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Muts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Samstag 28. April

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1894.

Hages-Meuigkeiten.

Deutsches Ueich.

Freudenstadt, 23. April. Der König traf heute abend 7 U. 35 Min. mittelst Sonderzug hier ein, begleitet von Rittmeister v. Knörzer. Unmit­telbar nach der Ankunft nahm der König das Esten im Schwarzwaldhotel ein. Er wird morgen früh 2 Uhr auf die Auerhahnjagd nach Reichenbach fahren. Morgen vormittag 8 Uhr wird der König nach Stuttgart zurückkehren.

Stuttgart, 25. April. Der Schneiderstrike ist durch gegenseitige annehmbare Konzessionen von Prin­zipalen und Arbeitern beendet und die Arbeit heute allgemein wieder ausgenommen worden. Herr Rechts­anwalt Lantenschlager hat zwischen den Parteien die Vermittlung geführt. Man einigte sich u. a. auf den lO'.sstündigen Arbeitstag.

Stuttgart, 25. April. Das Interesse für den Fall Hegelmaier wird von Tag zu Tag ein re­geres. In: allerdings räumlich sehr beschränkten Verhandlungslokal herrscht eine drangvolle fürchter­liche und eine ganz entsetzliche Temperatur. Das Auskunftsmittel, die Fenster zu öffnen, kann zu al­lem nicht einmal angewandt werden, weil der Dis- ziplinarhof ini Verwaltungsgebäude tagt, das an der verkehrsreichen Königsstraße liegt. Kein Wunder, daß unter solchen Umständen heute Herr Hegelmaier, der, abgesehen von den äußeren Einflüssen und dem Umstand, daß er, um seine Verantwortung wegen all der vielen, vielen kleinen Anklagepunkte zu füh­ren, seine Geisteskräfte unausgesetzt anspannen muß, auch begreiflich er,veise tiefgehender, seelischer Erregung ausgesetzt ist, bat, die Sitzung früher abzubrechen und sie nicht wieder, wie gestern auf 7 Stunden auszudehnen, er befinde sich in einen: Zustande hoch­gradiger Aufregung. Mit diesem von dem Vertei­diger unterstützten Wunsch, dem der Herr Vorsitzende in der entgegenkommendsten Weise nachkam, war allen Beteiligten und nicht zum letzten den Bericht­erstattern aus dem Herzen gesprochen. Wenn wir unsere Ansicht über den Eindruck sagen sollen, den Hegelmaier vor Gericht macht, so müssen wir ge­stehen, es erscheint geradezu unbegreiflich, daß man ihn als geistig nicht normal halten konnte. Er verteidigt sich sehr gewandt, zeigt sich als sehr scharf urteilenden Juristen und verschmäht es nicht, hier und da einen kleinen Witz einzustreuen, auch wohl sich selbst zu glossieren. Es ist wahrlich keine beneidenswerte Aufgabe, manche Punkte der Anklage, die auf Jahren und zum Teil auf recht winzige, erst durch allerlei Einflüsse aufgebauschte Vorkomm­nisse zurückgreifen muß, aufrecht zu erhalten. Eine gewisse Aufregung kann man Hegelmaier wohl zu­gute halten, hätte er nicht manchmal zu sehr seinen Kopf aufgesetzt, so wären uns, wie der Referent, O.L.G.R. Schönhardt, heute gewiß mit vollem Recht meinte, die jetzigen Verhandlungen erspart geblieben.

(T. Ehr.)

Darmstadt, 25. April. Der Großfürstthron- solger spendete den hiesigen Stadtarmen anläßlich seiner Verlobung 5000 , /ch

Der dritte deutsche Taubstummenlehrerkongreß wird ,n der zweiten Hälfte der Psingstwoche (16. bis 19. Mai) in Augsburg siaUfinden. Die Aufgabe des Kon­gresses ist hauvtsächlich die Sicherung der Lautsprachme- thode bezw. einer gemischten Methode.

Der Saaten stand im gesamten deutschen Reiche war Mitte April folgender: Winterweizen gut, Sommerweizen gut bis mittel, Winterspelt gut.

Winterroggen gut, Sommerroggen gut bis mittel,

Sommergerste gut, Haber gut bis mittel, Klee mit­tel, Wiesen mittel. Die Wintersaaten waren viel­fach durch Trockenheit beeinträchtigt. Die Mitte April eingetretenen Regenfälle berechtigen zu guten Hoffnungen; für die Frühjahrsbestellung war die trockene warme Witterung außerordentlich günstig, doch ist die Saat infolge der Trockenheit erst wenig aufgegangen.

Daß es im allgemeinen doch recht still in Europa ist, ergiebt sich aus den langathmigen Be­trachtungen, welche die fremden Journale mehr und mehr der Verlobung des russ. Kronprinzen mit einer deutschen Prinzessin widmen. Bei uns in Deutsch­land hat die Sache gar kein Aufsehen weiter ge­macht, man wünscht der jungen Prinzessin das beste Glück; anders im Auslande. Die Franzosen, die sich erst ganz still verhalten, können doch mit ihrem Aerger nicht zurückhalten; haben doch die Pariser Zeitungen wer weiß wie oft erzählt, der Czar werde ^ in keinem Falle die Vermählung seines ältesten Sohnes mit einer deutschen Prinzessin dulden. Und nun kommt es doch so weit! da Personenfragen in den Augen der Pariser einen viel, viel größeren Wert haben, wie in den unserigen, so kann man sich den­ken, welche wunderbaren Dinge zusammengeschrieben werden, um zu beweisen, daß es zwischen Deutsch­land und Rußland und Frankreich und Rußland trotz alledem beim alten bleibe. Auf der andern Seite schießen die Engländer über das Ziel hinaus, die in der Verlobung ein neues Unterpfand des Friedens sehen. Kleine Frauenhände können heute aber die Fäden der Politik nicht mehr halten, dazu sind sie viel zu schwach. Weit größeren Anteil als diese russische Verlobung hat in Deutschland jeden­falls die Geburtstagsfeier des Königs Albert von Sachsen gefunden, der auch der Kaiser beigewohnt hat. Ende dieser Woche dürfte übrigens die ganze kaiserliche Familie wieder in Potsdam vereint sein.

Dem Ende der Reichstagsreden ist, wie be­kannt, eine Ansprache des Fürsten Bismarck an die nationalliberalen Abgeordneten gefolgt, die ihm in seinem Landsitze Friedrichsruhe einen Besuch abge­stattet haben. Die Rede steht noch heute im Vor­dergründe unseres innerpolitischen Interesses, denn nach langer, langer, durch seine Wiedergenesung herbeigeführter Pause hat der greise Staatsmann hierin zum ersten Male wieder seine politischen An­schauungen ausführlich dargelegt. Es ist auch die erste größere Rede nach der Versöhnung vom 26. Januar und sie zeigt, daß der Fürst unverändert der alte geblieben. Die politische Gegnerschaft zu seinem Nachfolger dauert unverändert fort und darin liegt auch die vollste Bestätigung der von Anfang an ausgestellten Behauptungen, daß die Versöhnung zwischen dem Oberhaupt des Reiches und dem ersten Kanzler eine persönliche war, die mit der Reichs­politik aber nichts zu thun hat. Die Reichstags­verhandlungen haben auch im preußischen Abgeord­netenhause eiue gewisse Fortsetzung erhalten, denn bei der Beratung des neuen Gesetzes über die Er­richtung von Landwirtschastskammern ist mit nicht geringerer Ausführlichkeit, wie im Reichstage, die Lage der Landwirtschaft behandelt. Von einer weiteren Verjüngung der Reichsarmee durch Ver­änderungen in den höheren Offizierskreisen wird gesprochen. Es wird sich bald zeigen, ob die Be­hauptung, daß nicht weniger als dreißig Generale zurückzutreten gedenken, nun wirklich den Thatsachen entspricht.

Der nahende erste Rai wird voraussichtlich

in diesem Jahre in Deutschland kein anderes Bild bieten, wie 1893. Die Vorbereitungen, welche in den Arbeiterkreisen der'großen Städte getroffen wer­den, bewegen sich in einem durchaus ruhigen Rahmen und es sind wohl kaum Störungen zu befürchten. Vor eineni Jahre war es ziemlich laut, besonders in Spanien.

Berlin, 25. April. Auf die 160 Millionen betragende 3°/oige Reichsanlehe wurden 400 Mill. gezeichnet. Die Zuteilung beträgt demnach 40 Proz.

Berlin, 26. April. DieKreuzztg." erfährt aus Konstantinopel: Die Pforte bestellte in Deutschland 200 000 Mausergewehre.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 24. April. Die deutsche Kaiserin reist, nach Meldungen aus Abbazia, mit ihren Kindern am Freitag nach Berlin über Wien, wo sie um Mitternacht durchfährt, ohne Aufenthalt zu nehmen.

Budapest, 25. April. Die Kosten von Kos- suths Leichenbegängnis betragen 70,000 Gulden, welche die Kommune Pest bezahlt.

Frankreich.

Die in Paris Wochen l an g vorgenommenen Anarchistenverhaftungen haben ein so reichhaltiges Anklagematerial ergeben, daß ein großer Anarchisten­prozeß in Aussicht steht. Die Voruntersuchung ist nunmehr abgeschlossen; ihr Ergebnis ist, daß nicht weniger als 62 Anarchisten wegen Beteiligung an einer Verbrechergenossenschaft angeklagt werden.

Serbien.

Belgrad, 23. April. Einen bedeutungsvollen Toast brachte bei der gestrigen Galatafel anläßlich des Jahrestages der Befreiung Serbiens König Ale­xander auf seinen Vater Milan aus. Der Toast kommt einer vollständigen Rehabilitierung des letz­teren gleich: König Alexander leerte sein Glas auf das ilöohl seines ersten und treuesten Unterthanen, des Königs Milan.

England.

Mit dem am Sonntag in London verhafteten italienischen Anarchisten Farandi, dem seine Genossen den Spitznamen Carnot gaben, glaubt die englische Polizei das Haupt der gesamten Anar ' - nklique : , der Hauptstadt gefaßt zu haben. Ov uchttg i,r, sterst wohl noch dahin, wenn auch Fnrandi es in erster Reihe war, der Bomben und Explosionsstoffe an andere Gesinnungsgenossen abgegeben hat. Jeden­falls war er ein entschlossener Anarchist, hat er nach seinen eigenen Worten noch nichts Geringeres ge­plant, als ein Attentat gegen die Londoner Börse. Das Vorvernehmen wird sich auch auf weitere Kom­plicen erstrecken.

Kleineve Mitteilungen.

Kay, 23. April. Samstag abend holten zwei Brüder Stephan und Jmanuel Braitmaier eine Ladung Spreu in Gültstein. Auf dem Heimweg setzte sich der jüngere Bruder auf den Wagen, aber unterwegs siel derselbe jählings herunter und erlitt, wie es sich in der Folge zeigte, eine schwere Verletzung. Man brachte ihn zwar nach Hause und zu Bette aber als seine Frau am Sonntag morgen nach ihrem Mann sah lag er tot im Bett. Der Jam­mer der ganzen Familie ist groß und findet allgemeine Teilnahme, denn der Verunglückte war ein braver und gefälliger Mensch.

Stuttgart, 24. April. Kaum glaublich aber wahr! Bei einer kürzlich ausgeschriebenen Submission hat ein hiesiger Malermeister bloß 32^ abgeboten.

Stuttgart, 24. April. Auf dem heutigen Wochen markt wurden die ersten heimischen Kohlrabi zum Verlauf gebracht. Kirschen aus Algier wurden pro Stück mit io Pfg. bezahlt. Teurer Nachtisch.

Im Ulm erVerein für Kunst und Altertum" kam auch eine Anzahl Grab- und Marteln-Jnschristen an