und den Kirchenlehren. Alle Völker und alle Zeiten, Geschichte und Sage, mußten dem genialen Manne Themata liefern für seine Werke. Was er las, ver­wandelte er in Verse, undso dichtete er" wie Jakob Grimm sagtüber alles und er dichtete nichts." Befindet sich auch unter der Menge seiner Dichtungen manches unbedeutende, so war er doch keineswegs ein handwerksmäßiger Reimer und ver­diente nicht im geringsten die Verachtung, die ihm später zu teil ward und die sich in dem Spottverse aussprach:Hans Sachs war ein Schuh- ' wacher und Poet dazu."

Vielmehr war er ein wirklicher Dichter, wie dies bereits Wieland und nach ihm Göthe erkannte, der den berühmten Nürnberger Meistersänger wieder zu Ehren brachte. 1560 starb seine Frau: bereits nach anderthalb Jahren schloß der greise, aber noch rüstige Sachs eine zweite Ehe mit der jugendlichen Barbara Häscher, deren Reize er im Stil der Liebesdichter, ge­gen den er sonst geeifert, treuherzig pries. 1567 zählte er 4275 Meisterschulgedichte, 1700 Erzählungen, Schwänke u. s. w., 73 geistliche und Kriegslieder und 208 dramatische Dichtungen, zusammen 6256, welche 34 große Manuskriptbände füllten. Seit 1558 hatte er begonnen eine Ausgabe seiner Dichtungen in schön ausgestatteten Foliobänden zu veranstalten.

Sachs starb am 19. Januar 1576 in seiner Vater­stadt. Zum Andenken an ihn sang einer seiner dank­barsten Schüler, Adam Puschmann aus Görlitz, ein Lied, worin er namentlich die letzten Lebenstage des edlen Greises in ergreifender Weise schildert.

Die älteste von ihm selbst veranstaltete Ausgabe seinerSehr herrlichen, schönen und wahrhaften Ge­dichte, geistlich und weltlich" ließen Adalbert v. Keller und E. Götze 18701882 in 14 Bänden abdrucken.

Und so nehmen wir Abschied von dem treuher­zigen echten deutschen Dichter mit den Worten Göthes: Wie er so heimlich glücklich lebt.

Da droben in den Wolken schwebt Ein Eichkranz, ewig jung belaubt.

Den setzt die Nachwelt ihm aufs Haupt;

In Froschpfuhl alt das Volk verbannt.

Das seinen Meister je verkannt.

Hages-Weuigkeilen.

Deutsches Reich.

Alten steig, 4. Nov. Bei der Ausschußsitzung des Gewerbevereins, in welcher die Frage einer Landesgewerbeausstellung in Stuttgart zur Sprache kam, erklärte sich die Gerbergenossenschaft zur Be­schickung derselben bereit, während sonstige Gewerbe­treibende noch keine bestimmte Zusage gaben.

r. Ebhausen, 6. Nov. Zu den vortrefflichen gemeinnützigen Einrichtungen sind gewiß auch mit Recht die Ortsviehversicherungsvereine zu zählen deren es in unserem Bezirk verschiedene gibt. Zwar ist durch neuere Gesetze auch der Staat verpflichtet, bei Verendungen von Viehstücken an verschiedenen Seuchen, die betreffenden Besitzer der Tiere zu ent­schädigen; gleichwohl bleiben aber noch manche Fälle übrig, wo für verendete oder notgeschlachtete Tiere deren Eigentümer eine Entschädigung aus der Staats­kasse nicht zu erwarten haben. Darum ist es von großer Wichtigkeit, wenn sich die verschiedenen Vieh­besitzer vereinigen, um m solchen Fällen, wo keine Entschädigung aus der Staatskasse gereicht wird, den vom Unglück Betroffenen zu unterstützen. Dies ist namentlich in Zeiten, in denen die Viehpreise wie gegenwärtig eine ganz ungewöhnliche Höhe er­reicht haben, von großem Wert. Ein hiesiger Bür­ger maßte in letzter Zeit kurz nach einander zwei wertvolle Kühe schlachten. In beiden Fällen hätte er keinen Anspruch aus eine staatliche Entschädigung gehabt und sein Schaden Hütte mindestens 600 betragen, wenn nicht der hiesige Viehversicherungs­verein ins Mittel getreten wäre. Im vorigen Jahr gelang es den Bemühungen des hiesigen Ortsvor­stehers, H. Schultheiß Dengler, den Verein ins Leben zu rufen, dem nun über 100 Viehbesitzer bei­getreten sind. Die Vereinsbedingungen sind so ein­fach als möglich gefaßt. Regelmäßige Beiträge in die Vereinskasse werden nicht erhoben. Muß einem Mitglied ein Tier, dessen Wert von einer gewählten Kommission festgestellt wird, notgeschlachtet werden, so wird auch der Preis von 1 Pfd. Fleisch darnach bestimmt. Jedes Mitglied muß so viele Pfund Fleisch um den normierten Preis von dem gefallenen Tier holen, als die Zahl seiner versicherten Viehstücke

> beträgt. Der Wert für die Haut oder des von seinem geschlachteten Stück Vieh selbst benützte Fleisch wird von dem Erlös abgezogen. Der besagte hiesige Bürger hat zwar auf diese Weise nicht den voll­ständigen Wert seiner beiden schönen Tiere ersetzt bekommen, doch ist sein Verlust kein namhafter, und dankbar ist er denen allen, die das Zustande­kommen des hiesigen Viehversicherungsvereins er­möglichten.

Sulz OA. Nagold, 5. Nov. Bei der heute achm. von 12'.23 Uhr vorgenommenen Schult­heißenwahl haben 1. der seitherige Schultheißen­amtsverweser, Acciser und Gemeinderat Dengler, Metzger 100 Stimmen, 2. Gemeinderat, Molkerei- und Kriegervereinsvorstand Fr. Wörner, Schmied 65 Stimmen erhalten. Zersplittert: 3 Stimmen. Wahlberechtigt waren 177. Somit ist Acciser Dengler mit 100 Stimmen als gewählt zu be­trachten. Wir gratulieren ihm zu seinem verantwor­tungsvollen Postep!

Alpirsbach, 4. Nov. Wie dieSchw. D. Ztg." hört, wurde der Gehalt des neu zu wählenden Stadt­schultheißen seitens der bürgerlichen Kollegien auf 3000erhöht, um einem tücht. Kandidaten Gelegen- heilzu geben, sich um diese Stelle bewerben zu können. Die hiesige Stadtschultheißenstelle soll daher zur Bewerbung ausgeschrieben werden. Gestern und heute sind bereits 2 Kandidaten hier gewesen und stellten sich persönlich vor.

Stuttgart. Regierungsdirektor v. Schicker im Staatsministerium des Innern soll, wie uns mit­geteilt wird, für den zum Mitglied des Geheimen Rats ernannten Staatsrat Dr. v. Stieglitz als Bun­desratsbevollmächtigter in Berlin in Aussicht ge­nommen sein.

Stuttgart, 4. Nov. Wie man hörl, ist von dem Geh. Hofrat Dr. v. Jobst, in weiteren Kreisen bekannt als Vorstand der Stuttgarter Handels- und Gewerbekammer und Leiter der Landesgewerbeaus­stellung von 1881, der Stadt Stuttgart zum An­denken an seine jüngst verstorbene Gemahlin eine beträchtliche Stiftung zugedacht. Das fällst ge­wordene Hotel Oberpollinger ist jetzt auf Anordnung der Konkursverwaltung geschlossen worden. Wie man hört, besteht seitens einer diesigen Konfektions- sirma die Absicht, das Haus anzukaufen, um darin einen großen Modebazar einzurichten. Den nach der Königsstraße zu gelegenen Hauptladen im Königin­bau hat die Möbelfirma Wirth für 22,000 Mark jährlich gemietet. Es dürfte die höchste Ladenmiete sein, die bisher in Stuttgart bezahlt worden ist.

(Schw. B.)

Stuttgart, 4. Nov. An dem beutigen feier­lichen Trauergottesdienst für den verstorbenen Zaren in der ruffischen Kapelle der Villa Berg nahm der König und die Königin, die Mitglieder des König­lichen Hauses, die Staatsminister, das diplomatische Corps und die Generalität teil. Der König und die Königin wurden bei ihrer Ankunft in der Villa Berg von dem russischen Gesandten empfangen und in die russische Kapelle geleitet. (Schw. B.)

Stuttgart, 5. Nov. (Evang. Landessynode. 9. Sitzung.) Tagesordnung: Bericht der Kommission für Lehre und Kultus über den Antrag Bacmeister und Gen. betr. eines Bibellesebuchs für die evang. Schulen Württembergs. Landesherr!. Kommissäre: Präs. v. Gemmingen, Prälat v. Wittich. Nach Er­öffnung der Sitzung wird der Abgeordnete Reg.-Rat Haag (Ersatzmann für den Fürsten Hohenlohe) be­eidigt. Berichterstatter ist Stadtpfr. Kopp. Der Antrag Bacmeister lautet: Die Synode wolle die Oberkirchenbehörde bitten, darauf hinzuwirken, daß die württbg. Bibelanstalt ein Bibellesebuch etwa in der Art der von der Bremischen Bibelgesellschaft 1894 ausgegebenen Schulbibel veröffentliche, das dann in den evang. Schulen gebraucht werden darf. Was zunächst das Bedürfnis anbelange, so seien dafür didaktische und pädagogische Gründe angeführt worden. Auch sittliche Bedenken werden daher ins Feld geführt. Im Interesse der Bibel selbst und aus praktischen Gründen sei die Einführung des Bibellesebuchs zu empfehlen. Die Gegner derselben haben dagegen verschiedenes einzuwenden, insbeson­dere den Grund, daß die Bibel das Buch der gött­lichen Offenbarung sei, von dem nichts genommen werden soll. Einmal müsse die Vollbibel doch der evang. Jugend gegeben werden. Jedenfalls müsse bei dem Konfirmanden-Unterricht die Vollbibel be­nützt werden. Das Bedürfnis eines Bibellesebuchs

sei von der Kommission bejaht worden, es handle ' sich nun darum, in welcher Form dasselbe beraus- gegeben werden sollte, ob Bibelauszug. Schulbibel oder Bibellesebuch, dem letzteren wurde der Vorzug gegeben. Die Kommission empfiehlt den Antrag Bacmeister und Gen. unter Aenderuug des Wortes Art" inForm" (mit 5 gegen 3 Stimmen) zur Annahme. Für den erkrankten Antragsteller begrün­det Prof. Dr. Hieber in eingehenoer Weise den An­trag Bacmeisters und widerlegt die dagegen einge­machten Gründe. Der Reformator Luther schon habe den Katechismus für die Jugend angewandt. Pfr. Schmid-Sonneck stellt den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung. Die für das Bibellesebuch ins Feld geführten Gründe haben Redner nicht über­zeugt, was er näher ausführte. Im Falle der Ein­führung des Lesebuchs wird die Vollbibet mit der Zeit verschwinden. Wenn man Abschnitte entfernen ipMe, wo solle man dann anfangen und wo auf- ören. Berichterstatter Kopp bringt eine Zuschrift aus Kreisen der Gemeinschaft gegen die Einführung des Lesebuchs zur Kenntnis. Prälat v. Leckster spricht sich in längeren Ausführungen für Einführung des Bibellesebuchs aus. Er halte es im Interesse der Schuljugend für geboten. Die Bibel sec kein Schul­buch. Die Schulbibel sei so gut wie eine Vollvibel. Prälat v. Wituch: Daß die Frage schwierig ist, sei^ von allen Seiten anerkannt worden. Die Frage ob eine Schulbibel eingeführt werden soll betr. stehe das dogmatische Gewissen dem pädagogischen Gewissen gegenüber. Das Prinzip der Unverletzlichkeit der hl. Schrift würde dadurch unterbrochen. Die Ober­kirchenbehörde habe noch nicht entschieden. Für diese Entscheidung sei das Votum der hohen Synode ein ansehnliches Moment. Dekan Schwarzkopf kann der Einführung des Bibettefeouchs nur zujiunmen, wenn das Neue Testament unverkürzt ausgenommen werde. Stadtpfr. Römer ist für den Antrag der Kommissionsminderheit, also gegen die Schulbibel. Es sei nicht richtig, daß, wie Prälat v. Leckster ge­sagt habe, die Bremer Schulbibel sei so gut wie die Vollbibel. Die Vollbibel sei von Gott, die Schul­bibel von Bremen. Dr. Egelhaaf ist für den Antrag Bacmeister. Das alte Testament enthalte manches, was die Jugend nicht zu wissen brauche. Anders sei es mit dem Neuen Testament. In dieser Be­ziehung sei er mit dem Abänderungsantrag Schwarz­kopf einverstanden. Stadtpfr. Stockmayer ist gegen das Bibellesebuch, durch die hl. Schrift sei noch niemand sittlich verdorben worden. Htizel ist nicht nur für eine Schul- sondern auch für eine Familien­bibel. Dr. Hieber teilt mit, daß die Kommissions­mehrheit sich mit dein Antrag Schwarzkops geeinigt habe und für die Aufnahme des ganzen Neuen Testaments in das herzustellende Bibellesebuch eintrete. Präs. v. Gemmingen hält es für zweckmäßig, aus dem Mehrheitsantrag die Bezugnahme auf die Bibel­anstalt und die Bremische Schulbibel wegzulassen. 'Regle ist gegen die Anregung des Coustftorialprä- sidenten. Der Kommissionsantrag mit dem Amen­dement Schwarzkopf und die Anregungen des Con- sistorialpräsidenten v. Gemmingen wird mit 38 gegen 17 angenommen, dagegen der Antrag Schmid-Sonneck und der Antrag der Kommissionsminderheit abge­lehnt. Nächste Sitzung: Morgen 9 Uhr. Tagesordg.: Religionsrevers alien.

München, 5. Nov. DieAmberger Volksztg." entnimmt dem umfassenden Amtsberichte des hiesigen Regimentsobersten: Die schonendste Säuberung des Fuchsmühler Waldes war eingeschärft, beide gelötete Bauern sowie die Verwundeten hatten mit Aexten und Sägen die Solöaten bedroht. Die Rückenstiche rühren von den Soldaten her, welche sich gegenseitig bei der Gegenwehr unterstützten.

Darmstadt, 5. Nov. Hr. Otto Mayer vom Kgl. Hoftheater in Stuttgart ist nach seinem vier­maligen beifällig aufgenommenen Gastspiel von näch­ster Saison ab für das Fach des jugendlichen Ko­mikers an unserem Hoftheater angestellt worden.

Die Reise des Fürsten Bismarck und seiner Familie von Varzin nach Friedrichsruh ist nunmehr auf den 10. d. Mts. festgesetzt worden. Bedauer­licherweise verlautet, daß der Altreichskanzler in den letzten Tagen wieder unter starken Gesichtsschmerzen zu leiden gehabt habe.

Das Disziplinarurteil gegen den Kanzler Leist ist neben den sehr ausführlichen Entscheidungs­gründen jetzt veröffentlicht worden. Von dem häß­lichen Sittengemälde, das die Entscheidungsgründe