Beilage zumGesellschafter"

^ 136.

Donnerstag den 23. November

1893.

Statut

der

Krankenp^egeverfichernng

fiir die Äintskorporation Nagold.

Auf Grund des Gesetzes vom 4893 ^

betr. die Krankenpslegeversicherung und die Ausfüh­rung des Krankenversicherungsgesetzes (Reg.Bl. 1893 S. 93), ist für die Krankenpflegeversicherung des Oberamtsbezirks Nagold mit Genehmigung der K. Regierung für den Schwarzwaldkreis vom 12. Okt. 1893 nachstehendes Statut errichtet worden: >

I. Bezirk der Kasse.

8 - 1 -

Die auf Rechnung der Amtskorporation Nagold errichtete Krankenpflegeversicherung umfaßt räumlich den Oberamtsbezirk Nagold.

Die Bestimmungen dieses Statuts über die Kran­kenpflegeversicherung land- und forstwirtschaftlicher Arbeiter erstrecken sich auch aus außerhalb des Oberamtsbezirkes liegende Teile solcher Betriebe, de­ren Sitz innerhalb dieses Bezirks belegen ist.

Soweit die statutarischen Bestimmungen anderer Gemeinden oder Oberamtsbezirke aus die im Ober­amtsbezirk Nagold liegenden Teile land- und forst­wirtschaftlicher Betriebe, deren Sitz außerhalb des Oberamtsbezirks Nagold belegen ist, auf Grund des 8 134 des Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886 oder

des Art. 13 des Landesgesetzes vom ^'^^ber^S88

erstreckt worden sind, bleiben diese Betriebsteile von der Anwendung der Vorschriften dieses Statuts ausgenommen.

II. Mitgliedschaft.

8 2 .

Der Krankenpflegeversicherung gehören kraft Gesetzes beziehungsweise dieses Statuts an

1. die innerhalb des Oberamtsbezirks im Dienst befindlichen Dienstboten, und zwar sowohl das Hausgesinde als das landwirtschaftliche Gesinde;

2. die innerhalb des Oberamtsbezirks (vergl. üb­rigens 88 1 und 5) beschäftigten land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter und Betriebsbe­amten, letztere, soweit sie nicht unter 8 6 Ziff. 2 fallen;

3. die in Werkstätten, Fabriken oder Handlungs­geschäften innerhalb des Oberamtsbezirks be­schäftigten Lehrlinge, welche keinen Lohn, sei es in Geld oder Naturalbezügen, haben;

4. selbständige Gewerbetreibende, welche in eigenen Betriebsstätten innerhalb des Oberamtsbezirks im Aufträge und für Rechnung anderer Ge­werbetreibender mit der Herstellung oder Be­arbeitung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt werden (Hausindustrie), und zwar auch für den Fall, daß sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst beschaffen , und auch für die Zeit, während welcher sie vorübergehend für eigene Rechnung arbeiten.

Als Beschäftigungsort der in Ziff. 2 bezeichnten Personen gilt regelmäßig diejenige Gemeinde, in deren Bezirk die Beschäftigung gewöhnlich stattfindet. Wenn sie aber zur Beschäftigung an wechselnden, in verschiedenen Gemeindebezirken belegenen Orten angenommen sind, gilt als Beschäftigungsort dieje­nige Gemeinde, welche nach 8 44 des Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886 (R.G.Bl.S. 132) als der Sitz des Betriebs gilt.

8 3.

Vorbehältlich der Bestimmung des 8 3 dieses Statuts (Art. 6 des Gesetzes vom- Dezember 1888

8 4 .

Die Versicherung der in 82 bezeichnten Perso­nen beginnt mit dem Eintritt in das Dienst- oder Arbeitsverhältnis, welches ihre Versicherungspflicht begründet.

Ihre Versicherung erlischt:

1. wenn der Versicherte aufhört, in einer der in 8 2 bezeichnten Beschäftigungen innerhalb des Oberamtsbezirks zu stehen, übrigens in diesem Fall nicht vor Ablauf desjenigen Zeitraums, für welchen der letzte Beitrag bezahlt ist und nur dann, wenn nicht die Beiträge während vorübergehender Beschäftigungslosigkeit freiwil­lig fortbezahlt werden (vrgl. 8 9);

2. wenn der Versicherte Mitglied einer der in 8 6 Ziff. 1 bezeichnten Krankenkassen wird.

8 3 .

Für diejenigen Personen, welche im Bezirke der Krankenpflegeversicherung wohnen und, ohne zu einem bestimmten Arbeitgeber in einem dauernden Arbeitsverhältnisse zu stehen, vorwiegend in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben dieses Bezirks gegen Lohn beschäftigt sind, erstreckt sich die Kran­kenpflegeversicherung auch auf diejenige Zeit, in welcher eine Beschäftigung gegen Lohn nicht statt­findet, und werden diese Personen, solange sie nicht in eine Krankenversicherung nach Maßgabe des Kran-

15. Jum,18SS, ^h-

1886 zur

12. Mai 1893)

findet 8 2 ktne Anwendung auf Personen, deren Beschäftigung durch die Natur ihres Gegenstandes oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag auf einen Zeitraum von weniger als einer Woche beschränkt ist.

kenversicherungsgesetzes vom April 1892 ungsweise des Reichsgesetzes vom 5. Mai (R.G.Bl. S. 132) eintreten, in diesem Bezirke Krankenpflegeversicherung herangezogen.

Diejenigen Personen, auf welche diese Vorschrift Anwendung findet, sind der Versicherungskasse von der Ortsbehörde für die Arbeiterversicherung zu überweisen.

Die Versicherung nach Maßgabe des Abs. 1 be­ginnt mit dem Tage ihrer Ueberweisuna. Die Ue- berweisung ist zurückzunehmen, wenn die Voraus­setzungen ihrer Zulässigkeit aufhören.

In Bezug auf die Rechtsmittel gegen die Ueber- weisung und gegen den deren Zurücknahme ableh­nenden Bescheid finden die Bestimmungen des Art. 4 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zum landwirt­schaftlichen Unfallversicherungsgesetz vom 4. März 1888 (Reg.Bl. S. 89) entsprechende Anwendung.

Solange solche Personen nach Maßgabe der vor­stehenden Bestimmungen in dem Bezirke ihres Wohn­orts gegen Krankheit versichert sind, können dieselben zu Beiträgen für die Krankenpflegeversicherung in einem andern Bezirk nicht beigezogen werden.

Andererseits bleiben diejenigen Personen, welche auf

Grund des Art. 6 des Getzes vom

oder einer nach 8 142 des Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886, betreffend die Unfall- und Krankenver­sicherung der in land- und forstwirtschaftlichen Be­trieben beschäftigten Personen (R.G. Bl. S. 132), erlassenen stututarischen Bestimmung einer Gemeinde oder einer andern Amtskorporation an ihrem Wohn­ort außerhalb des Oberamtsbezirks zur Kranken­pflegeversicherung beziehungsweise zur reichsgesetzli­chen Krankenversicherung herangezogen werden, in- solange dies der Fall ist, von der Beiziehung zur Krankenpflegeversicherung im Oberamtsbezirk Nagold während einer zeitweisen Beschäftigung in demsel­ben frei.

8 6 .

Von der Verbindlichkeit, der Krankenpflegever­sicherung anzugehören, sind befreit:

1. diejenigen Personen, welche ohne gesetzliche Ver­pflichtung der reichsgesetzlichen Gemeinde-Kran­kenversicherung (8 4 Abs. 2 des Krankenversi­cherungsgesetzes) oder einer Orts- (Bezirks-), Betriebs- (Fabrik-), Bau- oder Jnnungskran- kenkasse oder Knappschaftskaffe (8 19 Abs. 3,

8 63 Abs. 2, 8 72 Abs. 3, 88- 73 und 74 des Krankenversicherungsgesetzes) oder einer den Anforderungen des 8 75 des Krankenversi- cherungsges etzes genügenden Hilfskass e angehören;

2. Personen, ivelche nach 8 2b und 8 3 des

Krankenversicherungsgesetzes'jder Versicherungs­

pflicht nicht unterliegen.

8 7.

Wenn die in 8 2 bezeichneten Personen Befrei­ung von der Verpflichtung zur Teilnahme an der Krankenpflege-Versicherung aus einem der in 8» 6 bezeichneten Gründe in Anspruch nehmen, so haben dieselben der Ortsbehörde für die Arbeiterversicherung den Nachweis der Voraussetzungen für diesen Be­freiungsanspruch vorzulegen. Soweit die Befreiung wegen der Mitgliedschaft einer Hilsskasse in An­spruch genommen wird, ist auch der Nachweis zu liefern, daß diese Hilfskasse den Anforderungen des 8 75 des Krankenversicherungs-Gesetzes genügt (8 6 der Min.Verf. vom 27. Mai 1893, Reg.Bl. S. 101).

Die Ortsbehörde hat die Entscheidung des Ver- waltungsausschuffes (8 37) einzuholen.

Für die Entscheidung von Streitigkeiten über Befreiungsansprüche ist Art. 12 des Gesetzes, vom

stb- Dezember 1888 ^^ßaebend

12. Mai 1893 maflgeoeno.

Wenn bei den nach 8 6 von der Heranziehung zu Beiträgen freigelassenen Personen eine Aenderung in den diese Befreiung begründenden Verhältnissen eintritt, so hat deren Arbeitgeber oder Dienstherr der Ortsbehörde für die Arbeiterversicherung sofort Anzeige zu erstatten, widrigenfalls 8 25 Anwendung findet. Ist der Versicherungspflichtige aus der Kran­kenkasse oder Hilfskasse, als deren Mitglied er von der Krankenpflegeversicherung befreit war, ausgetre­ten oder bei der Hilfskasse in eine zu dieser Be­freiung nicht mehr hinreichende Mitgliederklasse über­getreten, so hat er bei Vermeidung der Strafe des

Art. 11. Abs. 2 des Gesetzes vom

der Ortsbehörde für die Arbeiterversicherung ent­sprechende Anzeige zu erstatten.

8 8.

Berechtigt, der Krankenpflegeversicherung frei­willig beizutreten, sind:

1. Unternehmer land- und forstwirtschaftlicher Be­triebe, deren Sitz im Oberamtsbezirk belegen ist, sowie deren Ehefrauen und Kinder über 14 Jahren, soweit sie in diesen Betrieben, be­schäftigt sind und soweit sie nicht versicherüngs- pflichtig sind.

2. Dienstboten und land- und forstwirtschaftliche Arbeiter, welche sich zeitweise beschäftigungs­los im Oberamtsbezirk aufhalten;

3. Bedienstete der Gemeinden und Stiftungen des Oberamtsbezirks und der Amtskorporation Na­gold, deren Lohn oder Gehalt 2000 ^ für das Jahr nicht übersteigt.

Diese Berechtigung der in Ziff. 2 und 3 be­zeichneten Personen fällt weg, wenn dieselben einer der in 8 6 Ziff. 1 bezeichneten Versicherungskassen angehören.

Die in Ziff. 1 bis 3 bezeichneten Personen tre­ten in das Versicherungsverhältnis dadurch ein, daß sie ihren Beitritt der Ortsbehörde für die Arbeiter­versicherung ihres Wohnorts schriftlich oder münd­lich erklären. Die freiwillig beigetretenen Personen haben keinen Anspruch auf Unterstützung im Fall einer bereits zur Zeit ihrer Beitrittserklärung ein­getretenen oder vor Ablauf von vier Wochen vom Beitritt ab eintretenden Erkrankung.

Bemerkung:

') Diese Bestimmungen lauten:

Betriebsbeamte, Werkmeister und Techniker, Handlungs­gehilfen und -Lehrlinge, sowie die unter 8 1 Absatz 1 Ziff. 2» fallenden Personen unterliegen der Versicherungspflicht nur, wenn ihr Arbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt sechs­zweidrittel Mark für den Arbeitstag oder, sofern Lohn oder Gehalt nach größeren Zeitabschnitten bemessen ist, zweitau­send Mark für das Jahr gerechnet, nicht übersteigt.

Dasselbe gilt von anderen unter 8 2 Absatz 1 Ziffer 2 und 8 2a fallenden Personen, soweit sie Beamte sind.

Personen des Soldatenstandes, sowie solche in Betrie­ben oder im Dienste des Reichs, eines Staates oder Kom- munalverbandes beschäftigte Personen, welche dem Reich, Staat oder Kommunalverbande gegenüber in Krankheits­fällen Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts oder des Lohnes mindestens für dreizehn Wochen nach der Erkran­kung oder auf eine den Bestimmungen des 8 6 entsprechende Unterstützung haben, sind von der Versicherungspflicht aus­genommen.