brauch und zwar wesentlich deshalb, weil sie allein van der Gesetzgebung Hilfe erhoffen. Das aber ist ein schwerer Irrtum. Nur dann wird das Handwerk wieder brosperiren, wenn es auch nach Kräften die Mittel der Selbsthilfe gebraucht.
Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt zu der Meldung der Blätter, wonach der Reichskanzler Graf Caprivi mit dem Grafen Herbert Bismarck auf der Rückreise von Wilhelmshaven auf dem Sten- daler Bahnhof znfällig zusammengetroffen fei und mit ihm ein längeres Gespräch geführt haben sollte: „Diese Nachricht beruht vermutlich auf einer durch eine flüchtige Aehnlichkeit veranlaßt«» Personenverwechslung und entbehrt jeder Begründung. (Schade.)
Berlin, 8. August. Vom preußischen Kultusministerium ist eine Reform des Präparandenschul- wesens in Aussicht genommen. Bereits vor einiger Zeit wurden mehrere auf dem Gebiet des Präpa- randenwesens hervorragende Schulmänner mit der Entwerfung eines Planes über die Neugestaltung der Präparandenbildung betraut.
Berlin, 8. Aug. Wie die „Börsenztg." erfährt, dürfen die großen Privat-Marineetablissements in Kiel und Wilhelmshaven und die hanseatischen Engroshandlungshäuser weder Waffen noch Munition oder andere Kriegskontrebandeartikel nach Japan oder China verladen. Dir Reichskanzler soll eine strenge Durchführung der bezüglichen völkerrechtlichen Bestimmungen angeordnet haben.
Frankreich.
Paris, 6. Aug. Vor dem Schwurgericht begann heute der Prozeß gegen die Anarchisten, die auf Grund des Gesetzes vom Dez. 1893 wegen Bildung einer Vereinigung zur Ausführung von Verbrechen angeklagt sind. Erschienen sind 28 Angeklagte; 5 Angeklagte, darunter Paul Reclus, sind flüchtig. Innerhalb und außerhalb des Gerichtsgebäudes sind Maßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffen.
Die Hinrichtung Caserios wird am 20. ds. Mts. erfolgen.
In Aigues-Mortes wäre es beinahe wieder zur Mißhandlung von italien. Arbeitern gekommen. Es ist jetzt die Zeit, wo sich alljährlich 12- bis 15000 Arbeiter dort ansammeln, um sich für die Salinen anwerben zu lassen. Der Wettbewerb der vielen Italiener, die sich bei der Gesellschaft melden, gab im vorigen Jahr zu blutigen Schlägereien Anlaß. In diesem Jahr war trotz der traurigen Erfahrungen wieder eine Anzahl Italiener eingetroffen. Sie wurden mit wildem Schimpfen ausgenommen und die Menge machte sich schon wieder zum Angriff auf sie bereit, als glücklicherweise Gendarmerie zu ihrem Schutz herbeieilte. Sie wurden nach dem Bahnhof gebracht und mußten sofort abreisen. Eine Kompagnie Infanterie unterstützte die Gendarmen.
Italien.
Rom, 5. August. Caserio soll aus dem Gefängnis folgenden Brief an seine Mutter geschrieben haben: Liebe Mutter! Mit diesen Zeilen teile ich Euch mit, daß ich zum Tode verurteilt bin. Haltet nur daran fest, daß ich nicht, wie man glauben machen will, ein gemeiner Mörder bin. Ihr kennet mein gutes Herz und wißt, wie weich es war, als ich bei Euch weilte. Das Herz ist auch heute das gleiche. Wenn ich die Thal beging, so geschah es, weil ich müde war, in der Welt so viel Unrecht wuchern zu sehen. Ich bin dem Curaten Don Alessandro für seinen Besuch dankbar, doch mag ich nicht beichten. Ich grüße und küsse alle und werde noch einmal schreiben." Caserios Mutter schrieb an Frau Carnot, die Welt werde die Großmut ehren, wenn sie sich für ihren unseligen Sohn verwenden werde.
Türkei.
Konstantinopel, 7. Aug. In maßgebenden hiesigen Kreisen wird die Lage mit Bulgarien für sehr ernst angesehen. Das Vertrauen, das sich Bulgarien während der Regierung Stammbuloffs am Bosporus erworben hatte, ist tief erschüttert. Das Werben um die Gunst Rußlands wird als ein sehr gefährliches Spiel bezeichnet.
England.
London, 8. August. Nach Beendigung der Galatafel auf Schloß Osborne kehrte der Kaiser an Bord der „Hohenzollern" zurück, die gleichwie die andern anwesenden Kriegsschiffe und 'Jachten glänzend illuminiert war. An Bord des „Meteor" beteiligte sich der Kaiser an der Wettfahrt um den Ehrenpreis
der Königin. Nächsten Freitag besichtigt der Monarch das Truppenlager von Aldershot.
Amerika.
Chicago, 7. August. Die Streikenden aus Viehdepots beschlossen die Wiederaufnahme der Arbeit, ebenso die Beamten und Arbeiter der Pacificbahn. Die Streikenden Bahnarbeiter in Südcarolina und Neumexiko wollen die Arbeit unter jeder Bedingung wieder aufnehmen.
Die „Times" meldet aus Washington, daß der Senat das Gesetz gegen den Zuzug ausländischer Anarchisten angenommen hat. Jeder Anarchist, der zum zweiten Mal landen will, erhält 4 Jahre Gefängnis.
Kleiner» Mitteilungen.
Unerbetene Zusendung von Waren. Für alle diejenigen, die durch unerbetene Zusendung von Waren belästigt werden, ist folgender Fall von Interesse: Ein Kaufmann machte einer Dame ein Angebot von Kaffee mit dem Bemerken, daß der Kaffee abgeschickt würde, wenn in 8 Tagen keine ablehnende Antwort einginge. Die Adressatin ließ die Postkarte unbeachtet und erhielt dann wirklich ein Packet unter Nachnahme. Als die Einlösung verweigert wurde, drohte der Absender mit seinem Rechtsanwalt und, daß der Dame erhebliche Kosten entstehen würden." Diese Mahnung wurde der Staatsanwaltschaft angezeigt, und diese erhob Klage wegen versuchter Erpressung. Das Gericht verurteilte den Kaufmann zu zehn Tagen Gefängnis. Das Reichsgericht hat die Revision verworfen.
Bei den bevorstehenden Herbstmanövern soll sowohl in Auswahl des Uebungsgeländes als auch in Ausführung aller Uebungen apf die Verringerung der Flurschäden Bedacht genommen werden. Jv solchen Fällen, wo sich besonders hohe Flurentschädigungen Herausstellen, hat das Kriegsministerium dem Kaiser die Berichte der Divisionskommandeure vorzulegen. Die Feststellung der Flurentschädigungen erfolgt beim Mangel gütlicher Einigung durch Sachverständige.
Schramberg, 8. Aug. Der schon seit längerer Zeit im hiesigen Spital domizilierte, etwa im 6t>. Lebensjahre stehende R. H. suchte im berauschten Zustande gestern abend bei schon eintretender Dunkelheit seinem armen Leben durch Erhängen an einem Grabkreuz im Gottesacker ein Ende zu machen. Schon vom Todesschweiß bedeckt wurde er von zwei heimkehrenoen Frauen, die zuvor an einer andern Stelle des Friedhofs beschäftigt waren, glücklicherweise noch entdeckt. Dieselben besaßen so viel Mannesmut, den bedauernswerten Mann dem Verderben zu entreißen. Während die eine den Lebensmüden emporhob, löste die andere den Knoten. Der Gerettete aber, der bald nachher wieder zum Bewußtsein kam, dankte seinen Wohlthäterinnen durch Fluch- und Scheltworts.
Ravensburg, 8. Aug. Im Gasthof zum Löwen hat ein Gast, der sich als Joh. Lanz von Laimnau ins Nachtbuch eintragen ließ, sich in der Wirtschaftsstube einen Schlüssel zum Wohnzimmer des Gastwirts angeeignet und dort aus einem gut verschlossenen Pult ein eisernes Kasset- en samt Inhalt, bestehend in barem Geld, goldenen ingen, Armspangen, Wertpapieren, Lebensversicherungspolice rc., im ganzen ca. 13 (XXI ^ gewertet, entwendet. Der Diebstahl wurde alsbald entdeckt und die Polizeiorgane in Kenntnis gesetzt. Es gelang, den Dieb, der mit dem Abendzug bereits abgereist war, in Biberach zu verhaften.
Mengen, 8. Aug. Einen recht hübschen Erlös erzielte dieser Tage der bestrenommierte Viehzüchter Gerber PH. Hepp hier. Derselbe verkaufte zwei zweijährige, trächtige Kalben um die Summe von 2300 Wer kann, mach's nackst
Friedrichshafen, 7. Aug. Gestern wurde mit der Pflücke der Frühhopfen begonnen.
Die Ulmer Regiments-Gans. Dem „U. Tgbl." wird nachstehende Biographie der „historischen" Regiments- Gans übergeben: Eine Merkwürdigkeit in der Geschichte des 1. Reiter-Regiments ist dessen Regiments-Gans. Als nämlich das Regiment 1835 in Eßlingen in Garnison lag, erschien jeden Morgen beim Wachtposten eine Gans, die den ganzen Tag über nicht mehr von der Stelle wich und nur abends wieder abzog. Anfangs stießen die Reiter auf dem Posten den zudringlichen Gast mit den Füßen weg, allein das Tier ließ sich es nicht verdrießen und wich nur aus, um sich gleich wieder anzudrängen. Der Besuch wiederholte sich, man ward aufmerksam und eben damit nachsichtig gegen diese sonderbare Zuneigung. Täglich mit dem frühesten flog die Gans mit Geräusch herbei und nahm mit schnatterndem Wohlbehagen Platz neben der Schildwache. Blieb der Soldat stehen, so zwickte sie ihn und hatte sie ihn zum Gehen gebracht, so ging sie Schritt für Schritt stolz neben ihm einher. Abends verließ sie zögernd den Schariplatz ihres Ruhmes, um am Morgen mit den Aeußerungen der höchsten Freude zurückzukehren. Nahte sich die Ablösung, so blieb sie ruhig stehen, kam ein Mensch oder ein Tier, so verteidigt sie den Posten durch einen geflügelten Angriff und kehrte mit triumphierender, freudestrahlender Geberde zur Schildwache zurück, den Hals an ihr aufreckend und heftig schnatternd, um ihr Bericht über den gemachten Ausfall abzustatten. Aeußerte sich die Schildwache zufrieden darüber, so zog sie den ausgestreckten Kragen in einen unaussprechlich stolzen Schwanenhals zurück und ging Schritt für Schritt wieder auf und ab wie vorher. Mußte die Schildwache sich schneller bewegen, um etwa jemand zu rufen, so blieb sie nicht zurück, sondern lief geflügelten Schrittes neben ihr her, und blieb die Schildwache stehen, so suchte sie sich auf deren Fuß festzusetzen.
Da die Gans nicht mehr zu vertreiben war, so wurde sie vom Regiment gekauft und ihr ein Stall in der Nähe des Wachlokals hergerichtet. Beim Garnisonswechsel des Regiments nach Ludwigsburg im Juli 1837 wurde sie auf dem Marsche nur durch Zufall vom Tode des Verdurstens gerettet. Sie lag schon halb tot in ihrem Stalle auf dem Bagagewagen, als dieses ein Unteroffizier noch bemerkte und sie durch reichliches Begießen mit Wasser wieder zu sich brachte. Auch in der neuen Garnison blieb sie ihrem bisherigen Treiben nur mit wenigen Abweichungen treu. Wenn nämlich das Regiment vollzählig ausgerückt war, begab sie sich zur nächsten Schildwache bei der Post oder vor dem Arsenal, wo sie gemütlich bis zur Rückkehr des Regiments verweilte, dem sie dann, sobald sie die Musik hörte, eilends entgegen ging, hier und da auch flog, besonders wenn das Regiment längere Zeit abwesend gewesen war. Hatte sie es erreicht, so machte sie kehrt und marschierte dem Trompeterkorps voraus oder zur Seite unter fröhlichem Gagack mit in die Kaserne, wo sie dann ihren gewöhnten Posten wieder einnahin. Im Jahre 1849 mußte sie einen zweiten Garnisonswechsel ausstehen: Den von Ludwigsburg nach Ulm, wo sie ihr Standquartier in der Kaserne neben dem Wachlokal erhielt und oft die Ehre hatte, von Fremden besucht und bewundert zu werden. Ulm war ihre letzte Garnison. Am 6. Januar 1853 trat unerwartet das Ende ihrer Tage ein, als sie mit der Schildwache auf- und abging. Sie erreichte ein Alter von etwa 20 Jahren, von denen sie 19 ununterbrochen beim Regiment zubrachte. Aber auch ferner sollte sie beim Regiment bleiben. In ihrer eigentümlichen, fast militärischen Haltung sehr gelungen ausgestopft, ift die „Regimentsgans" für das Regiment eine Merkwürdigkeit geworden, wie eine solche schwerlich irgend eine militärische Truppe wird aufweisen können.
Frankfurt a. M. Einem eigenartigen Unglücksfall ist dieser Tage ein junges Menschenleben zum Opfer gefallen. Als neulich die schweren Gewitter über die Stadt dahinzogen, war in einem Hotel ein junges Spülmädchen mit dem Reinigen des Geschirrs beschäftigt. Plötzlich zuckte ein greller Blitz durch die Luft, dem im gleicheu Moment »in krachender Donnerschlag folgte. Das Mädchen ließ vor Schrecken die Kasserole fallen, die es gerade in der Hand hielt und sank bewußtlos zu Boden. Alle Mittel, es ins Leben zuruckzurufen, blieben vergeblich und man sah sich deshalb genötigt, die Aermste in ein Spital zu verbringen. Dort lag das Mädchen während voller 12 Tage in demselben lethargischen Zustand. Die Glieder waren nicht gelähmt, auch nicht in einem krampfartigen Zustand. Allein das Bewußtsein kehrte nicht zurück. Alle Aerzte standen vor einem pathologischen Rätsel. Am zwölften Tage verstarb das Mädchen. Bei der-Sektion ergab sich, daß infolge des Schreckens Blut ins Gehirn gedrungen war und oaß dieser Umstand erst zur Bewußtlosigkeit, dann zum Tode der Unglücklichen geführt hatte.
Berlin, 8. Aug. Ein gestern nachm, niedergegangenes Unwetter verursachte mehrfache Alarmierung der Feuerwehr wegen Wassergefahr. Aus der Umgegend werden furchtbare Verheerungen gemeldet. Besonders in Freienwalde richtete der Hagel der teilweise wallnußgroß siel, beträchtlichen Schaden an, mächtige Baumstämme wurden entwurzelt.
Der Papst und das Fahrrad. Mehrere Gläubige beschwerten sich, daß die Landpfarrer beginnen, sich in ihrem Amte des Fahrrads zu bedienen und fanden, daß es gegen den christlichen Geist verstoße. Der Papst hat nun entschieden, daß an dem Velozipedfahren der Priester nichts auszusetzen sei. In Folge dessen hat der Bischof von Cre- mona die Geistlichen der ländlichen Psarrsprengel seiner Diözese sogar angewiesen, das Radfahren zu erlernen, um gegebenen Falls schneller Rar, Trost und geistliche Hilfe bringen zu können. In dem Hirtenbriefe führt der Bijchof aus, daß ja ein geistlicher AbböfPianton das Fahrrad erfunden und sich desselben schon im Jahre 1845 segensreich bedient habe.
Kaltblütigkeit eines Engländers. Vom dem berühmten englischen Ingenieurs Lord Rosse erzählt „The World" eine köstliche Anekdote: Jüngst ging Lord Rosse auf einem Spaziergange an einer Fabrik vorbei, in deren Hofraum eine Dampfmaschine arbeitet. Er stellt sich hin und sieht mit gelassener Aufmerksau,keit zu. Plötzlich schüttelt er mit dem Kopfe, zieht seine Uhr hervor und blickt nun abwechselnd bald auf die Uhr, bald auf die Maschine. Der Werkmeister kann sich das Benehmen des wildfremden Menschen nicht erklären. „Nun, was giebt's d nn?" fährt er ihn an. „Was ist ihnen denn nicht recht?" - „O", sagt Lord Rosse, „mir ist Alles recht. Ich warte nur, bis die Maschine in die Luft fliegt." „In die Luft, sind Sie verrückt, Mensch? — „Nein, aber wenn noch 10 Minuten mit der gelockerten Schraube gearbeitet wird, fliegt sie gewiß in die Luft." Der Werkmeister sieht hin, erbleicht und läßt die Maschine stoppen. „Aber zum Teufel," sagte er dann, „warum haben Sie denn nicht früher Ihren Mund aufgethan?" — „Warum? Ich habe noch nie eine Maschine in die Luft fliegen sehen!" Sprachs und ging höchst vergnügt von dannen.
Handel L Berkehr.
Straßburg, 6. Aug. (Schlachtviehmarkt.) Verkauft wurden: 26 Ochsen 140—154 , 12 Ochsenmertel 124 bis
144 SS Kühe 128 -144 67 Kuhviertel 120 132
10 Stiere 128—132 16 Srierviertel 120 - 128 87
lebende Schweine 130—140 ,,/ü, 25 lebende Hämmel 144 ,
35 lebende Kälber 176 1 S 8 .E je per 100 Kilo.
Hiezu das Unterhaltungsblatt Nr. 32.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.
Druck-Arbeiten
fertigt rasch u. billig die G. W. Zaiser'fche Buchdr.