römisch-katholischen Kirche nsto die Hauptversammlung geschlossen.
Die Notlage in Stadt und Laiid. Eid Berliner Rentier, der durch eine Zeiiting silr seinen Sohn einen Stundenlehret suchte, bekam 243 persönliche und 314 briefliche Meldungen, zusammen also 557! Und wenn ein Landwirt Gehilsen sucht? Er ist zufrieden, wenn er den hundertsten Teil jener Meldungen bekommt. Ter Unterschied zwischen der Großstadtnot und der Not der Landwirte springt hierbei wohl in die Augen. In der Großstadt weiß Matt kaum noch, womit man die Arbeitslosen beschäftigen soll, auf dem Land dagegen wird so manche notwendige Arbeit nicht ausgeführt, weil cs an Arbeitskräften fehlt. Schon aus dem obigen Beispiel wird ersichtlich, daß man sich unter den Arbeitslosen der Großstadt nicht nur Fabrikarbeiter vorstellen darf; gar oft sind es Leute, die eine höhere Schule, wenn nicht gar die Hochschule besucht haben. Man kann daher auch nicht, wie mitunter vorgeschlagen wird, einfach sagen: Gehet hinaus auf das Land, dort findet ihr Arbeit! Gras mähen und Getreide schneiden können die städtischen Stuttdenlehrer nicht.
Berlin, 10. August. Der Kassirer des sozialdemokratischen Wahlvereins für den zweiten Wahlkreis, Ludwig, ist spurlos verschwunden. Den Revisoren wurde in der gestrigen Versammlung zu große Vertrauensseligkeit vorgeworfen.
England.
London, 8. August. Nach einer Meldung des Reuter aus Aokohama vom 6. August haben weitere Gefechte in Korea stattgesunden, bei denen die Japaner wiederuni siegreich waren; sie nahmen Seik- wan mit geringen Verlusten ein. Die geschlagenen Chinesen slotien in der Richtung nach Khosiu. Die Chinesen verloren 500 Tote und Verwundete. Tie Japaner sind jetzt im Besitze Asans.
Rußland.
Warschau, 11. Aug. Infolge einer Gasexplosion flehen die Kohlengruben der Frauko-italiem- tchen Bant in Dombrowo in Flammen. Mehrere hundert Arbeiter gelten als verloren.
Tie Cholera tritt im westlichen Rußland noch immer in heftiger Weise auf. Die Gleichgültigkeit und Unreinlichkeit der Bevölkerung, sowie ihr bornierter Aberglaube machen die wohlgemeintesten Maßregeln der Behörden und damit die wirksame Bekämpfung der mörderischen Seuche bis 'jetzt wirkungslos. Auch in den Niederlanden (Mastrich) und in Belgien (Lüttich) kamen zahlreiche Cholerafälle vor.
Amerika.
Washington. Die stolze „Industrielle Armee", die bislang vor den Thoren Washingtons lagerte, geht betteln. Ihre Führer, Coxey, Kelly, Frye und Konsorten, haben die Armee verlassen, die des erbärmlichen Hungerlebens herzlich satt ist und Abgesandte an den Kongreß geschickt hat, um denselben um Mittel zur Heinireise anzuflehen. In der letzten Zeit ernährten sich die Coxeyten nahezu nur von Brot, Wasser und Waldbeereu.
Die unter der Firma Equitable, Lebensversicherungs-Gesellschaft, in New-Aork domizilierte Aktiengesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb in Preußen ausgegeben. Die der Gesellschaft unter dem 4. Jan. 1877 erteilte Konzession zu diesem Geschäftsbetrieb ist deshalb für erloschen erklärt worden und die Gesellschaft ist demnach vom 1. August an gehalten, neue Versicherungsverträge nicht abzuschließen.
New Iork, 0. August. Offiziellen Berichten zufolge haben die Getreide-Ernten durch die anhaltende Trockenheit bedeutenden Schaden erlitten.
Kleinere Mitteilnugr».
Wenn Personen bei landw. oder forstlandwirtschaftlicher Arbeit, sei es bei Ausübung der Arbeit, oder nachdem sie sich zum Schutze gegen Regen an irgend einem Ort geflüchtet hatten, durch Blitzschlag geröter oder verletzt wurden, so haben sie, bezw. ihre Angehörigen eine Unfallsrente anzusprechen. Das Recht aus eine Unfallsrente tritt auch ein bei Unfällen durch Hitzschlag auf dem Felde oder während der Vornahme von häuslichen Arbeiten.
Ealiv, 10. August. Gestern vermiete ein hies. Einwohner euren 100 ./^-Schein. Er ließ den Verlust durch Ausschellen bekannt machen. Als er Abends seine Rohrstiefel auszog siel ihm das gesuchte Papier in die Hände. Ter Schein war von ihm statt in die Westentasche in das Hosenpreis gesteckt worden.
In Slammheim wurde am Montag abend der Wirt Kober, der zu Hause alles kurz und kleiü geschlagen hatte, >n den Lrtsariesi gebracht und ihm dort die Zwangsjacke aiigeirgcn. Am andern Morgen fand mau rhu tot im Ar.ejr. si-
Wildbad. Am Abend des 7. Aug. wurde in der Nahe von hier sin Wälde der Leichncsin des Käiididctteü der Medizin Richard M. aus Stuttgart aufgefunden. Einige Schritte voN.,ihlii lag ein nicht abgeschossencr, vollständig geladener Nevolver; Spuren einer Verletzung waren nicht sichtbar. Untersuchung ist eingeleitet.
In Reutlingen fetzten sich zwei Kinder, ungesehen vom Fuhrmann, auf den Wagenhang eines Frachtfuhrwerks und waren eine Strecke weit gefahren. Als dieselben aber aus einmal vom Fuhrmann bemerkt wurden, wollten sie ihren Platz unter dem Wagen verlassen, was dem einen auch gelang, während das andere, 4jährige Knäblein eines Feldwächters, so unglücklich unter die Räder kam, daß ihm dieselben über den rteib gingen und das Kind nach einer Stunde seinen schweren inneren Verletzungen erlag.
Gründelhardt, 8. Aug. Am vergangenen Sonntag fing während des Gemeindegesangs auf einmal die Orgel an zu streiken und war von ihrem Vorhaben nicht mehr abzubringen; während der Predigt wurde das altehrwürdige Musikwerk vom Organisten einer gründlichen Musterung unterzogen. Welche Uebcraschung! Er fand eine große Anzahl Taubcnköpfe und andere .animalische Ueberreste. Ein Marder mußte hierher seine Beute geschleppt haben, um sie in der Stille verzehren zu können.
Ulm, 8. Aug. Ein Wanderlagerer mit Wein dürfte eine Persönlichkeit sein, die den bekannten Ausspruch Ben Akibas, daß alles schon dagewescn sei, Lügen strafen. Ein solcher Wanderlagerer verkauft gegenwärtig hier, bezw. läßt von einem Stadtinventierer verkaufen: „garantiert echten Uhlbacher Wein" per Liter um 50 st. Der Mann macht flotte Geschäfte. Obs wirklich echter Uhlbacher ist — der billige Preis erscheint denn doch verdächtig — wissen wir nicht. Man sollte denn doch ein wenig -nach der Herkunft dieses billigen Uhlbachers sehen!
Pforzheim, 9. August. Im hiesigen Schlachthaus wurde gestern ein Schwein von ungewöhnlicher Größe bei- getrieben. Dasselbe von Schafhaufen bei Renningen stammend hat eine Höhe von etwa 1 Mir., ist etwa 2> . Mtr. lang und wiegt nahezu 0 Ztr.
Mannheim, 9. Aug. Sämtliche Offiziere der hiesigen Garnison wohnten gestern hier im Zirkus Schumann einer Schießprobe mit dem Dowe-Panzer bei und brachten Originalmunition und das Gewehr Modell 88 dazu mit. Ter Panzer wurde nicht durchschossen. Die Meldung aus Spandau, wonach bei einer Probe der Panzer durchlöchert worden sein sollte, muß daher erfunden sein.
Aus dem Main g au. In diesem Jahr giebt es in der hiesigen Gegend eine solche Menge von Frühobst, namentlich Birnen, daß es sich bei den niedrigen Preisen kaum lohnt, dasselbe zu pflücken. Vielfach bleiben die Birnen auf den Bäumen hängen. Das Pfund wird höchsten mit vier -st bezahlt.
Berlin, 9. Aug. In Potsdam wurde der Maurer, der vor mehreren Tagen von einem Neubau herab mit einem Ziegelstück nach dem ältesten Sohne des Prinzen Albrecht geworfen hatte, entdeckt und verhaftet. Er giebt an, nur „Scherzes halber" nach dem Pferd des Prinzen geworfen zu haben.
Ueber einen neuen Schwindel wird dem „O. A." berichtet: In einem Berliner Blatt war annonciert: „Ein seidenes Kleid für 3 zu erhalten bei N. N." Eine Frau dachte mit 3 billig zu einem seidenen Kleid zu kommen und sandte die 3 per Posteinzahlung ein. Was erhielt sie? — Einen Roman, dessen Titel „Ein seidenes Kleid" war. Derartige Annoncen sollten vom Publikum immer mit der nötigen Vorsicht ausgenommen werden; das geringste Nachdenken ergiebt ja, daß denselben eine Schwindelei zu Grunde liegen muß.
vv. 0 . ile Geschichte ans dem Sommer.
Von M. Ncinhold.
- (Nachdruck verboten.)
Im Frühjahr 1870 war er zum letzten Mal zu einer Hebung eiuberusen gewesen.
Rekrut, Reservist, Landwehrmann, Alles war nun so gut, wie vorbei.
In naher Zeit kam der Uebertritt zum Landsturm.
Ward auch Zeit, denn der Bub', der Fritz, der zur Schule ging, und auf seine Schiefertafel Buchstaben malte, daß man nicht wußte, ob es die ersten Anfänge zur Skizzierung eines Gebirgszuges werden sollten, plagte den Vater immer wieder mit der Forderung, seine Arbeit zu bewundern und nachzuahmen.
Das Erste hätte schon noch gegangen.
Aber das Zweite!
Und der Meister legte bei solcher Zumutung seinen Hammer bei Seite und schlug auf sein Schurzfell, daß es schallte.
Halb wars Entrüstung.
Aber noch viel, viel mehr war's väterlicher Stolz.
Und er meint auch alle Ursache zu haben zum Stolz sein.
Die letzte Landwehrübung war ganz dicht beim Heimatsort gewesen.
Und Tag für Tag war der Vatep mit Gewehr und Landwchrhelm nach Hause gekommen. .
Am ersten Tag hatte der Fritz ein Gesicht gemacht, als wenn ein gelehrter Herr Professor am Himmelszelt etwas, ganz Absonderliches wahrnimmt.
Am zweiten Tag hatte ein leichtes Lachen sein Gesicht überzogen.
Am dritten Tag halte er schon am frühen Mor
gen allen Bekannten in der Nachbarschaft erzählt, daß er einen Vater habe, der viel mehr wert sei, als alle anderen Väter.
Und am vierten Tage war sein krauses Blondköpfchen. schon in dem gar zu heldenmütig aufgestülpten Tschako des Vaters verschwunden, wobei dann unter wahrem Donnergepolter das in der Ecke lehnende Gewehr von dem kleinen Manne umgerannt worden war.
Zuletzt war der frühreise Soldat samt seiner „Behauptung" zu Boden geschlagen.
Und hatte dabei sich die Nase blutig gefallen.
War das erste Blut wieder, das seit dem deutschen Bruderkrieg von 1866 auf des Vaters Helm getroffen worden war.
Dem Fritz war die Nase abgewischt.
Und der Helm war geputzt und neu lackiert, womit die Sache beendet war.
Aber Blut!
Auch den Meister hat's nachdenklich gestimmt.
Er hat an 1866, wo ein paar gute Kameraden neben ihm zerschmettert waren und seine Uniform von ihrem Blutbespritzt worden war.
„War ein guter Kamerad, der Andreas!" so erzählt er, „fing einen Hieb ab, der mir das letzte Bischen Atem ganz gewiß genommen.
Und da lag er nun, gerade in die Brust getroffen.
Hol' der Henker den Krieg!"
Und Frau Marie, des Meister's Gattin dachte nimmer anders.
Wußt' ja doch am besten, was sie hatt' ausgestanden.
Ein Schlachtbericht nach dem andern.
Und eine lange, lange Liste von Toten und Verwundeten nach der anderen.
„Wenn's nur nicht nochmal so weit komme!" sägte sie in halbem Schluchzen und legt' den Kopf an des Mannes Schulter.
„Liebe Närrin Du!" entgegnete der gutmütig.
„Landwehrmann bin ich.
Und wenn der Winter kommt, ist's damit auch vorbei.
Was soll denn der Sommer dazwischenbringen?"
„Mag's wer wissen?" sagte die Frau ängstlich.
„Na,, mich lassen's schon zufrieden!" rief der Meister kräftig. „Freilich, der Bub."
„Ach, wenn der Fritz mit müßt!"
„Müsfen's All', kann der auch nicht zu Haus bleiben."
Der kleine Mann, der nun glücklich unbeobachtet das Seitengewehr aus der Scheide gezogen, stellte sich gewichttg vor die Eltern hin.
„Und ich bleib' auch nicht zu Haus.
Und wenn mich Einer treffen will, schlag ich ihn auf die Nas'.
Da blut'st gleich!"
Und mit beiden Händen fuchtelte der Bub' mit dem Seitengewehr so umher, als sollt' das Schlagen gleich seinen Anfang nehmen.
„Da sieh den Strick! rief der Vater stolz, den Jungen mit beiden Armen hoch in die Lüste hebend.
„Solch' unverständig' Kind!" sagte die Mutter seufzend.
Und aus dem Frühjahr war Sommer!
Heißer Sommer, ein Sommer mit manchem Wetlerjchlag.
Und am End schlug's auch ein, tüchtig machtvoll.
Gleich ins ganze deutsche Land und alles fuhr empor, im Zorn die Männer, in Bangen und Sorge so manche Frau.
_(Fortsetzung folgt.)
— Nur immer Geschäft. Hausfrau in Karlsbad zum neuen Dienstmädchen: Hören Sie, Anna, — wenn wieder ein Kurgast abreist, dann sagen Sie bloß: „Auf Wiedersehen," und nicht wieder „bleiben S' g'sund," - Sie Gans, wenn die Leut' g'sund bleiben, dann kommen s' gar net wieder!
— Poesie und Prosa. Er: „Ich liebe Sie, mein Fräulein, ich will Sie auf den Händen tragen!" — Sie: „Auf die Dauer würde das Ihnen doch zu schwer, so wäre nur von Anfang an eine EpMpage schon lieber!"_
Handel L Verkehr.
Stuttgart, 11. Aug. (Kartoffel- und Krautmarkt.) Zufuhr 700 Ztr. Kartoffeln, Preis per Ztr. 3.50 bis 3.80. — 1500 St. Filderkraut, Preis per 100 St. 20 bis
^Konkurs-Eröffnungen. Georg Müller, Krämers Witwe in Essingen, AG. Aalen. — Gottlieb Beck, Uhrmacher in Kleineislingen, AG. Göppingen.
Redaktion, Truck und Verlag der G. W. Zaiser'schrn Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.