sonsfelddienste, der Hebungen mit gemischten Waffen wünscht man eine Abteilung Artillerie in der Nähe der Garnison Stuttgart zu haben.
Metz, 1. Jan. Bei den vorjährigen Rekruten- Einstellungen konnte man wieder die Wahrnehmung machen, daß zahlreiche aus dem französischen Sprachgebiete stammende junge Leute, trotzdem sie ihre gesamte Schulbildung unter der deutschen Verwaltung genossen haben, der deutschen Sprache gar nicht oder nur sehr mangelhaft mächtig waren. Die gleiche Beobachtung kann man machen, wenn solche Leute vor den Gerichten zu thun haben. In den meisten Fällen besaßen die Betreffenden bei der Entlassung aus der Schule genügende deutsche Sprachkenntnisse, haben diese aber wieder vergessen, da es ihnen an Gelegenheit z. Deutschsprechen fehlte. Wenn man nicht will, daß die gesamte Schularbeit umsonst sei, wird nichts anderes übrig bleiben, als nach und nach in allen Gemeinden des französischen Sprachgebietes Fortbildungsschulen einzurichten, die von den der Schule entlassenen Knaben einige Jahre lang besucht werden müßten. Die Bedeutung solcher Schulen für die Ausbreitung der deutschen Sprachkenntnisse liegt aus der Hand. Besonders fruchtbringend könnten dieselben wirken, wenn mit ihnen deutsche Volksbibliotheken verbunden würden.
Die Tabakssteuer. Für eine Erhöhung der so viel angefeindeten Tabakssteuer machen sich nun auch einmal Stimmen aus Handelskreisen geltend. So spricht sich z. B. die Handelskammer für Aachen und Burscheid zwar gegen den vorliegenden Entwurf aus, erklärt aber unumwunden eine erhöhte Besteuerung des Tabaks für eine geeignete Reichs- Einnahmequelle und hofft, daß unter Mitwirkung der Tabakinteressenten ein Gesetz zu Stande kommt, welches unter Beseitigung der fortlaufenden Beunruhigungen wirkliche Ruhe für die Tabakindustrie schaffe.
Berlin, 29. Dez. Aus den fast durchweg sehr trüben Weihnachtsartikeln der Presse sei desjenigen des „Vorwärts" über das „Winter-Sonnenwendesest" gedacht, in dem wir folgende Sätze finden: „Und so lassen auch wir den Erweckungsruf erschallen; Kommt her Alle, die Ihr mühselig und beladen seid! Nicht daß wir mit Euch jammern, nicht, daß wir Euch mit Vertröstung auf das Jenseits abspeisen — nein, damit ihr unsere Mitstreiter werdet in dem großen Freiheitskampfe der Zeit! . . . Kommt her zu uns Alle, die Ihr mühselig und beladen seid! Werst von Euch die Demut und Unterwerfigkeit, die Euch gepredigt und die Frohnvögte der volks- ausbeutenden Herrscherkasten eingebläuet haben! . . . Kommt her zu uns Alle, Ihr Kampfgewillten, die Ihr Euch empört gegen das Unrecht! Erhebet Euch über die Not des Tages! der Lichtbaum ist entzündet allen Völkern, allen Unterdrückten. . . . Der Lichtvaum brennt! Feiert mit uns das Fest der Winter-Sonnenwende, das Fest der beginnenden Mensch- heitsbesreiung.
Berlin, 30. Dez. Nachdem die Kabelverbindung an der westafrikanischen Küste wiederhergestellt, ist in der verflossenen Nacht folgendes Telegramm aus Kamerun vom 29. Dezember, mittags 12 Uhr 40 Minuten eingetroffen: „Da das Telegramm nicht angekommen, wiederhole ich: Am 15. haben 60 Dayomey-Soldaten der Polizeitruppe nebst 40 bewaffneten Weibern revoltiert, nachdem sie heimlich Munitionsschuppen erbrochen und die Geschütze, die ineisten Gewehre und viele Munition okkuppiert halten. 40 Soldaten blieben treu. Nach füufzehn- stündiger Gegenwehr mußten wir Gouvernements- veamte und das zur Hilfe geeilte Vermessungs- Kommando uns wegen Munitionsmangels zurück- ziehen. Ein Weißer und ein treu gebliebener Po- tizelsoldat getütet, ein anderer Weißer verwundet; Faktoreien unversehrt. S. M. Kreuzer „Hyäne" kam am 21. von einer Erholungsreise von San Lchomö zurück. Die Geschütze, viele Munition und Gewehre sind zurückerobert. Gesamtschaden an Regierungseigentum etwa 20 000 - Da meuternde Dahomeys in den Busch geflohen sind, ist beständiger Wachtdienst erforderlich." Es ist sofort ein weiteres Kriegsschiff nach Kamerun abgesandt worden. Nach einein weiteren Telegramm aus Kamerun ist bei der Meuterei der eingeborenen Polizeitruppe Assessor Riebow getötet worden. Bei der Versagung der Meuterer wurden vom Gouvernement der Krankenwärter Siegert und Gefreiter Steinecke, ferner der Faktorist Hotthusen verwundet. Die Verwun
deten sind außer Gefayr. Von den Meuterern, die erhebliche Verluste erlitten, sind vier gefangen und gehängt worden. Laut telegraphischer Meldung an das Oberkommando der Marine sind in dem am 20. Dezember in Kamerun stattgehabten Gefecht die Matrosen Stange und Opitz von S. M. Schiff „Hyäne" verwundet, befinden sich jedoch außer Gefahr. Wie an das Auswärtige Amt, so ist dem Vernehmen nach auch eine Depesche an die Firma Woerman in Hamburg von ihrem Kameruner Hauptvertreter gekommen. Darin wird, die obige That- sache kurz erwähnt, hinzugefügt, daß das Magazin der Firma zu eine»! Spital gemacht sei, und dann Geschäftliches berichtet. Gegenüber Vermutungen muß erwähnt werden, daß der Marine-Offizier Graf Monts nicht im Kampfe gefallen, sondern an Bord der „Hyäne" an der Malaria gestorben ist. — Die Polizeitruppe in Kamerun hat zwar für ihre Auflehnung durch die zufällige Rückkehr der „Hräne" bald ihre Strafe erhalten; indessen ist der zanze Vorgang doch ein sehr bedenklicher. Es Ülrfte kaum ein gleicher Fall in den afrikanischen Kolmien vorzusühren sein, in welchem eine einheimische Truppe sich gegen ihre eigene Behörde in solcher Weise vergangen hat, und es müssen ganz ungewöhnliche Vorkommnisse sich vorher zugetragen haben, nur einen solchen gewaltsamen Schritt hervorzurufen. Bestätigt wird die Vermutung, daß die aus 150 Alaun bestehende Truppe in der Hauptsache aus jenen verkommenen Dahomey-Leuten besteht, welche Fchr. v. Gravenreuth 1891 dahin gebracht hat. Das deutsche Ansehen ist durch die Revolte dort schver geschädigt; es werden alle Anstrengungen genucht werden müssen, um einer Wiederholung vorzubergen und das Vertrauen zur deutschen Verwaltung weder herzustellen.
Berlin, 2. Jan. Bei der gestrigen Defilierkmr im königlichen Schlosse wurde sehr bemerkt, wieder Kaiser und die Kaiserin, als der Reichskanzler wr- beiging, von der Thron-Estrade Herabstiegen, hm die Hand drückten und gnädige Worte an ihn richteten.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 2. Jan. Großes Aufsehen erregen die Meldungen polnischer Blätter, welche bestätigen, drß kürzlich am Zaren Vergiftungsversuche durch Fische gemacht worden sind. Den Fischen war Arsenik beigegeben. Der Zar erkrankte thatsächlich leiht, obwohl er nur wenig von den Fischen genommen hatte.
Frankreich.
P a r i s. Aus Befehl des Justizministers fandm Montag Morgen um 6 Uhr in ganz Frankreich Haussuchungen auf Grund des neuen Anarchistengl- setzes statt, zusammen etwa 2000. In Paris sind dabei 54 Kommissäre thälig. Haussuchungen fanden auch bei Elisee Reclus und Elie Reclus statt. Der Letztere wurde vor die Staatsanwaltschaft geführt und eine Stunde lang über den Verbleib seines Sohnes, des flüchtigen Ingenieurs Paul Reclus, verhört. Der Vater wurde nicht in Hast behalten. In Paris fanden 6 Verhaftungen statt, andere in den Departements; deren Zahl steht noch aus.
Angouleme, 31. Dez. Sämtliche wegen der Ruhestörungen in Aigues Mortes Angeklagten find freigesprochen worden. — Indem der „Figaro" die Freisprechung kommentiert, bezeichnet er das Urteil als verblüffend; die Angeklagten selbst wollen nicht glauben, daß sie freigesprochen seien; die Geschworenen, sagt der „Figaro", hätten ihre Pflicht als Ehrenmänner verletzt durch ein Verdikt, das die Unparteiischen aller Länder scharf verurteilen werden. Das „Journal des Debats" und der „Gaulois" bedauern den Freispruch, betonen aber, daß die Geschworenen sich nicht durch politische Motive hätten leiten lassen, sondern nicht genügende Klarheit über die wahren Urheber des Konflikts gewonnen hätten. Die Chauviuisten-Blätter, „Libre Parole" und „Jn- transigenaut", spenden dem Urteil freudigen Beifall.
Paris, 31. Dez. Der Prozeß gegen die Mörder von Aigues-Mortes ist beendet. Das Ergebnis ist die Freisprechung sämtlicher Angeklagten, selbst jener entmenschten Strölche und Galgenvögel, die mit Blut überströmle, am Boden liegende Verwundete nach einem Geständnis mit Fußtritten und Kuittelschlägeu mißhandelt hatten. Es wirst dies ein erschreckend grelles Licht aus den Charakter und die Empfindungs- und Denkweise der Schichten, aus denen hierzulande die Geschworenen entnommen wer
den. Ob die in so barbarischer Weise gehetzten und mißhandelten Menschen Franzosen oder Italiener waren, fällt hier kaum ins Gewicht, und kann für den französischen Geschworenen keinen Unterschied machen. Das Ergebnis hat denn auch an Ort und Stelle den anständigen Franzosen geradezu den Atem benommen. Der Wahrsprüch ist gefallen — schreibt der Berichterstatter des „Figaro" unter dem frischen Eindruck der Thatsache —, und dieser Wahrspruch ist betrübend! Einzelne Gassenbuben im Zuschauerraume klatschten Beifall. Die Angeklagten selbst konnten dem Präsidenten nicht glauben, als er ihre sofortige Freilassung verfügte! Der Eindruck, hier in der Stadt, in Angoulöme, ist bejammernswert. Der Spruch erscheint umso unbegreiflicher, als der Präsident des Gerichtshofes den Geschworenen noch die Nebenfrage, die auf KörpervMetzung lautete und jedenfalls eine Strafe von einigen Monaten Gefängnis gestattete, vorgelegt hatte. Es ist unbedingt unfaßbar, unter welchen Beweggründen die Geschworenen diese geständigen Elenden freigesprochen haben. Die italienischen Berichterstatter, welche den Verhandlungen beiwohnten, befürchteten, diese skandalöse Freisprechung könnte jenseits der Alpen Verlegenheiten und vielleicht Repressalien herbeiführen. Wenn solche Vorfälle eintreten sollten, möge dann die Verantwortlichkeit auf die Häupter der Geschworenen von Angouläme fallen! Indem sie diese ruchlose Bande, die sich gestern auf die Italiener stürzte und die sich morgen ebensogut aus Gendarmen und französische Bürgern stürzen kann, frei ausgehen ließen, haben die Geschworenen ihre Pflicht als anständige Leute verletzt, und der Spruch, den sie gefällt haben, wird von den unparteiischen Geistern aller Länder streng verurteilt werden. — Den schärfsten Tadel findet der Spruch der Geschworenen natürlich in Italien.
Als Geschworener bei einem Anarchisten- Prozeß zu fungieren, ist gegenwärtig kein Vergnügen, die Sache kann sogar recht gefährlich werden. Es ist deshalb den Pariser Blättern strenge Anweisung erteilt worden, die Geschworenenliste für den im Januar beginnenden Prozeß gegen den Attentäter Vaillant nicht vorzeitig zu veröffentlichen.
Spanien.
Madrid, 3. Jan. Die zwei Anarchisten, welche seiner Zeit das Dynamit-Attentat gegen die Deputiertenkammer planten, erhielten je sieben Jahre Zwangsarbeit.
Italien.
Rom, 4. Jan. Der Aufstand in Sicilien nimmt zu. In Gibellina wurde der Polizeidirektor erschossen. Die Regierung trifft umfassende Maßregeln. 12 000 Mann Truppen werden nach Sicilien eingeschifft; ivo im Ganzen nun 40000 Mann in Garnison sind.
Rußland.
Petersburg, 3. Jan. Im Katharinen-Fräuleinstift erkrankten nach bem Abendessen infolge des Genusses einer Fastenspeise 100 Damen. Die Anstalt wurde geschlossen.
Kleinere Mitteilungen.
Gedenkt unserer Vögel! Nachdem der rauhe Winter eingekehrt ist, tritt an uns die Pflicht heran, für unsere gefiederte Welt, die Vögel, zu sorgen, die uns durch ihren Gesang erfreuen und durch Wegfangen der schädlichen Insekten Nutzen bringen. Sie verlangen die ihnen :n der rauhen Jahreszeit mangelnde Nahrung. Man gebe ihnen an geeigneten Plätzen, wozu sich besonders auch Gartenhäuschen eignen, Waizen, Haber, Kernen, Mb- und Hanfsamen, gekochtes aber nicht gesalzenes Fleisch, Speck, Unfchlitt, auch Kürbis- und Gurkenkerne. Brot und Kartoffeln müssen trocken verabreicht werden, da diese feucht eingenommen leicht Durchfall verursachen, eine stets gefährliche Krankheit für unsere Schützlinge. Das Füttern der Vögel kann leicht den Kindern übertragen werden, die auch bald eine Freude daran bekommen und Mitleid für diese Geschöpfe empfinden lernen. Wollen daher namentlich die Herren Lehrer auch hier zu
einer guten Sache Mitwirken.
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