Zko. 41
62 . Jahrgang
Amts^ um! Intelkigenzökatt für äen Kezirk.
Erscheint Iienslag, Aonnerstag L Sarnstaß.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
Donnerstag, äen 7. Äprik 1887.
Abonnementspreis halbjährlich 1 -L 80 -H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 80 H, sonst in
ganz Württemberg 2 70 H.
Amttictze Wekanntmerchungen.
Calw.
An die Ortsvorsteher.
Die Ortsvorsteher werden hiemit aufgefordert, die Sporteln für die Revision der pro 1. April 1886 verfallenen Rechnungen, deren Betrag sie aus den ihnen heute zugehenden projektierten Quittungen ersehen können, binnen 6 Taste« mit den letzteren hierher einzusenden.
Den 6. April 1887. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
doch wurde die Nachricht viel kühler ausgenommen, als man eigentlich hätte erwarten sollen. Mit dem „Märtyrertum" scheint es somit gute Wege zu haben. In den altdeutschen Kreisen herrscht hohe Befriedigung. Das energische Vorgehen der Regierung wird auf Franzosen und Französlinge seine heilsame Wirkung nicht verfehlen."
— Die Pulverfabrik in Metz wird einer Kabinettsordre vom 30. v. M. zufolge im laufenden Monat aufgelöst, da die beiden anderen Pulverfabriken in Spandau und Hanau zur alleinigen Herstellung des militärischen Pulverbedarfs genügen. Der Direktor der Fabrik, Major Eckardt vom 1. Fuß-Art.-Negt., sowie der Direktionsassistent bleiben zur Abwickelung der Geschäfte im laufenden Etatsjahr noch einstweilen in ihren Stellungen.
H'otitiscHe Wcrchvichterr.
Deutsches Reich.
Darmstadt, 4. April. Der Großherzog empfing am Samstag nachmittag die Präsidenten und Sekretäre der zweiten Ständekammer behufs Entgegennahme einer Glückwunschadresse aus Anlaß der Verlobung der Prinzessin Irene mit dem Prinzen Heinrich von Preußen. Die Herren hatten darauf die Ehre, dem hohen Brautpaare persönlich ihre Glückwünsche namens der zweiten Kammer darzubringen. — Prinz Heinrich ist gestern nach Berlin zurückgereist, um der morgen stattfindenden Konfirmation seiner Schwestern, der Prinzessin Sofie und Margarethe, beizuwohnen. Er wurde vom Grobherzog und Erbgroßherzog, zur Bahn geleitet und bei der Abfahrt von dem Publikum mit Hochrufen begrüßt. Der Prinz kehrt übermorgen hierher zurück und bleibt dann bis zum 24. zu Besuch im Neuen Palais. — Heute wurde hier das aus hessischen Kompagnien zusammengestellte 1. Bataillon des neu errichteten Infanterie-Regiments Nr. 138 an seinen neuen Bestimmungsort Straßburg i. E. übergeführt. Der Großherzog nahm vorher auf dem Jnfanterie-Exerzierplatze die Parade über das Bataillon ab und hielt dann eine Ansprache an das in Quarre aufgestellte Bataillon, worin er die scheidenden Kameraden zur Mannszucht und Kameradschaft ermahnte. Ein dreifaches Hurrah auf den obersten Kriegsherrn beschloß die Ansprache.
Kiel, 2. April. Der erste Spatenstich zum Nordostsee, kanal findet dem Vernehmen nach am 18. Juni statt. Als Gast wird, der M. Ztg. zufolge, der Kronprinz erwartet und als Bundesratsvertreter v. Bötticher.
— Der aus Elsa ß-L othringen ausgewiesene Neichstagsabgeord- ncte Antoine beabsichtigt, über Belgien nach Berlin zu reisen und seinen ständigen Wohnsitz in Brüssel zu nehmen, da er befürchte, sein Aufenthalt in Frankreich könnte zu Kundgebungen Veranlassung geben. — Aus dem Land- kreise Metz schreibt man der „Straßb. Post": „Die Ausweisung des Reichs, tagsabgeordneten Antoine hat bei der Landbevölkerung zwar Aufsehen erregt,
Gcrges-Weuigkeiten.
— Nills Tiergarten in Stuttgart. Wer von unfern Lesern im Lauf des Jahrs Stuttgart besucht, versäume nicht, diesem in der Nähe der Gewerbehalle (ehemalige Landesausstellung) gelegenen großen Garten eine Stunde zu widmen. Was das Naturalienkabinet, diese prächtige und gewiß höchst instruktive Sammlung ausgestopft zeigt, das ist im Tiergarten lebendig. Alles voll Leben in weiten Gehegen, Weihern, großen Zwingern, Volieren, Alles wohlgepflegt, im Gegensatz zu den dicht zusammengesperrten bedauernswerten Tieren der Menagerien. Es sind Stunden voll Anregung und Lust, die wir im Betrachten und Beobachten der Eigenarten, Fähigkeiten und Gewohnheiten dieser Tiere zubringen und wenn wir längst wieder zu Hause, ziehen in der Erinnerung diese vielgestaltigen Geschöpfe noch an uns vorüber. Namentlich auch der Jugend ist der Besuch des Tiergartens zu empfehlen; es ist sogar in den nicht allzuweit von Stuttgart entfernten Orten Gewohnheit geworden, daß ganze Scharen von Knaben und Mädchen, geführt von den Lehrern, Nills Tiergarten als Frühlings- oder Konfirmations- ausflugsziel wählen.
Horb, 2. April. Ein Arbeiter in dem 1 km unterhalb Mühlen am Neckar gelegenen Sägewerk von Bürkle wollte in einem kleinen Kahne über den ziemlich stark angeschwollenen Neckar fahren. Die Strömung nahm den ohne Zweifel unkundigen Schiffer durch die geöffnete Floßfalle. Der Kahn schlug um, der Insasse verschwand im Wasser und wurde trotz eifrigen Suchens noch nicht aufgefunden.
Tübingen, 29. März. Die Arbeiten am Wildermuthdenk- mal sind bereits so weit gefördert, daß die Enthüllung desselben auf den 12. Juli, den Todestag der Schriftstellerin, festgesetzt werden konnte. Das Hautreliefbild wurde in der Werkstätte des Bildhauers Rösch von zahlreichen Freunden der Verstorbenen besichtigt und wird als vorzüglich gelungen bezeichnet.
Backnang, 3. April. Wenn kürzlich das Defizit, das der entwichene Leder- und Lohhändler Ludwig Hinterlossen, auf eine halbe Million Mark
Jerricteton. «Nachdruck °»b°«-n.>
Der Damenschneider.
Von AlbertClar. _
(Fortsetzung.)
„Sie!" Und der Gutsbesitzer brach in ein so fröhliches Gelächter aus, daß der vermeintliche Nadelheld ausrief: „Herr! Wollen Sie mich zum Besten haben?
„Sie sind der Herr Fritsche aus Berlin?"
„Ja, Viehhändler Fritsche!"
Mestelbach konnte sich kaum erholen vor Lachen, und lachend nahm er den ob des unerklärlichen Benehmens von Vater und Tochter sehr mißtrauisch blickenden dicken Herrn unter den Arm, um ihn hinaus in die Ställe zu führen.
Erleichtert seufzte Erika! — Ach was hatte ich für bange entsetzliche Minuten verlebt! — Wie hatte sie nur so blind sein können, einen solchen Menschen für ihren Erwin zu halten.
„Horch! Nun kommt wieder Jemand! — Das ist er! — das ist er gewiß! — Und angstvoll preßte sie die bebende Hand an das klopfende Herz!
Schüchtern trat ein junger feiner Herr ins Zimmer. Aber Erika konnte sich nicht helfen. Nach den Briefen hatte sie sich den Erwarteten wiederum ganz anders vorgestellt. Hedwig mochte doch recht haben — in Briefen sind die Männer anders als in Person. Er war auch gar zu geziert und ohne Geschmack gekleidet, und einen entsetzlichen verwaschenen großen Strohhut drehte er verlegen zwischen den Fingem.
„Bitte" — sagte Erika schüchtern.
„Bitte sehr" erwiderte noch schüchterner der Jüngling.
„Sie kommen —"
„Um Maßzunehmen, wenn Sie gütigst erlauben —"
„Es ist Niemand hier. Sie brauchen sich nicht zu verstellen", entschloß sich end- der blonde Tollkopf zu sagen.
„So?" erwiederte der hagere Jüngling und blickte scheu um sich.
„Ja wohl, mein Herr!" fuhr Erika fort. Er ist so linkisch, dachte sie; ein wenig muß ich ihm doch entgegenkommen. Aber in seinen Briefen zeigte er sich doch viel gewandter als hier beim ersten Stelldichein.
„Nun denn, wenns gefällig ist, gnädiges Fräulein", sagte jetzt der Andere, und schritt mit erhobenem Arm auf Erika zu.
„Oho, dachte sie, er wird feurig. „Nicht so, mein Herr!" wehrte sie ab, „wir müssen uns doch erst kennen lernen."
Aber — sagte schüchtern der Schneider, indem er den Arm sinken ließ, und Erika bemerkte nun, daß er ein Centimetermaß in der Hand hielt.
„Sie wollten mir wirklich Maß nehmen?" fragte sie enttäuscht.
„Deshalb bin ich hier, wenn Sie gütigst erlauben." Und wieder kam er mit erhobenem Arm auf Erika zu.
Er treibt die Verstellung zu weit, sagte sich die Jungfrau, doch vielleicht hat er seinen Grund. Sie ließ also den nprrischen jungen Mann gewähren und mußte sich gestehen, daß er ebenso geschickt wie discret das Maß zu handhaben verstand.
Plötzlich durchzuckte sie. ein Gedanke: Sollte Erwin Schneider sein? Einen Schneider heiraten und diesen Schneider! Hu, wie entsetzlich! Aber hatte er ihr nicht geschrieben, er sei Assessor? Wie konnte der Mensch, der ihr eben das Maß um die Taille legte, sich für einen Assessor ausgeben?