mit denen aus dem Kriege von 1870 71. Es folgt erste und zweite Beratung der kaiserlichen Verordnung, betr. eines SOprozentigen Zollzuschlags für die aus Rußland bezw. aus Finnland über die deutsche Grenze kommenden Waren. Abg. Möller (natlib.) erhofft einen baldigen, be­friedigenden Abschluß des deutsch-russischen Zollkrieges, der nach beiden Seilen große Verluste bringe. Staatssekretär Gras Posadowsky giebt eine entgegenkommende Zusage. Abg. Frhr. v. Heeremann (Ctr.) befürwortet einen da­hin gehenden Antrag. Abg. Schönlank (Soz.) verur­teilt den Zollkrieg mit Rußland. Abg. Gras Kanitz (kons.) protestiert gegen" den Abschluß eines Handelvertrages mit Rußland, gegen den die Landwirte wie ein Mann auf­stehen würden. Tie Vorlage wird gegen die Stimmen von Freisinnigen nnd Sozialisten angenommen. Ter Han­delsvertrag mit Columbien wird in erster und zweiter Le­sung angenommen. Die Marken- und Musterschutz-Konven­tion mit Serbien wird einer Kommission überwiesen, die Zusatz-Konvention zu dem internationalen Vertrage zur Unterdrückung des Branntweinhandels unter den Nordsee- sischern auf hoher See wird in erster und zweiter Lesung angenommen. Nächste Sitzung: Montag nachmittag 2 Uhr. (Novellen zum Unterstützungswohnsitzgesetz und Viehseu­chengesetz, Rechnungen.)

Bei der Abstimmung des Reichstages über den Jesuitenantrag haben 84 Abgeordnete gefehlt, darunter 7 von der süddeutschen Volkspartei (näm­lich: Ehni, Pflüger, Schnaidt, Kercher, Kräder, Hartmanu, Payer. Von den württ. Abg. stimm­ten die 4 Mitglieder des Zentrums, Braun, Grö­ber, Rembold, Wengert und die anwesenden 4 Mit­glieder der Volkspartei Galler, Haag, Haustmann, Speiser für die Aufhebung, Frhr. v. Gültlingen, Bantleon und Siegle dagegen. Der Abg. Kercher war durch ein Versehen des Reichstagsbureaus als anwesend und mit Ja stimmend verzeichnet worden. DerBeobachter" konstatiert aber, daß Kercher am Abstimmungstage in seiner Heimat sich ausgehalten habe.

Berlin, 4. Dez. Die Weihnachtspause des Reichstags soll am 16. anfangen.

Berlin, 4. Dez. In sämtlichen Kirchen Ber­lins haben gestern Dankgebete für die Vereitelung des Anschlags auf das Leben des Kaisers stattgefunden.

Berlin, 4. Dez. Die Kommission des Reichs­tags hat am Samstag den Handelsvertrag mit Spanien mit 15 Degen 6 Stimmen angenommen. Die 6 Stimmen, die gegen den spanischen Handels­vertrag abgegeben wurden, setzten sich zusammen aus den 4 Konservativen und den Zentrumsabgeordneten Klose und Petzold. Vorher war ein Antrag der Reichspartei, den Vertrag nur auf 3 Jahre abzu­schließen, gegen 4 Stimmen abgelehnt worden.

Die Untersuchung in Sachen der gegen den Kaiser und den Kanzler geplanten. Attentate hat noch kein bemerkenswertes Ergebnis gezeitigt. Doch gilt es nunmehr fast allseitig als gewiß, daß das versuchte Doppelverbrechen einen anarchistischen Ka- rakter trägt und daß es demnach nicht als die Thal eines wahnwitzigen Chauvinisten und Deutschen-Has- sers jenseits der Vogesen betrachtet werden kann. Ob indessen diese neueste Regung des Anarchismus endlich ein gemeinsames Vorgehen der Mächte gegen das anarchistische Unwesen nach sich zeigen wird, steht einstweilen noch dahin.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 2. Dezember. Seit zwei Tagen tritt hier die Influenza mit rapider Ausbreitung auf. Im Parlamente erkrankten viele Abgeordnete, sowie der Präsident und der Vicepräsident. In einzelnen Geschäften und Banken sind ganze Abteilungen leer.

Frankreich.

Paris, 1. Dez. Die Polizei in Orleans hat den Blättern eine Mitteilung zugehen lassen, wonach es den administrativen und richterlichen Nachfor­schungen gelungen ist, herauszubringen, daß die Sendungen an den deutschen Kaiser und an Gras Caprivi in Orleans aus die Post gegeben worden ist. Von wem? wird nicht gesagt.

Paris, 2. Dez. Casimir Pörier hat heute morgen dem Präsidenten der Republik angekündigt, daß sein Kabinet fertig sei. Um 5 Uhr wird er die neuen Minister im Elyssie vorstellen. Der Un­terstaatssekretär für die Kolonien wird binnen kur­zem ernannt werden. Obgleich das neue Kabinet heute schon fertig ist, wird es sich erst am Montag der Kammer vorstellen, ivie es heißt, um zu ver­meiden, daß es aus den 2. Dezember zäsaristischen Andenkens getauft werde. (Am 2. Dezember 1851 machte Louis Napoleon seinen Staatsstreich.) In den Wandelgängen der Kammern wurde das neue Mi­nisterium von den gemäßigten Republikanern sehr günstig beurteilt, auch die Rallierteu und ein Teil der Rechten sind zufrieden, weil keine ausgesproche­

nen Radikalen im Kabinet sitzen, dagegen sind die Radikalen und Sozialisten sehr unzufrieden.

Spanien.

Madrid, 4. Dez. Nach Meldungen aus Me­litta besetzten die spanischen Truppen die gesamte Grenzlinie und errichteten 3 Forts. Die Kabylen be­schränken sich darauf, die Spanier aufmerksam zu beobachten, und überschreiten die Grenze nicht.

Italien.

Ueber den Zugzusammenstoß in Limits bei Mailand liegen jetzt die ersten genaueren Nachrich­ten vor. Dieselben lassen das Unglück ziemlich grausig erscheinen. Die Entronnenen sind teilweise sinnlosj vor Entsetzen. Die Augenzeugen berichten nur verwirrt über die fürchterliche Szene. Von 47 Insassen der Waggons 3. Klasse sind nur 4 gerettet, die übrigen kamen in den Flammen vor Augen aller ohne Möglichkeit einer Hilfeleistung um. Haar­sträubende Einzelheiten werden berichtet. Die bren­nenden Waggons wurden völlig verzehrt. Erst morgens um 4 Uhr erlosch der Brand. Die Un­glücksstätte bedeckt ein Haufen von verkohlten Trüm­mern, Leichen und Gliedmaßen. Vier Waggons wurden förmlich in einander gekeilt. Mehrere Le­bende liegen noch unter den Trümmern. Der Gatte, der bei dem Unglück verletzten Sängerin Frandin verlangt eine Million Lire Schadenersatz.

England.

London, 2. Dezember. Die Anarchisten ließen Massenmanifeste zur Verteilung an die französische Armee drucken, welche die Soldaten zur Erschießung der Offiziere auffordern. Der in Dublin ermor­dete angebliche Anarchist Reed war Geheimpolizist.

Rußland.

Aus Livland wird gemeldet: Auf Befehl des Ministers des Innern teilte das evangelisch-luthe­rische Generalkonsistorium den Pastoren mit, daß sie nicht mehr öffentlichen Gottesdienst nach lutherischem Ritus außerhalb der dem Gottesdienst gewidmeten Gebäude abhalten dürfen, ohne vorher Genehmigung von den örtlichen höheren Polizei-Behörden erwirkt zu haben. Diese Maßregel dürfte mitunter sehr traurige Folgen haben, denn der hier gemeinte Got­tesdienst wurde zumeist an Orten abgehalten, wo es keine Kirchen und Bethäuser giebt. Gefällt es nun der Polizeibehörde, an einem solchen Ort keine Erlaubnis zum lutherischen Gottesdienst zu erteilen, so müssen die lutherischen Gemeindeglieder auf ge­meinsame Andachtsausübung einfach verzichten.

Bulgarien.

Sofia, 4. Dez. Finanzminister Salabascheff äußerte sich einem Redakteur gegenüber, daß durch die Vereitelung des Attentats Jwanoff großes Un­glück verhütet sei, da Anhaltspunkte vorliegen, daß Jwanoff die Bombe mitten unter das Trauerge- solge im Leichenzuge des Grasen Hartenau schleu­dern wollte.

Kleinere Mitteilungen.

Freunde des Sternenhimmels machen wir darauf aufmerksam, daß in den Tagen vom 6.13. d. Mts. wieder zahlreiche Sternschnuppenfälle zu beobachten sein werden, welche dem Sternbilde der Zwillinge" zu entstrahlen scheinen. Deshalb wer­den sie auch Geminidenschwärme genannt.

Die gute alte Zeit. Auf der Universität Tübingen wollten der Iteotur mnxniüoiw und die Professoren dem übermäßigen Trinken nnter den Musensöhnen steuern, in­dem sie 1591 folgende Ansprache erließen:Die Herren Studiosi sowohl Theologiae als auch der übrigen Fäeulta- tum, werden hiermit informiert, daß sie, alldieweilen sie nach Rothenburg ziehen, nm von dort Papier zu holen, aber einen entsetzlichen Rausch heimbringen, solches Trei­ben lassen, insonders das gottlose Fluchen, sondern ein gottwohlgefülliges Leben führen mögen." Die Antwort blieb nicht aus. Am folgenden Tage fand sich folgender Anschlag an den Universitätsthüren:Dem Rectori zur Kenntniß! Frau Professor Homberger und desgleichen Krusius geben uns gute Erempla, insonders sie selten zur Kirche gehen, dahingegen sie nach Lustnau und Derendin­gen gehen, um gehörig eingeseifet heimzukehren, wobei sie gleich uns fluchen und schwören, sich auch neulich in die Haare gefallen sind."

Die Sittlichkeit in Stuttgart. Aus Stuttgart wird geschrieben: Gottlob, die «ladt Stuttgart ist einer schweren moralischen Gefahr entronnen. Am Donnerstag Nachmittag war es, und niemand ahnte, daß die Haupt­stadt des Schwabenlandes an einem sittlichen Abgrunde sich befand, in den sie unfehlbar hinabgevurzelt wäre, wenn nicht zwei Tugendwächter zur rechten Zeit sie zurückgeris­sen hätten. Tis Sache trug sich folgendermaßen zu: Auf dem Marktplatze spazierte ein Mensch umher, der durch sein auffallendes Kostüm bei allen Tugendhaften das höchste Aergernis erregte. Man wird nun vermutlich der Meinung sein, das Kostüm dieses Elenden sei demjenigen, das Adam

vor dem ersten Sündenfalle trug, täuschend nachgebildet gewesen. So schlimm war es glücklicher Weise nicht, aber noch schlimm genug. Der Alaun, von dem hier die Rede ist, war nämlich ein Tiroler, der fast sträubt sich die Feder, es niederzuschreibeu am helllichten Tage in kurzen Hosen und Wadenstrümpfen mit unbedeckten Knieen sich zeigte. Der Mensch hatte sich offenbar geirrt: er hatte wohl angenommen, daß er sich in Sodom befinde und nicht in einer der moralischsten Städte Deutschlands. Ehe er denn auch größeres Unheil durch seinen skandalösen Aus­zug angerichtet hatte, erschienen zwei Polizisten, die den Frevler sisrierten und von ihm verlangten, er solle die Strümpfe über seine das Schamhaftigkeitsgesühl der Po­lizei verletzenden nackten Knie ziehen. Dem Manne half es nichts, daß er den Einwand erhob, zu Hause bei ihm laufe man allgemein so herum; er mußte sich fügen. Einem Herrn, der sich des Tirolers annahm, wurde von den Po­lizisten kurzer Hand bedeutet, das sei unsittlich. Die Po­lizei muß es ja wissen.

Riediingen, 29. Nov. In einem Orte am Bussen war eine Zigeunerbande eingekehrt, welche sich nicht gut­willig entfernen wollte. Als die braunen Gesellen aber hörten, daß der Ortsvorsteher die Feuerwehr alarmieren ließ, zogen sie schleunigst ab. Die Uebungen der Feuer­wehr scheinen bei ihnen in keinem guten "Andenken zu stehen.

Derbe Hei m bezahlung. Einige Gemeinderäte einer großen schwäbischen Stadt so wird uns berichtet hatten ihren satyrischen Witz über einen biederen, durch seine Derbheit bekannten Mitbürger, der aber nicht im weisen Rat der Stadt saß, derart losgelassen, daß derselbe wohl oder übel für den Abend zur Zielscheibe des gemein- derätlichen Spottes und Witzes bestimmt schien. Der gute Mann wollte das aber nicht sein, leerte sein Glas, nicht aber, ohne noch vorher den Gemeinderäten einRätsel" aufzugeben.No iahr Herrn, wenn iahr grad die g'scheid'ste sei wend, no saget amot: Was ist' für a Unterschied zwischa ama Pferd und ama Esel?" Lange berieten die weisen Väter der Stadt. Der eine erwiderte:Das Pferd hat kurze, der Esel lange Ohren," der andere erwiderte wieder etwas anderes.Aelles ner," meinte der Rätselaufgeber; endlich bestürmt, doch die Auflösung zu sagen, erwiderte er: A Pferd ischt no nia u'fm Rothaus g'wesa, aber -- gut Nacht, meine Herra!" Sprachs und verließ seine verblüff­ten Peiniger.

Ein triftiger Grund. Als man seiner Zeit den berühmten und angesehenen Professor Sinnen in den Adelsstand erheben wollte, lehnte derselbe die ihm zuge­dachte Auszeichnung ab und erklärte, seinen bürgerlichen Namen behalten zu wollen. In einer Gesellschaft nach dem Beweggründe seines Handelns gefragt, antwortete er mit feinem Lächeln:Man kann doch unmöglich von mir verlangen, daß ich mich mit den Worten vorstelle!Ich bin von Sinnen!"

Handel nnd Verkehr.

Nürnberg, 2. Dez. (Hopsen.) Stimmung matt. Preise am 2. Dez. Marktware prima M. 210215, mittel 195205, gering 185190, Württemberger prima 230235, mittel 215220, Badischer prima 235240, Elsäßer prima 212 218, mittel 190-205. _

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Hiezu Schwäbischer Landwirt Nr. -4.

Redaktion, Truck und Verlag oer G. W: Zaiser'schen Buchhaudtuug (Emil Zaiscr) Nagold.