aus prinzipiellen Gründen von Baden, Hessen und Württemberg, außerdein von Reuß ä. L., das sich » üerdings fast stets in Opposition gegen Bundcsrats- verlagen befindet, und von Hamburg mit Rücksicht aas seinen Weinhandel.

Rach dem Entwurf des Reichshaushaltsetats pro 18)4/95 sind an Matrikularumlagen insge- 1 ml 419 592 544 (mit mehr 39 528 399 nötig. Tuvon entfallen 247 064 000 ^ (m. 22,3 Mill.) auf P.eußen; 52 409 931(in. 6,3 Mill.) auf Bayern; 28 937 201 --// (1,7 Mill.) auf Sachsen; 18 947 369 ^ (in. 2,4 Mill.) auf Württemberg; 14845188 (Ul. r,4 Mill.) auf Baden.

Berlin, 29. Nov. Die Anarchisten hielten gestern eine Versammlung ab. In der Diskussion tam die Rede auch auf das geplante Attentat gegen Eaprivi. Ein Redner meinte, die Anarchisten hätten damit nichts zu thun, zumal Eaprivi sicherlich keine Feinde habe und sich mit ihm leidlich auskommen lasse. Er glaube auch nicht, daß man den Atten­tatsversuch für ein Ausnahmegesetz gegen die Anar­chisten verwerten werde.

Berlin, 30. Nov. Nach einem Privattele- gramni derVoss. Ztg." aus Kowno sollte auf Be­fehl der russischen Regierung die katholische Kirche m Krosche Gouvernement Kowno geschlossen werden. Unter Anführung des Gouverneurs drangen Truppen in die Kirche und hieben auf dis Menge mit blan­ker Waffe ein. 20 Personen blieben tot, über 100 sind verwundet. Eine große Anzahl ist bei der Verfolgung durch die Kosaken im nahen Flusse er­trunken. Einige hundert find verhaftet und sollen vor ein Kriegsgericht gestellt werden.

Deutscher Reichslag. Am Mittwoch wurde nach dreitägiger Tauer die erste Beratung des Reichshaushalts sür 1894 9S noch nicht zu Ende gebracht. Zum Beginn der Sitzung gab Präsident v. Levetzow dem Danke des Reichstags dafür Ausdruck, daß der Attentatsversuch gegen die Person des Kaisers keine weiteren Folgen für Kaiser und Reich gehabt. Dann wurde die Etatsberatung fort­gesetzt. Abg. Möller (ntlb.) betont, der Reichstag sei wohl darüber einig, daß im Reiche die Schuldenwirtschaft nicht so' weitergehen könne, sondern eine Finanzreform und «ine Schuldentilgung eintreten müssen. Strengste Spar­samkeit sei unbedingt geboten, auch im Militär- und Ma- rineetat. Vielleicht könne die Uniformierung etwas verein­facht werden. Redner will dem Reiche die indirekten, den Einzelstaaten die direkten Steuern sichern, hat aber gegen die neuen Steuerprojekte große Bedenken. Er Hofft, indes­sen aus Einigung in der Kommission. Abg. Haußmann (Südd. Volksp.) äußert, daß sich infolge der Militärvor- lage die politische Situation noch verschlimmert habe. Redner ist ein unbedingter Gegner der neuen Steuervorla­gen, die nur den Mittelstand ruinieren würden. Das deutsche Volk sei bereits verdrießlich und das Kopfschütteln zur nationalen Beschäftigung geworden. Man möge die Tinge doch nicht zu weit treiben. Generallieutenanst v. Spitz und Finanzminister Dr. Miguel treten 'einzelnen Bemerkungen des Vorredners entgegen. Abg. v. Kar- dorff streikons.) verteidigt die Bestrebungen des Bundes der Landwirte und die aus der landwirtschaftlichen Not­lage sich herleitenden Ansprüche auf staatlichen Schutz, Wirkliche Besserung könne nur eine Währungsänderung herbeisühren. Abg. Rickert (freis.) erklärt die Klagen der Landwirtschaft für übertrieben. Redner will nur so viel Geld bewilligen, als die Militärvorlage erfordert. Die Steuerreform beurteilt er abfällig und schließt unter heftigen Angriffen aus den Bund der Landwirte. Donners­tag wurde die Beratung fortgesetzt.

Berlin, 1. Dez. (Deutscher Reichstag.) Tie erste Lesmlg des Jesuiten-Antrags hat die Centrumsfraktion, die Polen «nd Elsässer säst vollzählig herbeigeführt. Graf Hompesch (Centr.) tritt.für die Annahme des Antrags ein, der ein Recht des Volkes und der katholischen irche sei. Ein Wiedererwecken des alten Kulturkampfes liege ihm fern. Die Jesuiten, welche man grundlos verleumde, würden verfolgt, während Atheisten und Anarchisten frei predigen könnten, was sie wollten. Freih. v. Manteuf- 1 e l (rons.) verliest eine Erklärung, der zufolge die Mehr­zahl der Konservativen gegen den Antrag stimmen wird. Die 'Austreibung der Jesuiten sei nicht Rls ein Kultur- tmnpfgesetz anzusehen und im Interesse des konfessionellen Fr.eoens aufrecht zu erhalten. Die Aufhebung.des Gese­tzes würde in weiten Kreisen der evangelischen Bevölkerung große Beunruhigung Hervorrufen. (Widerspruch im Cen­trum). Eine ähnliche Erklärung verliest Merbach-Frei- burg >m Namen der Reichspartei, und spricht den Wunsch aus, im Interesse des konfessionellen Friedens von einer Deoatie Abstand zu nehmen. Auch Marquardsen giebt im 'mamen der Nationalliberalen eme scharf gehaltene Er­klärung desselben Inhalts, v. Holleuffer (kons.) erklärt, er wie einige seiner Freunde würden im Interesse des re­ligiösen Friedens für den Antrag stimmen. Lotze (Antis.) macht die Eröffnung , daß seine Partei die Abstimmung dem einzelnen überlasse. Schröder (Frs. Verein., Führer des Prorestantenvereins) polemisiert in scharfer Weise ge­gen Gras Hompesch und empfiehlt die Ablehnung des Antrags.

Berlin, 1. Dez. Der Reichstag nahm in zweiter Lesung den Antrag Hompesch auf Aufhebung des Jesuitengesetzes mit 173 ge­gen 136 Stimmen an.

Der Kaiser empfing am Mittwoch den Reichs­kanzler und sprach sich über die Attentatsversuche dahin aus, daß die Urheber für das Irrenhaus reif seien. Aus allem geht hervor, daß es sich nur um einen dummen Streich handelt. DieKölln. Ztg." schreibt: Das Pulver in dem Kästchen, welches die Höllenmaschine an den Kaiser barg, soll naß ge­wesen sein, die Gefahr der Explosion also beinahe ausgeschlossen; zudem waren die Gummischnüre der­art geleitet, daß der Bolzen Jucht leicht.hätte hervor­schnellen können.

DieGermania" fordert alle Zenlrumsmil- glieder dringend auf, bei der Verhandlung , über den Jesuiten-Antrag im Reichstag zugegen zu sein, und fügt geheimnisvoll hinzu, daß Zwischenfälle, die gleich bei der ersten Beratung eine Abstimmung nötig machen, durchaus nicht als ausgeschlossen zu erachten seien. Auch alle Gegner des Jesuitenan­trages werden gut thun, sich sür Liese Verhandlung im Reichstag einzufinden. Die Entscheidung ist unsicher und zweifelhaft, und es wäre traurig und beschämend, wenn der Ultramontanismus hierbei einen neuen Triumph feiern dürfte. Es wird in parlamentarischen Kreisen übrigens versichert, daß die Konservativen einmütig gegen den Zentrums­antrag stimmen werden.

Berlin, 1. Dez. Der Jesuitenantrag des Zentrums ist vom Reichstag heute in 2. Lesung hauptsächlich infolge der Stimmenenthaltung und der Abwesenheit vieler Konservativen wie der Spaltung der Freisinnigen Volkspartei angenommen worden. Dafür stimmen das Zentrum, die Elsäßer, die Welfen, die Sozialdemokraten, 4 von der süddeut­schen Volkspartei, 2 Konservative, 1 Antisemit, 12 freisinnige Volksparteiler, 1 von der freisinnigen Vereinigung; dagegen stimmen die Nationallibera­len, die Reichspartei, die Konservativen, die beiden freisinnigen Parteien mit den erwähnten Ausnahmen und die Antisemiten, von denen sich jedoch 3 der Abstimmung enthielten. H 2 und 3 werden mit der gleichen Mehrheit angenommen. Es steht jedoch fest, daß der Bundesrat diesem Beschlüsse des Reichstags keine Folge geben wird. Der Redak­teur Sigl äußert sich bei der Beratung in folgen­den Kraftgedanken: Die Jesuiten haben in der Wis­senschaft ganz Bedeutendes geleistet. Wenn sogar chinesische Kaiser Jesuiten zu ihren Ministern mach­ten, dann muß es doch mit deren Gescheitheit gut bestellt sein. (Heiterkeit.) Wenn Jesuiten hier Minister wären, so würde eine solche Steuergesetz­gebung nicht vorgeschlagen werden. (Heiterkeit.) Wenn Sie nicht aus Liebe die Jesuiten zurückrufen wollen, so thun Sie es aus Haß, denn da Sie die Sündflut kommen sehen, so hätten Sie wenigstens das Bewußtsein, daß die Jesuiten mit Ihnen er­saufen. (Heiterkeit.) Ich werde die Jesuiten immer verteidigen. Im Namen der Freiheit, des RechtS und der Reputation nehmen Sie den Antrag au!

Oesterreich-Ungarn.

Budapest, 30. Nov. DerPester Lloyd" ver­öffentlicht ein Interview seines römischen Korrespon­denten mit einem Kirchenfürsten aus der nächsten Um­gebung des Papstes. Der Kirchenfürst versicherte, der Ausbruch eines Kulturkampfes wegen der Civist- ehe in Ungarn sei völlig ausgeschlossen. Der Papst protestierte pflichtgemäß gegen die Civilehe, würde jedoch auch, wenn die Vorlage Gesetz werde, in freundschaftlichem Verkehr mit den Regierungen bleiben.

Frankreich.

Paris, 1. Dez. Ein hiesiges monarchistisches Blatt weiß aus Bourges zu melden, daß die Poli zei dort zwei aus Orleans kommende deutsche im Alter von 20 bis 22 Jahren verhaftete. Man glaubt, die Attentäter gegen den deutschen Kaiser und Kanz­ler ergriffen zu haben.

Orleans, 30. Nov. Der in dem Begleit­schreiben angegebene Name des Absenders der Dy­namit-Sendung an den Kaiser und den Reichs­kanzler existert nicht, ebensowenig die angegebene Wohnung. In Orleans ist kein Packet unter de: Adresse Caprivis aufgegeben worden. Letzthin sind in Orleans gewesene Anarchisten abgereist, ohne daß ihre Persönlichkeit sestgestellt worden wären. Die­selben kamen von London über Paris.

Rouen, 1. Dez. 2 Depeschensäcke angeblich im Werte von 300,000 Francs wurden auf dem Bahnhof in Oissel gestohlen.

Italien.

Mailand, 29. Nov. Ter Schnellzug nach Venedig und Wien stieß gestern nacht, 15 Km. von hier, bei Liniito, auf den letzten Wagen eines das Durchfahrgeleise sperrenden Güterzugs und entgleiste zum größten Teile. Ein Wagen '3. Klasse geriet in Brand; die Flammen erfaßten auch die unmit­telbar folgenden 3 Wagen, darunter einen Schlaf­wagen. Die Trünrmer brennen noch. Es in un­möglich, die Zahl der Opfer genau sestzustelleu. 13 Tote sind bisher geborgen; 20 Verwundete wurden nach Mailand geschafft. Ein Wagen enthielt aus Amerika zurückkehrende Auswanderer; sie sind alle verbrannt, zum Teil lebendig. Die Ursache des schrecklichen Unglücks war der Nebel, welcher den Zugführer verhinderte, das Signal zu sehen, daß die Linie nicht frei sei; die Ursache des Feuers war die Gasbeleuchtung in den Wagen.

England.

London, 29. Nov. Ueber das Erdbeben bei Kuchan meldet Reuters Bureau aus Teherau: Der erste Stoß erfolgte am 21. d. M., abends 7S- Uhr und zerstörte vollständig die Stadt und sämt­liche Dörfer im Umkreis von sieben Meilen. Die amtlichen Berichte beziffern die Verluste au Menschen­leben auf drei Fünftel der gesamten Einwohnerschaft, die sich auf 20 000 Seelen belief. Das Erdbeben dauerte längere Zeit an. Das Unwetter, welches am 23. d. M. eintrat, verschlimmerte bedeutend die Not der im Freien kampierenden Bewohner.

London, 30. Nov. In Schottland feiern 30,000 Bergleute, 12,000 haben die Arbeit heute unter Lohnerhöhung wieder ausgenommen.

Bulgarien.

Sofia, 1. Dez. In den letzten Tagen sind verschiedene Verhaftungen erfolgt, weil gegen den Prinzen Ferdinand ein Mordanschlag geplant war. Er sollte am Tage vor der Ankunft des Grafen Hartenau getötet werden. Der Hauptschuldige ist ein früherer bulgarischer Offizier Iwanow, der vor drei Jahren als Brigadeadjutant mit der Brigade­kasse durchging. Durch Zufall wurde der Mordplan zwei Tage vor der Ankunft der Leiche entdeckt. Iwanow, der einen russischen Paß hatte, wurde im Eisenbahnzuge von einem früheren Kameraden er­kannt, er entfloh auf Station Karischane und wurde von Gendarmen und Bauern, auf die er wiederholt feuerte. Der Polizei von Sofia, unter Führung des Polizeichefs Bukanow, gelang es nach langer Ver­folgung, Iwanow zu verhaften. Er legte ein völ­liges Geständnis ab.

Sofia, 2. Dez. Iwanow gesteht, daß er auf Anraten der beiden bulgarischen Flüchtlinge Grujew und Benderew in bulgarischen Dienst getreten sei, um es von der Schreckensherrschaft des Prinzen Ferdinand und Stambulows zu befreien. Unter den Mitschuldigen scheint sich sein Bruder zu befin­den. Verhaftet sind auch mehrere Studenten der Universität Sofia, die des Anarchismus verdächtig sisid.

Amerika.

Newyork, 1. Dez. DerWorld" und der Newyorker Herald" bestätigen, daß die Aufständi­schen von Rio Grande do Sul den General Jsidoro in der Schlacht am Rio Negro gefangen -nahmen. Äie Schlacht dauerte den ganzen Montag und Dienstag. Die Aufständischen machten 1000 Ge­fangene und belagern jetzt Bage.

Kleinere Mitteilungen.

Göppingen, 28. Nov. In Kleineislingen batte der Bäcker Gaupp eine Katze erschossen und beschäftigte sich noch mit dem Revolver, als plötzlich ein weiterer Schuß losging und den anwesenden 21jäbrigen Sattler Albrecht in die Schläfe traf. An dem Aufkommen des jungen Mannes zweifelt man.

-Berlin, 29. Nov. Ter Mord an der Tochter des Kapitäns. Franke in Spandau erweist sich nicht als ein Lust-, sondern als ein Raubmord.

In Flensburg sind am Hasen zwei Drittel des ganzen Molo und zugleich eine 4 Meter tiefe Straßenstrecke versunken. Die Senkung dauert fort; der Schaden ist un­berechenbar.

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