Amts- und Intelligenz-Vlaü für den Obrramts-Bezirk Nagold.
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Dienstag 19. Dezember
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Hages-Aenigkeiten.
Deutsches Reich.
Nagold. (Einges.) Sonntag abend um '-e5 Uhr fand im Seminarfestsaal das übliche Weihnachts- touzert zum Besten der freiwilligen Kindersonntagsschule bei zahlreicher Beteiligung hiesiger und auswärtiger Kunstfreunde statt. Das Programm bot des Schonen in der That viel. Eröffnet wurde die Aufführung mit der lieblichen, einen in die wichtige Weihnachtsstimmung versetzenden „Pastoralsymphonie von Händel", welcher sich^noch weitere pünktlich einstudierte Orchesternummern anschlossen, so die originellen, nordländische Schwermut atmenden, „schwedischen Volkslieder für Streichchor von Svend- sen". Eine angenehme Abwechslung bereitete „das Larghetto von Franz" für 2 Geigen, mit Verständnis und Reinheit vorgetragen von den Herren Se- miuarlehrer Hornberger und Häußler unter diskreter Orgelbegleitung von Herrn Oberlehrer Hegele. Von den Männerchören gefielen besonders die im modernen Stil gehaltenen „Abendstille von Jüngst und das mit Geschmack wiedergegebene „In der Heimat von Fischer." Besonderen Glanz verliehen der Aufführung aber die gemischten Chöre: Zunächst das interessante »stimmige „Ich steh an deiner Krippe", dann die Bitte so innig ausdrückende Komposi- . tion von Ernst Hegele, „Herr, bleibe bei uns", endlich die erfrischenden, schwungvollen, mit viel Eifer und Hingebung einstudierten Chöre ans dem Elias, die einen Vorschmack bilden sollten einer zusammenhängenden Wiedergabe dieses Werkes nächstes Frühjahr. Mögen der unermüdliche Leiter, sein gehorsames Orchester und sein frischer Chor sortfahren, uns solche edle Perlen aus dem Gebiet der kirchlichen und weltlichen Musik zu bieten.
N Oberjettingen, 16. Dez. Die Abstimmung bei der gestrigen Gemeinderatswahl war eine sehr starke, von 178 Wahlberechtigten machten 166 von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Gewählt wurden die seitherigen Gemeinderatsmitglieder, nämlich die Herren Böß, Frasch und Saier.
Tübingen, 15. Dez. (Schwurgericht.) Im fünften " Fall bildete das Verbrechen des Totschlags den Gegenstand , der Anklage. Dieses Verbrechens ist der ledige 25 Jahre
f alte Bauer Wilhelm Theodor Bräunin g von Wildberg
an seinen: leiblichen Bruder Louis Bräuning beschuldigt. Tie beiden Brüder waren im väterlichen Hause und besorgten daselbst gemeinschaftlich mit dem Vater dessen Landwirtschaft, die Mutter ist schon einige Jahre gestorben. Der Angeklagte gab an, er bemerke schon längere Zeit, insbesondere seit sein Bruder Louis vom Militär, wo er drei Jahre gewesen, zurück sei, daß er sowohl vom Vater als vom Bruder zurückgesetzt werde, der Louis habe ein Pferd gehabt, mtt dem er Geld für sich habe verdienen können, während er nie einen Kreuzer für sich gehabt habe und doch habe er auch für den Vater schaffen Müssen wie sein Bruder. Dieses Mißverhältnis habe ihn des öfteren empört und sei es öfters zu Streitigkeiten zwischen ihm und seinem Bruder gekommen. Am 18. Oktober abends habe er mit seinem Bruder gevespert und nach dem Vesper habe er (Angeklagter), da es Abend gewesen sei, einen Ausgang machen wollen, sein Bruder habe ihn zurückhalten wollen und ihn gepackt, er habe nun seinem Bruder einige Tritte versetzt, worauf dieser ihn zu Boden geworfen, am Boden geschlagen und gewürgt habe, so daß er geglaubt habe, es sei sein Letztes. In dieser Bedrängnis habe er ein Tranchiermesser, das neben ihm am Boden gelegen sei, ergriffen und seinem Bruder damit einen Stich beigevracht, er habe sich im Zustande der Notwehr befunden. Durch diesen Stich in den Unterleib erhielt der ! Bruder des 'Angeklagten, Louis Bräuning, derartige Verletzungen, daß schon am nächsten Tag dessen Tod eintrat. Ter Getötete hat sich zu seinen Lebzeiten zur Zeugnisablegung nicht herbeigelassen, dagegen hat er verschiedenen Personen gegenüber geäußert, daß sein Bruder nicht in ! Notwehr gehandelt habe, denn er habe sich bereits etwas von ihm erhoben geyabt, ats sein Bruder den Stich geführt
habe. Im weiteren ist erhoben worden, daß der Angeklagte vor der That verschiedene Drohungen über seinen Bruder ausgestoßen hat, auch hat er einige dieser Drohungen damit bekräftigt, daß er dem Betreffenden sein Taschenmesser zeigte, mit dem er den Bruder erstechen werde. Der erste Staatsanwalt Fetzer begründete die Anklage auf Totschlag und beantragte mildernde Umstände auszufchließen, der Verteidiger Rechtsanwalt Bohnenberger trat für mildernde Umstände ein. Die Geschworenen, welche als ihren Obmann Turnlehrer Wüst hier berufen hatten, bejahten sowohl die Frage nach Totschlag, als diejenige nach mildernden Umständen, worauf vom Gericht eine dreijährige Gefängnisstrafe ausgesprochen wurde. (T. Chr.i
Der Stuttgarter „Beobachter" bringt jetzt die Nachricht, daß der Plan einer Aenderung der Militärkonvention „bis aus günstigere Zeiten zurückgelegt" worden sei. Dagegen sei das Abkommen getroffen, daß der König von Württemberg an Stelle v. Blumenthals Generalinspektor der IV. Armeeinspektion werden soll; als Adlatus (Chef des Stabes) soll ihm der Generaladjutant des Königs, Generallieutenant v. Falkenstein, der dadurch zugleich als Nachfolger Wölckerns im Korpskommando beseitigt würde, beigegeben werden.
Stuttgart, 14. Dez. Gutem Vernehmen nach hat Freiherr v. Ow., welcher von S. M. dem König in erster Linie als Nachfolger des Ministers v. Schmid ausersehen war, sich veranlaßt gesehen, das ihm gebotene Portefeuille abzulehnen. Es gilt jetzt die Berufung des Staatsrats v. Pischek, den wir gleich zu Anfang als in Betracht kommend bezeich- neten, wenn man auch neben ihm noch den Staatsrat v. Breitling nennen hört. Herr v. Pischek ist der Sohn des einst in Stuttgart so hoch gefeierten Baritons unserer Hofbühne. Persönlich gilt er als ein liebenswürdiger, loyaler und charakterfester Mann, mit dem sich leicht verkehren läßt. In seinem Berufe wird er als eine ganz außergewöhnliche Arbeitskraft geschätzt. Bemerkt fei nur noch, daß Pischeks Name auch unter den Kandidaten für den Stuttgarter Oberbürgermeisterposten genannt wurde. Er konnte aber als Katholik in hiesiger Stadt nicht ernstlich in Betracht kommen.
Stuttgart, 15. Dez. Staatsrat von Pischek wurde von Seiner Majestät dem König zum Minister des Innern ernannt und gestern abend in Audienz empfangen.
Stuttgart, 16. Dez. Die Ernennung des Staatsrats v. Pischek erfährt hier eine sehr zurückhaltende Beurteilung, da der Name und die Thätigkeit des neuen Ministers des Innern den weiteren Kreisen der Bevölkerung vollständig unbekannt ist. Aus den Kreisen, welche dem neuernannten Minister näher stehen, verlautet, daß die Aera Pischek in mancher Beziehung liberalere Bahnen einschlagen werde, als die verflossene Aera Schmid. Allgemein gespannt ist man darauf, wie Minister Pischek die widerwärtigste Aufgabe, die seiner harrt, die „Hegelmaierei", zum Abschluß bringen wird. An Sachkenntnis — so versichert man uns — dürfte der neue Minister dem verstorbenen wenig nachstehen, ob er aber die Energie und Rednergabe seines Vorgängers besitzt, das ist eine Frage, deren Lösung uns eine nahe Zukunft bringen wird.
Weil i. D., 13. Dez. Heute wurde auf einem Teil der hiesigen und der Ditzinger Markung Hofjagd abgehalten, bei der sich auch der König, Herzog Albrecht und Prinz Weimar beteiligten. Die Strecke ergab 221 Hasen.
Ludwigsburg, 14. Dez. Daß ein Unglücksfall selten allein kommt, das hatten kürzlich die Eltern eines Soldaten aus der hiesigen Garnison bitter zu erfahren. Der Soldat, ein braver Schle
sier, war auf den Tod erkrankt, und da die Aerzte
an seinem Aufkommen zweifelten, so wurden feine Eltern benachrichtigt, die beide aus ihrer weit entfernten schlesischen Heimat herbeieilten, um ihren Sohn vor feinem Ende noch einmal zu sehen. Kaum waren sie angelangt, als aus der Heimat die telegraphische Kunde eintraf, daß ihr Haus ein Raub der Mammen geworden sei. Nachdem der Vater noch feinen Sohn hatte sterben sehen, eilte er nach Hause; die Mutter fand durch Vermittlung eines Geistlichen in einer hiesig. Familie gastfreundliche Aufnahme, um ihrem Sohn noch auf dem letzten Gang das Geleite geben zu können.
München, 15. Dez. Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent beging heute sein »Ojähriges Jubiläum als bayerischer General. Er wurde am 15. Dez. 1843 zum Generalmajor und Kommandeur der 1. Artilleriebrigade ernannt.
Leipzig, 14. Dez. Vor dem Reichsgericht begann heute der Hochverratsprozeß gegen die in Kiel wegen Spionage verhafteten französischen Offiziere. Beide Angeklagte erklären, da infolge der großen Entwickelung der deutschen Marine in den letzten 3—4 Jahren in französischen Marinekreisen große Besorgnis entstanden sei und sie die Ueberzeugung erlangt hätten, daß die Kenntnis der deutschen Küstenbefestigungen lückenhaft und mangelhaft sei, seien sie zu dem Plane gekommen, gemeinschaftlich und auf eigene Hand durch direkte Beobachtung diese Kenntnis zu verbessern. Sie hätten ihre Handlungsweise nicht für strafbar gehalten. Ueber ihre Beziehungen zum französischen Marineministerium wollten die Angeklagten sich nur auslassen, wenn die Oeffentlichkeit ausgeschlossen würde. Der Oberreichsanwalt widersprach diesem Verlangen. — Die Nachmittagssitzung, in der die Sachverständigen- Vernehmung begann, fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Die Vernehmung des Kapitäns zur See, Grafen Baudissin, dauerte bis 4 Uhr, dann folgte Vertagung bis morgen vormittag 9 Uhr behufs Fortsetzung der Sachverständigen-Vernehmung. Mittags folgen voraussichtlich in öffentlicher Sitzung die Plaidoyers. Der Oberreichsanwalt betonte ausdrücklich, er wünsche die größte Oeffentlichkeit, soweit nicht sekrete Marinesachen und Marinegutachten in Frage kämen, damit die Welt sehe, daß jetzt sogar französische Offiziere Spionendienste leisten.
Leipzig, 15. Dez. Im Landesverratprozeß gegen die französischen Offiziere wurde die Vernehmung der Sachverständigen, welche gestern noch nicht zu Ende geführt worden war, heute unter Ausschluß der Oeffentlichkeit fortgesetzt. — Der Rechtsanwalt beantragte gegen Degouy eine Zuchthausstrafe von fünf, gegen Delguey-Malvas eine solche von vier Jahren.
Der Strafprozeß gegen 50 rheinländische Viehhändler und Eisenbahnschaffner wegen Fahrkartenschwindels, Betrug, Beamtenbestechung und Unterschlagung hat am Donnerstag vor der Strafkammer des Landgerichts in Hamburg begonnen und es sind drei Tage zur Verhandlung angesetzt worden. Die strafbaren Handlungen wurden, als die Bahnbehörde Verdacht geschöpft hatte, von zwei Berliner Kriminalpolizei-Beamten entdeckt und festgestellt. Die Beamten bereisten, einer als Handlungsreisender, der andere als Viehhändler bekleidet, die Strecken Köln-Bremen-Hamburg und Hamburg- Lüneburg-Hannover. Die Beamten stellten nun fest, daß ganz besonders auf dem Bahnhof in Bremen mit Fahrkarten Handel getrieben wurde. Die Schaff-