Amts- und Intelligenz-Blatt flir den Oderamts-Bezirk Nagold.

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Dienstag 5. Dezember

Jnsertionsgebühr für die lspaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 Pfg., bei mehrmaliger je 6 Pfg.

189:;.

Amtliches.

Den OrLsbehörden für die Arbciterversicherung

gehen die von dem Vorstand der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschast für den Schwarzwaldkreis ge­prüften

Listen über die fingierten Steuerkapitale ! dieser Tage durch die Post zu, mit dem Auftrag, ^ das Ergebnis der Einschätzung den Beteiligten

! nach Vorschrift des tz 8 der Minist.-Verfügg. vom

^ 18. Juni 1891 (Reg.-Bl. S. 154) alsbaldzn eröffnen.

Nagold, den 4. Dezember 1893.

K. Oberamt. Vogt.

Oer Lej'mten-Atttrag im Reichstage.

In dieser Reichstagssesfion ist nun endlich der schon oft gestellte und immer wieder vertagte so­genannte Iesuitenantrag der Centrumspartei wirklich verhandelt und auch zur Abstimmung gebracht worden. Der Antrag fordert die Aufhebung jenes Reichs­gesetzes , welcher die Wirksamkeit und die Nieder­lassung des Jesuitenordens innerhalb der deutschen Reichsgrenzen verbietet. Die Annahme, daß das Jesuitengesetz den Mitgliedern des Jesuitenordens den Aufenthalt im deutschen Reiche ohne weiteres untersagt, ist nicht zutreffend; die Jesuiten können sich als Privatpersonen im deutschen Reiche ungestört und ungestraft aufhalten, in Westdeutschland lebt auch eine Anzahl von bekannten und nicht bekannten Ordensmitgliedern, die sich schriftstellerischer Thätig- keit und dergleichen widmen, verboten ist ihnen aber die Ordensthätigkeit in der Eigenschaft als Jesuiten. Von Seiten der Centrumspartei wird die Aufhebung dieses Verbotes, sowie des Verbotes der Niederlassung, der Errichtung von Schulen und Unterrichtsanstalten gefordert unter Hinweis darauf, daß der Jesuiten­orden das gegen ihn erlassene Ausnahmegesetz nicht verdiene. Von der gegnerischen Seite wird der An­trag mit Hinweis darauf bekämpft, daß sich durch die Geschichte des Jesuitenordens wie ein roter Fa­den sein Krieg gegen den Protestantismus ziehe, daß die Ordensthätigkeit der Jesuiten ine deutschen Reiche neue religiöse Zerwürfnisse schaffen werde. Wenn nun auch wohl das deutsche Reich nicht die Thätig- keit von einer doch immer nur kleinen Zahl von Mitgliedern des Jesuitenordens zu fürchten hat, so steht doch beiden Teilen das Prinzip um so höher. Auf Seiten der Centrumspartei wird die völlige Freiheit aller Einrichtungen und Schöpfungen der katholischen Kirche angestrebt, auf Seiten der Gegner"' will man nicht einem Orden das Wort lassen, dessen Glieder alsenergische Rufer" im Streit bekannt sind. Es sind nicht gerade Machtfragen, welche hier in Betracht kommen und ausgesochten werden sollen, wohl aber Kampfsragen. Ob sie für die neue Reichs­tagssession infolge der ausschlaggebenden Position des Centrums in der deutschen Volksvertretung prak

anlaßten s. Z. den Papst Clemens, die berühmte Bulle zu unterzeichnenDomimm uc; ksllsmptor nomer", welche den Jesuitenorden für ewige Zeiten aufhebt. Der Orden ist nie verschwunden gewesen, jetzt wird er den Reichstag beschäftigen, und die Debatte über den Jesuitenantrag wird jedenfalls eine außerordentlich interessante werden. Wird sie aber auch nur einen einzigen Abgeordneten von sei­nen heutigen Anschauungen über den Jesuitenorden abbringen? das ist freilich schwer zu erwarten. Wer heute den Orden in Deutschland verboten sehen will, wird auch hierbei stehen bleiben, und wer das Je­suitengesetz beseitigen will, wird sich durch eine Reichs­tagsdebatte daran nicht hindern lassen. Immerhin kann die Erörterung Hervorragendes bringen. Wie sich das Endergebnis einer Abstimmung über den Je­suitenantrag im Reichstage stellen wird, ist nun frei­lich in keiner Weise vorauszusehen; die Zahl der Abgeordneten, welche für resp. gegen die Aufhebung des Jesuitengesetzes sind, dürfte etwa dieselbe sein, und ein Zufall kann also dieselbe beeinflussen. Der Antrag mag ebensogut angenommen, wie abgelehnt werden. Nur darüber kann kaum ein Zweifel be­stehen, daß ein vom Reichstag beschlossener Antrag auf Aufhebung des Jesuitengesetzes kaum die Zu­stimmung des Bundesrates und der verbündeten Regierungen in naher Zeit finden wird. Als der heutige Reichskanzler noch preußischer Ministerprä­sident war, erklärte er gelegentlich, die preußische Regierung würde nicht im Bundesrate der Aufhe­bung des Jesuitengesetzes zustimmen. Heute steht Gras Caprivi nicht mehr an der Spitze des preußi­schen Staatsministeriums, dessen Chef gegenwärtig Graf Eulenburg heißt. Aber der Reichskanzler ist noch Mitglied des preußischen Ministeriums in sei­ner Eigenschaft als Minister des Auswärtigen und ganz selbstverständlich ist doch, daß die preußischen Minister nicht gerade diesen ihren Kollegen über­stimmen werden. Thäten sie es dennoch, billigten sie gegenüber dem Reichskanzler Grafen Caprivi die Aushebung des Jesuitengesetzes, so hätten wir eine Kanzlerkrisis, und an eine solche ist, wie heute die Dinge liegen, nicht zu denken.

tische Einwirkung erlangen werden, wird sich bald feste fand in der geheizten und beleuchteten Stadt- zu zeigen haben. lirche in Calw von nachmittags 5 Uhr an unter

Der Jesuitenorden hat eine mehrere Jahrhun­derte lange Geschichte und eine an interessanten Episoden reiche Geschichte dazu. Große historische Ereignisse, oft ernsten Charakters, stehen mit der Wirksamkeit des Ordens in Verbindung, der einen Einfluß besessen har, wie sie keine ähnliche Gesell­schaft auch nur entfernt erwarb. Der Jesuiten­orden hat, von religiösen Dingen ganz abgesehen, Mitglieder gezählt, welche als Politiker und Gelehrte ganz außerordentliches geleistet yaben; wiederum giebt es aber auch Stellen anderer Natur, und sie ver-

Kages-Wettigketten.

Deutsches Reich.

Nag ol d, 1. Dez. (Wahlresultat.) Beider Genteinderats-Ergänzungswahl haben abgestimmt 265 von 421 Wahlberechtigten. Gewählt sind: Imma­nuel Holzapfel, Stiftungspfleger, mit 219 St., H. Mayer, Schönfärber, mit 218 Lt., K. Sann- wald, Kommerzienrat, mit 204 St., K. Reichert, Fabrikant, mit 130 St. Weitere Stimmen erhiel­ten: W. Knödel, Uhrmacher, 85 St., Jak. Grü- ninger, Schuhmacher, 39 St. Ungiltig 35 St., da die Namen nicht genügend bezeichnet waren.

** Nagold, 4. Dez. Am gestrigen Advents-

Milwirkung der Prem'schen stapelte in Stuttgart die Aufführung des OratoriumsIsrael in Aegypten" von G. F. Händel statt. Eine zahl­reiche Zuhörerschaft hatte sich dazu eingefunden. Be­sonders war die Umgegend zahlreich vertreten; auch Gesangesfreunde von Altensteig, Nagold und Wild­berg hatten sich eingefunden. Alan hörte nur eine Stimme über die wohlgelungene Aufführung. Die Chöre machten am meisten Eindruck; sie waren gut besetzt und wurden präzis und ausdrucksvoll vorge­tragen. Die Orchesterpartien ließen nichts zu wün­

schen übrig. Die Orgel wurde vom Organisten Vincon mit gewohnter Meisterschaft gespielt. Die Rezitativs und Duette wurden von Fräulein Anna Feder hass aus Stuttgart, einer auch hier bekannten Sängerin, sowie von den Herren Faißt aus Stutt­gart, Jsenberg und Staiger aus Calw gut ge­sungen. Das Hauptverdienst bei der Ausführung hat sich der Dirigent des Calwer Kirchengesangver­eins, Herr Friedrich Gundert, der auch die Haupt­arbeit der Einübung der Chöre übernommen hatte, erworben. Von der Stadl Calw selber hätten wir des äußerst niederen Eintrittsgeldes wegen viel mehr Zuhörer erwartet. Alle Teilnehmer an der Auffüh­rung waren dankbar für den hohen musikalischen Genuß, der ihnen zuteil geworden war.

Stuttgart, 1. Dez. Dem Vernehmen nach hat der König alsbald nach dem Bekanntwerden des Attentats auf Caprivi und den Kaiser dem Kaiser und dem Kanzler telegraphisch seine Glück­wünsche zu der glücklichen Abwendung des frevel­haften Anschlags übermittelt.

Stuttgart, 1. Dez. Der Matrikularbeitrag Württembergs für 1894,95 ist auf 18,974,360 ,4k festgesetzt und weist demnach eine Steigerung von ca. 2,400,000 Mil auf.

Stuttgart, 1. Dez. Landgerichts-Präsident a. D. Firnhaber hat sich am Donnerstag abend 5M Uhr aus seiner Wohnung entfernt und ist bis jetzt noch nicht zurückgekehrt. Da in letzter Zeit Anzei­chen von Schwermut an ihm bemerkt wurden, so befürchten seine Angehörigen, daher sich ein Leid an- gethan habe. (Wurdet». Münsteri. Neckar aufgesunden.)

Ludwigsburg, 1. Dez. In den letzten Tagen sind in der hiesigen Garnison einige Fälle von Ge­nickstarre vorgekommen. Zwei Soldaten, ein Ange­höriger des Ulanenregiments und ein Infanterist, sind gestorben.

Aalen, 29. Nov. Der hieß Gewerbeverein beschloß gestern in einer Vollversammlung eine Ein­gabe an den Reichstag, in der gegen die geplante Ouittungs- und Frachtbriefsteuer Einsprache erhoben wird. Dagegen werden eine progressive Einkom­men-, Erbschafts- und eine Wehrsteuer empfohlen.

Ulm, 29. Nov. Es stellen sich immer neue Opfer des Schwindlers Martin Neuburger heraus. Der Bauer Joh. Reuß von Dornstadt hatte dem Neuburger drei Blankowechsel- unterschrieben, welche dieser nach Bedarf mit 2500 und 3000 in Um­lauf setzte. Der dritte Wechsel ist noch nicht im Umlauf und der Bauer weiß noch nicht einmal, was er für diesen zu bezahlen hat. Er hat bereits sei­nen Konkurs angezeigt. Auch ein Bauer in Dieten- heim kommt um Haus und Hof durch Blankowech­sel, die er dem Neuburger ausgestellt hat.

Mannheim, 29. Nov. Die Grippe wütet hier aufs heftigste. Es sollen 10000 Menschen davon befallen sein.

Kiel, 2. Dez. Unter den hiesigen Marinesol­daten tritt die Influenza äußerst heftig auf. Im Marinelazareth liegen über 300 Jnfluenzakranke.

Das erste Petitionsverzeichnis des Reichstages führt 151 Pititionen gegen die Tabaksteuer, 128 Petitionen gegen die Weinsteuer auf. In par­lamentarischen Kreisen wird stärker als bisher mit der Möglichkeit gerechnet, daß die Börsensteuer und Ta­baksteuer, letztere allerdings mit wesentlichen Ein­schränkungen der Sätze, Annahme finden. Dagegen erscheinen die Reichsfinanzreform und die Weinsteuer als unhaltbar.

Gegen die Weinsteuer sind im Bundesrat zusammen 12 Stimmen abgegeben worden und zwar

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