Aro. 33
62. Jahrgang
Amts- unä Intekkigenzökalt für äen Oezirkr.
Erscheint Iienrtag, Aonnerrtag L Kamstag.
Die EinrückungSgebühr beträgt S ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12
8am«tag, äen 19. März 188?.
Abonnementspreis halbjährlich 1 ^ 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in
ganz Württemberg 2 70 H.
Amtliche Wekarrrrtmachirngen.
HLekannLmachung^
betr. äie Viek»aufnaäme pro 31. März 1887.
Unter Hinweis auf Art. 3 und 4 des Ges. vom 20. März 1881 (Reg.-Bl. S. 189) und auf K 14 der Min..Verfügung vom 23. März 1881 (Neg.-Bl. S. 196), sowie auf die im Staatsanzeiger Nr. 61 erschienene Ministerialversügung vom 12. d. M. werden die Ortsvorsteher beauftragt, die örtlichen Einbringer (Gemeindepfleger) darauf hinzuweisen, daß die Aufnahme und Verzeichnung der Besitzer von Pferden, von Eseln, Maulthieren und Mauleseln und von Rindvieh, sowie ihres beitragspflichtigen Thier-Bestands nach dem Besitzstand vom 31. März d. I. zu erfolgen hat.
Die hiebei zu beobachtenden Vorschriften sind in der oberamtlichen Bekanntmachung vom 25. April 1881 (Wochenblatt Nro. 48) speziell angegeben und findet nur die Abänderung statt, daß die dort gegebenen Termine je um einen Monat vorzurücken sind.
Die Beiträge pro 1887/88 sind auf 30. ds. von jedem Pferd, sowie auf 10 H von jedem Esel und jedem Stück Rindvieh festgesetzt worden.
Die Aufnahmeformularien werden den Ortsvorstehern zugesandt werden und ist ein etwaiger Mehrbedarf an solchen alsbald anzuzeigen.
Calw, den 18. März 1887. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
Zum 90. Geburtstage unseres Kaisers.
Ganz Deutschland bereitet sich vor, den denkwürdigen Tag festlich zu feiern, an welchem Kaiser Wilhelm 1. sein neunzigstes Lebensjahr vollendet.
Vom Fels zum Meer wird am 22. März, so weit die deutsche Zunge klingt, der begeisterte Ruf erschallen: Hoch unser Kaiser! vom Fels zum Meer wird an diesem Tage, des sind wir gewiß, das herrliche Lied von der Wacht am Rhein wie Donnerhall erklingen, welches die innige Liebe des ganzen deutschen Volkes zu seinem Kaiser, den unerschütterlichen Willen jedes deutschen Mannes, mit Gut und Blut einzutreten für das Wohl des Kaisers und des deutschen Volkes, versinnbildlicht.
„Den Sinn für Ehre und Pflicht über Alles hoch halten, jeder Zeit bereit sein, das Leben dafür zu lassen, — das ist das Band, welches alle deutschen Stämme fest umschlingt, welches jetzt Enkel und Urenkel eben so fest wie früher die Vorfahren vereinigt", — diese Worte, welche der Kaiser bei seinem achtzigjährigen Jubiläum an die deutsche Armee und somit an das ganze deutsche Volk richtete, sie kennzeichnen aufs Vollendetste das Cha- rakterbild, das Schaffen und Wirken unseres ritterlichen Kaisers. Schaue zurück, deutsches Volk, auf deines Kaisers gottbegnadetes, langes, ereignisreiches Leben, schlage jedes einzelne Blatt in der Geschichte deines Kaisers nach, und jedes einzelne Blatt in dieser Geschichte wird dir beredtes Zeugnis davon ablegen, daß dein Kaiser jederzeit und unter allen Verhältnissen als der erste Träger des Sinnes für Ehre und Pflicht im ganzen deutschen Volke hervorleuchtet und daß er diesen Sinn für Ehre und Pflicht nicht nur allen deutschen, sondern auch allen fremden Volksstämmen gegenüber stets treu bewahrt hat.
Große und glänzende Siege zum Wohle des deutschen Volkes hat Kaiser Wilhelm auf den Schlachtfeldern gegen dessen äußere Feinde errungen, größer und glänzender noch als alle anderen Siege ist der triumphvolle Sieg, welchen der Kaiser über die Herzen der Jahrhunderte lang durch Sonderinteressen und -Vorteile einander entfremdet gewesenen deutschen Völkerstämme gewonnen hat.
Wer von uns zurückzudenkcn vermag in jene Zeit 1848 und 1849, in denen zum erstenmal wieder seit langen Jahrhunderten das deutsche Volk seinem Gefühle, ein einiges, brüderliches Volk werden und bleiben zu wollen, Ausdruck verlieh, der wird sich erinnern, daß zu jener Zeit die weitblickendsten, energischesten und patriotischesten Männer Deutschlands fast einstimmig diesen Wunsch des deutschen Volkes als einen schönen Traum bezeichnten, der wohl niemals in Erfüllung gehen werde. Und trotzdem war die Verwirklichung dieses schönen Traumes näher, als damals Hoch und Niedrig im deutschen Volke ahnte, denn schon zu jener Zeit erwog unser jetziger Kaiser, welcher sich in den langen Friedensjahren 1815—48 nicht nur zum vollendeten Feldherrn , sondern auch zum klar in die Zukunft blickenden Staatsmann ausgebildet hatte, ernst und bedächtig alle jene Faktoren, mit denen das deutsche Volk dereinst zu rechnen haben werde, wenn die immer unhaltbarer und namentlich von Frankreich aus immer bedrohter werdenden Verhältnisse der deutschen
Bundesstaaten den Moment herbeiführen würden, in welchem das gesamte deutsche Volk sich wiederum, wie 1813 und 1815, freudig unter Preußens Aegide stellen müsse, um den Gelüsten des gallischen Nachbars nach deutschem Lande mit Nachdruck entgegenzutreten. „Preußen's Heer muß mächtig und angesehen sein, um, wenn es gilt, ein schwer wiegendes politsches Gewicht in die Wagschale werfen zu können", diese Worte des Prinzen von Preußen, schon vor dem Jahre 1848 ausgesprochen und bei der damaligen schlaffen Politik des preußischen Hofes in maßgebenden Kreisen sehr ungünstig ausgenommen, sie liefern uns den Beweis, daß unser Kaiser das Ziel, welches das ganze deutsche Vaterland mit Anspannung aller seiner Kräfte verfolgen müsse, längst richtig erkannte und verfolgte, als noch die angesehensten deutschen Fürsten und Staatsmännner die Erstrebung dieses Zieles für ein thörichtes Hirngespinst erklärten.
Und als nun die Schickung es fügte, daß 1858 der Prinz von Preußen für seinen schwer erkrankten königlichen Bruder die Regentschaft übernahm, da gelangte sehr bald das ganze preußische, und auch das ganze deutsche Volk zu der Erkenntnis, daß endlich einmal wieder ein großer Regent in Deutschland aufgetreten sei, welcher nicht das Sonderinteresse seines Königreichs, sondern das Heil und Wohl Alldeutschlands als die ihm gestellte Lebensaufgabe betrachte.
Es ist ein unbestreitbares historisches Faktum, daß nur geistig hervorragende, große Regenten die Befähigung besitzen, aus den Tausenden zu ihrer Verfügung stehenden Staatsdienern aller Branchen diejenigen Persönlichkeiten mit scharfem Kennerblick auszuwählen und herauszufinden, welche ihnen die Garantie bieten, auf den wichtigen Posten, zu welchen sie bestimmt werden, das Vorzüglichste und Größte zu leisten. Und auf welche Branchen des preußischen Staatswesens wir auch zurückblicken, von jenem Augenblicke an, als der Prinz-Regent mit fester Hand die Zügel der Regierung des preußischen Staates ergriff, überall finden wir das unfähige oder mittelmäßige Element aus Militär- und Zivil-Administration ohne Ansehen der Person und des Standes verschwinden und durch fähige, hervorragende Elemente, und wiederum ohne Ansehen der Person und des Standes substituiert. Ein neuer belebender Hauch durchdrang nicht nur die preußische Armee, welche einer Reorganisation von Grund aus dringend bedurfte, sondern auch die gesamten Zivil- Administrationen und das ganze preußische Volk, welches freudig dem that- kräftigen Wirken und Schaffen seines Regenten zujauchzte. .
Wenn auch nicht vergessen, so doch längst verschmerzt ist der Kampf der Deutschen Brüder unter einander, welcher 1866 ausgefochten wurde, denn nur durch diesen Kampf vermochte das Deutsche Volk endlich zu jener Einigkeit zu gelangen, welche Jahrhunderte lang das Schreckensgespenst seines alten Erbfeindes jenseits des Rheines gewesen war.
Die wuchtige Niederwerfung des französischen Volkes, welches 1870 wieder einmal in frevelndem Uebermut Deutschlands Grenzen enger ziehen wollte, vollendete die Einigung des Deutschen Volkes und mit freudigem Stolze dürfen wir aussprechen, daß, Dank unserem Kaiser Wilhelm I., das Deutsche Volk heute wirklich als ein einiges Volk von Brüdern dasteht, welches trotz der ernsten Zeiten mit frohem Mut, auf Gott und seinen Kaiser vertrauend, in die Zukunft schaut. Und daher stimmen auch wir aus vollstem Herzen in den Ruf Alldeutschlands ein: Hoch unser Kaiser Wilhelm I. Möge Gottes Segen auch ferner in Fülle auf dem Heldenkaiser ruhen!
Wotilifchs Wachrichten.
Deutsches Reich.
Berlin, 16. März. Der Reichstag beriet heute über die Anträge Hitze und Gen. vom Zentrum (strengere Regelung der Sonntagsruhe im Gewerbebetrieb, Festsetzung einer Maximalarbeitszeit von elf Stunden in Textilfabriken, Beschränkung der Frauen- und Kinderarbeit betreffend) und in Verbindung damit die Anträge der Freikonservativen Lohren und Gen. (Verbot der Frauenarbeit in Fabriken während der Nachtzeit und an Sonn« und Festtagen, Verbot der Frauen- und Kinderarbeit am Samstag nach 5>/z Uhr). Der Antrag Lohren ist u. a. unterzeichnet von Bayha, v. Ellrichshausen, v. Neurath. Hitze begründete seine Anträge und empfahl für dieselben Kommissionsberatung. Lohren sprach sich gegen die Anträge Hitze aus wegen der darin enthaltenen Schablonisierung der Arbeitszeit. Harm (soz.) erklärt sich gegen beide Anträge, die auf halbem Wege stehen geblieben und verlangt den zehnstündigen Normalarbeitstag für alle Arbeiter. Regierungskommissar Geh. Oberregierungsrat Lohmann bestreitet die Behauptung Lohrens, daß die Regierung ein Gesetz über Abänderung der Bestimmungen betreffs der Sonntagsruhe in Aussicht gestellt oder daß ein solcher Beschluß des Reichstags den Regierungen Vorgelegen