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anzustimmen. Ein sonst gemäßigtes Blatt, die Liberi«, sieht in diesen Maßregeln die ganze Strenge des Eroberungsrechtes, etwa wie es früher Oestreich in der Lombardei und Venetien geübt habe. Aber auch vom deutschen Standpunkt aus seien diese strengen Maßregeln verfehlt: sie würden die Bevölkerung, deren Gesinnungen bis jetzt ganz platonisch (!) gewesen, zum Aeußersten bringen. Der Zorn sei ein übler Ratgeber, und je mehr die Elsaß-Lothringer sich überzeugten, daß auf sie das Wort Anwendung finde: Uns sslus violi8, nuilsm 8per»re 8»Iutem, desto schwerer werde Deutschland den Besitz dieser Provinzen als eine lästige Bürde empfinden, zumal der landwirtschaftliche und gewerbliche Niedergang des Landes die notwendige und unvermeidliche Folge der Beunruhigung, in welcher die Bewohner leben, sein werde. Man muß gestehen, bemerkt die K. Z. hiezu, daß die Liberi« in gewissem Sinne den veränderten Standpunkt Altdeutschlands den Reichs­landen gegenüber richtig erfaßt hat, nur die Folgerungen gehen etwas aus. einander. Wir glauben mit der Libertö, daß die Elsaß-Lothringer durch ein kräftiges deutsches Regiment in der That dahin gebracht werden können, die Hoffnung, daß ihnen von Frankreich das Heil kommen müsse, fahren zu lassen, an ihnen ist es jetzt, den Anspruch auf die deutsche Milde, der sie bisher gespottet haben, sich wieder zu erwerben.

England.

London, 14. März. Die hiesige russische Botschaft erklärt die Nachricht von einem angeblichen Attenat auf den Zaren für völlig unbegründet.

London, 15. März. Die Times meldet aus Wien: Es wurde eine Verschwörung in Petersburg entdeckt, welche auf den Sturz des Absolutismus und Einführung einer Konstitution gerichtet war. Die Verschwörer sind keine Nihilisten, sondern hochge st eilte Groß­grundbesitzer; ihr Plan war nicht, den Zaren zu ermorden, sondern den Zaren zu zwingen, zwischen dem Erlaß einer Konstitution und der Ab- dankung zu wählen. Der Standard bringt unter Berlin ein Telegramm, wonach sechs Studenten in Petersburg nahe dem Anitschkow-Palais verhaftet wurden. Bei denselben wurden Sprengstoffe gefunden.

Rußland.

Petersburg, 14. März. Das Kaiserpaar ist mit dem Thron' folger gestern nach Gatschina übergesiedelt.

Hcrges-Weuigkeilen.

Calw, 14. März. Heute versammelten sich Vertreter der hiesigen Gesellschaften: Museum. Bürgergesellschaft, Liederkranz, Turnverein, Concordia, Veteranenverein, Militärverein und der bürgerlichen Kollegien, um ein Pro­gramm für die Feier des 90. Geburtstags unseres Kaisers zu beraten. Bei der großen Einmütigkeit und Bereitwilligkeit, welche bezüglich der Feier dieses für die deutsche Nation so bedeutungsvollen Tages, dem Ehrentage unseres Kaisers, herrscht, ist eine allgemeine Beteiligung an diesem schönen Feste zu erwarten.

* Meistern, 15. März. Ein Unglücksfall eigener Art ereignete sich dieser Tage in Hünerberg. Daselbst stand ein 15jähr. Bursche bei einem Bauern im Dienst. Am 12. d. M. gieng er mit einem dreijährigen Kind in den Stall seines Dienstherrn und zeigte in dem leeren Pferdestand das unruhige Gebühren des sonst in demselben stehenden Schimmels; um dies anschaulicher zu machen schlang er sich die Kette um den Hals. In dieser Kette hängend, die sich wohl allzufest zugezogen hatte, fand man ihn erstickt. Wie man gerüchtweise vernehmen kann, ist ein Selbstmord ausgeschloffen.

Fellbach, 14. März. Gestern kam auf dem hiesigen Bahnhof, als gerade ein Zug einsuhr, ein mit zwei Pferden bespanntes Fuhrwerk in raschem Lauf auf den Bahnübergang zu; trotz wiederholtem Zuruf von seiten des

Bahnwärters hielt dasselbe nicht an, sondern durchbrach die geschloffene Barriere. Ganz unmittelbar darauf sauste der Zug vorüber, doch waren Fuhrmann und Fuhrwerk schon in Sicherheit. Gegen elfteren wird übrigens jedenfalls Untersuchung eingeleitet werden.

Vom Bottwarthal, 11. März. Wie stark bei ländlichen Kreisen noch eine abergläubische Furcht herrscht, zeigt folgender Fall. In der Ge­meinde O. hatte s. Z. ein nun verstorbener Irrsinniger dem nun auch seit 3 Jahren mit Tod abgegangenen Schultheiß in geistiger Aufregung zu sagen gewußt, daß derselbe über 7 Jahren und 7 Tagen sterben werde. Der Zufall gab, daß dies eintraf. Zugleich halte der gleiche Irre einem andern Bürger gesagt, daß in 10 Jahren und 10 Tagen dessen Scheuer in Brand aufgehen werde. Auf diese Weissagung hin war der Besitzer, zumal bei dem merkwürdigem Eintreffen der ersten Voraussage, die ganze Zeit in Aufregung und hatte, allmählig beim Herannahen der Gefahr seine Vorsichtsmaßregeln, als z. B. Ausräumen u. s. w. getroffen; auch von Seiten der Gemeinde war eine Spritze in Stand gesetzt. Die gefürchtete Nacht kam jedoch, ohne von dem geweirsagten Flammenschein erleuchtet zu werden. So geschehen im Jahr 1887 im Monat März.

Crailsheim, 12. März. Letzten Sonntag bekamen bei Onolzheim zwei norddeutsche Handwerksburschen, ein Schlosser und ein Metzger, Streit. Der erstere brachte dem andern eine Stichwunde bei und floh in der Befürch­tung, er könnte ihn gefährlich verletzt haben und gerichtlich verfolgt werden, der bayerischen Grenze zu. Ehe er dieselbe aber erreichte, in dem Orte Leukershausen, brach er bewußtlos zusammen und starb in der darauffolgen­den Nacht und zwar an einem Schädelbruch, den die Hiebe, die er von dem andern, vermeintlich von ihm gefährlich Verwundeten erhalten, verursacht hatten. Ein dritter Handwerksbursche hatte dem Streit zugesehen und war mit dem nun Verstorbenen weiter gereist. Ohne ihn wäre der Vorgang völlig im Dunkeln geblieben. Der Thäter ist streckbrieflich verfolgt.

Biberach, 13. März. Gestern früh kurz vor 40z Uhr wurde hier ein leichter Erdstoß beobachtet. Derselbe ging von Ost nach West und war mit unterirdischem, etwa 3 Sekunden lang andauerndem Rollen begleitet. Heute fällt bei scharfem Ostwind und 3 Grad Kälte unaufhörlich Schnee. Derselbe liegt bereits etwa einen halben Fuß hoch und gewährt aufs Neue eine ganz ordentliche Schlittenbahn. Unsere gefiederten Frühlingsboten machen sonderbare Augen zu dieser Bescheerung. Leider werden die so dringenden Feldarbeiten ins Ungewisse verschoben.

Wevrnifchtes.

Ueber die Durchführung der Impfung mit animaler Lymphe in Württemberg schreibt der St.-A.: Im I. 1886 ist die öffent­liche Impfung in Württemberg fast ausschließlich mit animaler in den staat­lichen Anstalten erzeugter Lymphe durchgeführt worden. Es sind nämlich geimpft worden: mit animaler Lymphe aus der Jmpflymphegewinnungsanstalt in Stuttgart Kinder 31,440, Schüler 31,007, mit animaler Lymphe aus der Jmpflymphegewinnungsanstalt in Cannstatt Kinder 15,622, Schüler 15,369, zusammen 93,438 Impflinge. Nur bei ganz wenigen Kindern ist aus besonderen Gründen noch humanisierte Lymphe verwendet worden. Die Wirkung der von den Anstalten gelieferten Lymphe wurden erzielt bei der Erstimpfung 98,4, bei der Wiederimpfung 93,8, mit der von Cannstatt ge­lieferten 98,5, bezw. 96,7 persönliche Erfolge. Diese Wirkung steht hinter derjenigen der humanisierten Lymphe in keiner Weise zurück. Auch bezüglich des Kostenpunktes sind sehr günstige Resultate erzielt worden. Abgesehen von den Gehalten und Remunerationen der mit der Gewinnung des Stoffes beauftragten Aerzte betrugen die Jmpfstoffgewinnungsanstalten zusammen 2258 42 H. Es kostete also den Staat die Impfung je eines Kindes

nicht einmal 2>/, H. Ein solches Resultat ist bisher noch nirgends

Ich ernährte mich damals von lyrischen Gedichten!"

Du lieber Gott, eine erbärmliche Nahrung, nicht einmal für den bescheidenen Magen eines jungen Dichters hinreichend, der doch noch mit Zeus in dessen Him­mel lebt.

Das sah ich auch bald ein und schaute mich nach einer kompakteren Nahrung um. Ich gab Unterricht. Auch eine nette Beschäftigung!

Unterrichten, welch' verteufelte Arbeit!" läßt Brachvogel seinen Nareiß sagen und der Mann hat Recht. Ich erinnere mich mit besonders ingrimmigem Ver­gnügen an meine ersten Schüler, die sechs Rangen eines holländischen Cafetiers, die mir die Hölle so heiß machten, daß ich jedesmal ein stilles Stoßgebet sprach, wenn ich die sechs Orgelpfeifen abgesertigt hatte. Und ich hatte damals noch die komische Leidenschaft, meine Schüler mit Gewalt etwas lernen zu wollen, selbst wenn diese die krampfhaftesten Anstrengungen machten, so dumm wie nur möglich zu bleiben.

Aber ich sollte auch in ein anderes Haus kommen, als in das des schäbigen Cafetiers, welcher mir die Qual bei seinen Bälgen täglich mit zwei Gul­den honorierte, mir aber ein äußerst scheeles Gesicht schnitt, wenn ich dieselben nicht eine Etage tiefer in seinem Restaurationslokal wieder verzehrte, so daß dieses Blut­geld eigentlich nur den kleinen Kreislauf aus seiner Kasse in meine Tasche aus meiner Tasche in seine Kasse machte. Dabei kam ich mir in seinem Lokal immer nur wie geduldet vor,reine Portionen wareir stets kleiner, als die der übrigen Gäste, und das richtige Maß der Getränke schien für mich gar nicht zu existieren. Beim Kaffee erhielt ich ein Stück Zucker weniger als bei den Portionen üblich war, und eine Zeit lang hatte ich die holländische Schwefelbande sogar im Verdacht, daß sie mir den Wein, den ich trank, aus Flaschenresten zusammengoß.

Warum nicht? Für einenänitselw mntt' ist das noch lange gut genug. Die stehen bei den meisten nicht besonders hoch im Kurs ich aber als Lehrer gar stand unter pari.

Doch ich wollte ja von einem anderen Hause erzählen, in welches ich in dieser Eigenschaft kam, und bitte für die kleine Abschweifung um Entschuldigung.

Ich hatte in dem Kaffeehaus die Bekanntschaft eines dicken Herrn gemacht.

der leidenschaftlich gern Piquet spielte. Es ist das einzige Kartenspiel, in dem auch ich es zu einer gewissen Fertigkeit gebracht habe, und dieser Umstand führte uns zu­sammen. O, unglückseliges Flöten-, ich wollte sagen Piquetspiel, das mir nie hätte einfallen sollen! Ohne Dich wäre ich um eine unangenehme Erinnerung meines an angenehmen Erinnerungen ohnehin nicht reichen Lebens ärmer!

Van der Knypsen hieß der holländische Biedermann, der nebenbei die Eigenschaft hatte, sich beim Spielen zu zanken, was ich schon deshalb geduldig ertrug, weil er der einzige Holländer war, der mir verlassenem deutschen Schaf eine gewisse Zuneigung gezeigt hatte. Er aber hatte mich vielleicht gerade um meiner Geduld willen in sein Herz geschlossen und so vertrugen wir uns denn ganz gemütlich zu­sammen. Als er erfuhr, daß ich Unterricht erteile, engagierte er mich sogar für seine beiden Kinder, und an einem nebeligen Frühlingsmorgen wanderte ich die Prinzen­gracht hinab, um mich zum ersten Male den jungen van der Knypsen's vorstellen zu lassen.

Ich war durch die sechs Cafetiersrangen etwas mißtrauisch geworden und sah der Bekanntschaft meiner neuen Zöglinge mit einem gewissen Bangen entgegen.

Doch ich sollte recht angenehm enttäuscht werden. DieKinder" waren zwei hübsche Mädchen von 18 und 20 Jahxen, welche auf mich den liebenswürdigsten Ein­druck machten und mit denen ich nach'.der ersten Stunde über Alles einig .war, nur über das Eine nicht, in was ich sie Eigentlich unterrichten sollte. Sie hatten eine französische Lehrerin, eine deutsche Lehrerin, einen Schreiblehrer, und wenn ich nicht sofort bemerkt hätte, daß mich der Alte absolut in seinem Hause beschäftigen wollte, dasWarum" wird der geneigte Leser später erfahren so wäre mir anstands- , halber nichts übrig geblieben, als mich zu empfehlen und so zu gehen, wie ich ge­kommen. So aber fiel mir nach längerer Beratung ein Auskunftsmittel ein ich wollte ihnen Unterricht in der deutschen Literatur, meinem Steckenpferd, geben, wollte ihnen zunächst die Gedichte unseres Schiller, dann nach und nach die größeren Werke unserer Geistesheroen erklären, und sie so mit den literarischen Schätzen unseras Nation bekannt machen.

(Fortsetzung folgt.)