Zko. 32

V2. Jahrgang

Amts- um! Intelkigenzblatt für äen Kezirst.

erscheint Ateurtag, Z»o««er»tag L Samstag.

Die EinrückungSgebühr beträgt 9 ^ p. Zeile lm Bezirk, sonst 12 H.

Donnerstag, äen 17. März 1887.

Abonnementspreis halbjährlich 1 ^ 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H» sonst iu

ganz Württemberg 2 70 H.

Amttiche Wekanntmachungen.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Abhaltung von Unterrichtskursen im Hufbeschlag.

Um Schmieden die Vorbereitung zu der durch das Gesetz vom 28. April 1885, betreffend das Hufbeschlaggewerbe, vorgeschriebenen Prüfung behufs des Nachweises ihrer Befähigung zum Betriebe dieses Gewerbes zu ermög­lichen, finden an den Lehrwerkstätten für Hufschmiede in a) Heilbronn, d) Reutlingen, v) Hall, ä) Ulm und o) Ravensburg drei­monatliche Unterrichtskurse im Hufbeschlag statt, welche am Montag, den 2. Mai 1887, ihren Anfang nehmen.

Die Anmeldungen zur Aufnahme in einen dieser Kurse sind bis 5. April d. I. bei dem Oberamt, in dessen Bezirk sich die betreffende Lehrwerkstätte befindet, vorschriftsmäßig einzureichen.

Dem Zulassungsgesuch sind in Form urkundlicher Belege anzuschließen:

1) ein Geburtszeugnis;

2) der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehrzeit im Schmied­handwerk und einer zweijährigen Thätigkeit als Schmiedgeselle, wobei der Bewerber schon 'm Hufbeschlag beschäftigt gewesen sein muß; die Zeugnisse hierüber müssen von den betreffenden Meistern selbst ausgestellt und von der Ortsbehörde be- glaubigt sein;

3) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Einwilligungserklärung des Vaters oder Vormunds;

4) ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Prädikatszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß dem Bewerber die erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung seines Unterhalts während des Unterrichtskurses zu Gebote stehen werden;

5) eine von dem Bewerber, und wenn derselbe minderjährig ist, auch vom Vater oder Vormund Unterzeichnete Erklärung, durch welche die Ver­bindlichkeit übernommen wird, die der Staatskasse erwachsenen Kosten zu ersetzen, wenn von dem Schüler der Unterrichtskurs vor seiner Beendigung ohne Genehmigung der K. Zentralstelle für die Landwirt­schaft verlassen oder durch eigenes Verschulden die Entfernung aus demselben veranlaßt oder die Prüfung binnen einer gesetzten Frist nicht erstanden wird (§ 4 Abs. 2 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 11. Juni 1885).

Stuttgart, den 9. März 1887. Werner.

Aerrik^eton. «Nachdruck °-rb°t-n.)

Van Bock nnd meine erste Liebe.

Von Arih Brentano.

Auch ich war in Arkadien geboren, auch mir lächelte dereinst eine erste Liebe und mein Lebensschifflein wiegte sich behaglich auf den vollen Wogen des Glückes und der Seligkeit, als es einem elenden Lederhändler einfiel, das Tau zu zerschneiden, welches mich am Ufer hielt, um mich wieder hinauszuschleudern in die weite stürmische See der brautlosen Einsamkeit und des öden Junggesellentums, wo alle Knöpfe an der Wäsche fehlen und die desolaten Knopflöcher sich weinend nach derzüchtigen Hausfrau" Umsehen, welche weise im häuslichen Kreise herrschet.

Seiner ersten Liebe durch einen Nebenbuhler quitt zu werden, ausgestochen zu werden von einem hübschen Jungen, der neben seiner Schönheit noch das Verdienst hat, einen reichen Vater zu beerben, das ist hart, aber es ist natürlich, es liegt im Geiste unserer Zeit, die in ihrem grasten Realismus und ledig aller Poesie, nicht mehr an das Dichterwort glauben will:

Raum ist in der kleinsten Hütte Für ein glücklich liebend Paar.

Aber als armer Teufel, als bescheidener Anfänger auf dem dornenvollen Pfade des Schriftstellertums, eine glänzende Partie in Aussicht haben, geliebt zu sein von einem Engel mit blonden Haaren, blauen Augen, kirschroten Lippen etc. etc., welcher nebenbei sich eines Vaters mit höchst respektablem Vermögen erstellt an den Pforten eines solchen Eheparadieses zu stehen und verjagt zu werden von einem uns gänzlich fremden Subjekte, einem dicken Lederhändler, das, meine Herrschaften, ist traurig, istWider Stemenlauf und Schicksal", wie der selige Wallenstein zu sagen beliebte.

Ich bin ein solch armer verjagter Adam, mich traf dieses Schicksal, ohne daß

Wachvichterr.

Deutsches Reich.

Der Kaiser betonte gestern Hrn. v. Lesseps gegenüber, wie er ein glückliches Gedeihen des Panama-Kanals aufrichtig wünsche, und wie er hoffe , daß dasselbe in eine Aera langen Friedens fallen würde. Der Reichskanzler stattete Herrn v. Lrsseps gestern einen Besuch ab.

Der Kaiser wird auf Anraten der Aerzte am 22. März nur die Glückwünsche der iönigl. Familie und der fürstlichen Gäste entgegen­nehmen. Der Empfang der Botschafter, der Generalität und der Minister fällt fort.

DieStandard"-Meldung über ein beabsichtigtes Atten­tat gegen den Zaren bestätigt sich. Es handelt sich um einen, augenscheinlich nihilistischen Bestrebungen entsprungenen Versuch, am 6. Jahrestage der Ermordung des Kaisers Alexander II. dem Zaren das Schicksal seines Vaters zu bereiten. Das Attentat wurde glücklicher­weise vereitelt; die Urheber des Planes wurden vor der Ausführung des­selben festgenommen. Ueber die Frage ob dieser Mordversuch einen Ein­fluß auf den Gang der russischen Politik und damit auf die Gestaltung der europäischen Verhältnisse ausüben wird, meint das Fkf. Journ.: Auf ver­schiedenen Seiten scheint man geneigt zu sein, diese Frage in einem dem all­gemeinen Frieden abträglichen Sinne zu bejahen. Wir sind der Ansicht, dass der nihilistische Ursprung des verbrecherischen Anschlages den leitenden russischen Kreisen und dem Zaren selbst die Triftigkeit der Warnung vor Augen führen wird, die in der gestern mitgcteilten von Berlin ausgehenden offiziösen Auslassung derPol. Korr." niedergelegt war; eine Schwächung Rußlands durch äußere Komplikationen bedeutet eine Stärkung der Umsturz­partei im Innern Rußlands. Diese doppelte Gefahr dürfte in Petersburg nicht verkannt werden. Ob die E kenntnis eine nachhaltige Wirkung ausübt, muß allerdings als fraglich erscheinen.

O e st e r r e i ch.

Wien, 13. März. In Wien erwartet man nach der Rückkehr des Kaisers von Pest eine Abordnung deutscher Infanterie, welche sich, wie ge­meldet, auf besonderen Wunsch des Kaisers m ihrer neuen Bewaffnung mit dem neuen Gepäck vorstellen soll. Dieser seltene Besuch wird hier kein, geringes Aufsehen machen.

Frankreich.

Die Maßregeln, welche man in Elsaß. Lothringen endlich gegen die französischen Umtriebe ergriffen hat, werden von der Pariser Presse benutzt, um Klagelieder über die Knechtung de verlorenen Brüder

ich vorher in einen verbotenen Apfel gebissen hatte, und mein Cherub mit dem Flam­menschwert hieß van Bock.

Der Name ist mir ein Greuel geworden. Wie kann man überhaupt van Bock heißen?

Es war im Jahr 1860 . Ich lebte als Journalist in Amsterdam, der altpoe­tischen Stadt, welche sich wie ein riesiger Halbmond längs des I's dahinzieht, an fröhlichen Sommertagen strahlend im Sonnengolde, mit ihren ehrwürdigen himmel­hohen Giebeln im Wüster tiefgeheimnisvoll aus dem Nebel lugend, ein altes halb- vergestenes Märchen, worin

Kirchenkuppel und Thürme sich zeigten

Altertümlich niederländisch

Bunte Gesellen in spanischer Tracht,

Stolzieren vorüber und nicken.

Bejahrte Frauen,

In braunen verscholl'nen Gewändern,

Gesangbuch und Rosenkranz in der Hand,

Eilen trippelnden Schritts,

Nach dem großen Dome,

Getrieben von Glockengeläute Und rauschendem Orgelton.

Großer Heine, wie herrlich trafst Du in deinem Seegespenst die niederländische Färbung, welche mich so oft an Amsterdam entzückte, wenn ich des Abends durch die Straßen und Gäßchen der alten Handelsmetropole schritt bis ich endlich draußen auf der Buitenkant anlangte, vor mir den weiten Hafen und das Heer der Schiffe, im Nebel verdämmernd hinter mir die kolossale Stadt, übergossen vom bläulichen Mondenschimmer.

Das ist Poesie und oft schwelgte ich da in meinen jugendlichen Dichterträumen.

Auch aus ihnen hast Du mich aufgeschreckt, elender Lederhändler!