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Amts- und Intelligenz-Blatt flir den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier lohne Trägerlohn) 80 Pfg., in dem Bezirk 1 Mk., außerhalb des Bezirks 1 Mk. 20 Pfg. Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Donnerstag 9. August

Jnsertionsgebühr für die lspaltige Heile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Emrückung 9 Pfg., bei mehrmaliger je 6 Pfg.

1894.

Amtliches.

Diejenigen Ortsschulbehörden,

welche mit Rücksicht auf die Vermögenslage ihrer Gemeinden um einen Staatsbeitrag zu den Kosten ihrer Arbeitsschulen für das Rechnungsjahr 1894 95 nachsuchen wollen, werden hiemit veranlaßt, ihre Gesuche unter Benützung der vorgcschricbcnen Tabelle

spätestens bis I. Oktober ds. Js.

hieher vorzulegen.

Nagold, den 6. August 1894.

K. gem. Oberamt in Schulsachen: Vogt Dieterle.

Der Krieg im Osten.

Der Krieg zwischen Japan und China wegen Koreas ist nun zur Thatsache geworden.

Der Kriegsschauplatz liegt von uns Europäern so weit ab, und die Schwierigkeit, aus den spärlich einlaufenden Nachrichten klug zu werden, ist so groß, daß es wohl sehr bedeutende Mühe kosten wird, ein genaues Bild von den Ereignissen zu erhalten. Die Landkarten über jene Gebiete sind nach neueren Ermittlungen höchst mangelhaft und die Verhält­nisse jener entlegenen Länder nur den wenigsten näher bekannt.

Das Kaiserreich China hat eine Bevölkerung von 360 Millionen Seelen, ein stehendes Heer von 300 000 Mann, im Kriegsfall soll dasselbe auf eine Million Soldaten gebracht werden können. Die Kriegsflotte zählt 108 Schiffe mit 658 Kanonen (darunter 9 Panzerschiffe mit 184 Kanonen).

Das Kaiserreich Japan zählt nur 40 Millionen Einwohner. Die Friedensstärke seines Heeres be­läuft sich aus 74 000 Mann, die Kriegsstärke auf etwa 250 000 Mann. Es besitzt 70 Kriegsschiffe mit 424 Kanonen (darunter 10' Panzerschiffe mit 188 Kanonen).

Die heiß umstrittene Halbinsel Korea (ein von China dem Namen nach abhängiges Königreich) hat 7sis Millionen Einwohner, ein stehendes Heer von 7000 Mann und eine Kriegsflotte von angeblich 200 Fahrzeugen.

Nach den genannten Zahlen sollte ein Sieg Chinas zweiffellos sein. Nach allgemeiner Ansicht, die beim Beginn des Krieges sofort ihre Bestätigung fand, dürfte aber Japan die Rolle des Angrei­fers übernehmen und seinem Gegner an Energie und Kriegstüchtigkeit weit überlegen sein. China ist der Bevölkerung nach das größte Land der Erde, dem Landbesitz nach wird es nur von Rußland übertroffen. Es sollte damit für den Kriegsfall riesige Hilfsquellen haben. Trotzdem traut man seiner Wehrhaftigkeit nicht viel zu und erst der nunmehr ausgebrochene Krieg wird ein Bild der kriegerischen Leistungs­fähigkeit der beiden Gegner abgeben.

Der Anlaß des Kriegs ist ein geringfügiger: sowohl China als Japan wollten in dem durch bür­gerliche Unruhen geschwächten KoreaOrdnung schaf­fen" oder besser gesagt den Hahn im Korb machen. Rußland und England werden jedoch voraussichtlich dafür sorgen, daß der Siegespreis keinem der beiden kriegführenden Staaten zusällt. Ein englisches Witz­blatt stellt China und Japan als zwei kämpfende Hähne dar, hinter denen schmunzelnd ein Bär (Ruß­land) steht, der auf den Ausgang des Kampfes wartet, um beide Kampfhähne zu fressen.

Japan ist durch seine Lage im Vorteile gegen­über China: aus dem Seewege kann es in 9 Stunden Truppen nach Korea werfen, während die nächste

Verbindung zwischen China und Korea 14 Stunden

beträgt, und der Landweg noch weit langwieriger ist. Die Kriegsdauer glaubt man auf höchstens 4 Monate berechnen zu müssen, da von Oktober an in Korea eine solche Kälte herrscht, daß den Chinesen und Japanern die Lust zum Kriege von selbst ver­gehen würde. Die nächste Folge des Krieges ist eine schwere Schädigung des europäischen Handels nach den beiden kriegführenden Ländern und deshalb sieht das am schwersten getroffene England besonders sauer zu der Friedensstörung.

Hages-Weuigkeilen.

Deutsches Reich.

Nagold, 6. Aug. Der heutige Tag ist ein Gedenktag in zweifacher Beziehung. Am 6. August 1848 (Sonntag) wurden die Bürgerwehren Würt­tembergs auf Erzherzog Johann von Oesterreich, den damaligen Reichsverweser, beeidigt, d. h. sie legten ihm, als dem Regenten Deutschlands, den Fahnen­eid ab. Am 6. August 1870 war es aber, als un­sere Truppen bei Wörth in dem uns aufgezwungenen deutsch-französischen Kriege die erste Feuerprobe be­standen haben.

Nagold, 8. Aug. (Einges.) Wie wir hören, beabsichtigt der hiesige Turnverein bei guter Wit­terung am nächsten Sonntag Nachmittag auf dem Schloßberg unter Mitwirkung der hiesigen Stadt­kapelle ein Wald fest abzuhalten, zu dem jedermann freien Zutritt hat. Wir machen jetzt schon darauf aufmerksam, damit sowohl derjenige, welcher sich für den Turnverein, in dem gegenwärtig reges Leben herrscht, interessiert, als auch derjenige, welcher sich und seinen Angehörigen einen gemütlichen Sonntag­nachmittag verschaffen will, seine Spaziergänge dar­nach einrichten kann.

t, Rohrdorf, 7. August. Unsere Ferienko­lonie darf sich auch hier der Gunst der Stuttgarter Bürger erfreuen. So besuchte sie H. Stadtrat Asts ch er aus Stuttgart, der aus einer Schwarzwaldreise be­griffen war, und bezahlte für jeden der 20 Knaben ein gutes Vesper in Ebhausen. Möge dieses gute Beispiel viele Nachahmer finden!

Ferienkolonien armer, kränklicher Schul­kinder. Im Anschluß an den in Nro. 91 unseres Blattes erschienen Artikel über die Kolonie Rohr­dorf teilen wir noch mit, daß von den 16 aus Stuttgart entsandten Landkolonien in unserem Ober­amtsbezirke, nämlich in Effringen und Schönbronn, im Calwer Bezirk in Neubulach und Unterreichen­bach, im Oberamt Neuenbürg im schön gelegenen Grunbach sich noch je eine weitere Ferienkolonie be­findet. Dieselben sind überall in altbewährten Käu­fern untergebracht und es ist eine Freude, die hübfch geordneten und blank gescheuerten Schlafräume einer solchen Kolonie zu sehen. Die Vor- und Nachmit­tage werden, soweit es die Witterung gestattet, und soweit sie nicht durch Ruhe, Spiel und Reinigen des Körpers und der Bekleidungsstücke ausgesüllt sind, fleißig zu Spaziergängen in die herrlichen Wälder henützt, wo den Kindern neben der erfrischenden Waldluft noch der für sie seltene Genuß des Beeren- pflückens zuteil wird. Diese regelmäßigen Ausflüge und die reine Schwarzwaldlust erzeugen aber auch einen gesunden Appetit, für welchen die treu besorgten Quartierwirte in ausgiebigster Weise auskommen. Nach­dem die ersten, bei verbesserter Kostreichung stets sich einstellenden kleinen Störungen nunmehr über­wunden sind, beginnen sich allmählich die eingefallenen bleichen Wangen der Kinder zu runden und zu röten

und das alte Sprichwort bewahrheitet sich an ihnen:

Milch und Brot macht Wangen rot," zumal da das Vesperbrot ein Butterbrot ist und die Haupt­mahlzeiten gute Hausmannskost bieten. Mögen die Kolonisten auch in der zweiten Hälfte ihres Land­aufenthalts gesund bleiben, damit die Kinder die herrliche Schwarzwaldnatur voll und ganz genießen und am 18. August an Leib, Geist und Gemüt ge- kräftigt in ihre Heimat zurückkehren können!

Tübingen, 5. Aug. Das schwäbische Kreis­turnfest nahm bisher einen sehr günstigen Ver­lauf. Anwesend sind gegen 2500 Turner. Eröffnet wurde es durch ein festliches Bankett am Samstag abend. Das erste Hoch galt S. Maj. dem König, an den ein Telegramm abgesandt wurde, das huld­vollste Erwiderung fand. Da zugleich die Erinner­ungsfeier an das 75jährige Bestehen des hiesigen Turnplatzes begangen wurde, so bildeten Betrach­tungen über die Entwicklung des turnerischen und öffentlichen Lebens während des Zeitraums von 1819 bis 1894 den Hauptinhalt der vielen trefflichen Reden. Als Sprecher heben wir hervor den Vorsitzenden Prof. Oesterlen, die Festredner Prof. Dr. Grützner und Buchhändler Hermes, den Prorektor der Universität Prof. Dr. v. Henke, Bataillonsmajor Frhrn. v. Hügel, Oberbürgermeister Gös, den Kreisturnwart Prof. Keßler, den Kreisvertreter Langer, den Ge­schäftsführer der deutschen Turnerschaft Dr. Götz von Lindenau, sowie Prof. Nußhack von Straßburg. Ein wundervolles lebendes Bild, ausgeführt von hiesigen Turnern, stellte die Turnerei der Jahre 1819 und 1894 dar. Von Dr. Ammermüller in Stuttgart, der 1819 unter Völker, dem Gründer des hiesigen Turnplatzes, als Schüler geturnt hatte, war eine interessante Zuschrift eingelaufen. Ueber den Verlauf des heutigen Festtages herrscht allgemein hohe Befriedigung. Auf dem wunderschönen Fest­platze des mittleren Wöhrds war alles bis ins ein- zelste genau vorbereitet und insbesondere alles Un- turnerische fern gehalten. Die Uebungen verliefen bei günstigstem Wetter mit seltener Pünktlichkeit und gaben ein ansprechendes Bild unseres gegenwärtigen hochentwickelten Turnbetriebs. Die Festrede hielt heute wieder wie beim Turnfest im Jahr 1868 Ober­bürgermeister Gös. Am Vereinswettturnen von 6 bis 8 und 9 bis 1 Uhr beteiligten sich 39 Vereine, am schönen Festzug, der stramm durch die festlich geschmückte Stadt marschierte, etwa 130 Vereine, an den allgemeinen Stabübungen rund 700 Mann. Sondervorführungen des Achalmgaues, der Tübinger Turner, des Stuttgarter Gaus und Spiele bildeten um 8 Uhr den Schluß der abwechslungsreichen Arbeit. Eineitalienische Nacht" in der Kastanienallee endete den heutigen Tag. Tausende von Fremden durch­ziehen unsere Straßen, und wie das turnerische Er­gebnis des Festes dürfte auch das rechnerische zu allgemeiner Befriedigung ausfallen.

Schwäbisches Kreisturnfest in Tübingen. Im Einzelwetturnen wurden 18 Sieger mit Preisen ausgezeichnet: 1) Mayer, Aug. T.-B. Stuttgart mit 67,5 Punkten, 2) Schüler, Ludw. T.-V. Ulm mit 59,1 Punkten, 3) Spohn, Hans T.-V. Ulm mit 59 Punkten u. s. w. Im Vereinswetturnen wurden folgende Vereine mit Preisen ausgezeichnet: I. Stufe. Note sehr gut: 1) T.-B. Stuttgart, 2) M.-T.-V. Stuttgart, 3) T.-V. Stuttgart, 4) T.-V. Cannstatt, 5) T.-B. Ulm, 6) T.-V. Cannstatt, 7) T.-V. .Berg, 8) T.-V. Söflingen, 9) T.-V. Heslach, 10) L.-B. Gmünd, 11) T.-V. Eßlingen, 12) T.-G. Göppingen. l3) T.-G. Heilbronn, 14) T.-V. Neuenbürg, 15) M.-T.-V. Ludwigsburg, 16) T.-G. Schwenningen.