verurteilt. Die Sitzung wurde ohne Zwischenfall geschlossen.

Paris, 13. Aug. Ter Ausschuß zur Prüfung der Begnadigungen Hai beschlossen, Caserio nicht der Gnade des Präsidenten der Republik zu empfeh­len. Der Mörder Carnots wird daher voraussichtlich noch in dieser Woche hingerichtel werden.

Lyon, 12. August. Seit 48 Stunden hat Caserio seine bisber an den Tag gelegte Ruhe ein- gebüßu Wiederhol schreckt er nachts von seinem Laaer empor, starrt auf irgend einen Punkt seiner Zeile und sinkt dann von kaltem Schweiß bedeckt, zusammen. Diese Anfälle sind von kurzer Dauer, aberzuweilen von besonderer Heftigkeit. Den wieder­holten Fragen der Wächter, ob er schwere Träume habe, setzt der Verurteilte beharrliches Schweigen entgegen.

Lyon, 13. Aug. Caserio soll nunmehr doch erst nach dem 15. d. M. hingerichtel werden, da gegen­wärtig in Lyon ein Musikwctlstreit (!) staltfindet, der Ins zum 15. d. M. dauert. (Sehr zartfühlend.)

England.

London, 11. Aug. Der Kaiser, der sich morgen von der Königin von Großbritannien verabschieden wird, gedenkt an Bord der Hohenzollern die Rück­reise nach Deutschland anzutreten.

Rußland.

Petersburg. Das Neuvermählte Großfürsten- Paar Alexander Michaelowitsch und Xenia ist am Hochzeitstage von einem Unfall betroffen worden. Der Kutscher des Dreigespanns, in welchem das groß­fürstliche Ehepaar nach dem Ropschiusker Palais fuhr, wurde durch Feuerwerk geblendet. Die Pferde gerieten in einen Graben, der Wagen schlug um und die Großfürstin wurde hinausgeschleudert, wo­bei sie unbedeutende Abschürfungen am Gesicht und eine Verstauchung der rechten Hand erlitt. Der Unfall wiro nach Petersburger Privatmeldungen aus einen nihilistischen Anschlag zurückgeführt. Al­lerdings handelt es sich hierbei nur um Mutmaß­ungen.

Petersburg, 14. Aug. Im taurischen Gou­vernement hat ein furchtbarer Orkan gewütet. Vom schwarzen und asowschen Meere treffen zahlreiche Nachrichten über furchtbare Schiffskatastrophen ein.

Ame rika.

Washington. Durch die vom Präsidenten Cleveland genehmigte Gesetzesvorlage über die Aus­nahme des Territoriums Utah in den Bund der Ver. Staaten von Amerika ist die Zahl dieser Staaten auf 45 gebracht; das Sternenbanner erhält somit seinen 45. Stern. Zu Beginn des großen Befreiungskrieges im vorigen Jahrhundert waren nur 13 Sterne, und heute 45; diese Wachstumszahl redet ganze Bände Geschichte. Auch Neu-Mexiko und Arizona sollen bald ausgenommen werden.

Kleinere Mitteilungen.

Nagold, 13. Aug. (Einges.) DerNord- Kalifornia-Herold" bringt in seiner Nummer vom 21. Juli eine heitere Geschichte aus der Zeit der letzten großen Arbeitseinstellungen. Unsere Leser m "Nagold werden daraus mit Vergnügen ersehen, daß es ihren Landsleuten drüben auch in ernster ZcU an Humor nicht fehlt. DieAus Woodland" datierte Zuschrift lautet:Am Dienstag waren un­tere Bürger nicht wenig erstaunt, unsere Miliz in voller Uniform ausrücken zu sehen, die beauftragt wurde, das Courlhouse zu bewachen ob es vor dem Umfallen oder gegen einen Angriff der Striker zu schützen, läßt sich schwer sagen. Es hatte sich nämlich das Gerücht verbreitet, daß hundert bewaff­nete Strikers aus Woodtand losmarschierten, um Knrx und Worden zu befreien. Um 10 Uhr vor- miU»gs rollte auch wirtlich ein von 10 Mann be­setzter Wagen in die Stadl und viele schrien:Hier lomnil die Schwefelbande!" Aber man hatte sich geirrt; es waren nämlich ganz friedliche Bierbrauer von der Busallo-Brauerei in Säcramento (darunter mehrere höchst gemütlicheSchwobe", die nicht schuld daran sind, daß die Frösche keine Schwänze haben.) Sie wollten sich einmal das schöne Wood­land ansehen und den Gerstensaft des Braumeisters Emil Ncklus von der Aolo-Brauerei, von dem sie so viel rühmliches gehört hatten, analisieren. Als sie bei dein biedern Gastwirt Christ. Sieber vom Paeifie Hotel abstiegen, präsentierten die Soldaten das Gewehr und ihr Hr. Correspondent hielt in Gedanken eine Begrüßungsrede, die allen unvergeß­

lich bleiben wird. Die Namen der Gäste waren: A. Hauser, W. Schleuninger, I. Oberle, B. Geßner, I. Beck, I. Schramberger, A. Weber, F. Günther, O. Sautter und P. Kolatsch. Sie amüsierten sich köstlich und kehrten befriedigt und begeistert wieder heim.

Nagold, 13. Aug. Von dem heutigen Cassiantage gilt die alte Bauernregel, dag das Wetter, wie es an diesem Tage war, längere Zeit anhält. Vom IS. d. M. heißt es: Himmelsahrt Mariä rein, bringt gerne viel und weißen Wein.

Tübingen. TieTüb. Ehr." berichtet: Eine bru­tale Thal verübte der augenblicklich hier auf Urlaub befindliche Grenadier Unckel vom Grenadier-Regiment Königin Olga" in Stuttgart. In einem Nachtcafö in der Ammergasse war es zwischen ihm und dem 8tu,I. rex. Kränzle aus Ehingen zu einem Wortwechsel gekommen, nach dessen scheinbar unbedeutenden Verlauf der Soldat das Lokal verließ. Als nach einiger Zeit sich Studiosus Kränzle auf den Heimweg machte, stürzte in der Kornhaus­gasse Unckel aus dem Hinterhalte auf ihn los, warf ihn zu Boden und bearbeitete ihn uiit dem blanken Seitengewehr. Hierbei erhielt Kränzle neben den anderen Verletzungen eine klaffende Schädelwunde, die dem herbeigerufenen Arzte so gefährlich erschien, daß er die Verbringung des Schwer­verwundeten nach der chirurgischen Klinik anordnete. Sein Befinden hat sich bedeutend gebessert.

Tübingen, 14. Aug. Ein schreckliches Brandunglück, dem innerhalb weniger Wochen der zweite derartige Fall wieder ein junger Student zum Opfer gefallen ist, hat sich heute nacht in der Hinteren Grabenstr. ereignet. Der Schmied Mack, der in seinem Hause das zweite Stockwerk bewohnt und ein im selben Stockwerk gelegenes Zimmer an den 23 Jahre alten ounll. zur. Schabet vermietet hat, wurde nachts gegen 3 Uhr durch ein heftiges Klopfen ge­weckt, dem er zunächst keine Beachtung schenkte. Als es wiederholt heftig klopfte, sprang er aus dem Bett und stellte fest, daß das Geräusch aus dem Abtritt kam. Gleichzeitig ries von innen eine Stimme, die er als die des oaull. zur. Schädel erkannte:Hausherr, holen Sie einen Hammer u. schlagen Sie die Thüre ein." Rasch entschlossen sprengte Herr Mack mit einem Fußtritt die Thüre, aus der ihm ein dichter Qualm entgegenschlug. Er rief seiner Frau zu, sie solle rasch ein Licht bringen und fand nun auf dem Boden liegend den unglücklichen Studenten, dem fast schon die Kleider vom Leibe herabgebrannt waren. Am ganzen Kör­per hing die Haut in Fetzen herab, und alle Glieder zeigten Brandwunden. Besonders die Hände waren schrecklich zu­gerichtet, von den Kleidern waren nur noch klägliche Reste zu sehen. Herr Mack brachte mit Hilfe seiner Frau den Unglücklichen zu Bett und holte den "Arzt, der den ersten Notverband anlegte und für die Verbringung in die chirur­gische Klinik Sorge trug. Wie uns von dort mitgeteilt wird, erstrecken sich die Brandwunden auf nahezu die Hälfte der Körperoberflüche, so daß die Hoffnung auf Erhaltung des Lebens nur eine sehr geringe ist. Der Verunglückte, der einzige Sohn des Oberförsters Schabet in Königsbronn bei Heidenheim, hatte heute abreisen wollen und hatte nur auf sein Geld, das gestern eintraf, gewartet. Bis 2 Uhr nachts war er in einem benachbarten Nachtcafö gewesen und war jedenfalls auf dem Abtritt cingeschlafen.

Wildüad. Die Untersuchung bezüglich des im Walde Mittelberg tot aufgefundenen jungen Mannes ergab, daß es der Studierende der Medizin, Richard Weil von Stras­burg, gebürtig aus Stuttgart war. Die angestellten Er­mittlungen ergaben, daß der Tod infolge eines Herzschlages eingetreten ist. Der bei dem Toten aufgefundene geladene Revolver ist von diesem offenbar abgelegt worden, als er sich, vom Unwohlsein ergriffen, niederlegte.

Reutlingen, 13 "August. Wie derSchw. B." er­fährt, hat Se. K. Hoheit Herzog Wilhelm von Urach in den letzten Tagen das Forsthaus auf Lichtenstein mit den dazu gehörigen Grundstücken käuflich erworben. Daran ist, wie uns mitgeteilr wurde, die Bedingung geknüpft, daß auf der Markung Honau keine weitere Wirtschaftsgerechtigkeit gegeben wird. Das Forstamt Lichtenstein soll nach Klein- Engsringen verlegt werden.

Reutlingen, 13. Aug. Eine That von empörender Roheit wurde in der Nacht vom Samstag von drei hiesi­gen Burschen an einem hier in Arbeit stehenden Glaserge­hilfen begangen. Ter letztere hatte während seiner Mili­tärzeit in seiner Eigenschaft als Unteroffizier einen der drei Burschen mit Arrest bestraft und aus Rache hiesür überfiel dieser nun mit seinen Genossen den Mann, den er von einer Wirtschaft aus verfolgte auf der Straße, schlug ihn zu Boden und mißhandelte ihn mit seinen Komplicen derart, daß der "Arme bewußtlos liegen blieb,der ist wohl hin," äußerte der rohe Bursche, als ihn einer seiner Kame­raden auf den regungslos Daliegenden hinwies. Der Nie­dergeschlagene, Namens Wilhelm wurde auf die Polizeiwache gebracht, dort verbunden und dann nach dem Bezirkskran­kenhaus geschafft. Die drei Burschen, von denen einer noch einen scharf geladenen Revolver bei sich trug, wurden noch in der Nacht verhaftet und ins Amtsgericht abgeliefert.

0. 'Ut Geschichte aus dem Sommer.

Von M. Ncinhold.

- (Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Gekommen war der Krieg!

Wie er gekommen war?

Ja, wer mochte das damals in der ersten Auf­regung zu unterscheiden?

Was machten dabei auch alle Einzelheiten aus, die hin- und herschwirrten?

Täglich wurde "Neues erzählt, und woran man

eigentlich war, das war mehr als schwer für die meisten zu erkennen.

Eins nur wußte man.

Und das war das!

Der Franzmann hatte eine freche Verhöhnung deutscher Ehre begangen, er hatte geglaubt, dem deutschen Namen einen Tort anthun zu dürfen.

Das gefallen lassen? Nun und nimmer. Wer frech wird, dem gebührt auch der tüchtige Schlag dessen, dem gegenüber er seiner Frechheit die Zügel schießen gelassen.

Dieser Napoleon!" sagte die Frau Meisterin, solche Unverschämtheit!"Hiebe müssen die Kerle haben!" meinte der Meister, und sah unwillkürlich nach der Ecke, wo vor einigen Monaten erst seine Waffen sich befunden hatten.

Lieb' Vaterland magst ruhig sein!" sang der Bub'.

Und Tausende sangen es mit. Große und Kleine, Arme und Reiche.

Sie sangen es, weil zu voll ihnen ums Herz war!

So voll, so voll! Sie konnten's sich nicht erklären!

Es war nicht allein die Entrüstung über der Welschen Uebermnt, die gewaltig in jeder deutschen Brust cmporflammte.

Eine Ahnung, eine noch halb unverstandene war es auch, als ob etwas Großes dem ganzen deutschen Volke bevorstehe.

Etwas Großes, das viele tausend Wünsche, vieler Tausende stilles Sehnen befriedigen würde.

Was das war? Ja, wer wollte es sagen?

Im Lied, im deutschen Lied, das nur gewaltig dahinbraußt, machte es sich Luft.

Hell und jubelnd klangen die Weisen von den Lippen des Mannes.

Kräftig, mit tiefer Empfindung gepaart sang sie der Mann.

Und dann schmetterte die Musik.

Die Straßen hallte es hinunter und die Dorf­gassen.

Ein Triumphlied und ein Siegeslied.

Marsch!" klar, bestimmt klang das Kommando.

EinHurrah!" war die Antwort.

Und so zogen die Reihen der Kolonne dann zum nächsten Bahnhof.

Von Alt und Jung umschwärmt, unter Hände­druck und innigem Kuß von Mann und Weib.

Da lag vieles drin.

Man konnt's so deuten.

Ihr zieht in den Krieg, vielleicht in den Tod, gewiß in den Sieg.

Ein Wiedersehen giebts vielleicht hier in der Heimat.

Vielleicht schauen wir einander erst im Himmel.

Gott entscheidet allein nach seiner ewigen Weis­heit, nach seiner Milde und Güte.

Und wir werden für Euch beten.

Und Ihr werdet uns schützen, für uns siegen!"

Ein Händedruck abermals, eine letzte Umarmung, ein rasches Besteigen der Eisenbahnwagen, ein schril­ler Pfiff.

Tausendstimmiges:Lebt wohl, lebt wohl, Gott schütze Euch. Und er schütze das ganze einige deutsche Vaterland!

Dahin zogen sie so, einer nach dem anderen.

Die Jungen voran, frisch und fertig, als der Ruf der Waffen und der Ehre an sie erging.

Der Hammer und der Hobel flogen in die Ecke, das Schurzfell hing einsam am rostenden Nagel. Und die von der Tinte noch nasse Feder rollte zur Seite. Die geleerten Bücher wurden zugeklappt. Und alles, was sonst zum Zeitvertreib dient in stillen, ruhigen Friedenstagen des Sommers blieb achtlos da stehen, wo es zum letzten Mal die Hand berührt.

Mütter schluchzten und Schwestern und Frauen und Bräute.

Aber wie lange konnte denn der Franzmann der Sturmesgewalt widerstehen, mit der das deutsche Vaterland die ihm angethane Unbill zu rächen strebte?

Es mußte ja bald zu Ende sein.

Und war der Krieg vorbei, nach dem glänzenden Siege frohes Leben.

Menschenleben würde der Sieg rauben!

Aber viele? Und gerade das, das vielen so teuer war?

Dahin zogen sie, einer nach dem anderen.

(Sch luß folgt.)

Hiezu Schwäbischer Landwirt Nr. 4.

Redaktion, Truck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.