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lüste, von Blumen umkränzt, den Hintergrund bildeten die deutschen Farben mit 2 eisernen Kreuzen, welche die Jahreszahl 1797 und 1887 trugen. An den beiden Seitenwänven waren verschiedene Wappen und Trophäenzeichnungen und von Ecke zu Ecke in schön geschwungenem Bogen die Kandelaber verbindende Guirlanden angebracht, so daß schon der ganze äußere Anblick ein höchst eindrucksvoller war, dazu diese Menge von Männern aus allen Ständen und Berufsarten, Hoch und Nieder, Zivil- und Militärpersonen, frühere Soldaten und Veteranen, Sänger und Sangesgenoffen, und wer so glücklich war, eine Auszeichnung irgend einer Art zu besitzen, vergaß natürlich nicht, dieselbe anzulegen. Es war ein wirklich erhebendes Brlv deutscher Eintracht und deutscher Treue zu dem von Gott zum Träger der deutschen Kaiserkrone berufenen Herrscher; um ihm ihre Huldigung darzubringen und ihrer Liebe zu Kaiser und Vaterland Ausdruck zu verleihen, hatten sich Männer der verschiedensten Parteistellung eingesunden. Em seltenes Ereignis ist es, wenn unter den Menschen ein Mann in voller Geistesfrische ein so hohes Alter erreicht und schon der 100. Geburtstag eines Verstorbenen, der im Leben eine bedeutende Rolle spielte, wird fast immer bei den Völkern gefeiert, wie vielmehr der Geburtstag eines Mannes, der noch lebt und auf eine so lange und wechselvolle Zeit von 90 Jahren, eine Zeit, in der die größten^ Veränderungen unter den Völkern vorgekommen sind, zmückblicken kann."
Hr. Stadtsch. Haffner eröffnet« das Bankett mit einer dem Zweck des Tages entsprechenden Ansprache, begrüßte die Erschienenen und erteilte das Wort zur Festrede Hrn. Dekan Berg. Dieser führte aus, überall, wo die deutsche Zunge klingt, wo die deutsche Flagge weht, sei heute der Geburtstag des Kaisers und ein Freudentag für jeden Deutschen. Als ein von Gott auserwähltes Rüstzeug sei Kaiser Wilhelm an die Spitze der deutschen Nation beim wichtigsten Wendepunkt ihrer Geschichte gestellt worden, um mit seinen herrlichen Geistesgaben an dem Aufbau unseres Staates mitzuwirken; ein trefflicher, starker und thalkräftiger Fürst, ein Vorbilv rastlosen Fleißes, habe er stets auch die richtigen Mittel erkannt, um sein Volk glücklich zu machen; als humaner, liebevoller und mildthätiger Mensch habe er sich die Heilung unserer schweren gesellschaftlichen Schäden zur HsrzenSaufgabe gemacht undA/ die Wahrung des Friedens als die Hauptsache für seinen Lebensabend angesehen. Auf das mit stürmischem Beifall aufgenommene ausgebrachte Hoch intonierte die Musik die Kaiserhymne, welche stehend angehört und mitgesungen wurde. Hr. Oberamtsrichter Frommann gedachte des dereinstigen Nachfolgers unv Erben in der Regierung, des ruhmgekrönten, besonders den süddeutschen Soldaten bekannten Feldherr», des Siegers von Weißenburg und Wörth, des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, der an diesem nationalen Festtag als Sohn des erlauchten Jubilars unserer Dankbarkeit und Ergebenheit gewiß sein dürfe. Auf den größten Staatsmann des deutschen Reiches, auf den Reichskanzler Fürst v. Bismarck, toastete Hr. Referendär Hepp; Freund und Feind beuge sich vor der gewaltigen Größe dieses Mannes, der klar und wahr in seinen Zielen und von glühendster Liebe für das Vaterland erfüllt Großes, Ungeahntes, für unmöglich Gehaltenes zu stände gebracht und ein überaus treuer Diener des Kaisers sei. Hr. Oberamtsarzt vr. Müller erinnerte an das erste Auftreten des deutschen Volkes, an die große Tapferkeit und die kräftigen Schwertstreiche der alten Deutschen, die schon die Römer zu fühlen bekommen, und an die großartigen überraschenden Erfolge unseres Heeres. Sein Hoch galt dem deutschen Heere und ihren ruhmreichen Führern.
Den Dank für die dem Heer entgegenbrachte Anerkennung erwiderte Hr. Major Bollstetter mit einem Hoch auf die jederzeit sich patriotisch zeigende Stadt Calw. Hr. Kollaborator Bäuchle. brachte seinen Trinkspruch dem deutschen Volk, indem er ausführte, daß an dem Geburtstag des ersten deutschen Bürgers auch das deutsche Volk nicht unerwähnt blechen dürfe. Anknüpsend an dre frühere unglückliche und trostlose Zeit Deutschlands in Folge seiner politischen Uneinigkeit, wies der Redner auf die jetzige stolze Machtstellung Deutschlands unter allen Nationen hin; durch Einheit habe unser Volk die Macht und durch die Macht die Ehre errungen, die dem
Deutschen überall gezollt werde. Er schloß mit einem warmen Appell an alle Parteien, die mit Blut errungenen Güter nicht preiszugeben, sondern das Wort des Dichters zu beherzigen: An's Vaterland, an's teure, schließ dich an! Das halte fest mit deinem ganzen Herzen! Das sind die starken Wurzeln deiner Kraft! — Sämtliche mit großer Wärme und überzeugender Begeisterung ausgebrachten Reden wurden mit brausendem Beifall ausgenommen und waren von hervorragend zündender Wirkung, so daß die animierteste Stimmung in der Versammlung herrschte. Erhöht wurde die festliche Stimmung noch durch die prächtigen Gesangsvorträge der Sänger de« Liederkranzes und der Concordia. Wir nennen nur die beiden Lieder „Der Trompeter an der Katzbach" und „Das Lied der Deutschen in Lyon", welche vorzüglich gelungen waren. Die Zwischenpausen wurden von der Stadtmusik , welche die verschiedenen Piecen aufs beste ausführte und zur Verschönerung des Abends wesentlich beitrug, ausgesüllt. Fürwahr! die Stadt Calw kann stolz sein, daß sie das Geburtsfest unseres greisen Heldenkaisers in so vollendet würdiger Weise gefeiert und ihre Bewohner sich in dem Wahrspruch vereinigt haben: Wir alle stehen Mann für Mann für Kaiser und ür Reich!
Tein ach. Zur Vorfeier des Kaiserlichen Geburtstags leuchtete am Vorabend, wie an tausend Orten Deutschlands, von der Höhe von Emberg aus ein mächtiges Feuer, das von einigen dortigen Bürgern (insbesondere gebührt Herrn I. Burkardt für seine hölzerne Unterstützung Dank) veranstaltet wurde. Den Festtag selbst kündeten in Teinach zahlreiche Böllerschüsse, die durch das ganze Teinacher Thal hallten, an. Abends fand im Badhotel gesellige Vereinigung der Mitglieder des Kriegervereins Teinach statt, an welcher auch Emberger Mitglieder teilnahmen. Verschiedene Toaste, abwechselnd mit Gesang patriotischer Lieder verschönerten die zahlreich besuchte Feier. Der Trennung Last mag auf manchen Herzen schwer gelegen sein. Schulfeiern fanden in Emberg und Röthenbach statt, wobei die Kinder mit Brezeln beschenkt wurden.
Unterreiche nbach, 23. März. Zur Feier des 90. Geburtstags -(unseres Helden-Kaisers vereinigten sich gestern abend etwa 40 patriotische Männer von hier und Dennjächt in dem Saale des Gasthauses zum Löwen hier. Herr Pfarrer Klemm hielt die Festrede, in welcher er die Bedeutung des Tages hervorhob und der Kaiser als echter deutscher Mann und frommer Christ gepriesen wurde; in das am Schluß der Rede ausgebrachte „Hoch" stimmten alle Anwesenden begeistert ein. Herr Schultheiß Roth fuß von Dennjächt, brachte dem Fürsten Bismarck, dem treuesten Diener und Ratgeber des Kaisers, der auch in den schwierigsten Lagen ausgehalten habe, ein „Hoch" aus, ferner mag noch erwähnt werden ein Toast auf die „deutsche Treue", ausgebracht von Hrn. Pf. Kl. Mittlerweile wurde bei der „Friedenslinde" ein Feuerwerk abgebrannt, bengalsiche Feuer verbreiteten ihren magischen Schein, Raketen stiegen majestätisch in die Höhe, um nach allen Richtungen ihre farbigen Sterne auszusenden, aber nur wenige Sekunden und ihr Glanz war erloschen und erinnerte an die rasche Vergänglichkeit alles Irdischen. Im Saale brachten Klaviervorträge, sowie das Absingen paffender Lieder angenehme Abwechslung in die ungezwungenste fröhliche Unterhaltung und erst in später Stunde trennte man sich mit dem Bewußtsein, die Feier des 90. Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers, unseren kleinen Verhältnissen entsprechend, würdig begangen zu haben.
Gottesdienste am Sonntag, den 27. März 1887. ^
Vom Turme Nro: 1k>2. Vormittags-Predigt: Hr. Helfer Braun. Christenlehre mit den Söhnen. Abendpiedigt, um 5 Uhr in der Kirche, Hr. Dekan Berg. Das Opfer ist vormittags und abends für die nasse des Bczirkskrankenpflegevercins bestimmt.
Freitag, den 1. April.
Vormittag 10 Uhr im VereinshauS: Vorbereitung und Beichte, Hr. Helfer Baun.
Oottesckieafte ia äer Metlwäistenkapekke am Sonntag, den 27. März 1887.
Morgens ^,10 Uhr, abends 8 Uhr.
Amtliche Kkkanntnmchnllgku.
Kontrollversammlungen
im Landwehrkompagiliebezirk Calw finden statt:
für die Disposttionsurlauber, die Reservisten, die Wehrmänner, die zur Dis- Position der Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften und die Halbinvaliden, welche noch in dienstpflichtigem Alter stehen:
1) in der Station (des Kontrollbesirks) Gechingen am 12. April 1887, nachmittags 2 Uhr, bei der Kirche,
2) in der Station (des Kontrollbezirks) Liebenzell am 13. April 1887, vormittag« 8'/r Uhr, beim Rathause,
3) in der Station (ves Kontrollbezirks) Neuw e iler am 13. April 1887, nachmittags 3 Uhr, beim Rathause,
4) in der Station (des Kontrollbezirks) Calw am 14. April 1887, nachmittag« 3 Uhr, beim Landwehrdrenstgebäude.
Die Einteilung der Kontrollbezirke ist die gleiche wie bisher. Militärpaß und Führungsattest fino bei Strafvermeidung zur Stelle zu bringen.
Lal«, im März 1887.
Lanörvehrbezirkskommcrnöo.
Unterreichenbach.
MafilnmlileÄerkau^
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Da« Kgl. Amtsgericht in Calw hat am 4. v. M. die Zwangsvollstreckung in da» unbewegliche auf hiesiger Markung gelegene Vermögen de« Gott
hilf Benz, Müller hier, angeordnet, und hat infolge dessen die mit dem Vollzug beauftragte Vollstreckungsbehörbe dahier zum Zwangsverkauf bestimmt:
Gebäude Nr. 30.
1 s 40 qm eine Mahlmühle samt Wohnung, zweistöckig, mit oberschlechtigem neuem Wasserrad, zwei Mahlgängen, 1 Gerbgang, 1 Champagner, mit gut eingerichteter Kunstmühle;
1 s 64 qm Scheuer und Viehstall unter einem Dach mit obigem Wohnhaus, mit gewölbtem Keller, mit Wohnungsanbau, Schweinstall und 2 » 57 qm Hofraum,
Brand-Vers.-Anschl. s. Zub. 24.000 ^
4 s 04 qm Mahlmühlekanal vom Reichenbach,
St.-Anschl. 14,500 Anschlag 15,000
Angebot 10,000
Infolge eines Nachgebot« von 500 kommt dieses Anwesen am
Dienstag, den 12. April 1887, nachmittags 1 Uhr,
im zweiten Termin auf hiesigem Rathaus im öffentlichen Aufstreich zum Verkauf.
Zum Verwalter ist Gemeinderat Döttling hier und als Verkaufs- kommisfion der Unterzeichnete und Gemeinderat Gengenbach und in deren Verhinderung Gemeinderat Beuttler hier bestellt.
Die Mühle hat eine gute Kundschaft von hier und Umgegend ; die Wasserkraft mit ca. 12 Pferdekräflen ist eine konstante; auch könnte in dem sehr geräumigen, günstig in nächster Nähe des Bahnhofes gelegenen und gut gebauten Anwesen ganz gut jede beliebige gewerbliche Einrichtung erstellt werden.
Unbekannte Steigerer haben sich durch entsprechende Zeugnisse über Zahlungsfähigkeit auszuweisen, auch tüchtige Bürgschaft zu stellen.
Den 19. März 1887.
Schultheiß Scholl.
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