Zweites Blatt.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag. Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 Pfg.. in dem Bezirk 1 Mk., außerhalb des Bezirks 1 Mk. 20 Pfg. Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Dienstag 12. Dezember

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Heile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 Pfg.. bei mehrmaliger je 6 Pfg.

1893 .

Amtliches.

Nagold.

Den Ortsvorftehern und Verwaltungs-Ak­tuaren sind heute gedruckte Exemplare der Staats- steuer- und Amtsschadens-Nmlage pro 1.

April 1893 31. März 1894 zugegangen.

Die Unter austeilung auf die Steuerpflichti­gen, einschließlich der Gemeinde-Umlagen, ist als bald zu besorgen und Vollzugsbericht spätestens bis I. Februar 18t?4 zu erstatten. Der auf 1 Mark Staatsgewerbesteuer entfallende Betreff an Amts- bezwse. Gemeindeschadcn ist bis L. Januar I8S4 zuverlässig hieher anzuzeigen.

Den 11. Dezbr. 1893.

K. Oberamt. Vogt.

Hages-Weuigkeilen.

Deutsches Reich.

Von der oberen Nagold, 4. Dez. (Konfes­sionelle oder konfessionslose Volksschule?) Der Be­zirkslehrerverein Nagold hat in einer Versammlung am letzten Sonntag folgende Sätze aufgestellt und einstimmig gutgeheißen:1. Es ist die Thatsache, daß weder das württembergische Volk noch seine evange­lischen Lehrer die konfessionslose Schule wünschen. II. Die in der Denkschrift des Schullehrervereins enthaltenen Wünsche bezüglich der Einrichtung kon­fessionsloser Schulen in Ausnahmsfällen gaben viel­fach und geben heute noch Veranlassung, daß dem Lehrerstand Absichten unterlegt werden, die er in Wirklichkeit nicht hegt. Die evangelischen Lehrer wollen die Religion und zwar das evangelische Be­kenntnis in ihrer Schule behalten; wer etwas an­deres behauptet, verleumdet. 111. Die in der Denk­schrift erwähnten Ausnahmen sind im Verhältnis zum Großen und Ganzen so verschwindend, daß die positive Forderung, die Schule soll eine konfessio­nelle sein, nicht darum hinlangestellt oder verschwie­gen werden darf. IV. Die Mitglieder des Filial- vereins Nagold halten gerade jetzt eine Erklärung für notwendig, 1. weil sie als evangelische'Christen und Väter wissen, daß eine Erziehung ohne Christen­tum und ein Christentum unter den einmal geschicht­lich gewordenen Verhältnissen ohne Bekenntnis nichts nützt, eine Festigung der evangel. Kirche aber gerade jetzt sehr notwendig ist; 2. durch den Anschluß an den allgemeinen deutschen Lehrerverein erneut der Verdacht erweckt werden könnte, in Württemberghuldige man dem Prinzip der konfessionslosen Schule; 3. weil die Erfahrung bewies, daß ein Zusammengehen mit den kath. Lehrern unmöglich ist, daß dasselbe auch den wirklichen Fortschritten in der Entwicklung und Förderung unseres evangel. Lehrerstandes hinderlich wäre; 4. weil vielfach gegen besseres Wissen, und um die berechtigten Bestrebungen des Schulstandes hintanzuhalten, den Lehrern der Vorwurf gemacht wird,sie wollen die Religion aus der Schule ver­drängen." V. Im übrigen halten die Mitglieder fest an. den Bestrebungen des evang. Volksschulleh­rervereins und hegen die Hoffnung, auch die Geist­lichkeit und andere maßgebende Kreise werden dem Lehrerstand zu seiner freieren Entwicklung behilflich sein, so daß Lehrer und Geistliche als Freunde zum Wohle der Jugend sowie auch der Gemeinde Zusam­menwirken lönnen." . '

Der Verein zur Hilfe in außerordentlichen Notstandsfällen auf dem Lande läßt binnen Kurzem Nro. 20 seiner BlätterBilder ländlicher

Armut" erscheinen, die über seine Thätigkeit berich­ten. Wie weitgehend der genannte Verein, zumal von armen, unter der Futter- und Streunot leiden­den Gemeinden, in Anspruch genommen wird, mag daraus beurteilt werden, daß in der letzten der je­weils nach 2 Wochen stattfindenden Sitzungen, am 28. "November, der Gesamtbetrag der Verwilligungen aus ^ 5375. sich belief. Jetzt im Winter und im kommenden Frühjahr werden die Bittgesuche sich mehren und es ist wünschenswert, daß für deren Befriedigung stets entsprechende Beiträge fließen. Mannigfach fehlt es auch an den nötigsten Bek­und Kleidungsstücken, Wollwaren, Weißzeug, Schuhen n. s. w. Muß doch in manch' armer Landfamilie ein einziges dürftiges Bett dreien und vieren zur Nachtruhe" dienen! Die im letzten Jahr erhaltenen Beisteuern an Bekleidungsgegenständen und Bett­stücken sind aufs beste angebracht gewesen und ha­ben in den bedürftigsten Landgemeinden viele frohe und dankbare Nehmer gefunden. Sollten sich hie- für auch jetzt wieder freundliche Geber finden, so ist Herr Vöhringer in Firma Joh. Conr. Reihten, Markt-Straße 15,17 namens des Vereins zur An­nahme gern bereit, während Geldgaben von dem Vereinsrechner, Herrn Paul Lechler, Kronenstraße 50, oder von den bekannten Sammelstellen mit Dank in Empfang genommen werden. Wir empfehlen die ersprießlichen Bestrebungen des "Notstandsvereins der Teilnahme aller Menschenfreunde. - Vertreter für den hiesigen Bezirk sind Herr Pfarrer Henniger in Simmersfeld und Hr. Pfarrer Ströle in Warth.

Stuttgart, 7. Dez. (Minister v. Schmid.) Wer die untersetzte breitschultrige Gestalt des Mi­nisters v. Schmid von früher kannte, muß über­rascht sein, daß derselbe einem Influenza-Anfall, allerdings mit der schweren Complikation eines Un­terleibsleidens, so wenig Widerstand entgegenzusetzen vermochte. Erklärlicher wird dies jedoch, wenn man gesehen, wie Herr v. Schmid in den letzten 2 Jah­ren gealtert hatte. Sein bis dahin tiefschwarzes Haar und Schnurrbart waren weiß und sein Auge, das so drohende Blicke werfen konnte, matt gewor­den. Jedermann weiß, daß sein Ministerium ein dornenvolles war. Die unausgesetzten Angriffe, de­nen er insbesondere in Sachen Hegelmaier in Presse und Landtag ausgesetzt war; sind nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Im letzten Sommer hatte sich Herr v. Schmid merklich erholt und bei der Einweihung der Cännstatter Neckarbrücke war er wieder ä ln buntem-, aber nur scheinbar, denn bei dem ersten Sturm, der über ihn hereinkam, wurde der Baum entwurzelt. Der 'Verstorbene war zwei­fellos ein Minister, der sein Ressort beherrschte, wie kein zweiter. Man muß ihn gehört haben, wie er bei den Etatsberatungen über alles, auch das ge­ringste, Auskunft zu geben wußte. Er war in al­lem gesattelt und selten brauchte er sich bei einem der Regiernngskommissäre zu informieren. Außer­dem verblüffte er die Abgeordneten noch durch seine Exposes über Maßnahmen, die er aus diesem oder jenem Gebiete getroffen und die durchweg Anklang fanden. Herr v. Schmid hatte eben einen eminent praktischen Blick. Man hat oft die widersprechend­sten Ansichten über Herrn v. Schunds Rednergabe hören können. Jedenfalls wußte er vortrefflich das Wort zu führen, aber ein eigentlicher Debatter war er nicht. Dazu war er zutemperamentvoll". An­fänglich ganz ruhig und sachlich, schlug er meist im Lause des Gefechtes einen agressiven Ton an, der, mit Geberden und Seitenblicken verbrämt, die Geg­ner heraussordern mußte und den Debatten oft ein

ungemütlich persönliches Gepräge gab. Des Ver­storbenen Vorliebe für Fremdwörter ist genügsam bekannt. Er liebte es, damit seine Reden auszu­schmücken. Mit Vorliebe nannte sich Herr v. Schmid Seiner Majestät Minister" und das Königshaus hat in ihm zweifellos einen seiner treuesten Diener- verloren. Bei den bekannten Vorgängen im Herbst 1888 nahm er die Partei des hart angegriffenen Königs Karl, was ihm König Wilhelm hoch ange­rechnet haben soll. Während seines Amtes als Bun- desrats-Bevollmächtigter gehörteHerr v. Schmid äußer- verschiedenen Kommissionen auch der Justizverwaltung des Reichsinvalidenfonds an. Selbstredend wird seine Nachfolgerschaft im Ministerium des Innern schon jetzt lebhaft erörtert. Wir beschränken uns darauf, die "Namen zu nennen, die man hierüber hört: Dr. v. Göz, Direktor v. Pischck, Staatsrat v. Moser.

Brandfälle: In Plieningen die Scheuer des» Schwanenwirts Holzinger. In Sulz a. N. 2 Holz­schöpfe, dem Schlossermeister Hablizel und Messer­schmied Solleder gehörig.

NU Mit Wrrkung vom 15. d. Ms. werden auf den württ. Staatseisenbahnen 1. Zeitkarten zur beliebigen Benützung der sämtl. Staatseisenbahnli­nien innerhalb 15 Tagen zu dem Preis von 45 für die I., 30 -M für die II. und 20 -//i! füvHcke III. Wagenklasse: 2. Fahrscheinbücher fürIM Fahrten innerhalb eines Jahres zwischen zwei be­stimmten Stationen unter Gewährung einer Ermä­ßigung von 33N, N» an dem 30fachen Betrag des Preises einer einfachen Fahrkarte für die betreffende Strecke, Wagenklasse und Zugsgattung, ausgegeben. Die näheren Bestimmungen sind bei den Stations­kaffen zu erfragen.

In Ingolstadt brannte, wie dieNeuest. Nachr." melden, die große Pionier-Remise im Brückenkopf mit großem und wertvollem Material für den Mo­bilmachungsfall nieder.

.Der Anstritt des Herzogs Alfred von Co­burg-Gotha aus dem englischen Geheimen Rat hat überall Befriedigung und Genugthuung hervorgeru­fen. DerHamburgische Korrespondent" knüpft an den Schritt des Herzogs, der übrigens für den Ein­geweihten nicht überraschend gekommen sein soll, fol­gende Bemerkungen:Wenn seiner Zeck im englischen Unterhaus behauptet worden ist, daß der Geheime Rat absolut nichts zu bedeuten hätte und nur noch nominell bestände, so ist das nicht richtig. Es kom­men und es sind Angelegenheiten vorgekommen, die die Königin nicht eher zum Abschluß gebracht wis­sen wollte, ehe die Meinung des Geheimen Rats eingeholt gewesen war. In welche Lage würde der Herzog Alfred von Sachsen-Coburg-Gotha versetzt sein, wenn er den Austritt aus dem Geheimen Rat nicht bewerkstelligt hätte und es zu Differenzen heik­ler Natur zwischen Deutschland und England gekom­men wäre? Während des Krimkrieges brachten Preu­ßen und die kleineren deutschen Fürsten insgesamt Rußland eine wohlwollende Neutralität entgegen, während England sich bekanntlich im Krieg mit Ruß­land befand. Herzog Alfred war sich bewußt, daß doch Fälle Vorkommen könnten, in denen der deutsche Fürst anderer Meinung sein könnte, als das Mit­glied des Geheimen Rats; und deshalb legte er die letztere Stellung nieder."

Die Frage, ob dem Herzog von Edinburg die ihm bis jetzt gezahlte jährliche Summe, die er als englischer Prinz erhielt, auch in Zukunft, nach­dem er Herzog von Coburg geworden ist, auszuhäu- digen sei, ist, wie aus London gemeldet wird, Ge­genstand einer Beratung zwischen dem Premiermini-