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Ferner wird

6) darauf aufmerksam gemacht, daß Leibgedinge, einschließlich ein­gedingter Wohnungsrechte, Leibrenten n. s. n>. der Besteuer­ung unterliegen und daher gleichfalls z» fatieren find.

Ebenso wird zur genauen Nachachtung von Seiten der Ortssteuer­kommissionen und Steuerpflichtigen bemerkt, daß durch Art. 1 des Gesetzes vom 30. März 1872 die Steuerfreiheit der Renten und Dividenden aus der württembergischen Gewerbesteuer unterliegenden Aktienunternehmungen (Art. 1 II. Schlußsatz des Gesetzes von 19. September 1852) und ebenso die gänzliche oder teilweise Steuerfreiheit des aus dem Auslande fließenden und im auswärtigen Staate bereits einer Steuer unterliegenden Kapital- und Renteneinkommens (Art. 3 ä. i. des Gesetzes vom 19. Septbr. 1852) aufgehoben worden ist und in letzter Beziehung blos die nachweisbar zum Ansatz kommende auswärtige Steuer am Jahresertrag dieser Einkünfte ab­gezogen werden darf.

Verzinsliche nnd unverzinsliche Zielfor-ernngen (Zieler) unter­liegen gleichfalls der Kapitalsteuer und sind deshalb zu satteren. Zur Fassion verpflichtet das Recht zum Bezug, es ist z. B. eine, von Martini 1886 an verzinsliche, an Martini 1887 zahlbare Zielsorderung auf den 1. April 1887 zu fatieren. Ebenso ist eine, von Georgi 1886 an verzinsliche und an Ge- orgi 1887 zahlbare Zielforderung noch auf den 1. April 1887 zu fatieren.

Das feste ständige Berufs- und Diensteinkommen ist nach dem Stande vom 1. April 1887, das veränderliche wechselnde nach dem Ergebnis des der Fatierung unmittelbar vorangegangenen Jahres (12 Monate, also von der Zeit 1. April 1886 bis 3l. März" 1887) je im vollen Jahresbetrag zu satteren.

Die Einlagen in die allgemeine Landessparkasse in Stuttgart brauchen nicht fatiert zu werden. Es können daher diejenigen Personen, welche keine anderen als in genannter (in Art. 3 lit. e. des Gesetzes vom 19. September 1852 aufgeführten) Sparkasse angelegten Kapitalien be­sitzen, bei der Aufnahme unberücksichtigt bleiben und im Aufnahmeprotokoll weggelassen werden.

Die Steuerpflichtigen haben die Fassionen selbst zu unterzeichnen. Die Bevollmächtigten der im Auslande sich aushaltenden Steuerpflichtigen und die Privatvermögensverwalter haben den Fassionen Vollmachten in Original oder beglaubigter Abschrift unter Angabe der Giltigkeitsdauer beizuschließen.

Die gesetzlichen Stellvertreter bedürfen einer Vollmacht nicht.

Wer sein der Besteuerung unterliegendes Einkommen ganz oder teil­weise verschweigt, hat neben der verkürzten Steuer den zehnfachen Betrag derselben als Strafe zu bezahlen, swelche auch nach dem Tode des Schuldi­gen angesetzt werden kann.

Die Steuergefährdung ist im Falle unvollständiger oder unrichtiger Fassion mit Ablage der schriftlichen oder mündlichen Erklärung an die Auf­nahmebehörde, bei gänzlicher Unterlassung der Anzeige aber mit dem Ablauf des Steuerjahrs vollendet (Art. 11, Abs. 3 des Gesetzes vom 19. Septbr. 1852).

Die durch gänzliche oder teilweise Verschweigung des steuerbaren Einkommens begangene Verfehlung wird dann straffrei gelassen, wenn von dem Steuer­pflichtigen oder Fassionspslichtigen, oder nach dem Tode des Schuldigen von Seiten eines seiner Erben, bevor eine Anzeige der Verfehlung bei der Behörde gemacht wurde oder ein strafrechtliches Einschreiten erfolgte, die unterlassene zu nieder abgegebene Er­klärung (Fass io n) bei einer Aufnahmebehörde oder einer dieser Vorgesetzten Steuerbehörde nachgetra­gen oder berichtigt und hiedurch die Nachforderung

der sämtlichen nicht verjährten Steuerbeträge er» möglicht wird. (Gesetz vom 13. Juni 1883.)

Den 14. April 1887.

Kgl. Kamerakamt.

Kemmel.

H'ocitrschs Wcrchvichterr.

Deutsches Reich.

Man schreibt derKöln. Ztg." aus Petersburg:Das fran zösische Anerbieten eines Bündnisses, von dem das Gerücht wissen wollte, ist eine Thatsache, ebenso aber auch die auf Befehl des Zaren erfolgte a b - schlägige Antwort. Letztere gewinnt noch dadurch an Bedeutung, daß zu gleicher Zeit auch die Beteiligung an der französischen Ausstellung ver­weigert wurde. Diesmal hat die Politik des Herrn v. Giers einen weit entschiedeneren Sieg über Katkow davongetragen, als neulich anläßlich des Verweises. Aber so erfreulich die jetzige kaiserliche Politik für Aufrechterhal­tung des Friedens ist, so darf man sich doch der Ansicht nicht verschließen, daß die Mehrheit der russischen Gesellschaft dieselbe mit scheelen Augen ansieht."

Rußland.

Wiener Korrespondenten englischer Blätter sind ungemein geschäftig, die Gerüchte von Attentaten auf den Zaren aufrecht zu halten. Es heißt jetzt sogar, bei dem zweiten Attentat in Gatschina am 29. März sei der Zar am Arme verwundet worden und eine zweite Kugel fehlte nur um ein Haar. Ein Gardesoldat feuerte auf den Thäter, verwundete ihn und verhaftete denselben. Amtlich wird bekanntlich auch dieser Mordanschlag gänzlich in Abrede gestellt.

Spanien.

Ueber die neuen Erwerbungen Spaniens in Westafrika schreibt der Madrider Berichterstatter derTimes": Durch die Aneignung der Sahara­küste zwischen Kap Blanco und Kap Bojador nebst etwa 150 Meilen Binnen­landes und durch die jüngst mit den Schelks des -weiter östlich liegenden Adrar abgeschlossenen Verträge treibt Spanien einen Keil zwischen die fran­zösischen Besitzungen am Senegal und die Südgrenze Marokkos und gewinnt eine wichtige Flankenstellung gegen die geplante Eisenbahn von Algier zum Senegal, falls dieselbe jemals ausgeführt werden sollte. Wenn die nördliche Grenze der Erwerbung das Kap Bojador erreicht, so erstreckt sich das neue spanische Gebiet mit einer Küstenlinie von 500 engl. Meilen über nicht wen­iger denn 75,000 lH Meilen. Auf der ganzen Küste aber ist nur ein brauch­barer Hafen, etwa in der Mitte der beiden Kaps, an der Mündung des Goldflusses; Spanien hat hier eine Niederlassung angelegt, die indessen noch keine Erfolge auszuweisen hat, der Hafen ist zwar verbesserungsfähig, doch fehlt es bis jetzt dort vollständig an Süßwaffer.

Hcrges-Werrrgkeiterr.

Wildbad, 12. April. Gestern vormittag mit dem 11 Uhr-Zug traf das Präsidium des Württ. K r i e g e r b un d e s, an der Spitze desselben Hofmarschall Frhr. v. Wöllwart, hier ein. Empfangen wurden die Herren von Herrn Stadtschultheiß Bätzner und den Mitgliedern des Fest- komites für den an Pfingsten hier abzuhaltenden VIII. Bundestag. Nachdem der in Aussicht genommene, unmittelbar an der Bahn belegene Festplatz be­sichtigt war, begaben sich die Herren zu einer Vorbesprechung und Feststellung des Festprogramms in den Saal des Gasthofes zur Eisenbahn, woselbst vor Beginn der Verhandlungen von Kamerad Schweizer, dem Besitzer des Gasthofes und Vorstand des hiesigen Kriegervereins, ein Gabelfrühstück ge­richtet war. Nach Beendigung der Beratungen wurde im K. Badhotel das Diner eingenommen, welches dem Hotelier Hrn. Wetzel in jeder Hinsicht

Im Garten am SeeGott weiß wo."

Erlaubt Ihr, daß ich sie aufsuche?"

Geh' nur und bring' sie mir bald herein. Wenn die Sonne hinunter ist, wird's jetzt schon recht kalt."

Sie nickte dem jungen Mann mit traurigem Lächeln zu, und der Junker war schon einige Schritte weit gegangen, als- er sich plötzlich noch einmal unwandte und zurückkam.

Zürnt Ihr mir, Frau Pate?" fragte er wie leise um Verzeihung bittend.

«Weshalb?" meinte Frau Giedde erstaunt.

«Daß ich solche Sehnsucht nach dem Leben in der großen Welt habe."

Wie dürste ich Dir deshalb zürnen?" versetzte sie mild, im Gegenteil, ich be­greife diesen Zug recht gut; ich war ja auch einmal jung, und meine Brüder ver­gingen dazumal ordentlich vor Sehnsucht, aus dem Neste auszufliegen."

Und sind sie draußen im steten Kampf mit dem feindlichen Leben nicht tüchtige Männer geworden?" fragte der Junker mit leuchtenden Augen.

Die Geschichte Dänemarks wird ihre Namen den spätesten Geschlechtern ver­künden, und so lange man von dem furchtbaren Kriege, der dreißig Jahre lang in Deutschland gewütet hat, erzählt, wird man den Namen Sture nicht vergessen", sagte Frau Giedde stolz,das meinte ich auch nicht; denn im Grunde hast Du recht, wenn ein Mann etwas Tüchtiges werden will, so muß er hinaus in's brandende Meer des Lebens, bei uns im Waldesfrieden, im Kampfe mit friedlichen Wachteln und Birk­hühnern wird er's nicht. Aber ich fürchte für Dich, denn Du bist leicht und bei einer Feder genügt ein schwacher Hauch, um sie von der geraden Bahn abzuwehen."

Holger war sehr gerührt und wagte es gar nicht aufzublicken; Frau Giedde kam ihm in diesem Augenblick wie eine Heilige vor.

Willst Du mir versprechen, Dich brav zu halten?" fragte die blasse Frau nach einer Weile.

Bei meiner Ehre, Frau Pate, das will ich", rief er leidenschaftlich, dann sagte er innig,gebt mir Euere Hand."

Da", und die Kammerherrin reichte ihm ihre feine, weiße Rechte.

Haltet Ihr mich für schlimm?" fragte Holger, sie ernst ansehend.

Nein", entgegnete Frau Giedde und schüttelte lächelnd den Kopf.

Wirklich nicht", beteuerte Frau Giedde, dann fuhr sie etwas strenger fort, übrigens merke Dir für die Zukunft, daß Christine Gieddesnein"nein" heißt und keine Verstärkung oder, wie die gelehrten Herren sagen, supsrlativue zuläßt."

Euere Rede seija, ja nein, nein", citierte der Junker, der dabei gar nicht mehr zerknirscht aussah,was darüber ist, das ist vom Uebel."

Du hast Deine Bibelsprüche gut im Kopfe."

Ich wollte Euch nur für Eure Lehre danken aber, Frau Pate, was denkt Fräulein Ebba über mich?"

Bildest Du Dir denn ein, daß alle Welt etwas über Dich denken muß?

Der Junker errötete und schlug die Augen nieder. Als er aber gleich darauf die Kammerherrin ansah, bemerkte er, wie ein inniger Zug das bleiche, feine Gesicht der alten Dame verklärte der schwand aber schnell, sie lachte und sagte:

Was fragst Du mich darnach; wenn Du es wissen willst, so frage sie selbst."

Erlaubt Ihr mir das?"

Erlauben, was heißt erlauben? Ist eS denn etwas Absonderliches, wenn ich Dir zur Selbsterkenntnis verhelfe und sorge, daß ein kleines Fräulein Dir sagt, Du wärest ein loser Bösewicht?"

Glaubt Ihr, was Ihr da sagt?" fragte der Junker und blickte die scherzende Kammerherrin forschend an.

Frau Giedde zuckte die Achseln.

Auf Wiedersehen!" rief der Junker.

Auf Wiedersehen."

Ehe Frau Giedde jedoch die breiten Sandsteinstufen der Freitreppe Hinausstieg, wandte sie sich noch einmal um und sagte mit Betonung:

Kommt bald herein und schwatzt Euch nicht fest ich bereite indessen den Thee."

Der Junker nickte lachend und eilte durch die schmale Treppe davon, während Frau Giedde gedankenvoll in's Schloß trat.

(Fortsetzung folgt.)

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