MWster.

Amts- und Intelligenz-Blatt für dm Obrramks-Bezirk Nagold.

^ s.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 Pfg., in dem Bezirk 1 Mk., außerhalb des Bezirks 1 Mk. 20 Pfg. Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Dienstag 9. Januar

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Heile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Emrückung 9 Pfg., bei mehrmaliger je 6 Pfg.

1894.

Amtliches.

Nagold.

Den Ortsliehördcn für die Arlieitcrvcrsichcruug gehen demnächst teils durch Bcnmttlnng der Her­ren Berwaltungs-Aktnarc Formulare zu den pro 1893 aufzustellendenKataster-Nachwcisnngeu für die landwirtschaftliche Berufsgenosfenschaft zu.

Die Kataster-Nachweisungen, bezüglich deren Auf­stellung auf die tztz 10 und 17 der Minist.-Verfgg. vom 18. Juni 1891 (Reg.-Blatt S. 160---102) hin­gewiesen wird, find nebst Beilagen

spätestens bis zum 1. Februar d. Js. an das Oberamt einzusenden.

Den 5. Januar 1894.

K. Oberamt. Vogt.

tzages-Aeuigkeilen.

Deutsches Reich.

** Nagold, 8. Jan. Gestern nachmittag schied aus einem bewegten Leben nach mehrwöchigem Lei­den im 74. Lebensjahre einer unserer wackersten Bürger, Jmanuel Holzapfel, Gemeinderat und Kirchenpfleger hier. Er hinterläßt außer einer trauern­den Gattin und Tochter einen Sohn, der als Pfar­rer in Böhringen OA. Sulz angestellt ist. Der Ent­schlafene war allgemein geachtet und geliebt. Er besorgte seine mancherlei Obliegenheiten mit großer Gewissenhaftigkeit und treuem Fleiße. Als Gemein­derat lag ihm das Wohl der Gemeinde sehr am Herzen; als Kirchenpfleger sorgte er, soviel ihm ob­lag, für die kirchlichen Bedürfnisse der Gemeinde. Was er als Kassier des Kinderrettungsvereins lei­stete, wird diesem Verein, den Pflegeeltern und Kin­ds-m, mit denen der Verewigte in so mannigfache Berührung kam, unvergeßlich bleiben. Auch der Krankenverein, dein Holzapfel als Kassier jahrelang in uneigennützigster Weise so gute Dienste leistete, wird ihn sehr vermißen. Möge der Herr, dem er lebte, ihm alle seine Treue vergelten! Sein Andenken wchd unter uns im Segen bleiben.

Wildberg, 4. Jan. (Corr.) Ein seltenes Naturpha- Aomen ließ sich am Vormittag des 4. Jan. von der Nothselder Höhe aus beobachten. Trüber Dunst lagerte über dem östlichen Horizonte, und als die Sonne herausgestiegen, erblickte man rechts und links von derselben je eine sogenannte Nebensonne. Die­selben waren in erheblicher Entfernung von der Sonne und in etwa ein Drittel Glanz derselben er­strahlend , wobei der glänzende Arm fehlte. Man erblickte also drei Sonnen, welche in gerader Linie, in der Horizontalen zu einander lagen. Ein schwach angedeuteter Nebelregenbogen verband im Halbkreis die eine Nebensonne mit der andern. Um 11 Uhr war dieselbe zu erblickende, glänzende Naturerscheinung geschwun­den und erstrahlte die . Trägerin des Lichtes in der Wärme wieder in einziger Pracht. Die Erscheinung beruht aus Strahlenbrechung des Lichtes bei eigen­artig gelagerten Dichtigkeitsverhältnissen des Wasser­gehaltes der Lust. Zu den hiedurch hervorgebrach­ten Luftbildern zählen das Nordlicht und die Fata- Morgana (oder Polarlicht).

Calw, 2. Jan. Das Schießen in der Neujahrs- nachl Hut in Ernstmühl ein bedauerliches Unglück zur Folge gehabt. Der 18jährige Fabrikarbeiter Mienhurdt wurde von seinem Kameraden, der mit fcharsen Patronen schoß, unglücklicherweise in den Unterleib getroffen, so daß derselbe in größter Le­bensgefahr schwebt und kaum mit dem Leben davon kommen dürste.

Stuttgart, 4. Fan. In ihrer Absicht, die

Bierpressionsapparate nach Möglichkeit durch hohe Visitationsgebühren zu verdrängen, ist die hiesige Polizei getäuscht worden. Während es in den 80er Jahren hier nur etwa 100 Apparate gab, ist jetzt die Zahl derselben auf nahezu das Doppelte gestie­gen, eine Erscheinung, welche die Biertrinker nicht mit Freude erfüllen kann.

Stuttgart, 4. Jan. Die Nachricht eines hie­sigen Korrespondenten, wonach es nicht ausgeschlos­sen sei, daß Herr v. Moser seinen Posten in Ber­lin behalten und im Frühjahr denselben wieder an- treten werde, ist zweifellos dahin richtig zu stellen, daß Herr v. Moser der vorläufig nur längeren Urlaub has allerdings im Frühjahr nach Berlin sich begeben wird, aber nur um sein Abberufungs­schreiben zu überbringen; sein mutmaßlicher Nach­folger, Herr v. Varnbüler, wird die Nachfolge Herrn v. Mosers alsbald nach dem Ablauf seines Postens in Wien etatsmäßig vom 1. April 1894 gestri­chen antreten.

Stuttgart, 4. Jan. Aus Anlaß des Tagblatt- Jubiläums wurde dem Chefredakteur Prof. Müller- Palm die goldene Medaille für Kunst und Wissen­schaft am Bande des Kronordens verliehen.

Stuttgart, 4. Januar. In dem hohen Alter von 88 Jahren ist heute Se. Exzellenz der Herr Oberst-Stallmeister a. D. Wilhelm August Graf v. Taubenheim nach einer langen, an Ehren und Erfolgen reichen Laufbahn zur ewigen Ruhe einge­gangen. Unter drei Königen von Württemberg be­kleidete der Verewigte die höchsten Hofämter, die ihn in tägliche Berührung mit den Monarchen brachten, deren musterhafte Verwaltung aber auch seine Treue und Verläßlichkeit, sein Pflichtgefühl, seine Hingebung, die Lauterkeit seiner Gesinnung stets aufs neue be­kundete. Besonders nahe stand der Verewigte dem hochseligen König Wilhelm, dessen ständiger Reise­begleiter er war und bei dessen Bestrebungen auf dem Gebiet der Pferdezucht er wesentlich beteiligt war. Auch der hochselige König Karl war dem /Verewigten mit ganzem Herzen zugethan, und nicht minder schätzte und verehrte ihn Seine Majestät der jetzt regierende König Wilhelm, höchstwelcher ihm, als er mit Rücksicht auf sein hohes Alter um seinen Abschied nachsuchte, persönlich einen Besuch in sei­ner Wohnung abstattete, um ihm selbst zu sagen, wie ungern er auf seine Dienste verzichte.

Eine sehr große Anzahl württembergischer Offiziere sind zu Neujahr durch Verleihung preu­ßischer Orden ausgezeichnet worden. So hat der General der Infanterie von Woelckern, kommandier render General des 13. Armeekorps, das Großkreuz des Roten Adler-Ordens, der Kriegsminister Frhr. Schott von Schottenstein den Roten Adler-Orden erster Klasse erhalten.

Als Weihnachtsgeschenk, das von mancher größeren Stadt beneidet werden dürfte, erhielt Künzelsau elektrische Straßenbeleuchtung. Am Abend des Christfestes brannten die elektrischen Lam­pen zum erstenmal.

In die Klinik zu München wurde ein junger Grieche eingeliefert, der am Sylvesterabend aus Uebermut 12 Zwanzigmarkstücke verschluckt hatte. Der Zustand des jungen Mannes ist nicht unbe­denklich.

Aus Sachsen. In derSächsischen Arbeiter­zeitung" lesen wir:Das Christentum hat seinen Zweck verfehlt, darüber ist kein Zweifel mehr. Wol­len wir aus den unbefriedigenden Zuständen erlöst sein, wollen wir eine neue, eine bessere Zeit, so müs­sen wir es aus anderen Wegen versuchen. Wir

müssen das Cristentum vertauschen mit dem Sozia­

lismus, wir müssen Sozialisten werden, die nicht als kindliche Schwärmer das Heil und das Glück der Menschheit in einem erdichteten Jenseits, sondern im wirklichen Diesseits suchen, mit dem Ziel vor Augen, daß unsere Mutter Erde zum Himmel für alle gemacht werde. Kein mystischer Heiland kann die Erlösung uns bringen, aus keines-Gottes Schoß erblüht uns die bessere, die selige Zeit, die Weihnacht und der Friede. Die Erde zum Wohlgefallen der Menschen zu machen, muß und kann nur unser eige­nes Werk sein, und jeder soll zugreisen, damit das Ziel bald erreicht werde." Derartige Aussprüche kennzeichnen die Heuchelei der offizielen Sozialdemo­kratie, die auf dem Lande mit der Bibel in der Hand und unter der LosungReligion ist Privatsache" Propaganda machen möchte, so deutlich, daß unsere Parteigenossen gut thun werden, sie bei Bekämpfung der Landagitatoren in erster Linie zu benützen. (Rp.)

Leipzig, 5. Jan. Das Reichsgericht hob das Urteil der Heilbronner Strafkammer vom 11. Aug. 1893, wodurch der suspendierte Oberbür­germeister Hegelmaier und Stadtpfleger Füger wegen Fälschung öffentlicher Urkunden im Amt zu 3- resp. Imonatlichem Gefängnis verurteilt worden waren, auf und verwies die Sache zur nochmaligen Verhandlung an die Strafkammer in Hall, da der subjektive Thatbestand von der Heilbronner Straf­kammer nicht genügend festgestellt worden sei.

Die Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahn­vermaltungen schließt ihre Neujahrsbetrachtung, die sehr traurig ausfällt und namentlich die Chicagoer Ausstellung schwer mitnimmt, mit folgendem Satze: Möge das neue Jahr sich freundlicher gestalten; die Industrie atmet schon auf, weil sie nicht zu einer neuen Ausstellung gehetzt wird!"

Ueber einen Gnadenakt des Kaisers berichtet dieFranks. Oder-Ztg.": Im Jahre 1892 hat der in Frankfurt a. d. O. verstorbene Rentner Karl August Miethe sein ungefähr 90000 betragendes Vermögen zum weitaus größten Teile dem Kaiser vermacht. Die nächsten Verwandten, vier Neffen und Nichten, waren nicht bedacht worden, darunter der Einwohner Gottlieb Miethe in Liebenau; sie wand­ten sich deshalb mit Bittgesuchen an den Kaiser. Seit dem 18. v. M., seinem Geburtstage, weiß nun Miethe durch ein Schreiben des Ministeriums des Königlichen Hauses vom 14. d. M.. daß ihm vom Kaiser 10 000 ^ aus dem Nachlasse seines Oheims als Gnadengeschenk überwiesen sind.

In Cottbus versanken, infolge Zusammenbruchs der Eisdecke der Schießhauslache, 25 Kinder, davon sind 5 ertrunken.

Berlin, 3. Jan. Auf Befehl des Kaisers geht am 7. Jan. ein zu diesem Zweck gemieteter Dam­pfer der deutschen Ostafrika-Linie, derAdmiral," mit 120 Mann Marine-Infanterie nach Kamerun in See. Mit demselben Dampfer begiebt sich auch Lieutenant Morgen nach Kamerun, um die Anwer­bung einheimischer Truppen zu organisieren. Von der Entsendung des KreuzersPrinzeß Wilhelm" ist Abstand genommen. Außer den schon veröffent­lichten Nachrichten liegen aus Kamerun keine neuen Meldungen vor. Die Thatsache, daß ein großer Teil der Meuterer bereits unschädlich geinacht ist, und insbesondere der Umstand, daß über 20 Meu­terer von den eingeborenen Kamerunern der Regie­rung ausgeliefert wurden, berechtigt zu der Annahme, daß die Autorität der Regierung ganz hergestellt ist und daß eine Gefahr für die Kolonie nicht mehr vorliegt. Die Entsendung der Marinetruppen dürste