«begeisternden Ansprachen des Ortsvorstehers, Ortsgeistlichen und Hrn« 'Wagners an.
._(!) Stammheim, 27. März. Als ein hinkender Bote, der aber
Hoch auch allerlei Interessantes aus seinem Portefeuille dem Publikum dar- legt, folgt der Bericht über die Kaiserfeier in Stammheim. Hat dieser Ort seine Reichstreue in eklatanter Weise bei der letzten Reichstagswahl be- wiesen, so ließ er seine echt deutsche nationale Gesinnung auch bei diesem Anlaß in überaus glänzender Weise hervortreten. Festlich geschmückt sammelte -sich am frühen Morgen die Schuljugend, die bürgerlichen Kollegien, Krieger« verein, Feuerwehr, Liederkranz rc. vor dem neuen Schulhaus und sangen mach genommener Ausstellung das Lied ab: „Lobe den Herren, o meine Seele". Hierauf setzte sich der stattliche Zug in Bewegung und marschierte in schöner Ordnung durch das Dorf. Trommelschlag, Gesänge des Liederkranzes und der Schuljugend, Vorträge der Feuerwehrmusik erschallten dabei in die Lüfte. 'Vor dem Rathause machte der Zug Halt, schloß einen Halbbogen und stimmte den Lieblingschoral des Kaisers: „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren" an, auf welches der Einzug in dasselbe erfolgte. Hier fand die eigentliche Schulfeier statt. Reden und Gesänge wechselten in schöner Weise mit einander ab. Den Schluß derselben besiegelten die Kinder mit einem begeisterten ^,Hoch" auf Kaiser Wilhelm, welchem auch kurz zuvor ein solches seitens der anwesenden Bürgerschaft dargebracht wurde. Die Festgabe der Kinder bestand in einem wohlschmeckenden Kümmelbrot. Am Abend desselben Tages brachte reges Leben in die Bevölkerung ein imposanter Fackelzug auf den nahen Galgenberg, wo auch ein Fceudenfeuer abgebrannt wurde. Nach diesem versammelten sich abermals sämtliche hiesige Vereine, wie auch ein Teil der bürgerlichen Kollegien im Gasthaus zur Krone und gaben unter Anhörung patriotischer Gesänge und poetischer Produkte ihren nationalen Gefühlen warmen Ausdruck. Der ganze Tag war ein Freudentag und hat in den Gemütern die angenehmsten Eindrücke hinterlassen. Was kurz zuvor über ÄViederaufrichtung des deutschen Reichs und Mehrung desselben durch den ehrwürdigen Kriegshelden Kaiser Wilhelm gesagt wurde, fand freudigen Widerhall in dem Wort: „Gott segne und schütze das deutsche Vaterland, erhalte und beschirme sein rühm« und sieggekröntes Oberhaupt: „Kaiser Wilhelm."
, - In wenig Orten wohl von der Größe Ostelsheim wird das lKaiserfest so festlich begangen worden sein, als gerade hier. Zur Vor« feier versammelten sich am Montag abend 7 Uhr der Kriegerverein, die Feuerwehr und die Turnjugend. Mit Hörnerklang und Trommelwirbel be« wegte sich ein imposanter Fackelzug durch die Straßen des Orts zur Friedens« linde, wo ein Freudenfeuer und allerlei Feuerwerk abgebrannt wurde. Unser verehrter Ortsgeistlicher, Herr Pfarrer Dettinger, der den letzten Feld« Zug als Feldprediger mitmachte, hielt eine begeisterte patriotische Ansprache an die Versammelten, und brausend hallte aus vielleicht 200 Kehlen das Hoch auf Kaiser Wilhelm von den Bergen ins Thal. Unter Absingen patriotischer Lieder, wie „die Wacht am Rhein", „Deutschland, Deutschland über alles", wurde der Rückmarsch angetreten. Der Festtag selbst meldete sich morgens 6 Uhr durch Gewehrsalven und Tagwache an. Um 9 Uhr war Festgottesdienst. In geschlossenem Zuge marschierten die jungen Turner, der Krieger
verein und die Feuerwehr (jede Abteilung mit Fahne) zur Kirche. In zu Herzen gehenden, ergreifenden Worten hielt unser Herr Pfarrer ein Predigt über Sirach 50, 24—26. Nach derselben war Schulfeier mit den Kindern. In einer längeren Rede gab Herr Pfarrer Dettinger ein anschauliches faßliches Bild der Entwicklung der preußischen Monarchie und des deutschen Kaiserreich». Die „Kaiserbrezeln", die am Schluß verteilt wurden und die vom Vorstand des Kriegervereins mit viel Patriotismus gewürzt worden waren, sollen den Kindern besonders gut gemundet haben. Abend« war sodann eine gut besuchte gesellige Unterhaltung bei Kamerad Haug zur Rose. Eine besondere Freude war es für uns, daß unser verehrter Herr Pfarrer, welcher sonst nie an Vergnügungen in öffentlichen Lokalen teilnimmt, uns mit seinem Besuch beehrte. Kamerad Unterlehrer Waidmann brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch auf den Kaiser aus, welchen er als Friedenshelden feierte. Große Heiterkeit erregte die humoristische Rede des Herrn Pfarrers auf den Vorstand des Kriegervereins, der seines Zeichens ein Bäcker ist. indem er in geistreicher Weise zwischen diesem und dem General Boulanger (zu deutsch: Bäcker) eine Vergleichung anstellte und dabei besonders den großen Patriotismus beider hervorhob. Feuerwehrhauptmann Weiß brachte sein Hoch dem Fürsten Bismarck, der neben der Kunst des Arztes auch viel dazu beigetragen hat, daß unser Kaiser sein 90. Lebensjahr in solcher Körper« und Geistesfrische hat vollenden können. Das Fest verlief in schönster Harmonie und erst um Mitternacht trennte man sich mit dem frohen Bewußtsein auch ein wenig an dem Dank abgetragen zu haben, den unser deutsches Volk seinem ehrwürdigen Oberhaupt schuldig ist.
— Ueber den Unglücksfall in Oberreichenbach wird der Red. geschrieben, daß in diesem spez. Falle eine Unvorsichtigkeit nicht zu Grunde lag. (Holzhauer K. wurde nemlich durch eine von ihm selbst gefällte Forche, welche infolge eines Windstoßes plötzlich eine veränderte Richtung nahm, erschlagen.)
* (Lebensversicherung.) Die allgemeine Versorgungs-Anstalt im Groß- herzogtum Baden zu Karlsruhe veröffentlichte in letzter Nummer die vorläufig fest- ,-gesWtcn Geschäftsergebnisse des Jahres 1886. Dieselben müssen in jeder Beziehung als sehr günstig bezeichnet werden; sie sind die höchsten, welche die Versorgungs-Anstalt seit ihrem Bestehen in einem Jahr erreicht hat. Nach den bis jetzt bekannten Veröffentlichungen darf angenommen werden, daß die Versorgungs-Anstalt bezüglich des höchsten reinen Zugangs unter allen deutschen Gesellschaften die er st e Stelle einnehmen wird. Es wurden bei ihr in der Abteilung für Lebensversicherung 7048 Anträge mit einem Versicherungs-Kapital von 30,414,385 eingereicht. Die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge betrug 5949 mit 25,186,382 Vesicherungskapital. Durch Tod, Ablauf der Versicherung, Kündigung und Nichtzahlung der Prämien erloschen nur 1245 Verträge mit 4,698,852 Versicherungskaprtal, so daß sich für 1886 ein reiner Zugang von 4704 Verträgen mit 20,487,530 Versicherungs-Kapital ergibt. Auf 31. Dezember 1886 stellt sich daher der in 22 Jahren gewonnene Gesammtversicherungs- stand auf 48,077 Verträge mit 195,317,422 Versicherungs-Kapital. In Folge Ablebens waren zu zahlen für 405 Versicherte 1,674,038 während die Wahrscheinlichkeits-Berechnung annahm, daß 498 Versicherte mit 2,125,557 ^ sterben würden; die Mindersterblichkeit betrug daher 93 Versicherte mit 451,519 Kapital. Die Versorgungs-Anstalt hat ihre Bestimmungen über Kriegs-Versicherung neu aufgestellt und als Neuerung die Rückvergütung der Kriegsprämie in Aussicht gestellt, wenn ein Versicherter an der Kriegsaction nicht teilnahm.
Amtliche Kklrauiltnmchilngeu.
Koutrollversammlungen
im Landmehrkompagniebefirk Calw finden statt:
für die Dispositionsurlauber, die Reservisten, die Wehrmänner, die zur Dis« Position der Ersatzbehöcden entlassenen Mannschaften und die Halbinvaliden, welche noch in dienstpflichtigem Alter stehen:
1) in der Station (des Kontrollbezirks) Gechingen am 12. April 1887, nachmittags 2 Uhr, bei der Kirche,
2) in der Station (des Kontrollbezirks) Liebenzell am 13. April 1887, vormittags 8>/z Uhr, beim Rathause,
3) in der Station (des Kontrollbezirks) Neuw eiler am 13. April 1887, nachmittags 3 Uhr, beim Rathause,
4) in der Station (des Kontrollbezirks) Calw am 14. April 1887, nachmittags 3 Uhr, beim Landwehrdienstgebäude.
Die Einteilung der Kontrollbezirke ist die gleiche wie bisher. Militärpaß und Führungsattest sind bei Strafvermeidung zur Stelle zu bringen.
Calw, im März 1887.
LanöweHrbezirkskornnrcrnöo.
2. Carl Friedrich Schmid, Kauf
mann in Calw,
3. Ed. Zahn, Fabrikant in Hirsau,
als Schöffen,
Amtsgerichtsschreiber Keller als Gerichtsschreiber, für Recht erkannt:
Der Angeklagte Wohlgemuth wird eines Vergehens der Beleidigung im Sinne de« 8 185 Str.-G.- Bchs. und eines weiteren Vergehens i. S. des 8 186 Str.-G.-Bch»., mit welchem ein Vergehen gegen 8 185 Str.-G.-Bch«. ideell zusammentrifft, der Angekl. Carl Schramm eine« Vergehens der Beleidigung im Sinne des 8 186 Str.-G.-B. Kr schuldig erklärt und demgemäß
Iw Name« des Königs:
Ja äer Vrivatkkagefaeke
der Louise Bodamer, Besitzerin des Gasthauses z. Hirsch in Liebenzell, Privatklägerin gegen
1) Wilhelm Wohlgemuth, Schreiner und Gemeinderat in Liebenzell,
2) Carl Schramm, Eisenbahntaglöhner daselbst,
Angeklagte, wegen Beleidigung, hat das Königliche Schöffengericht zu Calw in der Sitzung vom 16. März 1887, an welcher Teil genommen haben:
1. Oberamtsrichter Frommann, als Vorsitzender,
1) der Angekl. Wohlgemuth zu der Gefängnisstrafe von
Vier Wochen, sowie zu der Geldstrafe von zwanzig Mark, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Haftstrafe von 4 Tagen treten soll,
2) der Angeklagte Schramm zu der Gefängnisstrafe von
vierundzwanzig Tagen
verurteilt.
An den Kosten des Verfahrens und den der Privatklägerin erwachsenen notwendigen Auslagen hat jeder der Angeklagten die Hälfte zu tragen.
Zugleich wird der Beleidigten die Befugnis zugesprochen, die Verurteilung auf Kosten der Angekagten mittelst einmaliger Einrückung des Urteilstenors im Calwer Amtsblatt binnen der von Erteilung einer Urteilsausfertigung an die Beleidigte zu berechnenden Frist von einer Woche öffentlich bekannt zu machen.
Diese Ausfertigung beglaubigt Calw, den 28. März 1887.
Widmann,
Amtsgerichteschreiber.
Die Hundebesitzer
werden wegen Anmeldung ihrer Hunde zum Zweck der Besteuerung auf 1. April 1887 auf die im letzten Amtsblatt veröffentlichte Aufforderung der K. Bezirksämter verwiesen.
Stadtschultheißenamt.
Hnffner.
Revier Hofstett.
8tamm^okzverHau§
>am Montag, den 4. April, mittags 12 Uhr, werden auf dem Rathause zu Wildbad aus Frohnwald Abt. 54 Rehkopf und 57 Sägberg:
1076 St. Nadelholz, Lang- und Sägholz mit 1105 Fm. (darunter 742 Rotforchen mit 902 Fm.).
Calw.
Fahrnis-
Versteigerung.
In der Verlassenschaftssache der kürzlich verstorbenen Marie geb. Dreiß, Witwe des Johann Leonhard Rams- perger, Oberreallehrers dahier, wird am nächsten
Freitag, den 1. April 1887, vormittags 8 Uhr,
im Hause de« Herrn Kaufmann E r b e (früher Müller) die vorhandene Fahrnis, bestehend in:
- Schmuck, Gold- und Silber- geschirr, Mannskleidern, Frauenkleidern, Betten, Leinwand, Küchen- geschirr, Schreinwerk, allerlei Hausrat und ca. 2 Rm. buchen Holz
gegen Barzahlung öffentlich versteigert
Den 28. Mär» 1887.
K. Gerichtsnotariat.
Weismann.