etwa 30 Bezirken, werden die Stichwahlen die Entscheidung bringen. Ob da die zersplitterten Stim­men des Zentrums und der Sozialdemokratie ohne weiteres der Demokratie in den Schoß fallen werden, ist zum mindesten zweifelhaft, da die Demokratie im Aerger über die Fortschritte dieser beiden Par­teien, die zum größten Teil auf ihre Kosten erfolgten, in ihrer Bekämpfung nicht gerade wählerisch zu Werke gegangen ist. Die Sozialdemokratie wird ja schließ­lich gegen die Unterstützung in der Stadt Stuttgart wenigstens stillschweigend die gelichteten demokratischen Reihen auf dem Lande wieder ausfüllen; dem Zent­rum, das von der Demokratie bei den Stichwahlen nichts zu hoffen hat, wird dies eine schwere Ueber- windung kosten. Andererseits haben natürlich die nationalen Parteien von ihm ebenfalls nichts zu erwarten. So sind die Deutsche Partei und die Konservativen lediglich auf ihre eigene Kraft ange­wiesen.

Um so mehr ist es zu bedauern, daß es sich die konservative Parteileitung nicht hat nehmen lassen, die Verbindung beider Parteien, die seit Jahr und Tag in der Residenzstadt bestanden hat, gerade jetzt zu lösen, wo die Sozialdemokratie immer ungestümer an die Thore des Halbmondsaales pocht.

Bei der unleugbaren Notlage unserer Landwirt­schaft ist es kein überraschendes Zeichen, daß unsere Bauern je länger je mehr dem Einfluß der demo­kratischen Phrase widerstehen. In allen Teilen des Landes, besonders im Unterlande, im Fränkischen regt sich der Widerwille der Landbevölkerung gegen das 'Nichtsthun der Demokratie. In mehreren Kreisen, die bisher angefochtenes Eigentum der Volkspartei gewesen sind, ist ihr Sieg sehr in Frage gestellt.

Sollte das Gesamtresultat der Wahlen, das Ueber- raschungen nach allen Seiten hin bringen kann, eine

demokratisch-ultramontane Majorität in den Halb­mondsaal senden, so wird wohl die weitere Ueber- raschung dem Lande nicht erspart bleiben, daß ein Teil der Regierung, woran der Ministerpräsident Frhr. v. Mittnacht, seinen Rückrritt erklären wird. (?) So groß das Anpassungsvermögen Mittnachts ist, so dürste er sich doch aus die Länge dem Partikula­rismus der unfehlbaren Folge eines Sieges Gröbers und Payers, nicht beugen. So ist die Entscheidung, die unser schwäbisches Volk diesmal in die Urne legt, eine folgenschwere, wie es sie seit den politischen Kämpfen um die Einheit des Reiches nicht mehr vor sich gehabt hat.

Hages-WemgLeilen.

Deutsches Reich.

8. Nagold. Der hieß Militär-u. Veteranen- Verein hielt vergangenen Sonntag im Lokal (Gast­haus z. Löwen) seine jährliche Generalversammlung ab. Dem Rechenschaftsbericht war zu entnehmen: daß das Vereinsvermögen in barem Bestände auf

1573.43 angewachsen ist, gegen ^ 1433.19 im Vorjahr, also ein Mehr von 140.24 Z. Die Gesamtmitgliederzahl beträgt rr) aktive 154, b) pas­sive 47, Ehrenmitglieder 2, zus. 203. An Unter­stützungen wurden im abgelaufenen Jahre 78 gewährt. Das Bundesorgan, die Württ. Krieger­zeitung, wird im Verein in 105 Exemplaren gelesen. Bei den Neuwahlen wurden die seitherigen Vor­stands- und Ausschußmitglieder teils durch Akkla­mation, teils durch geheime Abstimmung wieder­gewählt. Gleichzeitig wurde anläßlich des allerhöchsten Geburtsfestes Sr. Majestät Kaiser Wilhelms II eine Feier mit verbunden, die durch Ansprachen und Toaste dem obersten Feldherrn die gebührende Aner­kennung zollten. Zum weiteren Gelingen der Feier trug der Singkranz des Vereins durch seine schönen Vorträge wesentlich bei. Nach Beendigung dieser Feier nahmen die meisten anwesenden Mitglieder noch an der allgemeinen Geburtstagsfeier im Gasthof z. Post teil, über welche in diesem Blatte ja schon berichtet wurde.

Nagold, 31. Jan. (Einges.) Der gestern Abend stattgefundene Vortrag des Hrn. Präzeptor Thierer überGesellsch.-Ordnungen" war außerordentlich zahlreich besucht. Der Vortrag selbst zerfiel in 2 Teile; in einen ersten, der vom Redner selbst aus­gearbeitet war, und in einen zweiten, in welchem er das Wort dem Verfasser des BuchesWeder Kommunismus noch Kapitalismus," Karl Jentsch, lieh. Im ersten Teile zeichnete der Vortragende zuerst das Wesen der drei Gesellschaftsordnungen: Sklaverei, feudale und kapitalistische Gesellschafts- Ordnung. Dann ging er näher darauf ein zu zei­gen, wie und wodurch die kapitalistische Gesell­schaftsordnung ins Leben trat, gefördert und groß­gezogen wurde. Daran schloß sich eine Darlegung der Wirkungen der kapitalistischen Produktionsweise. Zuerst wurde auf die Lichtseite hingewiesen, die in einer gewaltigen Steigerung des Reichtums und der Lebenshaltung nach allen Seiten bestehe; wohl keine Gruppe der Bevölkerung sei hievon ganz aus­geschlossen. Zu den Schattenseiten aber gehöre, daß gerade in Folge der kapitalistischen Produktions­weise sich die Neubildung einer sozialen Bevölkerungs­gruppe vollzog, die für unser Staatswesen immer mehr von entscheidender Bedeutung werde; es sei dies die Gruppe der besitzlosen, großindustriellen und meist großstädtischen Arbeiter. Weil eben die kapitalistische Produktionsweise die Tendenz habe, einen

stets anwachsenden Teil der Bevölkerung zu Proleta­riern zu machen, sei eine der Kernfragen unserer Zeit:Ist ein freier Stand besitzloser Arbeiter möglich?" In den alten Staaten mit Sklaverei und in der feudalen Gesellschaftsordnung habe man dies für unmöglich gehalten, im modernen Staate sei man dahin gekommen, die Freiheit und Gleich­berechtigung aller im Staate formell anzuerkennen. Praktisch ergeben sich aber jetzt dadurch Mißlich- keiten, daß der stets anwachsende Stand be­sitzloser Arbeiter Gleichberechtigung habe. Wenn die Entwicklung der Dinge im bisherigen Gange fortschreite, so gebe es schließlich nur zwei Möglichkeiten: entweder rückwärts zum mittelalter­lichen Ständestaat oder vorwärts zum Sozialismus. Die Forderungen des Sozialismus kennzeichnete der Redner durch Verlesung des 5. Absatzes des Erfurter Programms und bemerkte dazu nur, bei volkswirt­schaftlichen und sozialen Fragen dürfe man sich nicht in erster Linie auf den Rechtsstandpunkt stellen, sondern es sei notwendig zu fragen, was notwendig und wünschenswert, was möglich und erreichbar sei und darüber könne schließlich unter Verständi­gen eine Einigung erzielt werden. Soweit ging der eigene Vortrag des Redners. Im zweiten Teil ließ er, wie gesagt, Karl Jentsch das Wort, verlas zunächst die Ansichten dieses für und wider die Sozialdemokratie und führte dann den Zu­hörern das Ideal von Jentsch vor, wonach dieser einen Ausweg aus den Wirrnissen unserer Zeit ge­funden haben will. Ehe Redner darauf einging, das betreffende Kapitel im Buch von Jentsch zu ver­lesen, erklärte er, er wolle uns diesen Vorschlag zur Kenntnis bringen und es kenne dann jeder sich seine eigene Ansicht bilden. Niemand wird sich erinnern, daß der Redner gesagt hat, seine Ansichten decken sich mit denen von Jentsch. Redner hat nur ge­glaubt, es interessiere die Versammlung einen Vor­schlag zu hören, der allerdings unseren bisherigen Anschauungen stracks zuwiderläuft, und es schade nichts, wenn man auch darüber sich Gedanken mache.

.-Es sei kurz gesagt; der Vorschlag von Jentsch läuft darauf hinaus, das Kolonisationsgebiet der übervöl­kerten Staaten Europas, darunter in erster Linie Deutschlands, seien Rußland, Kleinasien und Süd­amerika. Wie neu, ober doch interessant dieser Vorschlag die Zuhörer anmutete, zeigte sich in der nachherigen. sehr lebhaften Unterhaltung der Versamm­lung. (Anm. d. Red. Dem Gewerbeverein und seinen Mitgliedern, sowie allen anderen Anwesenden bei obigem Vortrage, welche dem letzteren mit Interesse, jedenfalls aber mit gemischten Gefühlen gefolgt haben werden, möchten wir betreffs der vom Vortragenden erwähnten Beilage im Gesellsch. Nr. 9Rede des Abg. Frhr. v. Stumm" folgendes mitteilen: Die Beilage wurde uns von einem Reichstagsabgeord­neten in Berlin zur Verfügung gestellt und haben wir dieselbe für unser Blatt kommen lassen, weit ihre Ausführungen eben gegen den Umsturz und nicht etwa für denselben sprachen. Wir glauben, daß wir damit im Sinne vieler und wohl auch derer gehandelt haben, welche sich nicht enthalten konnten, das Streiflicht, welches der Vortragende aus diese Rede fallen ließ, mit einer allerdings nur halblauten Zustimmung begleiteten. Noch eins! Ob der citierte Jentsch" mit seinen Utopien das Ei des Kolumbus der Wirtschaft!. Frage gefunden hat oder nicht, wird den hiesigen Gewerbe-Verein kaum allzuviel beschäftigen.)

Nagold. In Sachen der Feuerwehr. Auf den in 'Nr. 14. d. Bl. erschienenen Art. L er­widere ich: 1) die der Komp.-Versammlung voran-